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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 101 - Nr. 110 (2. Mai - 14. Mai)
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»vlungen Nachlaß nach Tarif.

weschSftsftundenS—4Ubr. Sprech-
stunden der Redaktion: ll—ISNdr.
Poftschelklonto Karlernhr Nr LL577.
Tel.-Ad,.: Vollszcilung tzridelberg.
Druck u. Verlag der Unlribadiichen
Werlagsanstalt E. m. b 8., Heidel-
berg. Mcschäslsstcllc: SchrddcrslrLg.
Tel.: ExpeditionLS73 u Red«! Ä7<

6. Jahrgang

Heidelberg, Freitag, den 11. Mai 1923

Nr. 108


den-Kredite, mit denen sie dann wieder auf den
Devisenmarkt stürzten und der deutschen Währung
den entscheidenden Todesstotz versetzten.
So stellte sich die Regierung Cuno die Mobilma-
chung der Volkskräfte vor, so hat sie elend Schiff-
bruch gelitten.
Es wäre falsch, den Mann Cuno für diese ver-
hängsnisvollen Dinge allein verantwortlich zn ma-

Gewa.t zu
Arbeilneft-
cincn Tag
Ruhr der

chen. Verantwortlich ist mit ihm die bürgerliche
Reichst« gsmehrh eit, vor der Cuno einmal
mit flehenden Worten um die Entäutzerung des
Besitzes bat. Das deutsche Volk aber mutz nun
endlich daraus lernen, datz die Sabotage der vater-
landslosen Großkapitalisten und Großagrarier ge-
brochen, unter allen Umständen gebrochen werden
muß.

