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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 21
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Juanita: Die Pariser Salons, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0375

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Nr. 2( -—DiZ Aunst-Halle — 327

der Poesie der Provence sich mit seinen graziösen
Figuren von Lärmen und Nireille an Ort und
stelle vielleicht gut ausnehmen würde, hier aber
einen gezierten, süßlichen Charakter besitzt.
Neuer in der Auffassung und der Behandlung
ist das sehr geschickte Bild eines jüngeren Nalers,
eines Schülers von Gustave No re au: Edgar
Maxence, der seinem Neiffer mit seinen „Nacht-
schmetterlingen" große Ehre macht. Eine lange
Reihe graziöser, geflügelter Gestalten entwickelt sich
auf einem bläulichen Hintergrund verflochtener
Zweige; sie gerathen dabei zwar ein wenig in Ver-
wirrung, das Auge aber verweilt mit Wohlgefallen
auf den geschickt angebrachten Lichteffekten und den
harmonischen Farben des Bildes.
Zn einem dekorativen panneau, das der
Naler penri Nartin als „Bucolique" bezeichnet,
vereinfacht der Künstler die Zeichnung in der Art
seines Neiffers puvis de Ehavannes. Die Nuse,
die ihn begeistert und die er hier wie in einem
anderen Bilde, „Der Naler", vorstellt, lieh ihm auch
die Gabe die violetten, orangefarbigen Nüanoen des
Waldes, die parmonien, die dem Dichter vor-
schweben, auf sehr individuelle weise wiederzugeben.
Trotz des Pointillismus, den p. Nartin übertreibt,
bringt das Bild, in einer gewissen Ferne betrachtet,
eine feierliche Wirkung hervor. Es wundert uns
nur, daß dieser Naler, der der Sezessionsschule ange-
hört, in dieser der Tradition huldigenden Atmosphäre
Beifall gefunden hat.
Eine begabte Nalerin, Fräulein Dufau, zeigt
in einem dekorativen panneau, „Rhythmus" ge-
nannt, drei unverschleierte allegorische Frauenge
stellten, die sich in einer duftigen Frühlingslandschaft
nach den Klängen einer pansflöte im Rhythmus
bewegen. Die sehr gelungene Ausführung, das har-
monische Farbenspiel, die vortrefflich gezeichneten
Figuren beweisen, daß, obgleich Frl. Dufau der
neuen Schule huldigt, sie doch bei den Klassikern in
die kehre gegangen ist.
Zn dem dekorativen Triptychon „Die wunder-
bare Legende des Königs Salomo und der Königin
von Saba" legt der Naler Rocheg rosse einen
neuen Beweis seiner kunstvollen Technik, seines
wunderbaren Kolorits, seiner dokumentarischen Nach
forschungen, seiner unvergleichlichen Ausdauer ab.
Die Nanuigfaltigkeit des Dekors, der Kostüme, die
Nenge der Figureu, besonders in den: mittleren
panneau, wo die Königin nut ihren Sklaven und
ihrem ganzen Pofstaat dem Könige entgegen kommt,
ist wirklich wunderbar; und über das Ganze wirft
der Naler wahre Fluchen von grellem, goldenen:
Lichte, das an den Säulen, den bunten Draperien
hängen bleibt. Zedes Detail auch iu den Seiten-
panneaux ist so vollkommen ausgeführt, daß das Auge
nicht weiß, worauf es haften soll und, von all' den:
Glanze geblendet, unbefriedigt bleibt.
Das große Bild von G. Thalm, „phryne bei
den Festen zu Ehren von Venus", sowie das von
Gervais ebenso anspruchsvolle „Fest zu Ehren des
Bacchus und des Ariadne" dürfen wir nur er-
wähnen, um zu bedauern, daß diese Künstler ihr
Talent auf so schale weise vergeuden. Schönheit
der Formen, verständniß des Farbentons zeigt uns
wencker in seinem in großem Stil gemalten religiö-
sen Bilde „Veuez ü mol". Lin leider zu schöner,
weiß gekleideter Christus neigt sich gegen die Menge
von Armen, die ihn umgiebt, und bietet ihnen das
heilige Labsal dar, nach den: sie begehren. Der

