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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 8
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Grosz, George: Briefe aus Amerika, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0287

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Briefe aus Amerika. I.

von GEORGE GROSZ

Ich bin jetzt also im Great Northern Hotel installiert. Gegenüber der Art
Students League. Habe da Zimmer mit Bad. Leider etwas dunkel, muß
schon am Tage Licht brennen. Werde daher umziehen in ein anderes mit
besserem Licht. Great Northern wählte ich auf Newmanns Rat, es ist
verhältnismäßig billig und, weil es etwas älter ist, durch solidere Bauweise
angenehm kühl inside. Merkwürdig, seit vorgestern ist es hier fast kalt . . .
von Hitzewelle oder so nichts zu merken. Man muß sogar die Weste an-
ziehen. Hatte ich kaum gedacht. New York macht einen faszinierenden
Eindruck ... ist jedoch für Idylliker und Menschen, die etwa das lieben,
was man so allgemein an Paris schätzt, sicherlich nicht der richtige Platz.
Wer aber ein wenig übrig hat für das, was in der Welt als amerikanische
Aktivität bekannt ist, der kommt hier auf seine Kosten . . . und in der
Tat ist es staunenswert, was die hier alles machen. Gestern lud mich Mac
zum Lunch ins Alghonquin-Hotel ein. Hotel, wo viele Theater- und
Musikerleute (showcomposers und so) zu Mittag essen. Alles Licht, das
scheint man hier zu lieben, ist abgedämpft. Eindruck fast von jedem
Hotel: tritt man ein, so hat man den Eindruck einer langen hohen ele-
ganten Grotte. Mac, der hier überall bekannt ist, traf sich dort mit ver-
schiedenen Kunstbusinessmen, ich meine mit den einzelnen Teilhabern,
mit denen er zurzeit an einer neuen amerikanischen Show arbeitet. Für
mich hatte er den Highlife-Porträt-Maler Lion Gordon hinbestellt. Ein
Maler, der, früher Russe, jetzt seit langer Zeit im Lande, Porträts der
Upper ten malt. Netter dicker Kerl, in Begriff, wie ja alle, die hier was
sind, nach Europa zu fahren. Devise hier, in der Wintersaison zu ver-
dienen und die warme Hälfte drüben zu verleben, Ferien zu machen.
Gordon sprach etwas deutsch, zeigte mir später sein Atelier und kredenzte
originalen Dubouche, Drei Stern. Da kam auch noch der hagere, eis-
graue, sehr bekannte Illustrator Anderson hinzu. Atelier altmeisterlich her-
gerichtet. Modellstuhl mit kostbaren Stoffen, wie zufällig belegt. Auf der
Staffelei Porträt eines hohen Mannes, gemalt im Lavery-Stil. Beim Essen
vorher im Hotel stellte mir Mac auch Mister Roß, den Editor vom New
Yorker vor, langer merkwürdig häßlicher Herr mit schlechten Zähnen,
originell häßlich. Immer Hände in den Taschen. Essen beginnt in ameri-
kanischer Weise mit einem Glas von ausgepreßtem Tomatensaft oder
Orangensaft (ebenso das Frühstück): dies Glas steht in einer kleinen
Schale, vollgepackt rundherum mit Eisstücken. Hinterher gab es ein old-
fashion chicken Gericht, allerlei Orangenstücke, dabei süßsauer gekocht,

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