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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 8
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Rosenberg, Jakob: "Hundert Seltene Holländer"
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Jedlicka, Gotthard: Der Basler Museumsbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0316

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„Hundert Seltene Holländer"

von JAKOB ROSENBERG

Unter diesem Titel fand in der Galerie Dr. Schärfer in den Monaten April und Mai eine
Ausstellung statt, deren Ziel es war: „in einer Zeit schwerer wirtschaftlicher Not und
äußerster Verengung des Kunstmarktes zu beweisen, daß auch mit geringen Mitteln
interessante und sammelnswerte Dinge zu erwerben sind, wenn der Sammler sich nur
von der Magie der großen Namen freimacht" (Vorwort des Kataloges).
Dieser Vorstoß zur Befreiung von der Magie der großen Namen war von Dr. Schäffer auf
dem ihm vertrauten Gebiet der holländischen Malerei des siebzehnten Jahrhunderts mit feinem
Verständnis durchgeführt worden. Auf verhältnismäßig kleinem Räume sah man eine
Fülle seltener und zugleich reizvoller Bildchen vereinigt, deren Bestimmung den Kennern
viel Kopfzerbrechen gemacht hätte, würden nicht in den meisten Fällen echte Signaturen
aus der Verlegenheit helfen. Wer hat etwa schon ein Stilleben von Anthony Claes
gesehen, der in den vierziger Jahren noch im Stile Jan Brueghels, nicht schlechter aber
etwas weicher und mit mehr Helldunkel malte — oder eine Landschaft von Willem Buytewech
dem Jüngeren, der Wynants gefährlich nahe kommt? Salomon de Brays entzückende
blaugrüne Hügellandschaft mit Elsheimer Erinnerungen, van Troyens romantisch-phan-
tastische, in ihrer Farbigkeit noch an de Bles angelehnte Felslandschaft, Nicolas Hals*
ostadeartiger Eislauf vor der Stadtmauer, Pieter Janssens, des Pieter de Hooch Doppel-
gängers, unerwartetes an Kalf geschultes Stilleben, Rietschofs schönes, bei Willem van
de Velde stehendes Seestück, eine Teniers verwandte Landschaft des Stillebenmalers (?)
J. de Heem, eine von Aert van der Neer inspirierte Mondscheinlandschaft des Jacob van
der Croos — und vieles andere zeigte: wie sehr man sich hüten soll, Bilder, nur weil
sie der Manier eines bekannten Meisters nahestehen, mit dem Namen desselben zu be-
legen. Dabei sind diese Bilder durchaus keine trockenen Nachahmungen. Irgendein in-
dividueller Reiz haftete fast jedem dieser Werkchen an, ein hübscher koloristischer Klang,
ein origineller BeleuchtungsefFekt, eine flotte Pinselschrift, eine auffallende Tonfeinheit
oder eine amüsante motivische Wendung. — Zwischen diese seltenen Kleinmeister waren
auch ein paar ungewöhnliche Stücke bekannter und größerer Meister gehängt, so das
entzückende kleine Stilleben von Kalf mit Delftkanne und Zitrone aus Berliner Privat-
besitz, das an Qualität kaum seinesgleichen hat, oder die originelle Halbfigur eines lesen-
den Bauern von A. van Ostade, bei dem das starke Rot der Mütze einen für diesen
Meister ungewöhnlich kräftigen Farbakzent gibt.

Was die Gemeinschaft dieser Bilder aber außerdem angenehm machte, war ihr unbe-
rührter, reinlicher Charakter. Lieber ein gut erhaltenes, unverfälschtes Werk eines tüch-
tigen Kleinmeisters, als ein von Restauratorenhand „verschöntes" mit hochklingendem
Namen. Auch diese Lehre gab die Ausstellung mit auf den Weg.

Der Basler Museumsbau

von GOTTHARD JEDLICKA

Die Atmosphäre von Basel ist schwer zu umschreiben, so deutlich man sie auch zu er-
leben glaubt, wenn man sich in der Stadt aufhält. Der Geist dieser Stadt an der Grenze
zweier Kulturen, die eine große Vergangenheit hat, ist voll geistesgegenwärtiger Nüch-
ternheit. Basel ist die Stadt des aristokratischsten Bürgertums in der Schweiz, der vor-
nehmsten Überlieferung. Sogar der Reichtum hat hier ein fast alltägliches Profil. Die
Weite der Stadt ist präzis, jeder falsche Prunk war von jeher ausgeschlossen. Wir
 
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