Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1905)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Artikel:
Unsere Bilder und Noten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0145

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Pflicht, dem Richter den Standpunkt
klarer zu machen. L R

K Vogelschutz

Aus Amerika wird geschcieben:
„Präsidcnt Roosevelt hat an die
amerikanische Vogelschutzgesellschaft
einen Brief gcschrieben, mit dem
er sich ganz auf ihrcn Standpunkt
stellt: »Ohne Vogel würde der Früh-
ling kcin Frühling sein, noch we-
niger als ohne Knospen und Blüten,
und ich habe den innigen Wunsch,
daß wir ebcnso wie die Sänger der
Wälder, der Obst- und Ziergärten
und der Wiesen auch die Vögel
unserer Küstcn und Einöden schützen
könntcn.« Weiter bctont Rooscvelt,
daß zur Hälfte die. Schönheit der
amerikanischen Wälder und Fclder
von dcren Fauna abhänge, und fährt
dann fort: »Wir könnten unseren
Vorrat an Nahrungsmitteln in be-
trächtlicher Weise erhöhen, wcnn wir
unser Volk dahin bringen könnten,
allgemeines und einsichtigcs Jnter-
esse der Erhaltnng unserer jagdbaren
Vögel und Fische entgegenzubringen.
Wenn wir schließlich alle unsere jagd-
baren Vögel ansgerottet und unsere

Gewässer ausgefischt haben, dann ist
dies fast ebenso schlimm, als wenn
wir alle unsere Milchkühe und Zucht-
stuten töten würden.«"

Aus Japan wird geschrieben, daß
die Regiernng die Ausfuhr von
Bogelbälgen aus Japan zu verbieten
gedenke. „Durch das gewissenlose
Morden der nützlichen Vögel ist eine
solche Menge Schädlinge in Japan
anfgekommen, daß man für den Acker-
bau fürchtet; besonders die Reis-
felder wimmeln von Ungeziefer. Man
hofft, daß die Vögel, wenn man
sie in Ruhe läßt, sich wieder besser
vermehren und jene Feinde der Land-
wirtschaft vertilgen werden. Der Er-
trag, den die Vogelbälge bringen,
fällt nicht ins Gewicht gegen den
Schaden, den die Landwirtschaft er-
leidet."

So geht der Vogelschutz-Gedanke
allmählich um die Welt. Wann
aber wcrden wir so wcit sein, daß
die Dame, die sich mit Vogelleichen
oder Leichenteilen den Kopf putzt, all-
gemein als die Halbwilde betrachtet
wird, die sie nach Ausweis der Ver-
gleiche mit den Weibern wilder Bolks-
stämme ist?

Nnsere VUäer unä s^oten

Anßerhalb der Reihc unsrer Knnstbeilagen geben wir cin kleincs
Stifter-Bildnis nach einer Photographie mit, die, weiteren Kreisen
bisher nnbekannt, erst von Hein vor scinem Stifterbuch als Photogravnre
veröffcntlicht worden ist. Dieses „neue" Bildnis ist, wie beschciden immer,
doch das bcstc Stifters, das wir kenncn; es sind gerade von diescm Dichter
sehr vcrschwommcnc und wcichliche verbreitet.

Unsre andern Bcrvielfältigungen sollen an drei erlesencn Beispielen
zcigen, wie man ein ccht modcrner Maler nnd doch zugleich ein geistiger
Künstlcr in dem Sinne scin kann, daß noch ein höherer als ein bloßer
Angcngcnuß ans den malerischen Farbfleckcn anfblüht.

Zunächst das Seebild von Alexandre Perrier. Die Sonne steht
tief, an den gewaltigen Bergen drüben liegt der breite Schatten von dem
flacheren Ufer her, das wir nicht sehen, aber von den Schroffen darüber
leuchtet in Ruhe der Tag, und anf dem See lebt er noch einmal, leiser,
zerlegt nnd bcwegt in tausendfältigem Wellengeflimmer. Man sehe sich
gcmächlich hinein ins Bild nnd betrachte es ja nicht zu nah. Wie hin-
gcdehnt, wie weit ist das bis dort drüben hin, wo der wciße Nebel-

2. Vktoberhoft lstOö

N5
 
Annotationen