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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 20
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Nachklänge der Pariser Weltausstellung 1900
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Dresden: Internationale Kunstausstellung 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0357

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Nr. 20

DiZAun st-Halle

laufende Meter, für die gesammte Graphik nur
HO laufende Meter überhaupt zur Verfügung gestellt
waren.
Für diesen Uebelstand ist aber vor Allem das
mangelnde Entgegenkommen seitens der französischen
Oberleitung und allenfalls noch der Reichskommissar
verantwortlich zu machen, dessen diplomatischem Ge-
schick es nicht einmal gelungen war, unsern Delegirten
(bis auf Lenbach) eine Einladung zur Eröffnung der
Ausstellung zu ermöglichen. Man höre nur, welches
Ansehen wir dem Herrn Reichskommissar in der
Kunstabtheilung verdankten: Deutschland, das hin-
sichtlich der Zahl der Schulen und Richtungen doch
eine ganz besondere Berücksichtigung verdient hätte,
war nur mit (68 Oelgemälden, Aquarellen und
Zeichnungen vertreten, dagegen u. a. Gesterreich-
Ungarn mit 352, England mit 30 (, die Vereinigten
Staaten von Nordamerika mit 353, Rußland mit 283,
Schweden - Norwegen mit 20H, Die kleine Schweiz
(ohne Böcklin) mit (98, endlich Dänemark mit (62.
wir standen also so ziemlich zu unterst; ganz ohne
Reichskommissar hätte es wohl nicht schlimmer zu
sein brauchen, wäre nun Herr Klinger wirklich der
Freund seiner Berufsgenossen, um deren Stiftungen
er sich neuerdings so sehr besorgt zeigte, dann hätte
seine Kritik sich nach einer ganz andern Seite richten
müssen. Aber freilich hätte sie auch diejenigen treffen
müssen, welche den Herrn Reichskommissar beriethen,
und das waren vielleicht jene „feinfühligen Gallerte
direktoren", deren Gunst Herr Klinger um Alles nicht ver-
scherzen möchte.
Zn Bezug auf die Theilnahme der deutschen
Bildhauer ist französischerseits geradezu illoyal ge-
handelt worden. Ein Schreiben des Vizepräsidenten
des Komitss der Leiter, des Herrn Delaunay-Belle-
ville, verschwieg, daß eine große gedeckte Halle
für die Skulpturen-Abtheilung überhaupt vorhanden
war. Ferner war man in Folge von Mittheilungen der
französischen Ausstellungsleitung des Glaubens, daß
Gipsabgüsse ausgeschlossen seien, während man
später erstaunt war, zu bemerken, daß diese Be-
stimmung für andere Nationen keine Geltung hatte.
Gegenüber solchen u. a. Uebelständen, die den deutschen
Betheiligten Manches an der Ausstellung verleidet
hatten, erscheint die Tonart des amtlichen Berichts
des Hauptvorstandes noch sehr gemäßigt.
Nur in einem Punkte scheint uns der Bericht
im Widerspruch mit gewissen historischen Vorgängen
zu stehen. Unseres wissens haben die Dekorations-
entwürfe und, nicht zu vergessen, auch die nicht eben
bescheidenen Forderungen des Münchener Professors
Em. Seidl z. Zt. gar nicht den Beifall der Herren in
Berlin gefunden. Die Aufnahme aber eines so über-
schwänglichen Zeitungsartikels, wie ihn der Bericht
wörtlich nachdruckt, muß auf die, welche die Dinge
damals miterlebt haben, zum wenigsten wie eine
Zweideutigkeit wirken. Zn diesem Punkte billigen

3((

wir die Klingersche Kritik vollständig: Auf eine Welt-
messe gehören drei Sachen, die allein das Publikum
aufzuhalten vermögen, eine ausgezeichnete Arbeit, die
zur Diskussion nöthigt, eine gute Erfrischung und
eine sog. „Atraktion". Aber nur ja kein Künstler-
festkitsch.
vresOen-
Internationale
I^unstauzztellung 1001.
II.
uf dem Gebiete der Malerei ist eine Sonder-
Veranstaltung in einer Porträtausstellung
geschaffen, die man der besonderen Beachtung em-
pfehlen möchte. Sie bietet ja insofern eine Seltsam-
keit, als sie in der Hauptsache nur moderne Arbeiten
enthält, über 30 Nummern, und in diese eingestreut
aus dem Besitze der Kgl. Gemäldegalerie zwei Porträts
von Van Dyck, ein Selbstbildniß von Rembrandt,
ein Werk von Velasquez und eines von Tavazzola.
Dieser Umstand erweckt zunächst die Vorstellung, als
handle es sich um eine Veranstaltung, die einen Üeber-
blick über die Bildnißmalerei aller Zeiten geben solle,
und man sucht nach weiteren Werken aus früherer
Zeit, um alsbald zu merken, daß mehr eine inte-
ressante Laune diese Werke zusammengebracht hat, als
zielbewußte Absicht.
Dies kann freilich den Werth des hier Gebotenen
nicht verringern: eher könnte es durch die Beob-
achtung geschehen, daß mancher Künstler hier nicht
senwr Bedeutung gemäß vertreten ist oder ganz fehlt.
Eins der auffallendsten Bilder ist das Porträt der
Rejane von Besnard, und es wird wohl mit am
meisten besprochen, bekrittelt vom Publikum, bewun-
dert vom Fachmann und dem ihm nahestehenden
Kunstfreund: und beides ist erklärlich. Ls ist eine
wundervolle koloristische Leistung, deren eminente
Feinheiten wohl nur den: Fachmann aufgehen können;
es ist die lebensprühende Wiedergabe einer momen-
tanen Bewegung, deren Wahrheit dem Publikum
gleichgültig oder unverständlich ist, die aber den
Künstler mit hoher Bewunderung erfüllt: hört er
doch hier das Rauschen des seidenen Gewandes, sieht
das wiegen des Oberkörpers, den leichten Schritt unk
die hastig-graziöse Bewegung des Armes, der nach
dem Haare faßt. Andrerseits ist alles, was „gefallen"
könnte, vermieden: der wenig schöne Kopf erscheint
in der Lampenbeleuchtung noch weniger günstig,
alles schmeichelnde Beiwerk ist vernachlässigt und die
Farbenwirkung ist für das weniger gebildete Auge
nicht einheitlich.
Nächstdem sind von ganzen Porträtfiguren das
in: Ton tiefe Bild des Schauspielers Zoao Rosa
von dem Portugiesen Tolumbano, das elegante
Damenbildniß von A. de Gandara und das reizvolle
Bild seiner Gattin von Hugo Vogel hervorgehoben:
daß der Bettler von Uhde, der manches gute Por-
trät geschaffen hat, in dieser Umgebung hängt, scheint
mir ein Mißgriff zu sein. Von Dresdnern ist nur Loon
Pohle mit zwei vortrefflichen Bildnissen älterer Damen
und T. Bantzer mit dem rührend intimen portrait
einer Greisin zu nennen. Ungeheuer lebendig ist das
Bildniß des Malers Thaulow von Tarolus-Duran,
 
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