aber das
cngMschen Presse
das Gefühl der
bei dem Durch-
Die Werdener

Rings um Cuno.
A Berlin, IS. Mai.
Wenn der bürgerliche Reichskanzler Joses
N»rth ein Staatsmann von politischem Format
^ar, der der Arbeiterschaft näher stand als der
Bourgeoisie lind von dieser dafür tätlich gehaßt
wurde; wenn Walter Rathenan ein Minister
überragender wirtschaftlicher Sachkenntnis war
"'tt einem leidenschaftlich schlagenden Herzen für
besitzlose Volk, wofür er den Tod erleiden
putzte, so besitzt dieser Reichskanzler Cuno nichts
alledem. Man nennt ibn den Schlaswand-
' r und trifft damit Wohl den Kern der Sache. Hat
Deutschland wieder irgendeine diplomatische
^chlachi verloren, so erklärt er den händeringenden
Arteisührern, datz er kein Politiker, sondern ein
^!ann der Wirtschaft sei. Aber auch auf diesem
Tcld ist er mit Händen und Füßen gebunden und
rettungslos den Stinnes-Konsorten ausgeliefert.
Deutschlands Schicksal und das Steuerruder des
Reichs m Pen Händen eines Schlafwandlers! Die
Ärgerliche Reichstags Mehrheit, die
»Um Teil die Dinge mit Entsetzen ebenfalls sieht, zu
Unfähig, ans sich selbst heraus die Kräfte zu eniwik-
hie zu einem erträglichen Abschluß führen
wiEdn; zu. feige und zu egoistisch aber auch, um
'Ust Hilfe der sozialistischen Minderheit eine frci-
Uritliche und gerechte Politik zu machen, die das
"äikste Bollwerk im Kampf gegen den französischen
t-.hauvinismus sein könnte. Das ist das Bild der
ärgerlichen Politik. Die Patrioten von beule Ve-
rsen sich sehr oft auf die große Zeit von 1813, um
.sr breiten Masse des Volkes begreiflich zu mache»,
Ä sie Opfer bringen müsse. Wenn man damals
Uber wenigstens den Anschein erweckte, als führe
'M» den Befreiungskampf unter der Parole der
bneren Freiheit und der Opferwilligke-ft der Be-
henden, verzichtet man 1923 selbst auf diesen
Ullßeren Schein.
Wir stehen im Ruhrgebiet vor letzten und schwer-
em Dingen, und es kommt alles darauf an, wer
-Eht den längsten Aw in hat, unsere in der Abwehr
mnibfcnden Nrbeitermassen, oder der französische
-Militarismus und Poincarö. Man verkenne nicht
m ungeheuren Leiden der Menschen, die am Rhein
'vH an der Ruhr täglich Gut und Leben sür ihr
Ä>d in die Schanze schlagen. Manch einer der
Hurra-Schreier, der mit gezücktem Bleistift pmriott-
'Me Phrasen im Hinterlande von sich gibt, würde
ohr kleinlaut werden, wenn er einmal nur
, "l wenige Tage in die Front an der Ruhr einlre-
'"l müßte.
Immer wieder mutz betont werden, daß die
