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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 15
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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K., M.: Revue der Ausstellungen: vorläufiger Bericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0271

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Nr. H5

4- Die Aunst-H alle -l

235

gemalte Interieur von Julius von Ehren, „Das Früh-
stück" einer Zandwerkerfamilie, mit famosen Typen, ein
Gemälde, das in dem Saale mit Recht den Mittel- und
Ehrenplatz erhielt; auch eine Leinwand von Arthur
Illies, „Kühe auf der weide", ragt als ernste, tüchtige
Arbeit hervor.
Die ältere wiener Kunst von heute ist durch die
frischen Landschaften von Tina Blau und Rud. Ribarz,
der seine holländischen Dünen- und Hafenbilder sämmtlich
im bräunlichen Tone anlegte, hier vertreten. Aus Italien
kam das große, wieder so köstlich durchgeführte Aquarell
eines Grabkapellen-Interieurs, „Arme Maria", von A. Co-
rel li, den: prächtigen Meister, der so Rührsames von ein-
fachen Landleuten zu erzählen weiß. Eine bronzene
Mommsen-Büste von M. Jacoby giebt eine tief eindring-
liche Charakteristik des greisen Historikers.
Für die Freunde der Amateur-Photographie darf
es wohl als Lreigniß begrüßt werden, daß sich diese Räume
einen: ihrer Vertreter, den ausgezeichneten Hamburger
„Kunstphotographen" Brüdern Th. und G. Hofmeister,
geöffnet haben, die eine Auswahl ihrer beträchtlich ver-
größerten Naturaufnahmen, Porträts u. dgl., hier vor-
führen. Es ist manche imposante Leistung, zumal unter
den Landschafts-Photographien, geboten; in: Figürlichen
stört mitunter ein Hang zu übertriebenen, gewaltsamen
Toneffekten.
Franz Imhof.
Die Frauenkunst blüht zur Zeit in Berlin, aber daß
sie sonderlich gedeiht, kann nicht behauptet werden. Unser
Zeitgeist ist ganz gewiß kein femininer, sucht sich vielmehr
gern in kraftvollen männlichen Werken zu offenbaren. Das
ist denn auch die Erkenntniß mancher der wackern
Künstlerinnen und Kunstfreundinnen, die gegen-
wärtig in ihrer Vereinsausstellung in den Räumen der
Akademie zwar ihr Bestes, aber freilich recht wenig
Gutes geben. Sie wollten es männlicher Art gleichthun
und wurden dadurch meist unweiblich. Vergeblich hält man
hier nur nach einem hübsch gemalten Blumenstück Umschau,
der bisherigen Domäne des weiblichen Pinsels, was man
darin sieht, erscheint fast durchweg so poesielos nüchtern
und selbst dilettantisch, daß Einem hier wirklich indirekt
die Segnungen der Jury uä ocnUos demonstrirt werden.
Die reichnmrahmte Lünettenmalerei von Cornelia Paczka
zeigt eine schönfarbige ideale antike Szene in einer Land-
schaft; am Rahmen sind unterhalb geschnitzte und getönte
Reliefs, die wohl das Frauenleben in irgend einer sym-
bolischen Auffassung darstellen. Im Einzelnen ist formal
Manches auszusetzsn; als Ganzes ist eine prächtige Farben-
wirkung zweifellos erreicht. Im Porträt ragen Sabine
Lepsius mit einer blaßtönigen, feinen Kinderfigur, Frieda
Menshausen mit einigen aninuthigen Bildnissen junger
Mädchen aus der Masse. Die etwas summarisch behandelte
Landschaft mit dem Sonnenuntergang auf freiem Felde, die
Marie Kirschner ausstellt, hinterläßt keinen dauernden
Eindruck. Käthe Kollwitz ist mit einigen ihrer gerühmter:
Radirungen aus dem Zyklus „Weberaufstand" an: Platze.
Unsere große Stilllebenmalerin L. Gedinger hat dieses
Mal in zwei Interieur-Stillleben ebenso wenig wie die in
Paris lebende Meisterin de la Riva Munoz Arbeiten ge-
schickt, die auf der Zähe ihres koloristischen Geschmacks
stehen. o

