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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 8 (2. Januarheft 1906)
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Nithack-Stahn, Walther: Protestantische Kunst
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0545

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walten sieht, muß es feststehen: es gibt für die Kunst keine inneren
Möglichkeiten, die nicht auch die seincn wären. Aller Künste Höchstes
und Bestes kann nicht wider ihn, sondern nur für ihn sein. Gehört
es nicht zu seinem Glauben, daß es so sein muß? Nithack-Stahn

Von sVIozarl unä über ikn
Has stloLarts Vrieken

Nach den „Originalien" heransgegeben schrieb Ludwig Nohl etwas alt-
fränkisch auch auf den Titel der zweiten Auflage vom Jahre fS77, die immer
noch die neuestc ist. Sollte man's glauben — Mozarts Briefe in vierzig
Jahrcn so kümmerlich vom deutschen Volke verlangt? Jst scine Schreiberei
dcnn wirklich so schlecht? Wird nicht selbst aus den kindlichcn Reise-Renom-
mistereien der anmutige Gcnius des Meisters offenbar? Der Leser prüfe
selbst. Vielleicht stellt er sich den stattlichcn Band (Breitkopf n. Härtel)
dann doch sogar in die kleine musikalische Hansbibliothek, die nur das Bcste
enthält. Unsere Probcn sind mit Ausnahme von viercn den Briefen an den
Vater entnommcn.

Vergangenen Sonntag war ich im Amt beim Hl. Kreuz, um (0 Uhr
ging ich aber zum Hrn. Stein. Wir probierten ein paar Sinfonien zum
Conccrt. Hernach spciste ich mit meinem Vctter beim Hl. Kreuz. Unter der
Tafel wurde Musik gemacht. So schlecht als sie geigen ist mir die Musik im
Kloster doch lieber als das Orchester von Augsburg. Jch machte eine Sinfonie
und spielte auf der Violine das Concert in L von Vanhall mit allgemeinem
Applans. Der Hr. Dechant ist ein braver lustiger Mann; er ist ein Vetter
von Eberlin, heißt Zeschinger; er kennt den Papa ganz gut.* Auf die
Nacht beim Souper spielte ich das Straßburger Concert; es ging wie Oel;
allcs lobte den schönen reinen Ton. Hernach brachte man ein kleines Cla-
vichord, ich präludirte und spielte eine Sonate und die Bariationen von
Fischer. Dann zischelten die Andern dem Hrn. Dechant ins Ohr, er sollte
mich erst orgelmäßig spielen hören. Jch sagte, er möchte mir cin Thema
gcben, er wollte nicht, aber einer aus den Geistlichcn gab mir eins. Jch
führte es spazieren und mitten darin (die Fuge ging sx 6 wlnor) fing ich
mnsor an und ganz was Scherzhaftes, aber im nämlichen Tempo, dann end-
lich wieder das Thema und aber von hinten. Endlich fiel mir ein, ob ich
das scherzhafte Wesen nicht auch zum Thema der Fuge brauchen könnte? —
Jch fragte nicht lang, sondern machte es gleich nnd es ging so accurat, als
wenn es ihm der Daser angemessen hätte.** Der Hr. Dechant war ganz
außer sich. „Das ist vorbei, da nützt nichts", sagte er, „das habe ich nicht
geglaubt, was ich da gehört habe; Sie sind ein ganzer Mann. Mir hat
freilich mein Prälat gcsagt, daß cr sein Lebetag Niemand so bündig und
crnsthaft die Orgel habe spielen hören." (Denn er hat mich etliche Tage vor-
hcr gehört, der Dechant war aber nicht hier.) Endlich brachte ciner eine

* Eberlin, der frühere Salzburger Capellmeister, war ein guter
Kirchencomponist.

** Daser war ein Schneidermcister in Salzburg.

2. )Zanuarheft (906 qz?
 
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