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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 12 (2. Märzheft 1906)
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Bie, Oscar: Der Tanz
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Volbach, Fritz: Wohin steuern wir?: Gedanken eines Musikers
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0788

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viertenmal in der Tanzgeschichte), Volkstänze dem Salon nen assimiliercn
zu sollen. Jn Schweden macht man es schon systematischer, aber von
einer Epoche ist noch nichts zu merken. Die Hoffnung ist schwach. Wenn
es aber mit dem Salontanz zu Ende ist, so war der Walzer ein schöner
Abschluß.

Man soll nicht künstlich erledigte Kulturformen auffrischen. Der
Tanz im allgemeinen ist als Kulturform Renaissanceschule gewesen.
Der griechische Tanz war etwas ganz anderes, unwiederbringliches;
der zukünftige wird wieder etwas anderes sein müssen. Der griechische
war Gottesdienst, der moderne Gesellschaft und Theater, warum soll
der zukünftige nicht Sport sein: Körpertechnik nnd Ethik der Hygiene?
Die Renaissance ist auch in diesem Fache gründlich erledigt und wird
für uns nur noch den Stilreiz aller abgeschlossenen Kulturen haben,
der uns auffordert und befähigt: Bücher zu schreiben. Vskar Bie

Mokin sleuern vir?

Geclanken eines stlusikers

Wohin steuern wir in der Kunst? Jst diese Frage überhaupt
zu lösen? — Mit Bestimmtheit sicher nicht, denn wcr hätte die
Macht, den Schleisr zu hsbsn, der die Zukunft verhüllt! Aber
ooch gibt es einen Weg, auf dem wir berechtigt sind, eine an-
nähernde Lösung wenigstens zu versuchen, den der Analogie. Es
gibt keine Epoche der Kultur und des Geisteslebens in der Welt-
geschichte, die nicht schon früher in ähnlicher Form dagewesen und
verlaufeu wäre. Trotzdem bedeutet das keinen Stillstand. Nicht in
der Jdee selbst, nicht in dem Gegenstand liegt der Fortschritt der
Zeiten begründet, sondern in der Art, wie diese Jdee in jeder
Periode zum Ausdruck gelangt. Dieses wie aber hängt jedesmal
ab von dem Rüstzeug, das eine Zeit besitzt, um in die Tiefen der
Jdeen einzudringen. Jn steter Arbeit hat die Menschheit an der
Vervollkommnung dieses Werkzeugs geschafft, und in ständigem
Fortschreiten hat der eine es dem andern hinterlassen und über-
gcben, daß er es brauchbarer und schärfer mache. — Was ist im
Grunde genommen Kants „Ding an sich" viel anderes als die „Jdee"
Platons. Und doch: welch einen Fortschritt bedcutet Kants Be-
gründung der Notwendigkeit einer solchen Auuahme; wie viele
Menschenalter voll anstrengendster Geistesarbeit waren notwendig,
bis dieses Ergebnis in Kant sich offenbarte! Greifen wir nun zwei
oder mehrere solcher paralleler Epochen heraus, und unter-
suchen wir sie in bezug auf ihre Jdeen, ihre Entwicklung und ihr
Weiterschreiten, so werden wir gar bald eine Gesetzmäßigkeit er-
kennen, die entsprechend zu ähnlichen Zielen führen muß. Finden
wir nun in der Kunstgeschichte Zeiten, welche unserer in ihren
Grundprinzipien ähnlich sind, so können wir für unsere Zeit daraus
schließen, daß auch ihr Fortgang ein ähnlicher sein wird, wie
der jener parallelen Zeiten.

Was ist es denn zunächst, was unsere Zeit charakterisiert?
Liegt nicht etwas wie Frühlingsstimmung in ihr? Ein tiefes,

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