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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 9
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Göpel, Erhard: Zweiggalerien, nicht Monstermuseen! Manchester als Beispiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0362

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dachte, vereinigt man dreimal im Jahre, den Schulferien entsprechend, die Sammlung
im Museum, um den Leitern von neuem die Auswahl aus dem Ganzen zu ermöglichen.
An ausländischen Namen finden sich unter den Originalen Millet, Modigliani, Derain —
und ein Ludwig von Hofmann. Die Kenntnis neuerer französischer Kunst vermitteln die
Mappen der Mareesgesellschaft und andere gute farbige Nachbildungen. Der Stifter mochte
durch seinen Bruder William Rothenstein, einen bekannten Londoner Portraitisten, an-
geregt worden sein, doch muß er selbst eine glückliche Hand gehabt haben.
Die Kunstpflege der Stadt Manchester wurzelt nicht in theoretischen Überlegungen.
Als man einmal den Gedanken der Verteilung der Kunstwerke in dem sehr ausgedehnten
Stadtgebiet als fruchtbar erkannt hatte, verfolgte man ihn mit Glück weiter, nun die
Gelegenheiten suchend, um Park und Zweigsammlungen miteinander zu verbinden. Mu-
seen an verschiedenen Stellen einer Stadt findet man auch anderswo, aber die einheit-
liche Leitung gleichgerichteter Sammlungen macht den Vorteil in Manchester aus. Inter-
essante Ausstellungen wandern durch die Zweiggalerien, dauernder Besitz wird zwischen
den Sammlungen ausgetauscht. Die ausgezeichnete Idee, die der Schenkung der Sammlung
Rutherston zugrunde liegt, zeigt, daß man in England noch mit fruchtbarer privater Ini-
tiative rechnen darf, die in Deutschland fast ausschließlich an die öffentliche Hand und
an die unbegüterte Intelligenz übergegangen ist. Der Erfolg der in Manchester verfolgten
Bestrebungen spiegelt sich in der Gesamtbesucherzahl (1930) von 880000 Menschen bei
einer Einwohnerzahl von 750000.

Die Übertragung der in Manchester wirksamen Gedanken auf deutsche Verhältnisse
kann nicht mechanisch geschehen, da sie aus einmaligen Voraussetzungen entstanden.
Außerordentlich wohltuend ist der Verzicht auf Repräsentation, für die die Städte in
Deutschland ihre Museen mißbraucht haben; außerordentlich belebend wirkt die enge
Verbindung von Natur und Kunst. Der Charakter der Wohnlichkeir, der diesen ehe-
maligen Wohnhäusern noch anhaftet, ist nicht künstlich nachzuahmen. Aber nach-
zustreben ist dem Vorteil mäßiger Ausdehnung der Gebäude und den mäßig großen
Innenräumen mit kleinen, geschlossenen Sammlungen, die einen einheitlichen Eindruck
hinterlassen. Dem Kulturwillen deutscher Städte, denen die Krise die Mittel beschnitten
hat, ist hier eine Wirkungsmöglichkeit gegeben. Die Einrichtung von Zweiggalerien gibt in
großen Städten die Möglichkeit einer Entlastung der Hauptsammlung, in der oft Häufung
die Wirkung des einzelnen Werkes behindert. Die Zerschlagung von Monstermuseen —
der künstlichen, nicht der gewachsenen —, in denen sich kein Mensch mehr zurechtfindet
oder gar wohlfühlt, ist die radikale Forderung. Sie wird zuerst darin wirksam werden,
daß das Streben nach Schaffung neuer Riesenkomplexe aufhört. Da sich bei einigem Nach-
denken genügend Formen finden, Gemälde in großer Zahl übersichtlich auf kleinem Raum
aufzubewahren, so bedeutet diese Forderung nicht das Stoppen der Sammeltätigkeit.

Anmerkung: Der Verwaltung der städtischen Sammlungen in Manchester dankt der Verfasser für
die Überlassung der Drucksachen des Museums und für die Unterstützung bei der Besichtigung der
einzelnen Zweiggalerien.

Wesentliche Bücher

Attische Kultstätten. 57 Bilder von Walter Hege, Einleitung von Emil Waldmann.
Schaubücher, herausgegeben von Emil Schäffer. Band 20. Orell Füßli Verlag, Zürich.
Die Einleitung und die Abbildungen ergeben zusammen eine ausgezeichnete Gesamt-
anschauung. Hier und dort sind Hintergründe — der Landschaft, der Zeiten — mit ein-

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