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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
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«u-wckMze Ml, kV«», Bei Wieder- V M WU berg. Eefchastrstelle: SLröderslrM
^»lungen Nachlaß nach Tarif, U HM RgK ^8^ Tel.: Expedition R78 u. RedatSSkl»
l°l>«-Sellmii für »le mrMIllk SeiMnm«« «MßeMr Mellm», «I»IO. ölufei-, Wwg«, WML MziM. r«W, Nü,lnl«. sm»s. rmiEchhfi, I, MM,

5. Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag, den IS. Inli 192S

Nr. 165

RkWM - MlgkM.
Von Dr, Hermann Schützing er, sächsischer
j PMzeioberst.
Wie so »st ist seit Bestehen der Repulbltk die Ge-
stalt des Bürgerkrieges vor uw» ausMttegen, ver-
schleiert vder ganz nackt und unverhüllt, und Hat
uns meist nachträglich dis These bewieset», daß die
in der Tiefe weiter «olksichichlen schlimnnernden u.
d'ttch eine Hetzpresse intnrer wtelder genährten Kräfte
»nnier wieder zur Explosion drängen, trotz Staats-
Ven ch,sch »fs und Repub'liikschutz, trotz polttischor Po-
ii;et, Genidarme»! mrd Staatsanwalt. Die verant-
wortungsbewußten Organe vcr republtkaMschon
warteten sprachen daher auch in den letzte« Tage«
W">t u,ud sonders von der a ro tz e n G es a h r d e s
Bürgerkrieges, allerdings meist ohne die mi-
sttiir- und verwaltungstechntschen Konsequenzen dte-
ler Erkenntnis zn ziehen.
Unter „Bürgerkrieg" stellt sich der Spießbürger
Wetter nichts als ein wildes Chaos von Barrika-
Ken, zertrümmerten Lüden, brennenden Häusern,
tauchenden Türmen gewaltige, aufeinander tosstür
wende Heerhausen, nut Erhängten gezierte Kande-
wber und ähnlichns vor. Wir wollen das Reich
Ker Phantasie verlassen und ans Grund der realen
wachwolilischen Unterlag,» vom mititärifchen und
Volttifchen Gefichtsputtkt aus Ausbrnrb und Verlauf
Ums deutschen Bürgerkrieges analysieren.
Aussicht aus Erfolg des Angreifers hat
Ker Bürgerkrieg nur, wenn das ganze Volk sich
mfolge schwerer inner- und außenpolitischer Erschüt-
wrungen im Ftcbe ez n st a n d befindet und in
reiner Masse nicht mehr Herr seiner klaren Ent-
^Uisse ist. Zu normalen Zeiten würde die träge
Masse der Indifferenten und die passive Resistenz
Ker Arbeiterschaft bei mangelndem Zulauf
U> den antirepublikanischen Contdotteris die Bewe-
wtug im Sand verlausen nnd verebben lassen. Ein
deutscher Mussolini aber braucht Schwung
und Elan in breiten Schichten des Volkes, die den
Schritt seiner Freiwilligen-Bataillone beflügeln und
rasch greifbare Ziele dicht vor die St'rne rücken.
Bel der Verflechtung der deutschen Länder in
me deutsche Wirtschaft kann dieses Ziel aber nur die
Beherrschung des deutschen Gesamtsmates und der
"kdütsjHkn Gesamtwirtschaft bilden, devrn Nerven-
»rä,ygx im der Reichs Haupt st ad t zusammen-
oufeu. Das Zenirmn der antirepnbliianiselnni Ge-
