Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

DOI Heft:
Heft 6
DOI Artikel:
Scheffler, Karl: Unsere Möbel
DOI Artikel:
Jedlicka, Gotthard: Der Tod Modiglianis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0224

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
modern erscheint, wie es tatsächlich einige praktische Forderungen nach
organischer Einheitlichkeit erfüllt, wie es ihm gelingt, das Möbel viel-
fach fest wieder der Architektur zu verbinden, wie es im Entschei-
denden dann aber doch im Konventionellen beharrt — wie jedenfalls kein
Weg sichtbar wird von der immer noch bourgeoismäßigen, unkünstlerischen
Haltung dieses Hauses zur Volkswohnung der Zukunft.
Es kann aber auch kaum anders sein. Denn wie sollen endgültige Lö-
sungen der Wohnform im ganzen und für einzelne Möbel zustande kom-
men, solange eine allgemeine, geistig gewordene Nachfrage noch
nicht vorhanden ist! Was wir sehen, ist alte Gewohnheit oder Experi-
ment, oft beides zugleich; daneben gibt es einige künstlerisch schöne
Ausnahmeleistungen. Das ist Schicksal. Nichtsdestoweniger sind alle
lebendigen Bestrebungen beständig darauf gerichtet, die seit mehr als hun-
dert Jahren verloren gegangene organische, funktionelle Einheit von Raum
und Möbel, von Zweck und Form auf neuer Ebene wieder zu gewinnen.
Die soziale Völkerwanderung wird ja einmal zum Stehen kommen. Dann
wird es sich zeigen, daß die Vorarbeiten nicht verloren sind. Kommen
die Menschen erst zur Ruhe, so werden sie auch eine Form schaffen, so
wird ein Stil entstehen, der realisiertes Lebensgefühl ist und in dem das
Praktische und Schöne darum eines sind.

Der Tod Modiglianis

von GOTTHARD JEDLICKA

Lascano Teguy hat erzählt, wie Modigliani zum letztenmal ausging. Zwi-
schen den verworrenen Zeilen, die Dichtung sein wollen, errät man, wo
das Leben den packenden Vorwurf gegeben hat.

Modigliani war an diesem Abend laut und fast gefährlich. Er schwankte
hinter einer Gruppe von Malern her, mit denen er zusammengewesen,
denen er aber in diesem Augenblick unangenehm war. Sie versuchten,
ihn zu überreden, sich schlafen zu legen. Er war verletzt, weigerte sich,
lärmte und folgte ihnen in einiger Entfernung hartnäckig nach. Die
Nacht war stürmisch. Heftiger Wind bauschte die blaue Bluse des Malers,
während er den Mantel, obwohl es kalt war, im Schmutz hinter sich her-
zog. Nächtliche Passanten gingen vorüber und wichen ihm aus. Die
Maler hatten die Absicht, den Zeichner Benito an der Rue de la Tombe-
Issoire aufzusuchen. Modigliani ging ihnen bis zur Tür nach. Da er mit-
gekommen war, entschlossen sie sich, ihn auch mit hinaufzunehmen. Doch

2IO
 
Annotationen