Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0422
DOI issue:
Heft 11
DOI article:Eisner, Bruno: Slevogt, der Musiker
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„Es geht mir wie mit einem Auto, das erst angekurbelt werden muß! Ihre Drohungen
mit ,Faust' sind wohl der Anfang."
Slevogt, der Musiker
von BRUNO EISNER
Er sprach nicht viel, aber immer das Richtige. Wenn sich in seiner An-
wesenheit, in kleinem oder größerem Kreise, ein Meinungsaustausch ent-
wickelte, nahm er sozusagen nur von der Peripherie her Anteil daran.
Plötzlich sprach er einige Worte zu dem Thema — und die Debatte war
in den meisten Fällen zu Ende. Er hatte das Richtige, Erschöpfende ge-
sagt: den Nagel auf den Kopf getroffen. Nie apodiktisch, schon gar nicht
aggressiv, in größter Ruhe, mit innerer Liebenswürdigkeit, sachlich und
ernst. Nie als Mittelpunkt — er war immer Mittelpunkt.
Von dieser Treffsicherheit war auch sein Urteil in musikalischen Dingen.
Umfassend, ausschöpfend, über Leistungen reproduktiver Art, über musi-
kalische Persönlichkeiten, über Werke.
Mit der Wiedergabe ästhetischer Eindrücke begnügte er sich nicht. Er
sah keine Bilder, geheimniste keine Literatur in die Musik, wie das meistens
Künstler anderer Fakultäten tun, wenn sie über Musik sprechen. Er sprach
als Musiker, mit musikalisch sachlichen Belegen.
Ich habe ihn in seinem Berliner Heim und auch auf seinem Landsitz in
der Pfalz, in dem von ihm mit Fresken ausgemalten Musiksaal Schumann,
Schubertlieder, Löweballaden, auch aus Carmen und dem „Ring" singen
hören. Zum Teil begleitete ich, oft auch begleitete er sich selbst.
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mit ,Faust' sind wohl der Anfang."
Slevogt, der Musiker
von BRUNO EISNER
Er sprach nicht viel, aber immer das Richtige. Wenn sich in seiner An-
wesenheit, in kleinem oder größerem Kreise, ein Meinungsaustausch ent-
wickelte, nahm er sozusagen nur von der Peripherie her Anteil daran.
Plötzlich sprach er einige Worte zu dem Thema — und die Debatte war
in den meisten Fällen zu Ende. Er hatte das Richtige, Erschöpfende ge-
sagt: den Nagel auf den Kopf getroffen. Nie apodiktisch, schon gar nicht
aggressiv, in größter Ruhe, mit innerer Liebenswürdigkeit, sachlich und
ernst. Nie als Mittelpunkt — er war immer Mittelpunkt.
Von dieser Treffsicherheit war auch sein Urteil in musikalischen Dingen.
Umfassend, ausschöpfend, über Leistungen reproduktiver Art, über musi-
kalische Persönlichkeiten, über Werke.
Mit der Wiedergabe ästhetischer Eindrücke begnügte er sich nicht. Er
sah keine Bilder, geheimniste keine Literatur in die Musik, wie das meistens
Künstler anderer Fakultäten tun, wenn sie über Musik sprechen. Er sprach
als Musiker, mit musikalisch sachlichen Belegen.
Ich habe ihn in seinem Berliner Heim und auch auf seinem Landsitz in
der Pfalz, in dem von ihm mit Fresken ausgemalten Musiksaal Schumann,
Schubertlieder, Löweballaden, auch aus Carmen und dem „Ring" singen
hören. Zum Teil begleitete ich, oft auch begleitete er sich selbst.
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