vcnbesvegung aber liegt tut Süden, an Bayern,
uw H ttler, 8 udendorff und Kahr seit Jat -
ihr Aufmarschgebiet gegen die deutsche Republik
gackern. Läge die Zentrale der dcutichen Poli-
?' nnd Wirtschaft dicht greifbar vor den Grenzpfäh-
des bayerischen Staates, etwa in Frankfurt oder
"vb„pg dann hätten Hitler nnd Kaür wohl schon
Agst d>ie gemeinsame Parole gefunden, der zufolge
?KH der Mussolinische Staatsstreich unter Konzes-
vüen «, die bayerisch«, Sonderwünsche in Deutsch-
^"d wiederholt hätte.
Die Gründe, tvarnur dies nicht geschah, liegen
kti militär-technischen« und >nititür-geograph isckiem
^^btet. Nach dein Mi-Mücken des wta-t aus die
A'chSbauptstadt beschränkten Kapp Putsches bang
zweifellos in den Führern der Konterrevolution
Ueverzeugung durch, daß cin neuer Staats-
ke > nuf breiter Basis angelegt und ans
y.^>n militärisch e«nM>end vvrbeneiletsn „Auf-
^ichgebtet" heraus gegen die Reichszentrale g«°
werde», müsse. Daher die Bildung von na-
^"alsozlalisttscheu „Äurnisonten" in gauiz Süd-
„ Uhchlaud, Bayer», Württcmverg und Denl-sch-
>'^vetch, daher dar ständig wisderkehrende Stich-
eft Hitlers vom „Marsch auf Berlin".
-tlün dürfen wir uns nicht eine Aktion mit Mas-
ychheeren, wie sie der Weltkrieg gesehen bat, einen
till^rtvetnsatz wie er an ler Somme oder an der
sE^ne vorstellen! Dazu reichten weder dte Men-
beuÜ das Geschützmaterial noch die Mmtitions-
Achie der deutschen Aktivisten aus I
yh weiß, es stnd ganz abenteuerliche Versionen
die Stärke der Hltler-Ludendorffschen Arinee
Umlauf; inan spricht von lOOOOO und 150 MV
kktn ' dieser üegendenbtldung möchte ich
wge-u-d warnet!!. Es ist cmznnehmen, daß es
kei der güttstigst:» Putschparolc svohl kaum
„t» wird, mehr wie 20 000 bis 30000 Mann
^rva deine zu bringen, die mit herzlich wenig
"te und eurer mäßigen Anzahl von M-afchs.
dt^-Gewehren ausgestattet Win iverden. Die Stärke
kUnol Arnlee aber wird ihre Höchstgestetgerte Füh-
l^^sicchirik, ihre Wendigkeit und die Stoßkraft
Ker -^'sgelesenen Sturmbataillone da,stellen. Bei
Se>, ^le der ihr zur Verfügung stehenden ehemati-
Bchww°stziere müssen wir damit rechnen in jedem
st, ^wnsfüHrer einen öheinaligien Gencraistäbler
küh i-jd? Auf Kraftwagen and Sonderzügen wird
«iw fte Armee blitzschnell vorbewegen können, ihre
Ist- ^werden mit außerordentliiher Geschwindig-
xtid?'Hwenksn oder sich staffeln; der Nachschub
.ft ih/ zaütenniäßtgsn Kleinheit dsv Armee,
Hst gestattet, „vour Kriegsschauplatz zu leben",
.Mindestmaß beschränkt werden tönnen und
^llis, Beweglichkeit der Vormarschkolonnen we-
(Von diesem Gesichtswinkel aus
^Uch»,. * kte Hitlerschen Fetddienstllbn!Nge» in
. ?8en" betrachten.)
kN ^°klm also an der Stell« Frankfurts oder
bann hätte ein Hitlerscher -grosweut-
"s. ^>ch zweifellos ernste Chancen des Gelin-j
u» schiebt sich aber breit und wuchtig zwi-'

