Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0444
DOI article:
Utitz, Emil: Künstler und Kunstwerk: drei Haupttypen des Künstlers
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0444
426
INNEN-DEKORATION
!
I
architekten ferber & appel—mqnchen gaste-schlafzimmer im haus krantz
KÜNSTLER UND KUNSTWERK
drei halpttypen des künstlers
n der Stellung des Künstlers zum Kunstwerk gibt es erzeugt, die ihm nicht von außen aufgestülpt wird,
drei Haupttypen. Erstens: der Künstler formt »an« Und in die Formung strömen wieder ein: Fleiß und
einem Stoff. Der Stoff wird gewählt, weil er reiche Liederlichkeit, Demut und Stolz, Leidenschaft und Zätt-
künstlerische Auebeute erheischt, nicht weil er in sich lichkeit, fiebernde Ungeduld und beharrliche Treue usw.
den Künstler beschäftigt. Hier erfährt noch relativ die Aber eine neue Bindung der Persönlichkeit zeigt sich hier:
Persönlichkeit die geringste künstlerische Bindung. Ihr die an das, die Form heraustreibende — »Sach-Er-
ganzes privates Sein bleibt gleichsam frei. Sie bearbeitet lebnis«. Und jene Sach-Erlebnisse erheischen nun eine
bloß einen Stoff: mit Hingabe, Eifer, Geschick, Talent, ganz bestimmte »Menschlichkeit«, keine Schein-Mensch-
in flutendem Rausche, in hartem Fleiß, in sich spreizen- lichkeit; sonst werden sie unecht, phrasenhaft, ordinär,
der Eitelkeit, in stiller Demut, in fast erotischer Zärt- *
lichkeit usw. Nur nach diesen und analogen Seiten lebt Die Beziehung strafft sich noch bei dem dritten Haupt-
die künstlerische Persönlichkeit sich hier aus, die alle typus: dem Schaffen »durch« das Kunstwerk. Hier
dem künstlerischen »Arbeits-Vorgang« gelten. Ihm ent- beugt der Künstler die Dinge sich unter und lebt durch
wachsen alle Erregung, Niederlage und Verzückung. . . sie sein ureigenes Selbst aus, spricht durch sie.
★ Wir aber dulden nur diese Sprache, wenn eben dieser
Beim Schaffen »im« Kunstwerk erfolgt das Aus- Mensch wert ist, zu uns zu sprechen. Durch die For-
leben in dem Stoff und durch ihn, nicht »an« ihm. Der mung der Kunst erleben wir unverfälscht jenes Menschen-
Künstler dieses Grundtypus wird immer von der zer- tum, das durch diese Gestaltung sein Wesen ausströmt;
malmenden Wucht des Lebens bedroht, aber er entrinnt — und immer reiner, voller, je besser die Gestaltung
nicht der Gefahr, indem er sie flieht. Er zahlt dann mit glückt.. Hier erfährt innerhalb der Kunst das Mensch-
leerer »Manier« . . Die ewige Forderung der »Ausein- liehe die schwerste Belastungsprobe; denn nicht »in«
andersetzung mit der Natur« spricht die uralte Weisheit verschiedenen Rollen tritt es vor uns, nicht nur in der
aus, wie schnell jede Kunst geschmäcklerisch verflacht, Arbeit »am« Kunstwerk, — sondern durch sich selbst
die diesem fruchtbaren Kampf ausweicht. Die Gestaltung muß es sich behaupten . . Erfüllung im Leben heißt
der Kunst ist die Form dieses Auslebens, die es erst auch Erfüllung im künstlerischen Schaf fen, —denn
ermöglicht. Aber eine Form, die sich das Ausleben dies ist Leben und kein Lebens-Ersatz . . emil utitz.
INNEN-DEKORATION
!
I
architekten ferber & appel—mqnchen gaste-schlafzimmer im haus krantz
KÜNSTLER UND KUNSTWERK
drei halpttypen des künstlers
n der Stellung des Künstlers zum Kunstwerk gibt es erzeugt, die ihm nicht von außen aufgestülpt wird,
drei Haupttypen. Erstens: der Künstler formt »an« Und in die Formung strömen wieder ein: Fleiß und
einem Stoff. Der Stoff wird gewählt, weil er reiche Liederlichkeit, Demut und Stolz, Leidenschaft und Zätt-
künstlerische Auebeute erheischt, nicht weil er in sich lichkeit, fiebernde Ungeduld und beharrliche Treue usw.
den Künstler beschäftigt. Hier erfährt noch relativ die Aber eine neue Bindung der Persönlichkeit zeigt sich hier:
Persönlichkeit die geringste künstlerische Bindung. Ihr die an das, die Form heraustreibende — »Sach-Er-
ganzes privates Sein bleibt gleichsam frei. Sie bearbeitet lebnis«. Und jene Sach-Erlebnisse erheischen nun eine
bloß einen Stoff: mit Hingabe, Eifer, Geschick, Talent, ganz bestimmte »Menschlichkeit«, keine Schein-Mensch-
in flutendem Rausche, in hartem Fleiß, in sich spreizen- lichkeit; sonst werden sie unecht, phrasenhaft, ordinär,
der Eitelkeit, in stiller Demut, in fast erotischer Zärt- *
lichkeit usw. Nur nach diesen und analogen Seiten lebt Die Beziehung strafft sich noch bei dem dritten Haupt-
die künstlerische Persönlichkeit sich hier aus, die alle typus: dem Schaffen »durch« das Kunstwerk. Hier
dem künstlerischen »Arbeits-Vorgang« gelten. Ihm ent- beugt der Künstler die Dinge sich unter und lebt durch
wachsen alle Erregung, Niederlage und Verzückung. . . sie sein ureigenes Selbst aus, spricht durch sie.
★ Wir aber dulden nur diese Sprache, wenn eben dieser
Beim Schaffen »im« Kunstwerk erfolgt das Aus- Mensch wert ist, zu uns zu sprechen. Durch die For-
leben in dem Stoff und durch ihn, nicht »an« ihm. Der mung der Kunst erleben wir unverfälscht jenes Menschen-
Künstler dieses Grundtypus wird immer von der zer- tum, das durch diese Gestaltung sein Wesen ausströmt;
malmenden Wucht des Lebens bedroht, aber er entrinnt — und immer reiner, voller, je besser die Gestaltung
nicht der Gefahr, indem er sie flieht. Er zahlt dann mit glückt.. Hier erfährt innerhalb der Kunst das Mensch-
leerer »Manier« . . Die ewige Forderung der »Ausein- liehe die schwerste Belastungsprobe; denn nicht »in«
andersetzung mit der Natur« spricht die uralte Weisheit verschiedenen Rollen tritt es vor uns, nicht nur in der
aus, wie schnell jede Kunst geschmäcklerisch verflacht, Arbeit »am« Kunstwerk, — sondern durch sich selbst
die diesem fruchtbaren Kampf ausweicht. Die Gestaltung muß es sich behaupten . . Erfüllung im Leben heißt
der Kunst ist die Form dieses Auslebens, die es erst auch Erfüllung im künstlerischen Schaf fen, —denn
ermöglicht. Aber eine Form, die sich das Ausleben dies ist Leben und kein Lebens-Ersatz . . emil utitz.