Ausdruck der verschiedeuen Physiognomien, die Zeich-
nung, die Gruppirung sind vollkommen; das Ganze
aber bewegt sich zu sehr in traditionellen Bahnen,
um unser religiöses Gefühl anzusprechen, wie z. B.
die in unserem vorhergehenden Artikel besprochenen
Kartons von Besnard.
Erwähnen wir hier des Namens des Künstlers
wegen ein allegorisches Bild von Bouguereau, in
der bekannten weise des Nalers; es stellt einen über
den: Wasser schwebenden Amor dar; bei der Voll-
kommenheit der Kunst geht die wahre Kunst unter,
und man wird unwillkürlich an prudhon's ebenfalls
an den päuden hängenden Amor erinnert.
Einen anderen Ton schlägt Charles Duv ent
in seinem große:: Triptychon „Die Freude an der
Arbeit" an, in dem er uns in die Zeit der Welt-
ausstellung versetzt. Zn: ersten panneau sehen wir
die Arbeiter an der Seine in vollem Schaffen; in:
mittleren die rue äe ?uri8 an einem Festabende, mit
Zllumination und dem Zubel der wimmelnden
Nenge; in: dritten pauueau die nach den: Feste
wieder an die Arbeit gehenden Arbeiter.
Zn diesem Bilde der menschlichen Thätigkeit,
an dem der Naler nut Freude gearbeitet hat, sind
leider einige Theile, aus Naugel an Zeit vielleicht,
unvollendet geblieben; er versteht aber die Kunst
der Gruppirung und der Bewegung, und seine Zeich-
.nung ist durchaus korrekt. —Zu einen: kleinen Bilde
desselben Nalers „l>8 le reeonnureut" („Sie erkannten
ihn' ) erscheint der Heiland in der Dämmerungsstunde
bei einfachen Leuten an ihren: einfachen Nahle, als
ob er zu ihuen gehörte. Das Bild spricht uus
mit seiner richtigen Behandlung des Lichtes un-
gemein an.
Zules Adler giebt uns in seinem Bilde
„Tagesanbruch" auch ein Bild aus den: Volks-
leben ; hier sieht inan die noch schläfrigen Arbeiter-
in: matten, verschwommenen palbdunkel des Früh
morgens der Seine entlang an die Arbeit gehen.
Vielleicht ist die Behandlung zu gesucht, das maß-
volle Kolorit aber ist sehr zu loben; es geht den: Naler
noch ein wenig an Fertigkeit ab.
Zacguot Defrance, ein Naler, der sich ge-
wiß geltend machen wird, huldigt iu einer anderen
Art auch der Arbeit; er zeigt uns iu einen: einfach
aufgefaßten, vielleicht zu große:: Bilde die Tiefen
eines Pochwaldes, dessen hochstämmige Bäume sich
in die Ferne erstrecken. Zn: Vordergrund ein auf
den: moosigen Boden mit Nühe vorwärts dringendes
Ochsengespann, das sich nut den: Führer den: Rande
des Waldes nähern muß, da ein schräger Sonnen-
strahl ihnen einen heißen Ton verleiht und die An-
strengung der Thiere sehr veranschaulicht. Derselbe
Naler giebt uns anderswo ein reizendes Kinderbild,
das auch durch die Beleuchtung Werth bekommt.
Derber und realistischer ist das Bild von B ul and,
„Die Weinbrenner". Drei grobe Gesellen beobachten
in sitzender Stellung (der Rahmen würde ihnen nicht
erlauben, zu steheu) den Prozeß, der in dem Brenn-
kolben vor sich geht; der intensive Ausdruck der
Gesichter, die Nützen, die gebräunte paut der päude,
alles :st gewissenhaft und realistisch wiedergegeben;
es ist aber nur ein Bild und nicht ein Stück Leben.
Angele Delasalle, die in einem anderen
Saal ein fein durchdachtes origiuell aufgefaßtes
uud stark beleuchtetes Porträt ihres Meisters
Benjamin Constant ausstellt, giebt uns in den:
dekorativen Panne au „Die Tränke be: der Brücke
von St. Cloud" einen Beweis ihres viel ver-
 
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