Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0111
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Frank, Willy: Möbel und Geselligkeit: Regeln für Gesellschafts-Räume
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1NNEN-DEK0RATI0N
93
MÖBEL UND GESELLIGKEIT
regeln für gesellschafts-räume
Geselligkeit ist eine Harmonie im Vielerlei.
Ihre zwei Grundlypen sind: Bildung einzelner
Gruppen und Vereinigung der ganzen Gesellschaft um
einen Mittelpunkt. Der erste Typ ist »föderalisti-
scher«, der andere »zentralistischer« Art. Daraus ergibt
sich: Gesellschaf ts-Räume müssen für beide Typen
geeignet sein. Sie sollen ermöglichen, daß kleinere
Konventikel sich kristallisieren, aber auch, daß die Auf-
merksamkeit aller um einen Punkt sich sammeln kann! .
Die Möbel müssen diesem doppelten Zwecke Rech-
nung tragen. Mehrere kleine Tische, verschieden in
Höhe, Größe und besonderer Zweckbestimmung, um-
rahmt von ebenfalls verschiedenen Stühlen, Schemeln
oder Sesseln geben die beste Grundlage; niedere und
kleine Tische erleichtern die Unterhaltung. Sie sollen
verschieden sein, weil dadurch das Gespräch verschieden
»gestimmt« wird und weil sie im Gesamt-Anblick zu
Austausch, Mitteilung und Äußerung anregen! Zu
allem Gespräch gehört Aufgeschlossenheit und eine
wenigstens momentane Menschen-Freundlichkeit. Diese
Stimmung kann schon das Mobiliar an den Menschen
herantragen. Es muß zu bequemem Niedersitzen und
leichtem Verweilen einladen, soll gefällig und taktvoll
gruppieren, — ohne abzusondern. Das löst die Zunge,
ohne daß der Einzelne die Fühlung zum Ganzen verliert.
Das Mobiliar eines idealen Gesellschafts-Raumes ist
leicht, anregend, interessant. Es darf nicht versuchen,
durch Masse oder gar Feierlichkeit zu imponieren. Es
muß selber »gesellschaftlich« sein. Eine belebte Kurve
steht ihm gut, eine schöne Holzfarbe und daneben eine
gewisse Befreitheit vom alltäglichen Gebrauchs-Zweck.
Möbel eines Gesellschafts-Raumes sollen »freie We-
sen« sein. Sie müssen mit Grazie zu dienen wissen.
Wichtig ist, daß jeder Gesellschafts-Raum einen beson-
ders betonten Mittelpunkt hat, etwa einen größeren
Tisch mit Sofa und Stühlen, der den Raum gefüllt er-
scheinen läßt. Denn jedes Gefühl von Raumleere ist
eine Gefahr. In Parenthese sei bemerkt, daß es dem
Menschen immer gut tut, wenn er bei gesellschaftlichem
Zusammensein dem Nebenmenschen nahe gerückt ist.
*
In Gesellschafts-Räumen ist es zweckmäßig, dem
Auge in Vitrinen oder an der Wand oder auf Auslage-
Flächen anregende Objekte darzubieten. Sie tragen zur
Anknüpfung des Gesprächs bei, sie bieten, was
wichtiger ist, erwünschte Fixierungs-Punkte beim
Sprechen oder Hören Denn ein gesellschaftliches Beiein-
ander lebt von vielen und verschiedenartigen DiDgen, nicht
bloß von denen, um die oder auf denen man sitzt oder lehnt.
4-
Geselligkeit ist Dienst an der menschlichen Gemein-
schaft; sie ist eine leichte und unfeierliche Betätigung
jener Kraft, die die Menschen trotz allem, was sie tren-
nen möchte, zueinander zieht. Diesen Geist sollen schon
die Möbel verkörpern. Sie müssen in der Anordnung
wie in der einzelnen Form etwas »Liebe im Leibe
haben«; dann helfen sie mit, in jedem Einzelnen das Ver-
bindende zu wecken, und in ihrer unbelebten Harmonie
die lebendige Harmonie einander wohlwollender — und
innerlich höflicher Menschen zu gestalten! willy frank.
