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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Osborn, Max: Neue Arbeiten von Bruno Paul
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0215

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XXXVI. JAHRGANG.

DARMSTADT.

JUNI 1925.

NEUE ARBEITEN VON BRUNO PAUL

VON MAX OSBORN.

Bruno Paul behält Recht. Er war einer der er-
sten, die auf dem Gesamtgebiet der bilden-
den Künste aus dem munteren Spiel der Laune,
aus der Freude an der Befreiung von den Fesseln
der älteren Konvention wieder zum Stil, zu einer
strengen Bindung und reinen Klarheit der Formen-
sprache drängten. Heute zeigt sich, daß er damit
die Entwicklung, die inzwischen überall eingesetzt
und mit der Architektur und der Innendekoration
auch die Malerei und die Plastik ergriffen hat, mit
gutem Instinkt vorausahnte.. Paul nahm dabei einen
Umweg. Er knüpfte zunächst behutsam an Vor-
stellungen vergangener Stilperioden an, zog Motive
des Früh-Empire, auch des Barock, und vor allem
des Neubarock aus der Zeit von vor fünfzig bis
sechzig Jahren heran. Das erregte anfangs einige
Verblüffung. Als Paul vor Jahren die Empfangs-
säle in dem neuen Berliner Kammergerichts-Ge-
bäude in dieser Art einrichtete, gab es vielfaches
Kopfschütteln. Es fiel das Wort »Reaktionär« —
was im Grunde garnicht so falsch war; denn bei der
ganzen Bewegung, die nun seit geraumer Zeit die
bildende Kunst erfaßt hat, handelt es sich in Wahr-
heit um eine Reaktion gegen die Anschauungen des
voraufgegangenen Abschnitts und um eine rück-

läufige Marschrichtung nach einer Revolutions-
epoche. Auf der ganzen Linie suchte man, nach
der Zerschlagung der älteren Formen, auf dem
durchgepflügten und wieder geglätteten Boden
neue Formsysteme aufzubauen. Auch die Malerei
hat sich zu diesem Zweck der Anlehnung an Ver-
gangenes als Hilfsmittel bedient. Die neue Begei-
sterung für Ingres, der Heimkehr einer Gruppe
italienischer Futuristen zu antikisierenden und re-
naissancehaften Manieren, — hat sich doch jetzt in
Italien sogar eine neue Gemeinde der »Passeisten«
gebildet! — sagen genug. Allenthalben aber wurde
immer deutlicher erkannt, daß es sich darum han-
deln würde, jene Anregungen zu verdauen, nicht
die äußeren Stilmerkmale früherer Jahrzehnte oder
gar Jahrhunderte anzunehmen, sondern aus dem
Studium der Vergangenheit lediglich eine Ermu-
tigung zu schöpfen, auf dem Wege zur Beruhigung,
zur Harmonie, zur neuen Erkenntnis und Verdeut-
lichung allgemein gültiger Formgesetze vorwärts
zu kommen. Erfolgreicher als ihre Schwesterkünste
ist die Architektur hierbei bergan gelangt! Sie
hat bei der Durchdenkung ihrer Aufgaben den
Sinn ihrer Tätigkeit: Raum zu gestalten, von einem
neuen Gesichtswinkel aus begriffen. Die klassizi-

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