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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 7
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Hauptmann, Gerhart: Gruss für Max Liebermann
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Scheffler, Karl: Dem Fünfundachtzigjährigen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0247

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GRUSS FÜR MAX LIEBERMANN

von GER HART HAUPTMANN

Über Max Liebermann an dieser Stelle zu urteilen, darf ich mir ersparen:
oft genug habe ich meiner Verehrung, Bewunderung und Liebe für den
Meister Ausdruck gegeben. Unabirrbare Leidenschaft verband diesen Patriziers-
sohn und Patrizier von jung auf mit der bildenden Kunst, der er, die
Tradition seines Standes durchbrechend, und trotz anderer glänzender Mög-
lichkeiten, sein Leben verschrieb. So wurden wir aus der Fülle eines
reichen, von einem festen Charakter geführten Talents mit wertvollen
Werken beschenkt, die zum festen Bestände der deutschen Kunst gehören.
Alle Mit- und Nachstrebenden aber hatten an ihm ein immerwährendes
Beispiel von in sich beruhender Stetigkeit. Auch war seine große und
einfache Haltung für das deutsche Kunstleben vieler Jahrzehnte von
höchstem ethischen Wert. Heut gehört Max Liebermann, trotz seines nie
ermüdenden Wirkens für den Tag, längst in die Bereiche des Bleibenden.

Dem Fünfundachtzigjährigen

von KARL SCHEFFLER

Liebermann hat einmal formuliert: es sei nichts besonderes, mit fünfund-
zwanzig Jahren Talent zu haben, es käme darauf an, noch mit fünfzig
Jahren talentvoll zu sein.

Er selbst hat nicht nur mit fünfundzwanzig und fünfzig Jahren Talent
gehabt, sondern auch mit sechzig, siebzig und achtzig. Wessen der Fünf-
undachtzigjährige noch fähig ist, hat er eben mit seinem Sauerbruch-
Bildnis bewiesen. Er hat, seit er zu malen begann, verstanden von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt ein Neuer zu werden und, sich wandelnd, stets doch
er selbst zu bleiben. Immer hat er alles Errungene und Erreichte aufs Spiel
zu setzen gewagt, in dem sicheren Gefühl, sich selbst niemals verlieren
zu können. Dem Talent gesellte sich so die Erfahrung; aus dieser Ver-
bindung aber erwuchs künstlerische Weisheit. Und sie befruchtete wieder
das Talent. Darum kann Liebermann heute den eigenen Ausspruch variieren
und sagen: mit fünfzig Jahren Talent haben, das können viele; mit fünf-
undachtzig Jahren noch welches haben, dazu gehört etwas!
Ja, was gehört eigentlich dazu, um in einem so hohen Alter noch schöpferisch
und darum jung zu sein? Eine Begabung gehört dazu, die von vornherein
auf Stetigkeit und hohes Alter angelegt ist, eine unversiegbare Vitalität

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