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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 6 (Juni 1930)
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Hübner, Erwin: Der Heimatgedanke im Zeichen- und Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0168

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j§» weidt!», i» der sich iü!»stknsches Gefühl ü»k;erl
»»d die Lche»arl deü VolliSstnlMiles deiltlich wird.
^llle Stndlpläiie i» Aidliotheke» uiid Helmatiiillsee»
,,eche», dasz dereils i» alter Heit iiros;er Wert auf
ei»e eiilheitiiche Aiilnfte vo» Slrasje», Plähe» u»d
Üausgruppe» üelent ivurd?, Gedaulre», die l» der
»ivderile» Zeit vvr alleiu durch die ^leuentwicklung
der Aauli»»st wieüer i alifgeiioiiiiiie» worde» sind.
Seldslversläiidlich habe» auch die von Zweckmäsjlg-
lieit uud Eiufachheil I» ihrer ffori» bediiigte» techiii-
sche» u»d iiidustrielleii lAnlage» der Seiinak sElelikri-
,>ikäls- uiid Wasserwevlie, Wasserturme, Fabrikau-
lage» usw.) uiid die zwecliifläsjig eiugerichkete Werli-
slntt des Hniidwerker-j ihi^e Äürdiguug ii» Kuiisl-
liuterrichk gu fiiide». !i ;

Auch ,;ur Aehauüluiig SeS plnstische» GestalkeuS
liefert die üeiinat geiiügend Atakerial i» Forin vo»
^leliefs, Grabuiäler», Lpikaphie» u»d Portale». 2hre
AuSwerluiig wird vfk! ii» sZuIaiiiiiieiihaiige mit der
Archileklur stnklfiudei» küime». Auch die Samiiilu»-
ae» vo» Werke» der Blldhauerkimst, wie sie üch i»
Mujee» fiude», koiiime» füp de» Uiikerrichk i» Frage,
obwohl hier sehr viele Skücke aus ihrer urfprüiigllche»
Umgebuiig herausgerisfe» si»ü uiid ihre Wirkuug
vo» der »eue» Zlisammeiistelluiig beeiufluszt wird.
WerlloS dagege» ist lder Besuch eiuer Sammluiig
vo» Gipsabdrücke», wie sie beispielSweise daS Schle-
slsche Bcuseum sür bilheude Kuiist ausweist. Der au-
geschmuhle Gips ka»»i knum de» richlige» Eliidruck
eiuer Plastik hervorrijfe», die Wirkung deS Btn-
lerials wird durch gu e Phokogrnphie» immer »och
besser zum AuSdruck kommen. Aehiiliche» Wert sür
de» Kuiisluiiterricht besshe» auch die i» vielen Schule»
nufgestellte» Gipsplaslike» »ach aiitike,, Statue». 3m
Ziisammeiihaiige mit der Belrachluiig der Plaslik
musz auch aus die Deukmäler deS tzeimakortes eluge-
gaiige» iverde», jeie» eS Staiidbiider berühmter Per-
söiilichkeite» oder Kriegerdöiikmüler, dn aerade dere»
Schöuheit u»d Eiiiordiiuiig -i» ihre Amgebuug viel zu
wttiische» ttbrig läszt. bfeberhaupt mujz die Frage der
Botwendigkeit oder der Iteberflüsslgkeit der Deuk-
mäler im Kuiistuuterricht aüsgerollt werden.

Die „Lrzeuguisse ejues i gesuiide», vo» sicherem
Stilgefühl beherrfchteiiiüaiidiverks" der Heimal »ii'is-
se» i» der Kuiistbetrachtuiig ihre Würdiguiig flnden.
Melst enthnlten die Kirchen derartige Arbeite»
sGrab- iind Kapelleugiller/iLeuchter, jzelche, Beichk-
stühle, Aloiistnnze» ujw.). Andere Sachen >befi»den
fich i» de» Hände» der Zünfle u»d Gilde» (Trink-
liaiiiie», Haiidwerkerzeicheis, AuShängeschilder, Fnh-
»e», Wnppen); wieder a»d?re sind i» Heimalmusee»
ausbewahrl. Auch ei» Besnch heimallicher Geschäste,
die sich mit üei» Berkaus „bunslgeiverbllcher" Arbei-
le» befasse», kaii» lvhneiid sei», jelbsk wc.»» die Schü-
ler »ur de» Kitsch keniieg lernen. Aehnllch Stutt-
gari jollle jede Skndl ei» iKilschmuseum habe», daS
vielleicht lehrreicher u»d fiberzeugender wäre, als
maiiches Heimalmuseuni, inaiiche „Kunst"samniluiin.
3» Berbinduiig ini! dem Werkunterricht sind auch
Stätlen heimischer 3»dustrle auszusuche» <Keramik-
uiid Porzellauwecke, Tischlereie», Buchbinderelen,
GlciSbläsereien usw.). Dabeij wäre auf ihre durch Ma-
lerialvorkomme» und . Beichehrslage bedingke Lnt-
wicklung einzugehen und die besonderen Kennzeichen

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deS Heimische» i» Makerinl und Formgebung heraus-
zustellen.