Hauptlast des Passiven Widerstandes auf den
beitend en Massen des Ruhrgebiets liegt.
Ä sind in Wahrheit die Frontkämpfer. Was aber
Ä die Regierung Cuno, was hat die bürgerliche
Mchstagsmehrheit getan, um diese Massen von
Hütten heraus mit dem Geist zu erfüllen, daß sie
/'cht für schnöde kapitalistische Interessen, sondern
.M das gesamte Volk eingesetzt werden? Man
'lle M vor, was in der Brust eines Hüttenarbet-
eines Bergmannes, eines Eisenbahners vor-
?oht, wenn er aus der Debatte des Haushallaus-
l"'usseZ dos Reichstags hören muß, datz die Arbet-
Ä und Festbesoldeten im vergangenen Jahre von
Ä Milliarden Gesamt-Ei »kommen st euer
Ävi weniger als 464 Milliarden, d. h. fast 9« Proz.,
üs ihrer Lohnsteuer aufgebracht haben, daß es im
, ärz sogar 96 Prozent waren. Von dem gesam-
Ä Steuer-Einkommen des Reiches, also alle
Steuern zusammengerechnet, hat allein der Lohnab-
Ä den dritten Teil aufgebracht. Rechnet man noch
'e schwere indirekte Steuerlast dazu, die auf allen
crbrauchsartikeln liegt, denkt man daran, daß die
brsatzsteucr der Geschäftstreibenden mit erhöhtem
ewinn auf die Konsumenten abgcwälzt wird, dann
. oht man vor einem Bild kapitalistischen Treibens,
man es sich frivoler und raubgieriger kaum
Obken kann.
^Längst hat sich die Industrie, haben sich alle kapt-
s'Nische» Kreise aus dem Abwehrkampf des dcut-
ben Volkes hcrausgeflüchtet, sofern sie überhaupt
i^'Nls darin gestanden haben. Der zweite Haupt-
"°r unseres Widerstandes kvar die Stabtliste-
»Äg der deutschen Währung. Ohne die silbernen
bgeln ist kein Krieg zu führen. Heute steht der
vllar aus 40 000, die Stützungsaktion der
. egierung Cuno ist jammervoll in die Brüche
j Zangen. Das Gold der Reichsbank, das
öwer Zeit kurz nach dem Kriege, als wir kaum
, vt zum Essen hatten, von dem sozialdemokrati-
Reichswirt,chaftsnrinister Wis stell ängstlich
^Mtet Worden ist, das der Sozialdemokrat Rob.
' dt nur unter den größten Sicherungsmatz-
einsetzen wollte, dieses von unseren Wirt-
u "ktsministern treu behütete Gut der Nation wird
y b den „Männern der Wirschaft" Cuno und Becker
M ieden Erfolg verpulvert.
'oht, als ob wir mit dem Einsetzen des Gold- <
d,''Äbes nicht einverstanden gewesen wären. Aber
sc-, Ä ^Nsatz des letzten Trumpfes durfte nur ge- '
Ä'.eu, wenn man gleichzeitig die in Devisen l
l^Mmmendcn Kapitalistenkreise mit erbarmungs- '
tzj"" Nriff zur schärfsten Besteuerung hcranzog.
' dessen ließ man die Notenpresse lausen, ge- l
">e den Industrielle» im Ruhrgebiet Milliar- s

