Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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Mill, Werner: Die heitere Wohnung: baut leichte Möbel!
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INNEN-DEKORATION
447
ENTWURFi ARCHITEKT PAUL LASZLO-W1EN SCHLAFZIMMER DER DAME. HAUS K.—WIEN
DIE HEITERE WOHNUNG
BAUT LEICHTE MÖBELI
Wie schön sind leichte, geistreiche, gefällige Möbel, Möbeln diejenigen lieben, die ihn nicht belasten, sondern
die dem Menschen seine Freiheit, vielleicht sogar die seine Freiheit unangetastet lassen.. Lächelnd können
seine Launen lassen! . . Gewiß, Ehrfurcht gebührt dem wir uns eingestehen, daß wir fast ein wenig Furcht
»Urväter-Hausrat«, der mit schweren Hölzern und Zierat haben vor Dingen, die uns festlegen, die uns psycho-
prunkt, — aber wollen wir uns nicht eingestehen, daß logisch »anketten« wollen! . Der moderne Mensch ist ein
wir modernen Menschen doch ein anderes Lebens- »klaustrophobischer« Typus; er liebt keine Einriegelung,
Tempo haben? Daß wir uns gerne »frei« fühlen, souverän er braucht »Spielraum« und Verfügungsgewalt. Wem
mnd überlegen, und daß wir die Dinge nicht lieben, die sind nicht jene altväterlichen Betten ein Greuel, diese
uns allzu gemessen und wuchtig entgegentreten? . . . Feder-Bergwerke.diedenMenschen, wenn er sich einmal
* in sie hineingewagt hat, sehr bieder betreuen, ihn aber
Das Wichtige und Schwere mag unter gewissen Um- auch so vor Anker legen, daß er einer betonten Willens-
ständen auch uns willkommen sein: wo pathetische Räume Anstrengung bedarf, um sie wieder zu verlassen! Die
sich dehnen, wo Feierlichkeit oder Repräsentation ge- dem Menschen mit strenger Miene zuzurufen scheinen:
sucht werden, da muß gewiß auch das Mobiliar gewich- »Ja mein Lieber, jetzt bist du im Bett, und da gehörst
tige Formen und Massen aufbieten. Da bequemen wir du mir, da steht eine Mauer zwischen dir und der Um-
uns gerne dem Lebens-Tempo von Möbeln an, die aus weit. Schlafen ist eine sehr seriöse Sache; ich, das Bett,
der Zeit der Postkutsche stammen oder die auf moderne bin ein besonderer Raum-Bezirk, geheiligt durch den
Weise das Prunkende, Satte und Wuchtige suchen.. Schlaf von Vätern und Großvätern, und es bedarf ernster
Aber weil eben gerade von der Postkutsche die Rede Entschlüsse, bevor man mich besteigt und verlißt«,
war: genau so, wie der Mensch heute nur eine geschwinde Wie ganz anders sprechen doch dieleichten, niederen,
Raum-Überwindung lieben kann, wie er jeden mechani- modernen Betten den Menschen an! Man braucht
sehen Widerstand, den ihm Zeit und Raum und Natur- sich nur umfallen zu lassen, so liegt man darin; man
dinge entgegensetzen, heute mit seinrn Maschinen und braucht bloß den Kopf zu heben, da ist man schon auf-
Kräften bekämpft, (— weil er keine Zeit hat — oder gestanden. Das gibt keinen Einschnitt ins ganze Dasein,
keine Zeit haben will), genau so wird er unter den das kostet keine Erwägungen und Entschlüsse! . Einem
1925. XII. i.
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ENTWURFi ARCHITEKT PAUL LASZLO-W1EN SCHLAFZIMMER DER DAME. HAUS K.—WIEN
DIE HEITERE WOHNUNG
BAUT LEICHTE MÖBELI
Wie schön sind leichte, geistreiche, gefällige Möbel, Möbeln diejenigen lieben, die ihn nicht belasten, sondern
die dem Menschen seine Freiheit, vielleicht sogar die seine Freiheit unangetastet lassen.. Lächelnd können
seine Launen lassen! . . Gewiß, Ehrfurcht gebührt dem wir uns eingestehen, daß wir fast ein wenig Furcht
»Urväter-Hausrat«, der mit schweren Hölzern und Zierat haben vor Dingen, die uns festlegen, die uns psycho-
prunkt, — aber wollen wir uns nicht eingestehen, daß logisch »anketten« wollen! . Der moderne Mensch ist ein
wir modernen Menschen doch ein anderes Lebens- »klaustrophobischer« Typus; er liebt keine Einriegelung,
Tempo haben? Daß wir uns gerne »frei« fühlen, souverän er braucht »Spielraum« und Verfügungsgewalt. Wem
mnd überlegen, und daß wir die Dinge nicht lieben, die sind nicht jene altväterlichen Betten ein Greuel, diese
uns allzu gemessen und wuchtig entgegentreten? . . . Feder-Bergwerke.diedenMenschen, wenn er sich einmal
* in sie hineingewagt hat, sehr bieder betreuen, ihn aber
Das Wichtige und Schwere mag unter gewissen Um- auch so vor Anker legen, daß er einer betonten Willens-
ständen auch uns willkommen sein: wo pathetische Räume Anstrengung bedarf, um sie wieder zu verlassen! Die
sich dehnen, wo Feierlichkeit oder Repräsentation ge- dem Menschen mit strenger Miene zuzurufen scheinen:
sucht werden, da muß gewiß auch das Mobiliar gewich- »Ja mein Lieber, jetzt bist du im Bett, und da gehörst
tige Formen und Massen aufbieten. Da bequemen wir du mir, da steht eine Mauer zwischen dir und der Um-
uns gerne dem Lebens-Tempo von Möbeln an, die aus weit. Schlafen ist eine sehr seriöse Sache; ich, das Bett,
der Zeit der Postkutsche stammen oder die auf moderne bin ein besonderer Raum-Bezirk, geheiligt durch den
Weise das Prunkende, Satte und Wuchtige suchen.. Schlaf von Vätern und Großvätern, und es bedarf ernster
Aber weil eben gerade von der Postkutsche die Rede Entschlüsse, bevor man mich besteigt und verlißt«,
war: genau so, wie der Mensch heute nur eine geschwinde Wie ganz anders sprechen doch dieleichten, niederen,
Raum-Überwindung lieben kann, wie er jeden mechani- modernen Betten den Menschen an! Man braucht
sehen Widerstand, den ihm Zeit und Raum und Natur- sich nur umfallen zu lassen, so liegt man darin; man
dinge entgegensetzen, heute mit seinrn Maschinen und braucht bloß den Kopf zu heben, da ist man schon auf-
Kräften bekämpft, (— weil er keine Zeit hat — oder gestanden. Das gibt keinen Einschnitt ins ganze Dasein,
keine Zeit haben will), genau so wird er unter den das kostet keine Erwägungen und Entschlüsse! . Einem
1925. XII. i.