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stellt und ins Rührselige verwässert
dadurch, daß er Enoch selbst in Phi-
lipps Haus kommen läßt. Es ist klar,
daß er nach der Erkennungsszene
das Glück dieses seines Freundes auf
immer vernichten ninß. Gleichzeitig
wurde dic Handlnng von ihm auf
den Weihnachtsabend verlegt, und es
braucht nicht erst versichert zu wer-
den, daß ein brennender Weihnachts-
baum, cine hell erleuchtete Kirche
mit Orgclklang und heftiges Schnee-
treiben eines Winterabends, dessen
Unbilden Enoch, nachdem er Freund
und Söhnlein Alfred beim Abschied
gesegnet hat, sich freiwillig aus-
setzt, nicht fehlen, daß dem Werkchen
als stiminungsvollcm Vorboten des
Christkinds einc sehr wohlwollende
Aufnahme bereitet wurdc. Raimann
hat aber unleugbar dramatische Be-
gabung in seiner Musik gezeigt und
sich in der farbenrcichen Jnstrumen-
tation, der echt kantaülen Führung
der Singstimmcn als gcschmackvollcr
Musiker erwiesen. Speciator
MDie Kirchen aus!
Wer in Dcutschland Kunstwcrke
von größcrer Bedeutung schen will,
muß eniwedcr in die Musccn oder
in die Kirchen gehen. Ob diese be-
kannte Tatsache gutzuheißen sei oder
nicht, soll nicht erörtert werden.
Sicher ist jedenfalls, daß dic Kunst-
schätze gar vieler Kirchcn unsercs
Vaterlandes sehr viel zur künstlc-
rischen Kultur des gesamtcn Volkes
beitragen könnten. Daß freilich cine
solche Wirkung von der kirchlichen
Kunst ursprünglich gar nicht bcab-
sichtigt war, daß vielmehr durch sie
der Laie an die Kirche gefesselt, der
Gottesdienst aber reicher und präch-
tiger gestaltet werden sollte, daß
aber auch ohne diese besondere Ab-
sicht bis zu eincm gewisscn Grade
künstlerische Einwirkungen als Neben-
gewinne sich ergaben, bedarf kcincr
weiteren Ausführungen.
Wo die Protestanten mit den Kir-
chen deren künstlerische Ausstattung
übernommen hatten, fand es sich,
daß gar manches Bildwerk zu dem
durch die Reformation umgestalteten
Jdeenkrcisc im schroffen Widersprnch
stand. Dcshalb überlicß man auch
öfter dieses vder jenes bereitwillig
einem Museum. Sehr mit Nnrecht;
denn die meist eigens für ciiien be-
stimmten Platz geschafsenen Kunst--
werke können am sremden Orte eben-
sowenig zu rechter Wirkung kommeu,
wie die in den svnnigcn Gartcn ver-
pflanzte Waldblume. Die Mehrzahl
der ererbten Schätze findet sich aber
noch da, wohin sie unsre Väter brach-
ten. Vermehrt um diese und jene
Perle aus späterer Zeit tragen diese
Bilder und Skulpturen recht wesent-
lich dazu bei, dem Gotteshause eine
wcihevolle Stinimung zu verleihen.
Werden diese Rcichtümer aber
hierdurch genügend ausgenutzt? Zur
Weckung rcligiöser wie ästhetischcr
Gefühle bedürfte es einer eingehen-
den Betrachtung, einer Versenkung
in die Kunstwerke. Der Kultus der
Protestantcn gibt aber dazu fast gar
keine Gelegenhcit. Während des Got-
tesdienstes soll der Protestant seiue
Llufmerksamkeit der Liturgie und der
Predigt zuwenden. Jhm ist ein Her-
umgehen iu der Kirche während die-
scr Zcit gar nicht erlaubt, indes
den Katholiken gerade die vcrschie-
denen Arten scincr Kultusübungen
bald in diesen, bald in jenen Tcil
des.Gotteshauses führen. Wenn aber
dic Zeit des Gottesdicnstes zur Be-
trachtung kirchlicher Kunstwcrke nicht
gceignet ist, dann sollte zu andrer
Zcit Gclegenheit hierzn gegeben wer-
den.