Würden. Die britische Regierung bedauert, was ihr
an diesem Schritt als unnötige Ucöerstürzung er-
! scheint und als der Verlust einer Gelegenheit, die
: sich nach ihrer Ansicht bot, durch eine gemein'ame
' Kundgebung erneut die Solidarität der Entente zu
' bezeugen.
: Eine Aussprache schloß sich au die Erklärung
nicht an.
' In Erwartung der englischen
Antwortnote.
London, 10. Mai. Der Text der cnglttchen
Antwort an Deutschland ist bis zur Stunde noch nicht
endgültig festgesetzt. Man spricht in hiesigen voli-
' Äschen Kreisen davon, daß die Antwort nick» vor
' Ende dieser Woche sertiggestellt und überreicht wcr-
> den dürste. Mit dem Vorbehalt, der sich aus die-
ser noch ungeklärten Lage ergibt, sei sestgestclll, daß
' auch die neuesten, in den gestrigen Abendblättern
verössMKichten Voraussagen Mer den Inhal, der
englischen Note in wesentlltcher Hinsicht übcrcinstim-
miend gehalten sind. Danach soll die Note in zwei
! Teile zerfallen. Der erste Teil legt angeblich dar,
l warum England mit Frankreich und Belgien in der
l Ansicht Wereinsttmme, das; das deutsche Angebot
ungenügend sei, und keine geeignete Grundlage sür
- Verhandlungen abgcben könne. Die Role werde
> Deutschland empfehlen, in seinem nächsten Schrisl-
l stück sich Mit der Feststellung zu begnügen, daß die
- Frage der Nännung des Ruhrgebietes zugleich mit
i der Lösung der Reparationssrage Gegenstand von
l Parallelen Verhandlungen bilden müsse.
Uclbsr den Inhalt des zweiten Teils der Note
' besteht eine viel weitergehende Uebereinstnnmnng.
' Der ,,'Evening Startdart" glaubt folgenden Wortlaut
. für den entsprechenden Satz des zweiten Abnhnit-
: tes angehen zu können: Obwohl das. erste Ange-
> bot Deutschlands gänzlich unannehmbar nt, vertraut
die englische Regierung darauf, datz Deuwchland die
Notwendigkeit erkennen werde, im Jnt.nesse Euro-
pas und der Welt seine Stellungnahme nochmals
in Erwägung zu ziehen, um alsdann ein Angebot
zu machen, das eine solide Grundlage darstellen
werde in der Hoffnung, daß Verhandlungen die
Aussicht haben, zu einem dauernden Abkommen rind
zum Frieden und zur Stabilität in Europa zu füh-
ren.
Debatte im engl. Unterhaus.
London, 10. Mai. (Franks. Zig.) Die ben-
age Debatte des Unterhauses gipfelte, soweit sich
nach dem Verlauf der ersten vier Stunden über-
blicken läßt, in der Rede Robert Cecils, der in An-
betracht der Sonderpolitik Frankreichs die sofortige
Intervention Englands vorschlng, durch die Anru-
fung des Völkerbunds in der Ruhr- imd Repara-
ltonZfrage gemäß der Satzung des Bundes und un-
bekümmert darum, ob Paris einwilligt oder nicht.
Gewerkschaften und passiver
Widerstand.
Berlin, 10. Mai. Der Allgemeine DeuiscM
Gewerkschaftsbund, der Deutsche Gewerkichastsbund
und der Deutsche Gewerlschastsring vcrösscntlichm
heute im „Vorwärts" eine längere Erklärung, in
der cs u. a. heißt: Gegen Vie Bedrohung des
Selbstbestimmnngsrechtcs richtet sich d->r Wider-
stand der deutschen Arbeiter und Skngestellteu. Die
passive Resistenz, die geistige und Milche Waffe,
dis leinene Volk gegenüber der Unterdrückung ge-
uouwMN werden kaum, dieser Widerstand ist won-
tau aus den besten Kräften des Volkes herauSgs-
wachsen,, weil an der Ruhr Gewalt und Unrecht.zu
herrschen versuchen. Keine Regierung bat diewn
Widerstand VMülen oder schaffen können» keine
Regierung kann ihn abstellen und keine wird ihn
selbst mit den grausamsten Nlitteln der
unterdrücken vermögen. Die deutschen
mer werden in ihrem Widerstand nicht
länger verharren, als an Rhein und
rechtswidrige Zustand andanert.
Reichstag.
Berlin, 7. Mai.'
Die Mittwochssttzung des Reichstags wurde
durch di-e Debatte über den Ftnanzetat ausgefüllt.-
Vor Eintritt in die Tagesordnung protestierte der
Reichstagspräsident gegen den Justizmord von
Werden. Hierfür fand er auch die Zustimmung
derjenigen Parteien des Reichstags, die auch heute
noch das Fechenbach-Urterl für berechtigt halten.
Die Redner der bürgerlichen Parteien: Lange-
Hegermann (Ztr.) Lambach (D.-N.), Dauch
(D. Vp.) und Dr. Fischer-Köln (Dem.) beschäf-
tigten sich in der Hauptsache in recht oberflächlichen
Darlegungen mit dem Zusammenbruch der Stüt-
zungsaktion sür die Mark. Bezeichnend war, daß
gerade bei diesem Thema die Deutschnational-en nicht
Herrn Heiss er ich, sondern den vollkommen be-
deutungslosen Lambach, einen Angestellten des
Deutschnattonalen Hmrdlungsgehtlfenvechandes, als
Redner vorschickten. Von den Ausführungen Dr.
Fischers, dieses eifrigsten Verfechters kapitalisti-
scher Interessen bei der Steuergesetzgebung war ein
Hilfeschrei bemerkenswert. Er erklärte, es sei not-
wendig, bei den Stenerdebatten in eine andere At-
mosphäre zn kommen. Trotzdem lehnte er den
Grund gebauten des sozialdemokratischen Antrags