BormArsch,
-des Naxp-
Das greift
von Laten

schen die Schlüsselpnnste des industriellen Nordens
und -das putschtsttfche Süddeuischland die Barriere
der Arbeiterstaaten Thüringens und Sachse» mit
ihrer republikanisch!» Schutzpolizei als Faktor der
aktiven und ihrer Allbetterschast der t«ssw«n Ab-
wehr. Wenige Brückensprengungen nnd Talsper-
ren genügen, um das leichte Gsbitde einer Putsch-
armee im mitteldeutsche» Gebirge festlaufen zu las-
sen und der Reichsexekuttvs die Zett zum Aufmarsch
und Gegenangriff zu erkämpfen.
Was hat die deutsche Republik zur Ab-
wehr dieser Gefahren,u tun? Dte ReichSwehr,
mit Artillerie und Minenwerfern hinreichend aus-
gestattet, um einen Hitler-Putsch in 3—tTagen nte-
derzuwerfen, ist als Wehrmacht der Republik di« be-
rufene Instanz, staatsfeindliche Unternehmungen zu
bekämpfen. Ich glaube nicht, daß dir Gesamtheit
der Reichswehr, wie mau« sich das in Arbeiterkreisen
so vorstellt, ohne jede Hemmung nach dem Muster
ter Kapp-Aera ins Lagvr dev Reaktion drängen
!vird. Wir dürfen auch nach dcm Hamlburg-Atto-
nacr und dem Magdeburger Reichswehr-Skandal
nicht di? Hoffnung amfzcbm, daß ein großer Teil
der Reichswehr, vor allsn die Mannschaften und
Unteroffiziere der großen Garnison und ein gut
Teil der Osfizierc in verantwortlicher Stellung sich
entschieden für die Republik ,tuscht-, dasselbe kann
vor allem vom NeichSwchrminister und seiner näch-
sten Umgebung behauptet iverden. Etn gewisser
Teil der republikanisch;» Wehrmacht aber Wied ver-
mutlich seine Pflicht nicht erfüllen und Ms der
anderen Seite stehen. Diese Hemmungen tu-
nerWtb der Reichswehr aber können genügen, wich-
tige Teile unseres Reichsheeres zu lähmen und
de» Gesamtapparat des Aufmarsches -gegen eine
rechtsputschtstische Armer m stören.
Und dis „Hundertschaften" der deutschen Ar-
beiterschaft? Auch hier müss-m w»r eine Illusion
zerstören. Sie eignen sich Wohl für die Organisa-
tion des Passiven Widerstandes; sie sind sehr wert-
voll als „Ästenschzn-Reservoir" für die „Hilfs.
Polizei"; sie können in den Großstädten wertvolle
Ordnerdienste leisten und die uniformierte Polizei
für anderweitige Auf-Alben frei machen — -aber für
den Bürge,lricg im freien Feld, da taugen sie nicht!
Dazu -Whörl ein großer Befcblsapparat, dazu ge-
hören Stäbe, die den Aufmarsch, den
den Einsatz zum Aefe.üt, die Technik
schubs, der Unterknnft usw. bearbeiten!
in ein Gebiet hinüber, auf dem sich
nichts improvisieren läßt!
So bleibt uns nichts übrig, wie die republika-
nische Schutzpolizei -der rePMlivanisierteu
deutschen Länder. Sie ist ;-wie«mäßig ja tetder recht

schwach; der 8 113 des Sirasgpsetzbuchcs aber gestat-
tet ihve Verstärkung durch die im Fall der
Gefahr aufzuruscnde „H i lfs Po l i; e t", welch-
es ermöglicht, unter rationeller Ausnutzung der
Waffen- und Ausrüstnngsgegenstünde, ihre Zahl
etwa zu verdreifachen. Selbstverstttndllch
ist es an und für sich nicht ihre Ausgabe, die
Reichswehr überflüssig zu machen und den Polizei-
dienst unnötigerweise zu militarisiere».
Wenn unS ab« kein anderer Ausweg bleibt,
Wenn wir in die Reichswehr noch nicht das Ver-
trauen setzen können, das wir gew -m-Schie», dann
dürfe» wir nicht von unbewaffneten Arbeiter Hun-
dertschaften alles Heil erwarten, das sie uns beim
besten Willen niemals bringen werden, son-
dern müssen das kleinere Nebel wählen: im Rah-
men unserer Schutzpolizei-Verbände fachmännisch
einwandfreie Kaders vorzuüereiten, die wir im Fall
der Not zum Schutz der Republik, aufgefüllt von
der republikanischen Jugend, vor allem der frei-
gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft und der
einwandfrei republikanischer Bevölkerung gebrau-
chen können mit aller Schärfe und aller Wucht.
Selbstverständlich schießt diese Vorvereitungs-
ahbeit vor allem organisatorischer Art nicht sine
Militarisierung des Potizeidtenstes in sich. Füh-
r'erarbeit gilt cs in allererster Linie zu leisten,
um im Fall der Gefahr Polizei-Verbände aus dem
Boden stampfen zu köniru», die anstelle und hosfent-
lich neben der Reichswehr mit aller Kraft den Stoß
aufzusangen vermögen, der uns von einer sich-
rungstechnisch erstklassig;'» Putsch-Armee mit Men
wendigen und beweglichen Kraftsahi-Kolonneu aus
dem Süden droht.
Die beste Putsch-Abwehr aber ist die unablässige
Repuvlikanisterung unstrer Verwaltung und unserer
Wehrmacht Die Männer, welche in der deutschen
Schutzpolizei ein zähes Stück ReformarDctt geleistet
haben, sind keine Landst»eck,lnatureu, die den Krieg
— und Wenns sei» mutz — den Bürgerkrieg suchen
um jeden Preis. Die Erfahrungen in der Umbil-
dung der Köpfe nnierer SchutzpMzei Offiziere aber
müssen über kurz oder lang einer Reform-Ak-
tion unserer Reichs w e h r dienstbar g-:mackt
werden — dann er st halben wir Ruhe und Frie-
den vor -dem uns ewig bedrohenden Gespenst des
Bürgerkrieges
Die deutsche Arbeiterschaft ist nicht gewillt,
dem Brand der imt.'r unseren Füßen schwelenden
Bürgerkrieg-Gefahr freventlich neuen Zündstoff zu
tiefer». Je gründlicher und je rücksichtsloser wir
dem Gespenst die Maske vom Gesicht reißen, desto
mehr dienen wir dem deutsche» Volk und seinem in-
neren Frieden.

