Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1905)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Hilligenlei
DOI Artikel:
Batka, Richard: Weihnachtsmusik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0385

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gelesen wird, vor allem mehr als seine großen Lehrer Keller und
Raabe, denen er so vieles von dem verdankt, was cr ist, den möcht
ich heute noch einmal fragen: wcn las man an seiner Stelle früher?
Haben wir schon die Zeiten vergessen, da Georg Ebers und Julius
Wolff, da die Marlitt und die Eschstruth die Lorbeeren und die
Goldstücke pflückten, die jetzt nach Meldorf gehn? Jst die Mode für
Frenssen ein unverdientes Glück, sür unsre literarische Volkskultur
ist sie auch ein Glück. Verwerter, Vermittler, Führer bergauf, wie
Frenssen einer ist, werden gebraucht. Wer die Kraft hat, der strebe
über Frenssen noch höher hinauf, wer gar so viele hat, dem Neben-
manne dabei noch zu hclfen, der helfe dabei. Zu schämen aber braucht
sich keiner, den's nun einmal nicht weiter trägt, denn auch Frenssen
tvohnt schon in guter Luft, wenn auch der Rauch der Täler durch
sie noch dann und wann seine Streifen zieht. A

Meiknacklsniusik

Bald wird wicdcr das „O du fröhliche, o du selige" klingeu
um den kerzenhellen Tannenbaum. Denn die Weihnachtszeit ist eine
musikalische Zeit, sagt mau, und in den Weihnachtsartikeln wcrden
wieder alle Glocken läuten, alle Schalmeien locken und alle Engel-
chöre singen. Lauscht man näher hin, so handelt sich's allerdings
nur um die bewährten Stimmungsrequisiten aus der Handtasche
des journalistischen Stundenrufers. Die vielbesprochene musikalische
Herrlichkeit der Weihnachtstage steht heute zum großen Teile wirklich
nur auf dem Papiere. Sie sind zwar auch in der Großstadt noch
immer „inwendig voller Musik". Aber die Herzen singcn sehr oft,
indessen die Kehlen fciern.

Am klügsten wissen dic Theater den Augenblick zu ergreifen.
Jnhr um Jahr stcllcn sic sich mit albernen Ausstattungsstücken ein,
deren künstlerischer Wert zumcist gleich Null ist, die aber ihre ganze
Daseinsmöglichkeit auf der cntgegenkommenden, auf der bereits vor-
handenen Stimmung des Publikums begründen. Wie anders müßte
das erst scin, wenn diese Gattung nicht den gemeinen Spekulanten
überlassen bliebe, sondern Kunstwerke darböte, welche die hier ge-
forderte Stimmung sclbst kräftig zu crzeugen imstande würeu! Da-
von viclleicht ein andcrmal. Auch vielc Chorvereine Pflegen ihr
Spätherbstkonzcrt weihnachtlich zeitgemäß zu gestalten, um so lcichter,
als die Bach, Berlioz, Liszt, Hcrzogenbcrg, Wolf, Wolfrum, Woyrsch,
Reger usw. ein großes und wirklich künstlerisches Repertoire fllr sie
geschaffen habcn. Auch für die Kirchenchöre und ihre geistlichen Kon-
Zerte ist dank ihrer innigen Verbindnng mit dcr Liturgie recht gut
gcsorgt. Aber darllber hinaus? Wie steht cs denn in andern Konzerten,
m der Schule und in der Familie? Dic Zeit ist da, einmal auch
darüber zu reden.

Der Wert der Litcratur an Weihnachtsmusik liegt doch wirklich
auch darin, daß sie uns eine Reihe klanglich gestalteter Stimmungen
ubermittelt, die, wenn wir sie brauchen, neu ausgelöst werden können.
Soll das gcschehen, so setzt das natürlich eine gute Kenntnis dieser

2. Dezcmberhoft . öo? I
 
Annotationen