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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 11 (1. Märzheft 1906)
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Bonus, Arthur: Altisländisch und neudeutsch
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Batka, Richard: Arten des Musikgenusses
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0728

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isländischen Erzählung auch sonst eigen, durchgehends. Jch höre
in ihr schon jenen Ton, der nachher in Shakespere zu so voller
Ausbildung kam; er scheint mir spezifisch germanisch zu sein. Jm
übrigen prüfe man nun selbst.

Jch werde weitere Proben an anderen Orten veröffentlichen
und ein Bändchen davon hofsentlich noch im Laufe dieses Jahres
herausgeben können. Wer eine kleinere dieser nordischen Bauern-
geschichten im vollen Umfang lesen will, dem empfehle ich Andreas
Heuslers vorzllgliche Uebersetzung der Hühnerthorirgeschichte (Berlin,
Wiegandt L Grieben, lZOO; 2 Mk., geb. 3 Mk.) mit sehr gut ein-
führendcr Einleitung. Auch von diesen Uebersetzungen geben wir
eine Probe. Jm allgemeinen scheint mir vorläufig am wichtigsten,
um mit dieser Literatur zu befreunden, erst einmal ausgewählte
Stücke zu geben. Gerade die bedeutendsten Geschichten sind sehr
episodenreich. Diese Episoden sind für sich sehr gut erzählt, doch
den Faden verwirrend und für eine noch nicht im besonderen
interessierte Geduld zu viel. Die iu meiner Uebersetzung vor-
gelegten Stücke entstammen einer solchen vielzusammengesetzten Er-
zählung, der „Geschichte der Leute von Eyr" („Eyrbyggjasaga",
altisländisch herausgegeben von Gering, Halle a. S. (89?). Sie
waren bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt. Arthur Bonus

Zrlen ckes jVIusikgenusses

Ueber keine der brennenden nnd tief in das allgemeine Kunst-
bewußtsein sich einbohrenden Fragen der Aesthetik herrscht wohl noch
so viel verworrenes Meinen und Mutmaßen selbst unter sonst klaren
Köpfen, als über die Grundprobleme des Musikgenusses. Und das
alles trotz den erbitterten, mit so großem Aufwande an Geist, Wissen
und Scharfsinn geführten Kämpfen, die seit einem halben Jahrhun-
dert toben, die noch zu keincm ehrlichen Friedensschlusse geführt
und sich nur infolge der allgemeinen Ermattung in der letzten Zeit
ein wenig beschwichtigt haben. Mit dem Siege der musikalischen
Moderne in Liszt und Wagner und Wols hat zwar das Prinzip der
„Ausdrucksmusik" entschieden die Oberhand gewonnen über das
Prinzip der Musik als „tönend bewegte Form". Des letztern An-
hänger waren durch die geschichtliche Entwicklung geschlagen worden,
die Theorie hatte auf allgemeine Geltung keinen Anspruch mehr.
War sie darum auf allen Punkten der Linie schon entkräftet? Jn
manchen Fällen wieder traf sie doch ersichtlich zu, konnte also nicht
unbedingt überwunden sein. Wieso und inwiefern — das blieb ein
ungelöstes Rätsel. Es wollte der neueren Aesthetik nicht gelingen,
den höheren Punkt zu finden, von dem aus man beide einander bis-
her ausschließende Prinzipien in ihrer Berechtigung anzuerkennen
und abzugrenzen vermöchte. Die meisten Musiker halfen sich zuletzt
mit einem lauen Kompromiß, mit einem bequemen Prokontra-Stand-
punkt, und zerbrachen sich mit einem folgerechten Nachdenken über
diese gegensätzlichen Lehren lieber erst gar nicht den Kopf.

Nun ist, wie es scheint, der lang gesuchte Punkt gefunden, und
man sollte meinen, das müßte eine Alarmnachricht für die ganze

y Märzheft " 58, s
 
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