M »kl Ulk» »kü

Leipzig, 18. Juli. Mit Hilfe der Berliner
Kriminalpolizei und anderer zuverlässiger Instan-
zen der republikanischen Lünderbehörden versucht
der Oberreichsanwalt, die Spur des flüchtigen Kap-
Pisten Eürbardt auszudeckeu. Nach den bisher ge-
machten Feststellungen kann als sicher gelten, daß
sich der Flüchtling nicht nach Süddeutsch-
land, sondern nach N o rd d e u t sch l a nd be-
geben und hier Unterkunft gesunden hat. Außer den
inzwischen in Haft genommenen Gefängntsbeamten
steht auch die Frau Ehrhardts in dem Ver-
dacht, ihrem Manne Helsersdienste geleistet, über-
haupt speziell die einzelnen Vorbereitungen zur
Flucht getroffen zu habe». Dieser Feststellung be-
gegnet man bereits allgemein in der deutschen
Presse, ohne daß jedoch etn Mensch daran denkt, Ms
ihr die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen
Wir richte» deshalb an de» Oberreichsanwalt dte
Frage: Warum wird die Frau des Kappisten Ehr-
hardt nicht verhaftet? Sie dürfte sicherlich Aufklä-
rung geben können.
Leipzig, 18. Jul«. Vom Oberreichsanwalt
wurde nuninehr ein zweiter Steckbrief gegen
den Flüchtigen Ehrhardt erlafsen. Gr enthält eine
genaue Beschreibung des Autos und etn neues Bild
Ehrhardts. Man weiß setzt ziemlich genau, daß der
zur Flucht benutzte Wagen die Nummer l 1A 598S ge-
habt Hai.
Die Helfershelfer Ehrhardt».
Leipzig, 18. Juli. (Letztes Telegr.) Man ist
nunmehr den Helfern Ehrhardts auf der Spur. Der
Führer des zur Flucht benutzten Kraftwagens ist
der Kauflnann Fritz Hermann Götz, geboren
1899 in Plauen i. V., zuletzt in Leipzig-Stötteritz
wohnhaft. Götz ist etwa 1.65 Meter groß, hat blon-
des, zurückgekännntes Haar, frisches, längliches Ge-
sicht ohne Bart. Am Tage der Flucht trug Götz ein
Helles Sommerjakett und hellgraue Sporthose. Aks
weiterer Helfershelfer kommt der Student Hans
Mafsow vonPrtnce, geboren 1900 in Berlin,
in Betracht. Massow van Prince muß sich längere
Zett ohne polizeiliche Meldung i» Leipzig ausge-
halten haben. Vermutlich fand er in Wohnungen
seiner Gesinnungsgenossen Unterschlupf. Das Flucht-
auto war mit Selm «Waffen versehen.
Heute w :-"" nnwmtt we-
gen Verdachts.. ... Es

