Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

DOI issue:
Nummer 13
DOI article:
Imhof, Franz: Berliner Kunst
DOI article:
Kunstchronik
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0237

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. s3

4- Die Aun st-Halle

205

Blau" desselben Künstlers zeigt ihn in vornehmer Haltung,
obwohl von Tarriörescher Verschleierungssucht angewandelt.
Die Münchnerin Natalie Schultheiß beweist in ihren
Stillleben realistische Kraft und koloristische Frische- Unter
der Künstlergruppe „Berliner Malkasten" zeigen die Porträt-
maler Fritz Greve und Henschel Talent zur Wiedergabe
von Persönlichkeiten, während P.vowe in seinen Damen-
bildnissen durch eine eigene Feinheit der Valeurs und geist-
reiche Ausfassung stark aussällt.
Die Plastiken von Paul Aicheles erfreuen als
reizende Genreschöpfungen in Bronze und Marmor. Seine
Porträtbüste einer lachenden, wilden Dirne mit Blättern
im Haar und einer Distel am Brusttuch erfrischt durch
packendes Temperament. Else Fürst wirkt mit einer
„Anstürmenden Walküre" unfreiwillig komisch.
Jarno Jessen.
2. Taspers Salon.
Herr Tasper hat eine größere Zahl überwiegend aus-
ländischer nnd längst anerkannter, zum Theil älterer Meister
zur ersten Frühjahrs-Ausstellung seines erweiterten Kunst-
salons in der Behrenstraße vereinigt. Das Selbstbildniß
von w. Hogarth ist doch ein Beweis dafür, daß dieser
geistreiche Zeichner, wenn er malen wollte, den besten
Pinselführern seiner Zeit nicht nachstand. Drei kleine Land-
schaften von Tonstable im bräunlichen Tone interessiren nur
kunstgeschichtlich, ebenso die bräunliche Landschaft von
G. Michel, dem Vorläufer der Fontainebleauer, die
wiederum im Mittelpunkte dieser Gruppe älterer Meister
bei Tasper stehen. Die kleine „Farm" Torots ist so duftig
hingehaucht, wie nur ein echtes Werk Torots, und als
Gegensatz hierzu erscheint die Schneelandschaft von Tourbet
so derb, fast plastisch behandelt, wie dieser Realist ja auch
Mensch und Thier zn malen pflegte. Unter den neueren
Franzosen brilliren A. Besnard, mit „Lotosblume" und
„Frauenkopf", Henner mit einein farbensatten Profilkopf
„Fiametta", Tarrier - Belleuse mit dem graziösen Bilde
„L I'urckielluiudrs" in der Darstellung des Weibes, jeder
in seiner bekannten Tigenthümlichkeit. Der französische
Kuirassier hat hier in A. de Neuville und Beauquesne eine
sehr ansprechende Schilderung erfahren, von belgischen
Meistern ist der berühmte Alfred Stevens dieses Mal
mit zwei kleinen Marinen, F. Lourtens mit einer knieend
betenden alten Bäuerin, Gilsoul mit zwei intimen Land-
schaften vertreten. von dem Frauenkopf von Gustav
Klimt bringen wir in dem vorliegenden Hefte eine Re-
produktion; der neuerdings oft genannte wiener Sezessions-
künstler weiß grade in diese flotten Kohleskizzen viel
wahrheitsgemäßen Ausdruck zu legen. Trust Heilemann ist
in der hüpfenden Gesellschaft im Grünen sehr pinselsicher
und voll Humor. Außerdem sind M. Liebermann und
L. Ury mit einigen Proben ihrer Kunst vertreten. Von
den Plastiken wirkt die getönte Frauenbüste von Fernand
Khnoxff durch ihre Ausdruckslosigkeit kaum sympathischer, als
durch die Stilisirung, die der seltsame Meister beliebte.
Auch durch die sonstigen Werke dieser Ausstellung lohnt
der Besuch des Lasxerschen Salons in jedem Falle.
Der Maler Oskar Kruse-Lietzenburg hat in seinem
Heim eine Kollektiv-Ausstellung veranstaltet. Lr zeigt sich
als konsequenter Individualist, ganz nach Peter Altenbergs

