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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 7
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Roderich, Paul: Aus dem Düsseldorfer Kunstleben
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Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0122

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4- Die Kunst-Halle -z-

7

Düsseldorfer Künstlers vollendet worden ist. Ls ist
die Begegnung Blüchers und der von Paris zurück
geführten (Quadriga an den Thoren von Duisburg,
gemalt in der Realschule zu Duisburg von Ludwig
Keller, einem noch jungen Künstler und Schüler
von Peter Janssen. Keller hat das, nebenbei gesagt,
etwas frei komponirte Motiv in ganz anderer Meise
behandelt und den Beweis geliefert, daß sich auch
mit Freilicht und realistischer Menschen-Darstellung
ein Kunstwerk von echt monumentaler Wirkung
schaffen läßt. Der junge Künstler, der sich bisher
hauptsächlich durch höchst lebendig aufgefaßte und
eminent ähnliche und dabei künstlerisch vollendete
Porträts einen Namen gemacht hat, zeigt sich hier-
mit größtem Lrfolg auf dem schwierigen Gebiet des
Historienbildes und es ist erfreulich, daß gerade eine
junge Kraft sich wieder diesem von den Modernen
strengster Observanz so verachteten Kunstzweige zu
wendet und zwar wie hier mit solchem Resultat.
Das Motiv bot ja keinen Anlaß zu einer sehr be-
wegten Handlung und so liegt der Hauptwerth in
der höchst interessanten Farbenwirkung und der fest-
lichen Charakteristik der einzelnen Gestalten.
Paul Roderich.
X
^»n Ernst Arnolds Kunstausstellung gab es diesen
Herbst zunächst eine Sonderausstellung der Dackauer
Ludwig Dill und A. Holzel, denen sich noch Fritz von
Uhde mit einigen Werken angeschlosfen hatte. Hölze!
kam zur selben Zeit nach Dresden und hielt einen Dortrag,
in dem er die von ihm und Dill in ihren Werken ver-
tretenen Kunstanschauungen, die in starker Betonung der
großen Formen gipfeln, darlegte. Die Ausstellung bot viel
Interessantes, manchen Treffer, manches aber auch, in dem
die Natur der Theorie zu Liebe vergewaltigt erschien, so
daß die Klarheit der Anschauung darunter litt: wenigstens
war hie und da weder aus der Ferne noch in der Nähe
klar zu erkennen, was die „große Form" darstellte. Die
Hölzelschen Sachen sind in dieser Hinsicht nicht so extrem
richtungsgetreu und unter ihnen waren einige außerordent
lich schöne Bilder. Zur Zeit sind die neuesten plastischen
Werke Max Klingers ausgestellt, d. h. „die Schlafende" und
„die Badende" sind bereits in Privatbesitz übergegangen
und nicht mehr zu sehen; es blieben „die Kniende", lebens-
große Narmorfigur, und die kleine auf einer Vnyxplattc
liegende Mädchenfigur in Bronze, Lidechse genannt. Die
knieende weibliche Figur ist ein Meisterwerk an Form-
behandlung: wie die komplizirte, aber harmonisch durch-
geführte Bewegung aus dem knappen Marmorblock heraus-
gemeißelt ist, wie die straffen und doch weichen Formen
bei aller Einfachheit und Größe intim individualisirt sind,
das ist in hohem Grade bewunderungswürdig. Der Kopf
trägt den Klingerschen Typus in sympathischer Form.
Auch die kleine Bronzefigur ist eine schöne und interessirende
Arbeit. Außerdem sind eine Reihe Klingerscher Radirungen
und einige Handzeichnungen ausgestellt. Don den übrigen
Kunstwerken seien einige durch ihren Ernst fesselnde Land-
schaften von H. Urban und eine Wiederholung des bekannten
amüsanten Bildes „kämpfende Faune" von Stuck erwähnt.
In einem weiteren Raume finden wir dann Werke der

