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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 8 (August 1930)
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Busse, Wilhelm: Über die Erhaltung der Gestaltungskraft des jungen Menschen während der Pubertät, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0228

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216

Klnsse» nufnickt, ohjie dajz >»»» il>>» sonderlich iinher
aelioniiiie» lsl. Erziviiiiie» lüszt sich hlerbei »ichtS.
Äur iveii» i»ii» iji vorsichtiger Weise iimiier uiid
iiimier ivieder hnrluücliig versucht, hie uud dn einen
Zipsel seiuer Seele Zu erwische», wen» mn» dnS zu-
»üchs! Scheue uud sjunekiiöpfke der iiieisleii 3i>ne»d-
liche» überwiiidel, wench nin» sich hiiieliiftthlt i» ihrs
Pspche, dnii» knnn inan hoffe», nuf diesein Gebiet
eiiie» Schritk vorwürts zu tu».

Zuiiüchsk iiiusz innji sich ünrliber klnr sein, dnsz die
Wesensursnche der geistige» Aeueinsteilung des 3u-
gendliche» »Ichk I» der ^reifung der Geschlechtsdrti-
fe» und i» dein zuilehiiiende» Wnchskuin nllein liegl.
Dnneben sehk ein geistiges ^ieisen ein, dns nuch viel
lünger dnuern knnn, nlH die geschlechtliche Neifung.
Diefe gelstige limbildung ruft nllerlei Störungen in
dein Iiigendlichen hervor. Schwnche, Anlust, Verzngk-
heik, Geftihl von Hrichkfertigseiii und Äichtkönnen,
Änberechenbnrkeit uiid Sprunghnfkigkeik sind kenn-
zeichnend flir diesen Zusknnd.

Diesen Störungeis d?s seelischen Glelchgewichks
knn» iiun der Z.Ä^zweifelsohne Werke gegenttbe»
stellen, die nus den Krüfken des Gesknltungstriebes
erwnchsen. Wie stnrk djese Krüfte ursprtinglich sind,
zeigen die Erzeugnisse freier Gesknlkung wührend der
Kindheik. Die Gestnltungskrnft linnn zwnr nuch ge-
slörk sein, nber es ist niiffnllend, wie selken dns der
Fnll ist. Also nittssen vün dieser Ssite Lrgünzungen
der Seele niöglich sxin, die dem üugendlichen Erleich-
kerung und Eclösun^ bedeuten.

Andererseils ist das geiskige Wnchwerden engslens
uiit dein Hervorbrechen neuer Krüfte verkniipft. Alke
Fessel» werden gesprengt, ganz anders geartete ün-
nenbewegungen niachen fich bemerkbnr. Ü. a. erwacht
der üskhekische Sinig er erzeugk biS dahin unbeknnnte
Geftthle. Solche Euipfindiingen fehen auch hier die
Geslnllungsfücher In die' Lage, lösend zu wirken, be-
sonders iin Gegensah zu den meisten wissenschnft-
lichen Füchern. Der Z.A. gibk diesen neuen Trieben
Grnnd und Boden, er verschafft geftthlSinüjziges Ge-
löstsein, wührend die Erkenntnissücher iniellelrkuelle
Bindung erfordern.

III.

Der seelische Einkrikk; ln die Puberkük iiberhaupt
hüngt nun von den- verschiedensten Uinskünden
ab. Es linnn durch bespndere Erlebnisse und Lreig-
»Isse gnnz plöhlich geschehen, es knnn aber auch in
langsanier Lnkwicklung! vor sich gehen. Spranger *
sngt tiber die geistjge Einstellung des etwa 8 -12-
jührigen Knaben: -

„Bezeichnend fttr dieses Aller isl eine srische,
nnch nuszen gewniidle Bealislik. Die Grundlnge
bildet ein krüfliges, . körperlicheS Lebensgefiihl.
Ein hoher Grad von Anpassung an die kindlichen

Lebensbedingungen ist erreicht. Dnraus folgt ein

Sicherheiksgefiihl, das üliinühlich Iiiinier inehr nn-

wüchst..." j s

ün derselben Mchkuijg belütigk sich auch die Ge-
stnllungSkrnfk. Üedein Kunslerzieher ist es elne Freude,
mit soich frischen Üungen arbeiken zn könneii. Die
Unkerrichtszeit ift imnier viel zu kurz und ein be-
dnuerndes „o, schon vorbei" ertönt hüufig genug. So
slehk nnch meinen Erfqhrungen die üuarta oft auf