Firma Krupp.
Essen, 9. Mai. (Drahtmelkdung.) Der Gc-
sttMtbetriebsvat der Firma Friiedr. Krupp A.-G. in
Essen hat heute vormittag einsttmmchg folgenden Pro-
test beschlossen:
„Durch das vom französischen Kriegsgericht in
Werden am 8. Mai 1923 gefällte Urteil aufs höchste
empört, erheben wir vor aller WM schärfsten Protest
gegen dieses allem RechtAgefühl hohnsPicchcNde Ur-
teil des französischen MMtakismns. Der Vorsitzende
unseres Mufsichtsrates, Miüglisder unseres Direkto-
' rinms und unser Kollegs Müller, der umer Einset-
zung seiner ganzen Person am Chvrsamstag vor-
bildlich wirkte, sind dem Gewailtspruch zum Opfer
gefallen. Dieses Urteil zeigt uns mit aller Deut-
lichkeit, datz die brutale Faust der Machthaber
selbst vor Von HMigsten Rechten der Arbeitnehmer
nicht Halt machen. Wir werden uns auch durch
dieses Urteil in unserem Kasnpf um das Recht der
freien Arbeit nicht smiedrigen lassen. Wir, als
die Arbeitnehmerschaft des größten industriellen
Werkes^ wenden uns an das schassende Volk rn
aller Welt und rufen dieses auf, mit uns gemein-
sam den Kampf zu führen gegen den Militarismus
und Imperialismus, gegen Ausbeutung und Un-
terdrückung.
In der Nachmittagssitzung hat der Betriebsrat
gegen den Willen der Firma für Len kommenden
Freitag einen Proteststreik angesetzt.
Essen, 10. Mai. Der Entschlutz des Betriebs-
rats der Firma Krupp und der Spitzenvcrbändr der
Essener Gewerkschal ten, am morgigen Tag von
vornkiMgs 8 Uhr bis nachinittags 4 Uhr durch Ar-
bcitsiOoderllegnng in den Betrieben, durch Schlie-
ßung der Ladengeschäfte und Gastwülschäften und
durch Einstellung jeden Straßenverkehrs gegen die
BrntalMt des Werdener Spruchs zu protestieren»
findet auch in der Essener Bürgerschaft allgemeine
Billigung.
Der Reichspräsident zur Mainzer
MassenVerurleilung.
Berlin, 10. Mai. (Drahtmeldung.) Dor Reichs-
präsident hat an den Reichsverkehrsminister folgen-
des Schreiben gerichtet:
Das französische Kriegsgericht in Mainz verur-
teilte, wie ich soeben erfahre, unter Ausschluß der
Oeffenttichkett 17 Eisenbahnbeamte, Gewerkschafts-
führer und Angestellte des deutschen Eisenbahner-
verbandes nach summarischem Massenverfahren zu
unerhört langen Gefängnisstrafen, weil sie ihre
Untergebenen und Kollegen cmfsorderten, den deut-
schen Gesetzen und deut Diensteid treu zu bleiben.
Auch diese Schreckensurteile sind ein Schlag gegen
die Wahrheit und Gerechtigkeit und sind ein Akt des
wildesten Terrors, der überall Entrüstung und Ver-
achtung Hervorrufen wird gegenüber denen, die die
Menschenrechte in brutaler Menschenwillkür mit
Büßen treten. Der fremde Militarismus wird auch
durch diesen Gewaltakt seiner Werkzeuge, der Kriegs-
gerichte, den Widerstand Lor deutschen Eisenbahner
nicht brechen, sondern die Reihen der Abwehr nur
enger schließen. Ich bitte Sie, Herr Reichsminister,
den betroffenen Beamten und Angestellten meine
besondere Hochachtung für die vorbildliche Vater-
lanLstteue und nramthafie Haltung auszusprechen.
Der deutsche EisenLahnerverband
zum Mainzer Urteil.
Vom Deutschen Eisenbahner-Verband wird uns
geschrieben:
Der Vorstand des Deutschen Eisenbahner-Ver-
bandes nimmt mit Entrüstung Kenntnis von den
unmenschlichen Urteilen des französischen Kriegs-
gerichts in Mainz, wodurch neben anderen auch 10
Funktionäre des Deutschen Eisenbahner-Verbandes
ans Jahrzehnte hinter Kcrkermauerm verbannt wer-
den, nachdem sie bereits bis zu drei Monaten in
Hast gehalten wurden. Die Verurteilten haben
nichts getan, als was ihnen ihr Pflichtgefühl und
ihre herliche Ueberzeugung gebot. Sie haben ge-
handelt, wie sie als gewerkschaftlich organisierte
deutsche Eisenbahner und Funktionäre handeln
mußten und wie es ihre Organisattonsleistung als
etwas Selbstverständliches verlangte. Ihre Verur-
teilung ist ein roher Gewaltakt. Brutale Kriegs-
macht hat die Stelle des ordentlichen Rechts, das
System der Willkür und Schreckensherrschaft aufge-
riüsset, weniger um einzelne Personen zu treffen, als
die Organisation der Eisenbahner durch Furcht und !
Schrecken ihren Wünschen gefügig zu machen. Aber
die Rechnung ist falsch. '
Der Vorstand des Deutschen Eisenbahnervcrban- »
des entbietet den verurteilten Kollegen als den '
Opfern blinder Rachejustiz feinen Gruß. Er erwar?llMftem in Paris unk» Brüssel überreicht werden

