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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 7
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Annot: Klischee Braque
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0260

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Klischee Braque

von AN NOT

Wo steht heute die Jugend und wo hält sich der künstlerische Nachwuchs
eigentlich verborgen? Die jungen Leute, die uns auf allen großen Aus-
stellungen so eifrig vorgeführt werden, die, auf den Druck ihrer energischen
Lehrer hin, mit 20, 25 Jahren schon die deutsche Kunst auf den inter-
nationalen Ausstellungen mit repräsentieren, diese fix und fertige Stapel-
ware erfüllt uns mit Mißtrauen und Zweifeln.

Die Dekorationen zu dem großen Kostümfest einer staatlichen Kunstschule
wurden da zu unverhofften und unfreiwilligen Anklägern dieser ganzen
leichtsinnigen Einstellung, dieses Pseudoschaffens, es war so einleuchtend,
so instruktiv, daß es notwendig wird, diesen Tatbestand aufzunehmen.
Diese schnell hingeworfenen billigen Dekorationen waren nämlich in
Wirklichkeit nichts andres als die vergrößerten Bilder dieser Leute. Wir
kennen die Requisiten der „modernen Malerei" — viel Fische, gestreifte
Sweater, Lorbeerzweige, Tauben, antike Gipspferde mit geblähten Nüstern
und wallender Mähne, Bordellromantik. Mit erstaunlicher Geschicklichkeit
und manueller Beherrschung eines Materials, das sie nie wirklich durch-
drungen haben, dessen Eroberung sie nie erkämpft haben, werden Bilder
hergestellt von großem äußeren Reiz, man ist versucht, zu glauben, von
Kultur.

Ein Bild ist aber doch wohl keine Handarbeit. Aus schweren Konflikten
heraus, in die ein Maler gerät, sowie sich seine Vorstellung verdichtet, sor
daß er hundertmal dies quälende Vorhaben verwünscht, das ihn nun nicht
mehr losläßt, aus dieser Spannung zwischen Bildwillen und Beobachtung
sind alle Kunstwerke entstanden. Ob sie schön sind oder unbeholfen —
glatt sind sie nie! Hat der Maler vermocht, aus sich herauszustellen, was
ihn bewegt hat, bewegt und erschüttert uns sein Bild. Das Erlebnis ist
die Voraussetzung zum Schaffen und die ehrliche Auseinandersetzung mit
den Problemen, das ist Gestaltung. Den Mut, das Bekennertum, stets von
neuem wieder der ganze Einsatz der Persönlichkeit, dazu reicht's bei diesen
jungen kühlen Anfertigern von Geschmacksware nicht aus. Ist es Furcht
vor den eigenen Einfällen, diese Unsicherheit, oder ist es Armut? Während
alle jungen Generationen bis jetzt immer das Vorige verurteilt haben, Be-
reicherung durch Revolutionen ins Leben trugen, sind diese Jungen reine
Erfolgsanbeter und Imitatoren, stets im Gefolge einer Richtung und selb-
ständig nicht zu denken. An Stelle von Talent rückt die Geschicklichkeit
des Transports. Diese gewisse Fixigkeit schien sich häufig sehr gut zu
rentieren; große Publikums- und Presseerfolge verführten viele zu dem

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