W!» WM.
liegen Anhaltspunkte vor, daß Ehrhardt nach Sü-
den geflüchtet ist. Am Samstag nachmittag 6 Uhr
ist das jetzt bekannte Auto mit drei Insassen in
Zwickau beobachtet worden. Ehrhardt ist allo mög-
licherweise nach Bayern entflohen

Nohbach und Reichswehr.
Berlin, 18. Juli. Wie sehr wir gegenüber dem
Rerchswehrminister mit unseren Enthüllungen über
einen Reichsw eh rblock R oßbach, der auf
sein Geheiß in Magdeburg gegründet wurde, recht
hatte», zeigt folgende soeben erlassen« amtliche
Feststellung: Im März versuchte Roßbach aus
dte Magdeburger Reichswehr Einfluß zu gewinnen.
Er wußte eine Besprechung mit drei Offizieren, meh-
reren Unteroffizieren und Mannschaften herbeizu-
führen, bei denen aber die Offiziere sei,re Annähe-
rungsversuche scharf abwiesen, den Vorgesetzten da-
von Meldung machten und den Unteroffizieren und
Mannschaften jede fernere Beziehung zu Rotzbach
verboten. Sein einziger Erfolg war, datz einer sei-
ner persönlichen Freunde, der19jährtge Kraftfahrer
Riehl, Msgeheim zur Verbreitung völkischen Gei-
stes im Heere einen Abwehrblock Rotzbach gründete,
dem er auch eine Feme anschlotz. Der Block umfaßte
noch vier Kraftfahrer und einen Oberfähnrich. Gegen
Riehl und die anderen Blockmitglieder istAnzeige
erstattet; diejenigen, denen eine unwürdige Hand-
lung nachgewiesen wurde», darunter Riehl, sind ent-
lassen. Riehl ist in Leipzig in Hast.
Auch die Völkischen nicht mehr
judenrein.
Berlin, 18. Juli. In der deutschvölki chln
Mreffe ist augenblicklich die Kampfschrift eines M a-
jors Dinklage Tagesereignis. Man ist tm
ersten Augenblick versucht, anzuuehmen, daß sich d:e
„Kam; s"schrift des Offiziers gegen den äußer, n
Fe nv richtet, wird aber eines besseren belehrt, wenn
man in der „Mecklenburger Marie" folgende Charak-
teristik der Broschüre liest:
„Wo stehen die schlimMsten Feinde der
deulschvölklschen Bewegung? Dinklage beantwor-
tet diese Frage mit dem Nachweis, daß sie im
Völkischen Lager selbst zu suchen sind!
Wenigstens mittelbar. In erster Linie ist bicr der
Alldeutsche Verband zu nennen, der mit
Millionen der Deutschvölkischen Frelheitspanei in
den Rücken fällt, der von j«iocr, seitdem er «nur

der Führung von Justizrat Clatz steht, eine ganz
unklare Rolle gespielt hat. Aber für wen ar-
beitet der Alldeutsche Verband, wenn nicht für
das völkische Deutschtum? Er arbeitet in jesuiti-
schem und jüdisch-freimaurerischem Belange! Es
mutz die in Mecklenburg allerdings schon lange
zu einem kleinen Häuflein zusammengeschrumpfien
Anhänger des Verbandes besonders interessieren,
dte Wege kennen zu lernen, die ihre Führer gehen.
Aus Amerika haben sie dte Mittel, von amerikani-
schen Logen das Geld, mit dem sie die deutsche
wirklich völkische Bewegung bekämpscn, und hin-
ter dem ganzen steckt der römisch« Jesritismns,
der seit 1916/1917 mit seinen geschworenen Fein-
den, den Juden, in den Freimaurerloge« Frieden
auf Koste» des Deutschtums geschlossen hat. Hier
hat der Deutsche seinen wirklichen Feind z-t suchen,
in den beiden Mächten, welche den Krieg gewon-
nen haben und augenblicklich in der ganzen West
regieren. Aber das Traurigste an dieser Sache
ist, daß sich Deutsche, die sich völkisch nennen, da;.»
hergeben, die Geschäfte dieser internationalen
Banden zu besorgen und den deutschen Völkische»
in den Rücken fallen."
Wir sind also bereits so weit, daß sich dte
Deutschvölkischen gegenseitig vorwerfen,
verjudet und von den „internationalen Banden" be-
stochen zu sein. Datz sic damit cingestehen, daß der
Kamps gegen Verjudnng und Internationalismus
lediglich ein Deckmantel für die Bekämpfung
Mißliebiger ist, scheint den Deutschvölkischen nichi
zum Bewußtsein zu kommen.