Brüder Hentschel aus Köln b. Meißen. Der Maler 6. R.
Hentschel bringt einige vortreffliche Landschaften, die in
ihrer getragenen Stimmung an die seines Landmannes
G. Zwintscher erinnern: wo er Figuren bringt, zeigt er
sich aber diesem überlegen. Sein Windmüller ist ein sehr-
fesselndes Bild: der Müller schaut, an ein schwankes Ge-
länder gelehnt, unter den stehenden Flügeln, hinaus ins
Weite, wo ferne über dem Thal sich schwere Gewitter
molken sammeln. Die Figur, dunkel silhouettirt gegen die
Luft und doch hell und klar in den Tönen, ist vortrefflich
in der Bewegung und steht sehr gut im Raume, so daß
dadurch und durch die packende Wahrheit der Stimmung
das einfache Motiv äußerst reizvoll wirkt, von dem Bruder,
Bildhauer, sehen wir hauptsächlich in Zinn gegossene Vasen
und Schalen, in denen die ornamentale Verbindung der
Aweckform mit der schmückenden menschlichen Figur meist
vortrefflich geglückt ist: besonders sei eine länglich geformte
Vase hervorgehoben, ans deren oberem Rand eine männ
liche und eine weibliche Figur herauswachsen, die sich über
der Mitte umschlingen und küssen. Auch einige Kissen, die
nach Hentschels Entwürfen gestickt sind, machen einen recht
vortheilhaften Eindruck.
Bei Wolfframm tritt der Berliner Kurt Stöving
mit einer Sonderausstellung auf den plan: der erste Ein
druck, den man hier bekommt, ist der, vor den Werken eines
ernst strebenden und eigenartig begabten Künstlers zu stehen,
der auf allen Gebieten, die er pflegt, Tüchtiges leistet. Seme
Farbengebung hat etwas Kühles und Trocknes, sie ist obne
Schmelz, aber die strenge Modellirung der Form und die
Sicherheit der Zeichnung entschädigen hierfür. Das große
Bild „ein Tanzlied" ist ein schönes poetisch empfundenes
Bild, das am richtigen Mrte vortrefflich dekorativ wirken
könnte. Unter den Studien sind einige, die blühender in
der Farbe sind, als die Bilder, so besonders „Steine am
Meer" und der Rückenakt des Sizilianischen Knaben. In
den Zeichnungen spricht sich ein feines stark entwickeltes
Stilgefühl aus, in denen nach der Natur sowohl, — Porträt
von Stefan George und weiblicher Kopf — wie in den
Erlibris und Titelzeichnungen. Meiner Meinung nach be
sonders interessant ist Stöving als Plastiker. Seine Erz-
büste „Wunsch", ein nach aufwärts gerichteter weiblicher
Kopf, dessen Augen einen unaussprechlich sebnsüchtigen Aus
druck haben, ist außerordentlich gelungen. Ebenso zeigt
das Erzrelief von Stefan George in den eigenartig charak
teriftischen Zügen feine individuell eingehende Formbehand
Inng: die zwei kleineren Plaketten, Friedrich Nietzsche dar
stellend und ein Kinderköpfchen, sind ebenfalls fesselnde
Arbeiten, die feinen künstlerischen Sinn und Geschmack
offenbaren. Jin Gegensatz hierzu zeigen die kunstgewerb
licken Bronzen, eine aus vielen Theilen bestehende Schreib
tischgarnitur, ziemlich derbe und beinahe plumpe Formen,
die allerdings eines gewissen Reizes nicht entbehre«, aber
doch in dieser Gleichmäßigkeit angewandt für Gegenstände
so verschiedener Anwendung nicht recht passend erscheinen
wollen. Gegenstände, die bestimmt sind, möglichst fest zu
stehen, wie Aschebecher, können schwer sein; wenn aber
Petschaft und Tischglocke ein so stattliches Gewicht und so
derbe Formen haben, wie hier, so wird inan sie nicht wohl
handlich und zweckentsprechend nennen können. E. M.
Im Anschluß an die Ausstellung des Wolfframmschen
Salons schreibt uns Herr Harald Kögler:
Im letzten Saal hat W- Witting, Dresden, sich ein
 
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