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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 7
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Orlik, Emil: Josef Grünberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0266

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Am Abend kamen wir wieder einmal bei Josef Grünberg zusammen,
dem diese Zeilen gewidmet sind. Ein Nachruf! Er ist nicht mehr!
Wir zwei Graphiker und ein Museumsdirektor, der das ganze Gebiet
graphischen Kunstschaffens in seiner Weite kennt: die Künstler, die
Sammler, die Händler. Meine Schilderung des trostlosen Eindruckes, den
die stille Kupferdruckwerkstätte machte, bewegte das Gespräch zu dem
gegenwärtigen Stand der Graphik und dem Interesse dafür. Wir waren
einstimmig der Ansicht, daß es ein trauriger Zustand sei. Schuld daran
sind die vielen Auktionen, auf denen manche gute Sammlung —- oft
wider den Willen der Besitzer — zu Spottpreisen verkauft wird, und jene
graphischen „Kollektionen", welche in der Inflation von Jobbern zusam-
mengekauft worden sind und jetzt verschleudert werden. Dann die voll-
kommene passive Ruhe in dem Betrieb der Verleger — auch sie sind ja
Opfer der Zeitumstände. Das alles gibt den erschreckend tiefen Ausschlag
auf der Wage, die uns — ehrlich gesagt — oft genug getäuscht hat.
Denn es hat ja niemals in Deutschland viele Sammler gegeben, die mit
ganzer Liebe und eindringlichem Verständnis moderne Graphik gesam-
melt haben! Und heute sind die zehn Finger der beiden Hände zu viel,
um an ihnen jene aufzuzählen, die noch sammeln, die noch kaufen.
Nun hat der Tod hier einen abberufen, der zu diesen wenigen gehörte.
Ein merkwürdiger, bedeutender Mensch, ein Eigenbrödler — auch als
Sammler! Man hätte ihn nie bewegen können, auch nur das kleinste
Blättchen, selbst eines Meisters, in seine Sammlung zu bringen, wenn es
nicht ganz und gar nach seinem Geschmack war. Er hatte mit illustrierten
Märchenbüchern angefangen, die seinem so kinderfreundlichen Wesen
das meiste sagten. Er liebte die Kinder, und sie hingen an ihm. Und
viele, die heute erwachsen und gereift im Leben stehen, bewahrten Josef
Grünberg, dem gütigen Freund ihrer Kinderzeit, anhängliche Freundschaft
und Verehrung. Vielleicht war diese besondere Liebe zu den Kindern der
ausschlaggebende Grund seiner Berufswahl. Er war Orthodentist. Man
darf wohl sagen, einer der bedeutendsten und angesehensten, und die
Regulierung unregelmäßiger Zahnstellungen an Kindern war sein Lebens-
element. Dieser Zahnarzt war aber auch ein ingeniöser Techniker, ein
immer Neues suchender und erforschender Erfinder. Von der Natur aus-
gezeichnet mit einer unermüdlichen Energie, ließ er nicht nach, einen
einmal gefaßten Gedanken zu Ende zu denken — er beurteilte die Men-
schen auch vom Standpunkt dieser Fähigkeit. Er hatte sich in das Problem
verbissen, eine Kupferdruckpresse zu konstruieren, die jene alte, seit Olims
Zeiten bis auf den heutigen Tag verwendete weit in den Schatten stellen
sollte. Und er hat es erreicht. Viele Modelle wurden gebaut, immer neu

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