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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 8 (2. Januarheft 1906)
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Bonus, Arthur: Prosalyrik
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Nithack-Stahn, Walther: Protestantische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0539

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Erde" ist sogar ein sehr bitterer Angriff auf ehrloses Bohöme-Leben
und eine Verherrlichung der einfachen Tüchtigkeit. Und wenn man
näher zusieht, kann man noch ein anderes sagen. Zeigen die Natnren
der Hamsunschen Hauptwerkc auch keine Elcmentc bewußten Wil-
lens uud Strebens, so entschädigen sie doch dadurch, daß sie eigen-
tümlich gutherzig, kindlich-ehrlich, ja innerlich vornchm, fast mvchte
man sagen: im Grunde rein sind. Dies macht sogar den Hauptreiz
dieser Dichtungen aus. Wenn man hört, daß er einen ganzen Roman
geschrieben hat, in dem ein Mensch in vier Stadien sich bis in die
Nähe des Todes hungert, so vermutet mau sicherlich die bitterstcn
oder wütendsten Angriffe gegen die Gesellschaft, gegen die Zustände,
gegcn die Besitzenden, in diesem Buche zu finden. Von alledem ist
nichts, kein Wort die Rede. Das verstärkt das Erschütternde dicses
Buches ganz ungemein. Gerade, weil aus diese Weise nirgends cine
Ablenkung nach außen, auf die Zustäude, auf die Verhältnisse mvg-
lich ist, bleibt alles Jnteresse gesammelt auf das Jnnere dieses
Hnngernden. So ist das auch als Kunstmittel von allerhöchster Wir-
kung. Aber zugleich wirkt es auf unsre Vorstellung von dem Manne;
man hat die Empfindung von einer ehrlichen und gerade gewachsenen
Psyche, die sich nicht schnell und unedel erleichtert.

Jmmerhin kann das nicht hindern, bestärkt vielleicht sogar
den Eindruck einer gewissen dekadenten Stimmung, des Hernnter-
kommens, des Nachlassens, Nichtmehrwollens, des Ermüdens. Jn-
dividnen, dic von Vorgeschlechtern her auf hoher Stufe stehen und
nun sinken. Und wer Gründe hat, sich solche Stimmungen vom
Halse zu halten, dem wollcn wir die Lektüre gerade der uns liebsten
und unserer Meinnng nach künstlerisch stärksten Bücher Hamsuns
nicht anraten. Denn das muß zugestanden werden, daß er, je weiter
er sich von seinem eigentlichsten Boden, der Prosalyrik, entfernt,
desto schwächer wird. Am schwächsten wird er in den svgenannten
Dramen. * Arthur Bonus

Vrolestanliscke kunst

Es muß vvic vornherein anerkannt werden, daß sich der Prote-
stantismus von je in einem schwiecigen Verhältnisse zur bildenden Kunst
befunden hat, über das er noch heute nicht hinaus ist. Er willreines
Christentum sein, und das Christentum braucht an sich keine Kunst.
„Gott ist Geist, im Geiste will er angebetet sein" — eine Religion
dieses Bekenutnisses bedarf keiner Tempelhallen, nicht einmal der Bet-

- > ^ /..!!!

* Von Hamsun sind erschienen: Hunger, Rvinan (ö.öo, gb. 4.50) —
Mysterien, Roman (5.—, geb. 6.—) — Redakteur Lynge, Roman (5.50, gb.
4.50) — Neue Erde,Roman (4.—, gb. 5.—)— Pan, Aus Leutnant Glahns
Papieren (e.so, gb. 2.50) — An des Reiches Pforten, Schauspicl (3.—, gb. 4.—)
— Königin von Saba u. a. Novellen ( .—, gb. 4.—) — Victoria, Die
Geschichte einer Liebe (5.—-, gb. 4.—) — Sklaven der Liebe u. a. Novellen
(z.—, gb. 4.—) — Die Stimme des Lebens u. a. Novellen (1.—, gb. 2.—) —
Königin Tamara, Schauspiel (2.—, gb. 3.—) — Muncken Vendt, Dramatisches
Gedicht (3.—, gb. 4.—) — Abendröte, Schauspiel (2.—, gb. 3.—). Scimtlich bei
Albert Langen, München. Die Titel der unsrer Meinung nach besten Bücher
Knut Hamsuns haben ivir gesperrt drucken lassen.

422 Runstwart XIX, 3
 
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