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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 10
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Scheffler, Karl: Erich Mendelsohn: der schöpferische Sinn der Krise
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Herbstversteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0405

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Erich Mendelsohn: Der schöpferische Sinn der Krise.

Vortrag, gehalten auf dem Kongreß des Internationalen Verbandes für kulturelle Zu-
sammenarbeit in Zürich, 1932. Bruno Cassirer Verlag, Berlin.

Der Vortrag hat in seiner Fülle etwas Hinreißendes, doch möchte man oft kritisch hinein-
rufen. Von dem künstlerischen Temperament Erich Mendelsohns sagt er eigentlich mehr
aus als seine Bauten. Hier ist ein neuer Beweis, daß es für solche Betrachtungen, die
alle Künste, die Wissenschaften, das Soziale, Historische, Kulturelle und Politische gleich-
mäßig umfassen, in denen Analyse und Synthese sich eng verschränken, und die einen
großen Bogen über die ganze Zeit zu ziehen unternehmen, keinen besseren Ausgangs-
punkt gibt als eine Berufstätigkeit, in der Tun und Denken abwechseln wie Ein- und
Ausatmen. Ein vielbeschäftigter Architekt, dessen Arbeit ebensosehr praktisch wie geistig
ist, hat diesen Vortrag gehalten. Das Pathos, von dem seine Sätze getragen werden,
ist echt, wenn auch nicht immer stichhaltig; die Einsicht ist lebendig, auch dort, wo
sie tiefer hätte dringen können, die Formulierung ist stellenweis schlagend, wenn es
ihr auch nicht an Manierismus fehlt. Die Gesamthaltung ist sehr deutsch. Der Optimis-
mus, der sich aus nichts verschleiernden Feststellungen ergibt, beruht auf einem Glau-
ben, der Respekt fordert. Im einzelnen wird der Leser vieles anders sehen, vor allem
die Fragen der Kunst; als ein Blick über das Ganze der Zeit ist der Vortrag dennoch
im wesentlichen überzeugend. Er ist auch ein Symptom. Wenn wir eine fest zusammen-
haltende Gruppe so überlegen denkender Arbeiter der Zeit hätten, so würde diese Gruppe
Macht gewinnen und den „schöpferischen Sinn der Krise", der im Geiste Mendelsohns
wirklich vorhanden ist, zu einem schnelleren Siege verhelfen. K. Sch.

Herbstversteigerungen

C. G. Boerner versteigert wieder wichtige Sammlungen alter und moderner Graphik. In
der Zweiten Novemberhälfte werden Kupferstiche alter Meister des Fürstlich Fürsten-
bergischen Kupferstichkabinetts in Donaueschingen und der alten Wettiner Sammlung
Friedrich Augusts des Zweiten von Sachsen versteigert: Dürer, Rembrandt, alte deutsche
Graphik, Callot, farbige Städteansichten, Italiener des fünfzehnten Jahrhunderts, eine
Ornamentsammlung usw. In mehreren Versteigerungen kommt sodann die bekannte Samm-
lung Stinnes, Köln, auf den Markt. Sie enthält u. a. das fast vollständige Werk von
Toulouse-Lautrec, ursprünglich im Besitz Walter Heymels (er selbst hat im V. Jahrgang
von „Kunst und Künstler" darüber geschrieben), und viele schöne Blätter französischer
und deutscher Graphik des neunzehnten Jahrhunderts.

Die Sammlung Stinnes hat einen Ruf von Unzugänglichkeit und anspruchsvoller Aus-
lese; ihr Besitzer gehörte zu den wenigen Sammlern, die sich dem graphischen Schaffen
der neueren Zeit folgerichtig zugewandt haben. Ehrgeizig wollte er immer die ersten
Abzüge der Platten und die ersten Nummern der illustrierten Bücher. Manchem früh von
ihm erkannten Talent hat er als treuer Käufer geholfen. Daß nach der Sammlung Carl
Sachs und den Sammlungen S. und S. nun auch diese bedeutende Sammlung der Auf-
lösung verfällt, ist ein merkbarer Verlust. Es wird im einzelnen darüber nach der Ver-
steigerung noch zu sprechen sein.

Paul Graupe versteigert am 17. und 18. Oktober Bücher des fünfzehnten bis zwanzigsten
Jahrhunderts und französische Graphik des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts.
Auch hier findet sich eine größere Sammlung von Blättern Toulouse-Lautrecs (Sammlung
Rud. Tewes). Für den Herbst bereitet Paul Graupe die Versteigerung einer Sammlung
französischer Impressionisten vor.

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