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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: "Konversation"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0089

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INNEN-DEKORATION

PROFESSOR OTTO PRUTSCHER-WIEN SILBER-KASSETTEN. AUSFÜHRUNG: KOLAR

»KONVEI

VON KUNO GRAF

Zu einem gut gepflegten Hauswesen gehören nach An-
gabe des Marquis de Brisson in erster Linie zwei
Dinge: ein guter Weinkeller und die Möglichkeit zu
einer anständigen Konversation! Letzteres ist schwerer
zu verwirklichen als ersteres. Weine und Spirituosen
kann man kaufen, — Geist, Takt und Phantasie sind
nicht im Handel. Mit Kunst-Sammlungen kann man Ge-
spräche mit Fachleuten bewirken, mit Musik-Auffüh-
rungen die Leute zum Schweigen bringen — Konver-
sation hängt nur mittelbar von den Möbeln ab! Die rich-
tigen Sessel sind wichtig, ein gutes Diner fördernd, aber
»Konversation« ist eine Kunst, — und Künstler ent-
stehen aus Begabung und Uberlieferung. Wo die nicht
sind, wird's schwer sein, gute Konversation zu haben,
zumal in unserem Lande, wo ja auch das, was die Welt
einen »Salon« nennt, nur sehr selten zu finden ist! . . .



Man hat für das, was man in den romanischen Ländern
Konversation nennt, keine deutsche Bezeichnung, das ist
charakteristisch. Warum? Weil man das, was eigent-
lich Konversation ist und bedeutet, in Deutschland wenig
kennt. Konversation ist eine Kunst, die ihre bewußten
Gesetze und Regeln hat, die ihre uralten Techniken be-
sitzt, feine Konversation will verstanden sein wie ein
geistvolles Kartenspiel, Konversation ist das Parkett, wo
sich Seelen und Geister »in Toilette« begegnen und als
Gesellschaft fühlen, — so sieht man sie in Italien, —
so findet man sie in Frankreich, und so kennt man sie in
England und auch unter vielen orientalischen Völkern.
Der Deutsche liebt dafür Unterhaltung, Gedanken-Aus-
tausch, Gespräch, Besprechung. Immer Seelenmensch
und unbewußt, immer dem Dämmernd-Idealen näher wie
dem Sonnenklar-Formalen, hat er eine eigentliche Kultur
dessen, was Konversation ist, immer noch nicht voll ent-
wickelt. Wer offenen Ohrs die liebe Mitwelt belauscht,
kann sich tagtäglich davon überzeugen: Da spricht der
eine aus dem Dachgeschoß, der andere aus dem Keller —
totale »Niveau-Verschiedenheit«, und das Tolle daran,
daß keiner der beiden Redner sich klar darüber ist, von
wo er höchstselbst und von wannen der andere spricht.
Konversation verlangt als erste Grundbedingung: Einig-
keit über das Niveau, bewußte oder auch unbe-
wußte! Grotesk wirken auch Tempo-Verschiedenheiten:
da spricht der Eine Ideen, oder das, was er eben dafür

ISATION«

VON HARDENBERG

hält, maschinengewehrfeuerartig, der Andere hingegen
bringt es in den meist kurzen Atempausen, in denen er
zu Worte kommt, immer zu nichts anderem, als sich drei,
vier Mal langsam auf dem Flecke zu drehen. Geradezu
komisch wirkt das Aufeinanderplatzen gewisser ausge-
sprochener Typen. Der Autoritative, der autoritätsfrohe
Herrenmensch oder autoritätslüsterne Ehrgeizige, dessen
' ganzes Wesen auf Überlegenheit eingestellt ist, wird
immer widersprechen, sein Herrengefühl zu befriedigen;
— ihm gegenüber der Sprecher ohne Ohren, der über-
haupt nie zuhört und daher auch die Widersprüche und
die Machtgelüste des andern nicht bemerkt! Charakter-
Verschiedenheiten, die eine wirkliche Konversation aus-
schließen, ein immer Aneinandervorbei-Reden bedingen!

*

Die moderne Biologie hat für die Festlegung der
tierischen Intelligenz das Wort »Merkwelt« geprägt:
»Merkwelt des Regenwurms«, — des Eichhörnchens, —
des Chamäleons; — feststehende Sinnes-Mikrokosmen
im Rahmen der Tieres-Individualität. — Im Grunde haben
die Menschen auch ihre »Merkwelten« — man denke
an die Frauen, die nur über Küche oder Kinderstube
reden, oder an die Fachsimpelei gewisser Männer. Keine
besonders anziehenden oder reichen Merkwelten! . Oben
wird Konversation mit »Parkett« verglichen, — Begeg-
nungen solcher Merkwelten vollziehen sich hingegen fast
auf Urwald- oder Urweltboden, sind so urmenschlich, daß
sie nur als schlichte Natur-Produkte zu würdigen sind.



Was Konversation ausmacht, über das bloße Gedan-
ken-Ineinanderschütten erhebt, ist: Bildung, Schulung,
Selbstbeherrschung, ist Taktgefühl und Phantasie, ist
Herz und Verständnis. Ganz große Meister der Kon-
versation sind Marionetten-Spieler: sie verstehen es, eine
ganze Gesellschaft an feinen unsichtbaren Drähten in ein
lustiges gewolltes Spiel zu verwickeln. Geringere Meister
sind zum mindesten glänzende Florett-Fechter, Turner,
Equilibristen. Die Ersteren sind scheinbar still, reden
wenig, sie wirken durch ihr Fluidum: durch ihre bloße
Anwesenheit werden in den Gehirnen tausend Gedanken
wach, blüht plötzlich eine Unterhaltung, wo sonst nichts
zu verspüren, wo sie nicht möglich war. Solche Dinge
wirken in der Beobachtung wie Wunder — sind's viel-
leicht auch noch! Telepathische Polarisationen: dem »Lo-

1»S5. II. 8.
 
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