Geschieht dies? Wohl selten ge-
nug. Zunächst hält man während der
Wvchentage die protcstantischcn Kir-
chcn meist fcst verschlosscn. Man
glaubt wohl, anderistalls besondere
Pcrsoncn zur Bewachung anstellen
q. > 2 liunstwart XIX, 7
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stellt und ins Rührselige verwässert
dadurch, daß er Enoch selbst in Phi-
lipps Haus kommen läßt. Es ist klar,
daß er nach der Erkennungsszene
das Glück dieses seines Freundes auf
immer vernichten ninß. Gleichzeitig
wurde dic Handlnng von ihm auf
den Weihnachtsabend verlegt, und es
braucht nicht erst versichert zu wer-
den, daß ein brennender Weihnachts-
baum, cine hell erleuchtete Kirche
mit Orgclklang und heftiges Schnee-
treiben eines Winterabends, dessen
Unbilden Enoch, nachdem er Freund
und Söhnlein Alfred beim Abschied
gesegnet hat, sich freiwillig aus-
setzt, nicht fehlen, daß dem Werkchen
als stiminungsvollcm Vorboten des
Christkinds einc sehr wohlwollende
Aufnahme bereitet wurdc. Raimann
hat aber unleugbar dramatische Be-
gabung in seiner Musik gezeigt und
sich in der farbenrcichen Jnstrumen-
tation, der echt kantaülen Führung
der Singstimmcn als gcschmackvollcr
Musiker erwiesen. Speciator
MDie Kirchen aus!
Wer in Dcutschland Kunstwcrke
von größcrer Bedeutung schen will,
muß eniwedcr in die Musccn oder
in die Kirchen gehen. Ob diese be-
kannte Tatsache gutzuheißen sei oder
nicht, soll nicht erörtert werden.
Sicher ist jedenfalls, daß dic Kunst-
schätze gar vieler Kirchcn unsercs
Vaterlandes sehr viel zur künstlc-
rischen Kultur des gesamtcn Volkes
beitragen könnten. Daß freilich cine
solche Wirkung von der kirchlichen
Kunst ursprünglich gar nicht bcab-
sichtigt war, daß vielmehr durch sie
der Laie an die Kirche gefesselt, der
Gottesdienst aber reicher und präch-
tiger gestaltet werden sollte, daß
aber auch ohne diese besondere Ab-
sicht bis zu eincm gewisscn Grade
künstlerische Einwirkungen als Neben-
gewinne sich ergaben, bedarf kcincr
weiteren Ausführungen.
Wo die Protestanten mit den Kir-
chen deren künstlerische Ausstattung
übernommen hatten, fand es sich,
daß gar manches Bildwerk zu dem
durch die Reformation umgestalteten
Jdeenkrcisc im schroffen Widersprnch
stand. Dcshalb überlicß man auch
öfter dieses vder jenes bereitwillig
einem Museum. Sehr mit Nnrecht;
denn die meist eigens für ciiien be-
stimmten Platz geschafsenen Kunst--
werke können am sremden Orte eben-
sowenig zu rechter Wirkung kommeu,
wie die in den svnnigcn Gartcn ver-
pflanzte Waldblume. Die Mehrzahl
der ererbten Schätze findet sich aber
noch da, wohin sie unsre Väter brach-
ten. Vermehrt um diese und jene
Perle aus späterer Zeit tragen diese
Bilder und Skulpturen recht wesent-
lich dazu bei, dem Gotteshause eine
wcihevolle Stinimung zu verleihen.
Werden diese Rcichtümer aber
hierdurch genügend ausgenutzt? Zur
Weckung rcligiöser wie ästhetischcr
Gefühle bedürfte es einer eingehen-
den Betrachtung, einer Versenkung
in die Kunstwerke. Der Kultus der
Protestantcn gibt aber dazu fast gar
keine Gelegenhcit. Während des Got-
tesdienstes soll der Protestant seiue
Llufmerksamkeit der Liturgie und der
Predigt zuwenden. Jhm ist ein Her-
umgehen iu der Kirche während die-
scr Zcit gar nicht erlaubt, indes
den Katholiken gerade die vcrschie-
denen Arten scincr Kultusübungen
bald in diesen, bald in jenen Tcil
des.Gotteshauses führen. Wenn aber
dic Zeit des Gottesdicnstes zur Be-
trachtung kirchlicher Kunstwcrke nicht
gceignet ist, dann sollte zu andrer
Zcit Gclegenheit hierzn gegeben wer-
den.
Geschieht dies? Wohl selten ge-
nug. Zunächst hält man während der
Wvchentage die protcstantischcn Kir-
chcn meist fcst verschlosscn. Man
glaubt wohl, anderistalls besondere
Pcrsoncn zur Bewachung anstellen
q. > 2 liunstwart XIX, 7