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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 4 (2. Novemberheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0288

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ihnen in der „offiziellen" Oeffentlich-
keit gesagt, vor den Vertretern der
Regierungen, der Städte, der Schul-
behörden, der F-achlehrer, der Presse.
Das gab ihnen ihren außerordent-
lichen agitatorischen Wert.

paul Schumann

Schneider L May
Den Sortimentsbuchhändlern wird
angekündigt: „Sascha Schneider, Titel-
bilder zu Karl Mays Reiseerzählun-
gen. 26 Doppel-Tondruck-Autotypien
in Mappe mit Text von Professor

Or- Werner, Leipzig. Groß-Folio.
Preis s2 Mk." Zur Empfehlung heißt
es: „Die Vereinigung der beiden
berühmten Namen allein wird schon
genügen, um Jhre Aufmerksamkeit
auf dieses Werk zu lenken." Die
„beiden berühmten Namen" Sascha
Schneider und Karl May — soweit
sind wir also gekonnnen! Vielleicht
illustriert uus der Mann, dessen
Kunst Gutgläubige mit dcr Klingers
in einem Atem nannten, das nächste
Mal seines „berühmten Namensge-
nossen" „Liebe des Ulanen?"

Tlnsere KUäer «nä l^olen

Mit Bernhard Winter stellen wir den Lesern ein Talent vor,
das für die überwiegende Mehrheit von ihnen einen ganz „neueu Maun" be-
deutet. Wir unserseits meinen: Hält Winters Kunst weiter, was seine „Bauern-
hochzeit" verspricht, so ist er vom Kern aus ein so gesunder und so starker
Heimatkünstler unter den Malern, wie wir deren im ganzen Reich nur ganz,
ganz wenige haben. Winter ist Niederdeutscher, Oldenburger, und was er
uns schildert, wächst stets auf niederdeutschem Boden. So stellt das Bild
in Kupferdruck, das wir dem Hefte vorsetzen, eben seine „Bauernhochzeit",
ein Fest bei oldenburgischen Friesen dar. Ein Kostüurbild? Gewiß kanu
der Kulturhistoriker darau Kostümstudien machen so gut wie Studien übcr
die ländliche Bauweise, denn wie der große Dielenraum, vou dem sich
die Kammern noch nicht alle sondern, vom Fußboden mit seinen Steinmustern
über die Fliesenwände bis zu der Balkeudecke und wie die Möbel und Ge-
räte, sogut ist jedes Stückchen Menschenanzug und Menschenputz echt, echt
bis zu Knops und Nähfalte. Aber echt sind vor allem auch diese Menschen.
Nicht nur, wie sie alte Bräuche treiben, wie man sie außerhalb.Frieslands
kaum kennt, auch darin dem Kulturhistoriker „interessante Objekte". Was
kümmert uns hier der Kulturhistoriker! Winters Menschen sprechen zum
Menschen in uns. So leben sie ja noch heute dort nah der Wasserkante,
wo freie und stolze Bauern wenn nicht altfriesische Bräuche, so doch alt-
friesisches Wesen bewahren. Und wie kommt dabei zu seinem Recht, was
überall ist, wo Menschenherzen schlagen, nicht bloß in Ostfriesland! Das
Brautpaar steht ja mehr im Hiutergrunde, wie sprechen dennoch seine Ge-
sichter und die der Leute, die langsam und bewußt im Zuge uahen, um
Anreden und Geschenke zu bringen! Wic beobachtet der Brautvater mit der
Pfeife in der Hand die Sache! Und die Brautmutter mit ihrem langen Stab!
Dann Pfarrer und Lehrer, die sitzendcn Respektspersonen mit den langen
Tonpfeifen! Wie lebt der Hochzeitbitter mit dem Zinnkrug im Arm! Der
Bierzapfer! Die Musikanten, von deneu das Dirnlein den in musiktechnische
Probleme versenkten Jungen zum Ringelreigen der andern wegholen will!
Dieser Kinder-Ringelreigen selbst mit seinen derben, norddeutschen, urge-
sunden Mädeln und Buben! Bis ins allerkleinste ist alles von Liebe um-

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Runstwart XIX, §
 
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