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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 11
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Berliner Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0445

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P.P.RUBENS, MADONNA MIT KIND

NACHLASS DR. JAMES SIMON, BERLIN
VERSTEIGERUNG BEI RUD.LEl'KE, BERLIN AM 29. NOV.

Berliner Auktionen

In der ersten großen Herbstauktiou wurde die Sammlung des verstorbenen ehemaligen
Botschafters in Madrid, Freiherrn v. Stumm, von dem neugegründeten Auktionshaus
Dr. G. Deneke ausgeboten; vornehmlich spanisches Kunstgewerbe und Holzplastik, ein
Gebiet also, das in Deutschland von jeher wenig gesammelt wurde. Trotzdem wurde vieles
von dem trefflich ausgewählten Material zu guten Preisen aufgenommen: eine polychrome
Holzgruppe mit Joachim und Anna brachte 500, eine Sevillanische, auf einer Mondsichel
stehende Immaculata 650, eine andere, der Concepcio des J. M. Martinez sehr nahestehende
Madonna 480 Mark. Eine veristische Stuckstatuette des Heiligen Bernhard von Niccolo
dall' Area kam auf 900, ein Terrakottarelief mit der Himmelfahrt Maria, dem Ignazio
Marabitü zugeschrieben, auf 1500, eine siebenseitige vergoldete Schmuckkassette auf
1580 Mark. Hoch limitierte Gemälde gingen zurück, das niederländisch-spanische Hüftbild
einer vornehmen, von ihrem Schutzheiligen begleiteten Dame stieg auf 1000, die Kreuzigung
des Florentiners Gerini auf 2100 Mark.

Das wohlfundierte Axiom, die wohlhabenden bürgerlichen Schichten Deutschlands seien
bis auf winzige Reste aufgerieben, behält vor der Realität selten recht. Die beiden Von
P. Cassirer abgehaltenen Auktionen bewiesen das Gegenteil. Spielten auch bei dem Aus-
gebot des Lesser-Ury-Nachlasses am 21. Oktober lokale Momente die stärkste Rolle, so ist
doch gerade das Vorhandensein eines starken berlinischen Käuferkreises, das unbekümmert
um „internationale Marktwerte" das ihm zusagende Werk eines malerisch sehr begabten und
stark empfindsamen, dabei oft grellen und überdeutlichen Nachzüglers fast en bloc unter
schärfstem Wettbewerb aufnimmt, ein höchst bedeutsames Symptom. Anonyme Käufer
beeilten sich zu bezahlen, um sofort mit ihrer Beute loszufahren. Die Preise waren dem-
entsprechend hoch: während die frühen Bilder noch billig, das heißt zwischen 300 und
490 zu haben waren, die kleinen römischen Bilder von 1890 durch ihre „malerische"
Architekturdarstellung besonders gefielen und bis zu 410 erreichten, wurden die leuchtenden,

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