Mrs. Cadwallader Guild, die amerikanische Bild
hauerin, die in Berlin schon wiederholt in ihren früheren
Ateliers ausgestellt hat, dieses Mal in der Kunsthandlung
von Max von Rüdiger, Potsdamerstr. st, beweist uns,
wie eine begabte Frauenhand gelegentlich energisch gestalten
kann und doch nicht die Verbindung mit der weiblichen Art
des Schaffens und Empfindens zu lösen braucht. Ihre
Frauen- und Kinderköpfe offenbaren so völlig diese feminine
Note, daß man zunächst überrascht ist, von derselben
Künstlerin männliche Büsten von so großer temperament-
voller Kraft kennen zu lernen. Besonders eindringlich durch
freie formale Behandlung und scharfe Physiognomik wirkt
die nahezu als Halbfigur mit bewegten Armen, auf hohem,
phantasievoll geschmücktem Marmorsockel ausgeführte Büste
des Geigers Prof. Joachim. Aehnlich gehaltvolle Plastiken
von überzeugender Wahrheit des Ausdrucks sind die
Porträts Gladstones, des englischen Nalers Watts, des
kaiserlichen Generaladjudanten Scholl, des Kultusministers
Dr. Studt, des Pianisten Paderewski. Analoge Vorzüge
geben einige jugendliche weibliche Büsten und Reliefs.
Unter den idealen Schöpfungen kommt hier der in Marmor
gearbeitete lebensgroße Nondschwärmer Endymion, der mit
ekstatischer Bewegung emporstrebt, leider nicht zur vollen
Wirkung; der Iünglingsakt scheint fleißig durchgearbeitet
zu sein, entzieht sich an dieser Stelle aber, wie gesagt, der
Kontrolle. Line Anzahl zarter weiblicher Idealbüsten, die
bald Farrnkrautelfe und Lotosblume, bald Psyche, Roberta,
Abenddämmerung benannt sind, gehören in das lyrische
Gebiet, für das cs der Künstlerin an edlem Geschmack nicht
fehlt. Ihre darstellerische Vielseitigkeit beweisen auch
mehrere Gelbilder und Aquarelle, z. Th. Studienköpfe
alter Frauen, die nut rühmlicher Sicherheit gemalt sind.
U
ftevue
M MMelllmgen.
Vorläufiger Bericht.

ie schon im April eröffnete Dresdener „Inter-
nationale" hat auf keiner Seite die gehegten
Erwartungen enttäuscht. Die mittlere, neu geschmückte
Skulpturenhalle enthält eine Anzahl plastischer Schöpfungen
in Griginal und in Abguß, die einen hohen Begriff von
der bildhauerischen Fähigkeit unserer Zeit gewähren.
Natürlich lenkt sich hier die Hauxtaufmerksamkeit auf jenen
mit tttooo Frks. bezahlten, gelblich getönten Gipsabguß
des Pariser „ruviaurueut aux inorts" von Bartholoms,
der gleichzeitig zum Mitglied der Dresdener Akademie er-
nannt wurde. Man hat dieses Monument vom Gsrs Ka-
alanlss in der stillen Apsis der Palle zwischen Zypressen
vor einem dunkelblauen Hintergrund effektvoll angeordnet,
mit dem heimlichen Wunsch, die stumme ergreifende Sprache
dieses Werkes gegen die Herren reden zu lassen, die zuvor
an dem theuren Ankauf des Abdrucks dieses französischen
«last ä'osrrvrss für das Dresdener Museum Anstoß nahmen.
Die Dresdener Bildhauer, die sicherlich das Werk schon
bewunderten, ehe es durch Prof. Treu nach Dresden kam,
werden über solchen Trik nur lächeln. Noch andere fran-
zösische Skulpturen, die hier nur freudig zu begrüßen sind,
fallen auf: so das Löwen- und Tigerpaar des Pariser
 
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