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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1905)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0127

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Ich kenn' ihn doch, und lernt' auch sie erkennen;
Ich sang ihr Lied und weiß ihr Leiden gut.

Muß aus der Asche stets sie neu entbrennen,

Ncu fließen aus der Wunde trocknem Blut,

Die Werde-Wunder könnt' ich all' ihr nenncn,

Wie sie, erstarrt, nun ras't in Glut und Wut:

Was böte mir ihr rastlos ewig Lebcn,

Wenn zwei der Rasten sie mir nicht gegeben? —

Doch um der Rastcn willen weil' ich gerne,

Für sie laff' dioser Welt Lauf ich bestehn;

Sie grüne, blüh', sie dämmre in die Ferne,

Getrost mag ich an ihr vorüber geh'n,

Darf ich des Iahres treue Wandersterne
Zu jcnen Rasten wiederkchrcn sehn,

Als Sommertages helle Strahlen-Sonne,

Als Winter-Lhristnachts heil'ge Weihe-Wonne.

lvar da der Welt Lrlösungs-Trost geboren,

Der hat mir, hold erblühend, gar gelacht;

Doch — weiblich zart — wie ging er bald verloren,
Zum Tageslicht gewandt aus stiller Nacht,

U)ar mir in Sommers-Sonne nicht erkoren,

Der lseld zu meines Schicksals hehrer Wacht!

Der Tag, die Nacht, die liebend mich umfaßten,

Sie bandcn nun mich hold zu trautem Rasten.

Was lhoffnungs-dürftig einst dem Mai entsxrossen,
Das Leben, das noch atmend in mir wohnt,

Hat es die Weihnacht in ihr ^erz geschlossen,

Wo bergend sie vor rauhem lhauch es schont,
von ksuld und Gnade steht es überflossen
Im königlich erlauchten Sommermond:

So raste selig heut', was Lenz geboren,

Im Dank für dicses Tages Lseil verloren!

^ Kunst auf dem Katho-
likentage

Auf der diesjährigeu Versamin-
luug der deutscheu Katholikcu zu
Straßburg forderte Or. Mcycuberg
zu kräftiger Tciluahme auf au Wis-
seuschaft uud Kunst. Für die lctz-
tere verlangte er vou seiuen Hörcrn:

,st. Front machcn gegenüber dem
Siechtum einer Kuust, wclche die
Sünde, die rohe Siuulichkcit, den
Nicdcrgang, die Verzweiflung für

sich alleiu ohne Sicg der Jdeale in
eigeuartigem Pessimismus verherr-
licht. Süude, Nacktheit, Niedergang,
realistische Schilderung der Nacht-
seitcn des Mcnschenlebens haben nur
daun einen Sinn, wenn sie — wie
?. Albert Kuhn sagt — vom Geiste
uud dcr Religion beherrscht und
besiegt erschcincn."

Dcm ersten dieser Sätze wird nie-
maud widcrsprechen wollen. Wenn
es aber unsre Katholiken mit dem

2. Vktobcrhcft lstOS

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