Die Lage im Reich.
Rascher Zugreifen nötig.
Berlin, 17. Juli. Die Tatsache, daß wir in
Da-nzig einen schlechteren Markkurs haben
als in Berlin und datz sich inNewYork die Mark-
notierungen noch ungünstiger stellen als in Danzig,
ist ein Beweis sür die Unzulänglichkeit der
Mittel, mit Venen die Stützungsaktion durchgeführt
wird. Rasches Zugreifen des Staates ist nötig, wenn
dte Markfrage nicht zugunsten der Privatwirtschaft
entschieden werden soll. Es unterliegt aber keinem
Zweifel, daß sie zum Nachteildes deutschen
Volkes entschieden werden wird, wenn man nicht
mit viel stärkerer Hand als bisher durchgreift und
vor allem die Quellen verstopft, aus denen die gegen
die Mark gerichteten Kreise ihre Kraft schöpfen. Dte
Sanierung der Reichsfinanzen durch
Gold steuern ist eine der wesentlichen Vorbedin-
gungen, die zweite di« Schaffung w«rtbestän-
dtger Söhne, um d«n Gewinn des Privatkapt-
tals an dem Zurückbleiben der Löhne hinter der
Geldeirtwertnng zu Verbindern und schließlich die
Unrstellung des Kreditverkehrs, besonders
soweit er von der Reichsbank kontrolliert wird, auf
die Goldbasts. Nur so kann vermieden werden,
daß man an seinen Papierschulden gegenüber Staat,
Arbeitskraft und Retchsbank dadurch verdient, daß
man gokdwertige Zahlungsmittel erwirbt oder gold«
wcrttgc Waren herstellt und verkauft. Diese For-
derungen sind in Gutachten der beiden große,« Aus-
schüsse des RetchswirtschastSrates zu
einem geschlossenen System verarbeitet worden und
müssen unter allen Umständen erfüllt werden, will
man ernsthaft Autorität nnd Interesse» der Volks-
gesamthett gegenüber den Treibereien des Privat-
kaPitalS durchsetzen.
Die Krise in Oldenburg.
Oldenburg, 18. Juli. (Eig. Bericht.) Der
Oldenvurgtsche Landtag trat am Dienstag zusain-
men, mn die Wahl der Regierung vorzuneh-
men. Infolge Obstruktion der Sozialdemokralie und
der Demokraten, die sich gegen die vom Zentrum
ersehnte große Koalition wehren, konnte die Wahl
nicht erfolgen. Dte sozialdemokratische Fraktion
stellte deshalb den Antrag, den Landtag bis zum
14. August zu vertagen und dann die Wahl der Re-
gierung vorzunehmen. Dieser Anirag wurde abge-
lehtft. Die Parteien werden inzwischen versuch»,
sich über die Regierungsbildung zu einigen.
Oldenburg, 19. Juli. Gestern vormittag
kam es bei der Abstimmung zur Wiederwahl
des B e a m t e n m i n t st e r i u m s von Fingh mit
den Ministern Weber und Stoin. Die Opposition
gab 18 Weiße Zettel ab.

Internationale Lage.
Die Antwortnote immer noch nicht
fertig.
London, 18. Juli. Wie Reuter erfährt, ist
der Entwurf der Antwort an Dcuiscblanb noch nicht
feriiggestellt. Wahrscheinlich wird er morgen vom
Kabinett besprochen.
London, 18. Juli. (Priv-Tel. der „Franks
Ztg.") Auf Grund von Pariser Berichten neigt di-
englische Presse zu etwas größerem Optimismus,
jedoch wagt niemand die Hoffnung ausznspnchen,
daß der Versuch gelingt, bezüglich des Passiven Wi-
derstandes ein Kompromiß zustande zu bringen, das
nach englischer Anfsassnna allein darin bestehen
könnte, daß England die französische Forderung aus
Einstelluna des offiziellen Widerstandes in gewisse«
 
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