* ikdmird Spmiigeri Psvchologie des Iugendalters. Veipzig
iues, S. 3>I. I

einer Höhe der Leiskungssühiglieil, iiber die innn
stnunen uiusz. Dns erklürl sich nus einer gewissen
seelischen Ausgeglichenheii, welche nun erreicht ist.
Der Üunge handhabk seine Gestnlllliigsiniikel niit einer
fast nachkivandlerischen Sicherheit. Bauuiverkeilung
und Aufbnu ersordern wenig kvrlgierende Hinweije.
Lebhnfkeslen Widerhnll sinden iuiiner Theinen, die i»
irgend einer Weise init kechnlscheii Grundlngen zu-
sniniiienhüiigen. Fahrzeuge nller Zeilen, Mnschinen,
Schiffe, Eisenbahn, Feuerwehr, Lufkfahrwesen und
ähnliche düolive werden »>it Borliebe verarbeitet.

IV.

Zn der nüchsten Klnsse, in U III, hnbe ich eben-
fnlls zunüchsk iininer noch eine geschüslige Belrieb-
fainkeit beobachket. Aus der Forlschung der üebun-
gen in der bildinüszigen Flüchenfiillung knnien wlr
liber einzelne Hüuser, HnuSgruppen, Strnszen, schliesz-
llch zuni Bau einer gnnzen Skndl. Marklkirche, Bnl-
haus, Wnsserkurin, Biirgechüuser, Sindttore, Bahn-
hof, alles war vorhanden. Ein Schttler brachke seine
Eisenbahn inik, und mit groszein Eifer wurde auch
einmal eine Stunde lnng gespielt. Wie sehr dieses
Erlebnis nachwlrkke, bewieS inir die dnraus solgende
Klassenarbeii: Kleinftndk nls liinrifzzeichniing. Btnle-
rinl: Aedisseder »nd Tusche. Auch der schwüchsle
Schtller lieferie elne brnuchbare Zeichnung.

Bald darauf fielen mir einige llungen nus, welche bei
einem Thema aus den Mbelungen versngten, obwohl
sie biS dghin eifrig geschnsfl hntlen. Einer hnlle dns
Profil seineS Bnchbnrn zu zeichnen versucht, dnn»
gab er es nuf »nd zeichnels dns Forinale eines Bildes
nn der Wand nnch, schlielzlich beschäsligte er sich in-
tensiv niik seineni Zeichenknslen und schie» erleichlerl
aufzuatine», nls die Glocke den Schlusz der Skunde
nnzeigke. üch hnlte ihn nichk gestörk, sondern nur
schnrf beobnchlel. Hier schienen sich in bezug auf den
Skoff ünluslgeftthle einzustellen. Auch sonst veob-
achlete ich in diefer Klasse hüuslg einen sprunghaslen
Trieb bezliglich der bildnerifchen Dnrskellungen.
^keben den als Aufgaben gestellksn Zeichnungeii enk-
slehen nebenher Geskalkungen, die teils Aalurfornien,
teiiü freie Erfindungen zum Gegenskand haben oder
auch technischer Natur sind. Bon einer Konzentrntion
auf ein feskbegrenztes Ziel ist dabei nichls zu inerken.
Hoffniann ^ spricht von einem Drnng, der den Üun-
gen vernnlaszt, „die Bielheit der in ihin fchluiniiiern-
den Kräfte zur Enlfalkung zu bringen'. Bei der
starken Enipfindlichkeik in diesein 'Zlller ist es »ichl
ganz leicht, jedem üungen nuf seinein Wege zu fol-
gen. Es gehörk ein feines Geflihl dnzu, die Aufgaben
nun so zu stelleu, dnsz sie dein Seelenzusland des
Üungen enlsprechen. Akan iniisz jeden Augenblicli ün-
inik rechnen, dnsz er plötzlich keine Lusl inehr hnl. Ein
rechkzeitig einkrelender Wechsel in der Wahl der
Moklve Isk unuingünglich nolwendig, um die Lust nin
Mikarbeiken wieder lebendin werden zu lassen. Dns-
selbe hat auch Gellung slir oie Ausbrucksweise. Der
Bersuch, irgend eine Forin niechanisch zu wieder-
holeu, hakle uns in der Quarka fchon zuin Steinpel-
druck geflihrt. Wir gehen nuninehr zum Schablonen-
schnitt liber. ünsere Wnlzenpresse erinöglicht uns,
brnuchbare Drucke davon herzustellen. Aachdeni die
beide» alS Drucker angestellken Schüler das Tech-
»ische begrissen haben, können sie sich kaum der iiber

* A»!I»I> I» Hen». Msler, Srztehungsproblenie der Reisezeit
Waller tzossmnnii: Pnbcrilttskrise». Ünelle n. Meyer.
 
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