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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0441

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chen herausgegeben. Auch von Theo-
dor Fontanes gesammelten Wer-
ken veranstaltet der Verlag (Fontane)
eine geschlossene Ausgabe, deren erste
Serie, die Romane und Erzählungen,
zehn Bände umfassen wird. Mit
Melchior Meyrs „Erzählungen
aus dem Ries" (geb. 3,50 M.) macht
die Verlagsbuchhandlung Beck in
München den Versuch einer volkstüm-
lichen Jubiläumsausgabe. Von Bis-
marcks „Gedanken und Erinne-
rungen" liegt heuer endlich die Volks-
ausgabe vor (Cotta, 2 Bde. 5 M.).

Ein Paar Briessammlungen zuni
Schlnß. „Liebesbriefe ans neun
Jahrhunderten" — wir allerdings
haben nnr acht gezählt — gab Julius
Zeitler (Selbstverlag, Leipzig) heraus:
eine verdienstvolle Arbeit, die zu
einer ernsteren Vertiefung in unsre
Briefliteratur überhaupt anregen
sollte. Daß die Anthologie lücken-
haft ist nnd für das (st. Jahrhun-

dert z. B. die köstlichen Liebesbriefe
Gottfried Kellers nicht berücksichtigt,
erscheint am Ende bei der Fülle dcs
Stoffes verzeihlich und jedenfalls
leicht gutzumachen. Ter Briefwechsel
zwischen Wilhelm und Karolina
von Humboldt (E. S. Mittler und
Sohn, geb. (0 M.) ist wohl nicht
nur der beiden Menschen, sondern
auch der ganzen literarisch bewegten
Zeit unserer Klassiker wegen inter-
essant. Zunächst liegen nur Briefe
aus der Brantzeit vor. Die Zeit
der deutschen Freiheitskriege schildern
höchst anmutig die „Briefe ciner
Braut", die Edith Freiin von Crainni
herausgegeben hat (F-leischel L Co.).
Von Nietzsches reichem Briefwechsel
(Schuster und Löffler) erschien als
letzter Teil die zweite Hälfte des
dritten Bandes, in dem Hans von
Bülow, von Saenger und Malwida
von Meysenburg vertreten sind.

Qnsere VUäei' unä j^olen

Als eigentliches Weihnachtsbild geben wir heute das Mittelstück aus
des Hugo van der Goes großem Altarwerke „Anbetung der Hirten",
das früh zu dcn Florentinern gekommen ist, wo sich's noch heute befindet.
Es hat auch dort im Süden viele Bewunderer gefunden, sogar Ghirlandajo
hat daraus einzelnes in das Jtalienisch seiner eigenen Gemälde übersetzt.
Bei Hugv van der Goes selbst ist nichts Südliches. Maria und die feinen
Engelmädchen sind nordischen, sind wohl friesischen Geschlcchts, der Hirt,
der in unsern Ausschnitt noch eben hineinblickt, sieht wie ein Secmann von
der Nordsee drein, und die Landschaft ist irgendwo in Holland — Fremd-
linge sind nur die fernen Berge darin. Den holdselig zarten Reiz des Werkes
mit Worten ausdeuten wollen, hieße, ihn zn vergröbern. Sein Maler
hat unn die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts in Gcnt gelebt.

Unser Lukas Kranach war ein wesentlich derberer Herr. Das
soll dem Christophorus 'mal einer nachmachen, wie er hier aufs Land
steigt! Gestehen wir's nns: der Riese ist herzlich ungeschickt gezeichnet,
wenn man dem Gesicht und der Kopshaltung auch ansieht, wie sonderbar
ihm unter der immer wachsenden Last dieses Kindleins zumute wird, das
so klein scheint. Und doch wird sich keincr dcm Reize entziehn, der dicsen
Zweiplattenholzschnitt so berühmt gcmacht hat. Woher kommt dieser Reiz?

2. Dezcmberheft sstOö

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