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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1905)
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Schultze-Naumburg, Paul: Biedermeierstil?
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0177

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sam im Zwange des Bauterrains entstanden ist, da es auf einem
selsigen Abhang liegt und der Grundriß dadurch und durch verschiedene
anderc Umstände gleichsam Stück für Stück festgelegt war, sodaß
die Auflösung des Hauses in einzelne Baukörper zwingende Gründe
hatte. Auch hier enthält der Giebel das Treppenhaus. Der Eck-
pavillou links enthält einen Raum, der etwas höher werdeu mußte,
als die übrigeu Näume; das Mansardengeschoß ist als Drempel au-
gelegt. Die Räume zu ebener Erde sind auf der Abbilduug uicht
sichtbar, da die Aufnahme von einer höher liegenden Terrasse aus
gemacht ist.

Jm Grunde ist es nicht meine Aufgabe, zu beweisen, daß ich
mich iu diesen Bauten an die heimatliche Ueberlieferung anschließen
durfte; denu diese ist das Gegebene und Natürliche. Sondern
es wäre im einzelneu Falle zu beweisen, daß und worin ich davon
abweichen mußte.

Jch hoffe, daß meine kurzen Andeutungen etwas dazu bei-
trageu werdeu, die Legendenbildung zu zerstören, daß mit uuserer
Bcwegung die Wiederaufnahme nur eines andcren historischen
Stiles angestrebt werden sollte. Wenn ich auch bei meinen eigenen
Bauten die heimischen Traditionen nirgends verlcugnen möchte, so
handelt es sich bei ihuen doch auch um nichts weniger als Kopien.
Und wcnn mich jemand fragt, in welchem Stil denn nun gebaut
werdeu sollte, so antworte ich mit Avenarius: im Sach-Stil; den
hat jede künstlerisch bauende Zeit angestrebt. Wenn srüher ein Bau-
meister gcfragt worden wäre, in wclchem Stile er bauen solle, so
hätte er gewiß auch nicht gesagt: wir beginnen jetzt den Barockstil,
sondern er würde eine Antwort gegeben haben, die ihrem Sinne
nach von dem Ergebnis unserer Auseinandersetzung nicht sehr ver-
schieden Wäre. Paul Schultze-Naumburg

vie Vsyckologie cier freien llnpernekrnung

von Karl Lamprecht

V o r b e in e r k u n g. Heute crheben wir an die Leser eine große
Zumutnng: an der Stelle, wo sie dichterische oder doch jedenfalls solche
Beiträge zn finden gcwohnt sind, die wohl von ihrer Phantasie, nicht aber
von ihrem Verstande ein starkes Nacharbeiten fordern, bcgegnct ihnen hente
ein wisscnschastlicher Aussatz. Ein Aufsatz noch dazu über ein Thema, das
den meisten von uns ganz fern liegt und dcssen Verständnis dahcr dicsen
meisten durchaus nicht lcicht werdcn kann. Warum drucken wir das ab?
Die Antwort gibt unser heutiger Leiter. Wenn wir vorwärtS wollen, müssen,
auch solchc Gebiete nicht häufig, abcr doch dann und wann in unsre Arbeit
gezogcn werden, damit wir auf immer festerem Boden gehn. Welche Be-
dcutung das Unternehmertum und scin Gcist, welche Bedeutung auch seine
Folge, die nervöse „Ncizsamkeit" sür unser Literatur- uud Kunstleben hat,
wer von den Eingeführten weiß es nicht? Und eben zur ersten Einführung

h Novemberheft ^05 137
 
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