3m Zusainineiihang init üem Schriftunterrichl wer-
den auch alte und »eue Schrifke», wie sie sich l» Ur-
kunde», Aücher», Diplomen flnden, zur Lrziehung
des Gelchmackes herangezoge». Auch hier si»d Origi-
»nle wertvoller nls Abbildunge», u»d die Helmnl
kaiin das Makerial bieten i» Form vo» Muster-
briefen, Lhreiiurkundeii, alten anitlichen Schrisl-
skücken aus de» Sainmluiigen der 3»»u»ge», üer
Stadt- und StaalSverwalkungen, der Archlve und
Bibliotheken. Epitaphien und HauSiiijchriften liefern
Beifpiele für die Schriftgeslaltung i» Stein.

Guke Gemälde und Zeichnunge», die enlweder von
Künfklerii der Heiniak slamme», Heimatliches dar-
stellen oder sich im Helmatort i» kirchiichem u»d pri-
vatem Besifz oder I» Atusee» befinde», bieke» das
Material zur Eiiiführuiig i» üle Probleme deS blld-
hafte» GeftalteuS. Lerue» die Schüler durch sorgfäl-
kig vorbereiteke Besuche vo» Sainmliiiige» die dauernd
beskehenden Kunskstälke» der Heimak ke»»e», so wer-
de» sie durch uulerrichtlich auSzuwerkeiide» Besich-
liguiigen wechselnder guter AuSstellungen in das ge-
jamte Kunsklebe» der Heimak eingeführt. Dieses er-
fährt dann gleichzeilig eine Förderung jeiner Beslre-
bungen. Aehnlich inüfzte» auch die Schaufenster der
heimallichen Kuiisthaiidlunge» der Kunslbetrachtuiig
dienen, weni, auch »ur zu dem Zweck, den Schüler»
an Hand von Originale» den blnkerschied von guke»
und schlechke» Bilder» klnrziimachen. Wie viele
Schüler gibt es doch, die l» ihrem spätere» Lebe»
weder Zeit »och Gelegeiiheik haben, ihr Kunsturleil
zu bilden, die daii» mil dem vo» üer Schule »icht aus-
gebildete» Geschmnck sich ganz de» Aiipreisuiigen
der Bilderhändler uiikerwerfen und sich de» „Elfen-
reigen" oder das übliche „hanügemalle Oelbiid" »>s
Ziminer hängen. Wiederum werden aber auch die
Künfthändler dankbar jein, weiin der Geschmack der
Kunoe» sich besserk und sie nicht gezwungen sj»d,
gegen lhre» eigenen Geschmack mit minderwerkige»
Kunstgegenständen zn handeln.

Der Einflujz des Heimnlgedaiikeiis aus de» Kuiisl-
unlerrichl flelll sich also dar als Ausnulzung des örl-
lich Gegebene» für die zeichnerische Gestaltung und
die Kunstbetrachlung, »och mehr aber als das Be-
ftreben, die Schüler zuin Wille» zu erziehe», a» der
AuSgeftalkuiig >der Heimnt I» kiinstlerischer Be-
ziehung nichk blof, passiv teilzuiiehmeii, sondern selbsl
»lilzuarbeilen. Die Borkeile der „künsllerischen Hei-
niakkuiide" dürfen nber »ichk z» Ileberkreibuiige»
führen; auch die Schönheiken fremder Knnstgebiete
niüsse» den Schüler» »nhe gebrachl werde». 3sl doch
die Kunst, ebenjv wie üie Wisseiijchast, iiileriialio-
»al; keine Kunst isk, krol> ihrer landschaftliche» Eige»-
heiten, gäiizlich uiibeeinflujzk vo» sremdem Schafse».
Auch bei den Werken heimaklicher Kuusk zeigen sich
iinmer Beziehunge» zu der Kuust anderer Länder.
„Ilnd für kein Bolk wieder wäre es törichter, eine
völlig isollerte „Lelmatkuns!" sefzen zu wollen, als
für das deuksche, das mehr u»d verschiedenere Aach-
barn als irgend ei» anderes hat, das in sie alle ein-
getaucht und vielleicht »ur deshalb so widerslandSlos
ist, weil es mit allen seinen Aachbarn i» BlulSver-
wandschaft stehl." tPinder).
 
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