Nach den Schreckensurteilen.
Ein Beschluss des Betriebsrats beriet, daß mit ihm die international fühlende Arbei-
terschaft alles tun wird, um die Leiden der eingeker-
kerten Kollegen abzukürzen und erbat das Ver-
' trauen, daß der besonders von den Eisenbahnern
» geführt« Ruhrkamps die Ruhrarbetterschast davor
bewahrt, in die Sklaverei französisch-belgischer Ka-
pitalisten zu geraten.
Die Protestnote der Reichsregierung
Berlin, 10. Mai. Die deutschen Missionen
sind beauftragt worden, den an der Ruhrbesetzung
nicht beteiligtem! Regierungen eine Protestnote gegen
' Aas SchreckensurtM von Werden zu überreichen
Eingangs.der Note Word der Tatbestand der Ercig-
Nisse ann Karsamstag kurz geschildert und sodann
auf das UeibereinkomMen hingewiesen, das zwischen
Werklöitung und Arbeiterschaft im Ruhrgebiet we-
gen der Sirenenzeichen getroffen wurde, nm -das
ZSichen zur ArbsWniSAerlogung zn geben. Dieser
Brauch sei den Franzosen schon von Anfang an ve-
rarmt gewesen und werde in diesem Falle dazu aus-
gebeutet, um die «tinseitige französische Schuld der
deutsch en Bevölkerung in die Schuhe zu schieben.
Zugleich sollte ein Keil zwischen die Arbeiterschaft
und die Unternehmer getrieben werden. Schließ-
lich weist die Note darauf hin, daß eine eingehende
deutsche Untersuchung nicht stattsinden durste und
datz die Franzosen Ate Unterbreitung der Angelegen-
heit an einen internalkonalen Ausschuß verweigert
halben, um dann vom einem parteiischem Militär-
gericht das schauderhafte Urteil fällen zu lassen.
Gegen diese Drang'saÄevung der Ruhrbevölksrung
erhebt die deutsche Regierung fchävfften Protest, zn-
-nal das Vorgehen in eilte Zeit fällt, in der Deutsch-
land lim beidersoitigon Interesse -bestrebt ist, dem
Konflikt ein Ende zu matten.
Wir haben Verständnis für die Motive, dis dazu
geführt haben, diese Protestnote abzuseudon; aber
wir sind der Auffassung, daß die Regierung sich
Nichts vergeben, im Gegenteil die Wirkung des Pro-
testes verstärkt hätte, wenn sie gleichzeitig auch mit
einem Wort -auf den Justizmord in Mainz einge-
gangen wäre. Aber auch hier scheint ihr die
Kennzeichnung des Justizmordes gegen deutsche
Arbeiter nicht der Mühe wert gewesen zn fein.
Englische Pressestimmen.
London, 10. Mat. (Drahimeldung.) Der
diplomatische Berichterstatter des „Daily Tel-egravh"
schreibt, man werde hier zwar nicht sentimental we-
gen des über Krupp gefällten svanzösischm Urteils,
sei jedoch der Ansicht, daß das Urteil kaum dazu
angetan sei, die Deutschen zu ermutigen, ihren pas-
siven Widerstand aufzulgeb-sn oder mit neuen und
besseren Reparationsvorschlägen h-ervonutreten. —
Die Westminster Gazette sagt in ihrem Leitartikel,
die britische Regierung werde vielleicht nicht den
Mut haben, irgend eine öffentliche Vorstellung we-
gen der Werdener Urteile zu machen,
französische Volk könne aus der
We Warnung entnehmen, daß es
Gerechtigkeit beleidigt habe, das
schnitls-englän-er vorhanden fei.
Urteile -stießen durch ihre Strenge fast jedem Teil
der politischen Meinung in GngScmd vor den Kopf.
Das Matt erwartet davon eine Festigung des pas-
siven Widerstandes in Men Klassen Deutschlands.
Verurteilung des
französisch-belgischen Vorgehens.
Eine Regierungserklärung im engst Unterhaus.
London, 9. Mai Im Unterhalts verlas
Schatzkanzler Baldwin eine Erklärung über die
deutsche Note und sagte, die britische Regierung war
der Ansicht, daß es der möglichste und beste Weg
gowesen wäre, eine tnit den Regierungen Frank-
reichs, Italiens und Belgiens ver-
einbarte Antwort auf die deutsche Note abzu-
senden. Auch brauchten sich nach Ansicht der bri-
tischen Regierung keine nnübestwindlichen Schwie-
rigkeiten zu ergeben, bei der Aussetzung
einer -GesamianMort unter dchn Vorbehalt,
daß die französische und die belgische Regie-
rung die aus der Besetzung deutschen
Gebiets durch ihre militärischen Streitkräfte sich er-
gebenden Fragen zusammen behandelten, falls sie
es wünschten. Die britische Regierung hatte Grund
zu der Aünah-me, datz diese Auffassung von einigen
ihrer Verbündeten geteM werde und war vollkom-
men bereit, dahingehende Vorschläge m machten,
ivachdem sie schon ihre allgemeinen Ansichten den
verbündeten Regierungen mitgeteilt hatte, als st?
oMziell davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß die
französische und belgische Regiem-ng schon für sich
allein eine gemeinsame Antwort aufgesetzt Hütten,
deren Text binnen 2! Stunben den deutschen Bot-
 
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