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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 6
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Schmidt, F. H.: Islamische Kunst aus Berliner Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0230

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Islamische Kunst aus Berliner Privatbesitz

von F. HEINRICH SCHMIDT

Die Freude an der handwerklichen Leistung hat wie schon im Mittelalter, so sicherlich
auch in neuerer Zeit zum Sammeln islamischer Kunst in erster Linie den Antrieb ge-
geben. Das führt die kleine Schau islamischer Kunst aus Berliner Privatbesitz eindrucks-
voll vor Augen, die Direktor Kühnel im Kaiser-Friedrich-Museum zeigt (Saal 22/23,
Mai-Juni).

Schon, daß die Töpferkunst im Mittelpunkt des Sammlerinteresses steht, darf als ein
Beleg für das angedeutete Verhältnis angesehen werden. Am zahlreichsten sind persische
Fayencen vertreten aus der Blütezeit der persischen Keramik kurz vor und nach der
Eroberung Vorderasiens durch die Mongolen (1225). Einer der wichtigsten Herstellungs-
orte vor diesem Einfall war Ray (oder Raghes in der Nähe von Teheran). Außer den
mit intensivem Kobaltblau oder Türkisgrün einfarbig glasierten Schalen, Flaschen und
Lampen verdienen besonders die Lüsterfayencen Beachtung. An ihnen fand in der Be-
schränkung auf schnelle pinseltechnische Gestaltung das zum Abstrakten neigende isla-
mische Ornament zuerst die klare Formulierung als Arabeske, wie die Scherbenfunde
aus Samarra, Ktesiphon und Fostat aus den Anfängen der islamischen Kunstbetätigung
deutlich zeigen. Man hat die Erfindung der Lüstertechnik damit erklärt, daß sie als Er-
satz für das im sasanidischen Persien zu hoher Blüte gelangte Gold- und Silbergerät
dienen sollte, deren Besitz wie überhaupt den Besitz von Gold der Islam nicht mit
seiner Weltanschauung vereinen konnte. In der Tat kann man zahlreiche Gefäßformen
wie die an getriebene Arbeiten erinnernde bauchige Flasche auf die Metallkunst zurück-
führen. Ebenfalls die neben der Lüsterbemalung gepflegten wie Gravierarbeit aussehenden
Ritztechniken weisen in diese Richtung.

Eine andere Fayencegattung stand in engstem Zusammenhang mit der Miniaturmalerei
und strebte daher eine mehr farbige Wirkung an. Es ist die sogenannte Minai'-Ware, die
ebenfalls mit den Werkstätten von Ray in Verbindung gebracht wird. Hier wird auf türkis-
farbenem oder weißem Grund, oft unterstützt durch plastische Modellierung, eine meist
aus figürlichen Szenen bestehende farbenfreudige Schmelzfarbenmalerei auf der Glasur
angebracht, deren koloristische Lockerheit durch geschickt verwendete Vergoldung ge-
hoben wird. Außer den üblichen Schalen sieht man auch reicher profilierte Gebilde,
unter denen eine bauchige türkisgrüne Flasche hervorragt mit kugel- und mandelförmigen
plastischen Auflagen, die an Metalltechniken erinnern und eine weiße Schale, die innen
nach Art eines Textilmusters mit einer Folge von goldenen Wellenranken verziert ist, in
deren Zwischenräumen Vögel an stilisierten Brunnen sitzen.

Am meisten sprechen uns indes jene Fayencekacheln mit Tierfriesen aus der persischen
Fabelwelt an, von denen besonders ein türkisgrünes Stück, auf dem zwei auf Apfel-
schimmeln dahergaloppierende Jäger eine fliehende Gazelle stellen, Beachtung verdient.
Die blau gefleckten Schimmel mit den in bunte Gewänder gehüllten Reitern auf dem
reich vergoldeten Arabeskengrund geben Zeugnis von der Bildkraft persischer Phantasie,
die in der Miniaturmalerei ihre höchste Blüte erlebte. Man ist versucht, noch zahlreiche
andere Beispiele der persischen Baukeramik eingehender zu betrachten, etwa in Gestalt
der Kreuz- und Sternfliesen mit reizvollen Tierbildern in Lüsterbemalung, der in Kobalt-
blau und Lüster bemalten Kacheln, die zum Teil schon in die mongolische Epoche ge-
hören, woraus das Auftauchen der chinesischen Drachentypen zu erklären ist.
Wurde die naturalistische Darstellung von Lebewesen in der islamischen Welt im allge-
meinen als ein vermessener Wettbewerb mit dem alleinigen Vorrecht des Schöpfers aller

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