19Q5 III. 1.
93
MÖBEL UND GESELLIGKEIT
regeln für gesellschafts-räume
Geselligkeit ist eine Harmonie im Vielerlei.
Ihre zwei Grundlypen sind: Bildung einzelner
Gruppen und Vereinigung der ganzen Gesellschaft um
einen Mittelpunkt. Der erste Typ ist »föderalisti-
scher«, der andere »zentralistischer« Art. Daraus ergibt
sich: Gesellschaf ts-Räume müssen für beide Typen
geeignet sein. Sie sollen ermöglichen, daß kleinere
Konventikel sich kristallisieren, aber auch, daß die Auf-
merksamkeit aller um einen Punkt sich sammeln kann! .
Die Möbel müssen diesem doppelten Zwecke Rech-
nung tragen. Mehrere kleine Tische, verschieden in
Höhe, Größe und besonderer Zweckbestimmung, um-
rahmt von ebenfalls verschiedenen Stühlen, Schemeln
oder Sesseln geben die beste Grundlage; niedere und
kleine Tische erleichtern die Unterhaltung. Sie sollen
verschieden sein, weil dadurch das Gespräch verschieden
»gestimmt« wird und weil sie im Gesamt-Anblick zu
Austausch, Mitteilung und Äußerung anregen! Zu
allem Gespräch gehört Aufgeschlossenheit und eine
wenigstens momentane Menschen-Freundlichkeit. Diese
Stimmung kann schon das Mobiliar an den Menschen
herantragen. Es muß zu bequemem Niedersitzen und
leichtem Verweilen einladen, soll gefällig und taktvoll
gruppieren, — ohne abzusondern. Das löst die Zunge,
ohne daß der Einzelne die Fühlung zum Ganzen verliert.
Das Mobiliar eines idealen Gesellschafts-Raumes ist
leicht, anregend, interessant. Es darf nicht versuchen,
durch Masse oder gar Feierlichkeit zu imponieren. Es
muß selber »gesellschaftlich« sein. Eine belebte Kurve
steht ihm gut, eine schöne Holzfarbe und daneben eine
gewisse Befreitheit vom alltäglichen Gebrauchs-Zweck.
Möbel eines Gesellschafts-Raumes sollen »freie We-
sen« sein. Sie müssen mit Grazie zu dienen wissen.
Wichtig ist, daß jeder Gesellschafts-Raum einen beson-
ders betonten Mittelpunkt hat, etwa einen größeren
Tisch mit Sofa und Stühlen, der den Raum gefüllt er-
scheinen läßt. Denn jedes Gefühl von Raumleere ist
eine Gefahr. In Parenthese sei bemerkt, daß es dem
Menschen immer gut tut, wenn er bei gesellschaftlichem
Zusammensein dem Nebenmenschen nahe gerückt ist.
*
In Gesellschafts-Räumen ist es zweckmäßig, dem
Auge in Vitrinen oder an der Wand oder auf Auslage-
Flächen anregende Objekte darzubieten. Sie tragen zur
Anknüpfung des Gesprächs bei, sie bieten, was
wichtiger ist, erwünschte Fixierungs-Punkte beim
Sprechen oder Hören Denn ein gesellschaftliches Beiein-
ander lebt von vielen und verschiedenartigen DiDgen, nicht
bloß von denen, um die oder auf denen man sitzt oder lehnt.
4-
Geselligkeit ist Dienst an der menschlichen Gemein-
schaft; sie ist eine leichte und unfeierliche Betätigung
jener Kraft, die die Menschen trotz allem, was sie tren-
nen möchte, zueinander zieht. Diesen Geist sollen schon
die Möbel verkörpern. Sie müssen in der Anordnung
wie in der einzelnen Form etwas »Liebe im Leibe
haben«; dann helfen sie mit, in jedem Einzelnen das Ver-
bindende zu wecken, und in ihrer unbelebten Harmonie
die lebendige Harmonie einander wohlwollender — und
innerlich höflicher Menschen zu gestalten! willy frank.
19Q5 III. 1.