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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 3 (1. Novemberheft 1905)
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Batka, Richard: Musikalische Anschaulichkeit
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Schultze-Naumburg, Paul: Biedermeierstil?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0169

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ponist beabsichtigt. Der Hinweis auf die „fremde Beihilfe" verschlägt
nichts. Die Hanptsache bleibt, daß das Ziel erreicht wird, und von
einer Schwesterkunst darf sich die Musik schon einen Fingerzeig ge-
fallen lassen.

Was der musikalischen Schilderung sonst an Allgemeinheit an-
haftet, werden die Komponisten zur symbolischen Vertiefung ihrer
Jdeen ausnutzen. Jn jener Oper d'Alberts bezeichnet die Tonfigur
o b ss/o nicht bloß den „Wolf", sondern auch den bösen Sebastiano,
der dem Wolfe verglicheu wird. Das Kunstwerk begreift sie beide
synekdochisch unter dem Gesichtspunkte des heimlichen Ueberfalls.
Keinem Musiker wird es je beifallen, eine Zoologie in Tönen zu
schreiben; der Wolf als naturgeschichtliche Spezies interessiert ihn
nicht, sondern nur sein Wesen. Wo den Maler die sinnliche Erscheinung
fesseln würde, reizt den Mnsikcr die sinnbildliche Perspektive. . .

Mit der Erkenntnis des mctaphorischen Wesens der musikalischen
Sprache wäre somit ein ausblickreicher Gesichtspunkt für die Be-
trachtung und Begründung der Schildernngs- und Jnhaltsmusik ge-
wonnen und ihr ästhetischer Wert gegen alle Zweifel bestimmt. Eine
ganz andere Frage jedoch ist dic, ob neben dieser einen noch eine
zweite Gattung, die absolute Musik zu vollem Necht besteht, ob wir
diese letztere als die vorzügliche ausehen, die schildernde Musik aber
nur als eine Musik zweiter Klasse beurteilen dürfen. Darüber wird
ein andermal an dieser Stelle zu sprechen sein. Doch wie immer
dann das Ergebnis laute: Der Hauptgcdanke unsrer heutigen Er-
örterung bleibt davon unberührt. Richard Batka

kiectermeiekslil?

Wer sich jahrelang um die Verbreitung gewisser Jdeen be-
müht hat, darf wohl einmal öffentlich Abrechnung darüber halten,
welcher Art der Erfolg der Bemühungen gewesen ist. Daß man
sich darüber freut, recht verstanden zu sein, ist zu selbstverständlich,
um eine Erörterung daran zu knüpfen. Wichtiger ist, einmal klar
auseinanderzusetzen, wo und inwiefern Mißverständnisse entstan«
den sind.

Jch habe mich nun allmählich daran gewöhnt, daß man sagt,
wenn mein Name genaunt wird: „Ach, das ist der, der dcn Bieder-
meierstil wieder einführen will". Was man nicht alles tut, ohne
selbst einc Ahnung davon zu haben! Jrgend ein Schlagwort ist schein-
bar notwendig, und ich bin nun glücklich auf den „Biedermeierstil" fest-
genagelt. Anfangs erscheint es lächerlich, wegen jeden oberflächlichen
Urteils, das öffentlich ausgesprochen wird, eine Polemik anzufangen.
Wenn aber so ein Schlagwort anfängt, sich fester einzunisten, so wird
es Pflicht, dagegen einzuschreiten, da solche Jrrtümer weit über
persönliche Jnteressen hinaus sinnverwirrend sind.

Wenn man unter Biedcrmeierstil übcrhaupt etwas versteht,
so meint man damit die architektonischen nnd kunstgewerblichen Schöp-
fungen aus der Zeit etwa von l8f5 bis j83ö. Klar aber scheint die
Vorstellung von den Stilformen jener Zeit im allgemeinen nicht
zu sein, wenigstens habe ich häusig genug die Beobachtung gemacht,

t30 Runstwart XIX, 3
 
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