Buchaufschrift „wie ich es sehe". Feld und Meer und
Haide und Moor zwingen ihn zu künstlerischer Wiedergabe.
Ganz dogmenlos erfaßt er die Natur nur durch sein sub-
jektives Medium. Aus einem gewisser: konvulsivischen
Stimmungsthum heraus erblickt er sie bald farbiger als
die allerneuesten Münchener, oder melancholischer als Tazin
und Billotte. Lr schildert sie impressionistisch oder scharf
detaillirt, wie ihn die Laune beherrscht. Seit Jahren hat
sich Kruse wegen dieser eigenwilligen Manier einen Aller-
modernsten genannt, in beiden Lagern, bei den Alten und
bei den Sezessionisten, denen er durchaus wesensverwandt
ist, hat man ihi: abgewiesen. Tr malt zuweilen überraschend
Gelungenes, oft Halbheiten und arge Mißgriffe, Figürliches
hat er bis jetzt nicht zu meistern vermocht. Die Freude an
der Arbeit und der Trust des Strebens erhalten ihn auf
der Bahn, die er spät und ohne Lehrmeister einschlug.
Selbst wo er noch mit den Stoffen ringt, offenbart er sich
immer als eine innerlich reiche, durchaus poetische Künstler-
natur. Jarno Jessen.
wie alljährlich um diese Zeit, zeigt Kurt Stoeving
wiederum einige seiner neuesten Arbeiten der Malerei,
Plastik und Schmuckkunst in seinem Atelier, bevor sie der
weiten Oeffentlichkeit übergeben werden. Auch Stoeving
nimmt eine eigene Stellung in Berlin ein; seine Teil-
nahme, sein ganzes Sinnen und produziren gehört dem
neuen Reiche der Kunst an; aber er arbeitet aus gesicherter
Basis. Seine Technik als Maler ist so sorgfältig, gediegen,
daß er mehr den englischen praeraffaeliten, als unseren
Neuromantikern mit ihrer saloppen Malweise verwandt
erscheint. Sein Hauptbild nennt er „Von der Güte"; es
ist eine Gruppe von zwei jener dürren, hüllenlosen, kind-
lichen Mädchen, wie sie dem Stil dieser Malerei entsprechen,
und einem gütigen Genius, welcher der Führer dieser
kindlichen, reinen Wesen an einer idealen Küste ist. Hinten
auf einem Plateau dehnt sich ein ummauerter Blumen-
garten aus. Das Ganze wirkt wie ein farbiges, liebliches
Idyll. Stoevings Bronzebüste von Nietzsche ist ein Werk
von markiger Tharakteristik und dabei sorgsamer Durch-
bildung. Das Bronze - Relief einer Frauen-Halbfigur im
Profil, eine Anzahl trefflicher Gobelin-Lntwürfe, der die
Ausführung zu wünschen ist, sind weitere Beläge der vor-
nehmen Kunst Stoevings; eine kleine Kollektion von
bronzenen Gebrauchs-Objekten — Lichtkörper, Spiegel,
Schreibgarnitur, Dose, Gürtelschließe u. s. w. —, läßt
durchweg kräftigen Aufbau und gewundene Zierformen
erkennen.
F-
X

Aunstchronik.
* Berlin. In der Großen Berliner Kunst-
Ausstellung ;qo; war die Frist für die Einlieferung
am Z. April abgelaufen. Die Ausstellung selbst und der
Park werden am 4- Mai eröffnet.
* Berlin. Aus dem Reichstage. Zum Bau des
Patentamts wurden als erste Rate zsooon Mk. bewilligt;
es sollen zum Bau auch Privat-Architekten herangezogen
werden. — Zur weiteren Ausschmückung des Reichstags-
gebäudes mit Bildwerken und Malereien werden wieder
;ooooo Mk. bewilligt, ebenso als 5. Rate zur Errichtung
eines Präsidialgebäudes für den Reichstag 250 000 Mk.
 
Annotationen