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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 191 - Nr. 200 (19. August - 30. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48727#0473
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Eezugspteis cinschliehl.Trägerlohn
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Holungen Nachlaß nach Tarif.


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MÄ ^DU «WM WNU MAI WWU Druck u. Verlag der Nnterbadisiyc«
MWWO M» WM Ks^MM WK WM» MMMW Verlagranftalt (S.m.b.s.. Heidel.
GWMA U HM MMW MM WM MS berg. Geschäftsstelle:Schröderslr.bS.
I HW HW HW HZe' MHf TeU Expedition S87S u.Redar.2S7S.

rages-ZeltWg für die mMWe Möllerung der Amlsbezlrle öeidelbers, Wiesloch. 6Mew. Kvvinge». kbervach. Mosbach. Buche». MMetur. Vorbera. rauSerSWosrhei» u. Wertheim

6. Jahrgang

Heidelberg, Montag, den 27. August 1923

Nr. 197

Deutschland soll die Sünden der
Hohenzollern büßen.
Parts, 26. Aust. IN seiner Rede in Chassy
malte PoincarL ein Schreckensbild dessen, was ge-
schehen wäre, wenn Deutschland im Weltkrieg
den Sieg davongetragen hätte, indem, er
nach Havas erklärte:
Das deutsche Kaiserreich, bas dann selbstver-
ständlich seine van Größenwahn befallene Dynastie
betbeh alten hätte, hätte auf den Trümmern der
besiegten Völker seine endgültige Vorherr-
schäft aufgerichiet. Wir wären zweifellos am
schlechtesten behandelt worden. Frankreich wäre
Min mindesten Dünkirchens, LalaiS, des Beckens
bon Briey und der Kolonien verlustig gegangen.
Es wäre dann verurteilt gewesen, furchtbare Zah-
lungen zu leisten. Deutschland hat im Laufe der
Asindeseligketien aus seinen Absichten kein Ge-
heimnis gemacht. Es hat bis zu dem Taste, am dem
es seine Hoffnungen schwinden fühlte, mehrere
Male seine Krtegsziele enthüllt Wd eS hat im-
"ter darüber nachgedacht, uns für immer zu ver-
uichten. Glauben Sie nicht daran, daß Deutsch-
land uns und unseren Verbündeten gegenüber
Edelmut gezeigt haben würde. Ich sehe aus
Belgien, dem es Antwerpen und die
S-eeküstc 'entrissen haben würde, und daß es im-
" seine Herrschaft gezwungen hätte. Doch würde
England, für das der Kaiser seinen heftigen
Eroll vorbehtelt, und in dem Deutschland seinen
Konkurrenten beWmpste, giewitz nicht vfiel
^sser alls wir behandelt worden sein. Deuifch-
and, -as sich während des Krieges in der Ge«
vend von Ost ende für alle Ewigkeit nieder-
assen wollte, würde das Festlanduser !der Meerenge
»cht herausgegeben haben, schon nm Grotzbritan-
zu überwachen, und es unter dem Feuer
wer „Berta" z„ halten. Aehnlich wäre cs
»terika, dessen Bedeutung PoincarS in seiner
vetienRede in Gouderecourt würdigte,
«igamigien.
Haben wir nicht das Recht, heute an all unsere
?. '-"he zu .denken, Wenn wir die Ausführung
z^we s 'Vertrages verlangen, bei dem wir eine
bewiesen haben, die viel unserer
vlivger als zu weitgehend beurteilt haben?
^utschland ist nicht einmal gezwungen worden,
dunsere Kriegs kosten zurückzuerstatten. Nur
e Reparation des materiellen Schadens,
die- ^""rsachi Hai, ist ihm auferlegt worden. Ist
iteilnn wirklich eine so schwerwiegend« Verur«
das Kriege 1870/71 hatte Deutschland,
»iouen 7° wie wir, keine Repara-
ko ü 7 , "^"gen, aber es hat sich seine Kriegs-
i« bezahlen lassen und es hat uns 5 Mil-

M EA M KWMkllk.
* Heidelberg, 27. August.
Das Echo der Rede des Reichskanzlers Strese-
Mann ist ein verschiedenartiges. In Deutschland
Lviid die Rede zumeist günstig ausgenommen. Nur
iwcni-ge Blätter äußern gleich wie wir eine selbstän-
dige Meinung, indem sie betonen, daß wir mit dieser
Methode nicht weiter kommen. Im Ausland wird
Zumeist die Besserung des Tones gegenüber
der Art Cunos anerkannt — ein positiver Erfolg
Weidet sich jedoch auch hier nicht. Die gestrige
Donntagsrede Potncares spricht deufli-
schcr als irgendwelche Pressokommentare, daß die
Rede Stresemanns wirkungslos war. Und
darauf kommt es an, was auch die bürger-
liche Presse anerkennen sollte.
Im Einzelnen bezeichnet die „Deutsche All-
ee m e i n e Zeitung" die Rede als einen beson-
ders großen Fortschritt. Die „Vos fische Zei-
tun g" rrennt die Rede ein Ereignis.
Milderer Auffassung ist der „H es s is ch e V o l k S-
freund" in Darmstadt, der ähnlich unserer Auf-
fassung vom Samstag skeptisch bleibt, indem er er-
klärt, es wäre ganz verkehrt, von der Rede
Stresemanns eine Entspannung unserer schwierigen
außenpolitischen Lage zu erwarten.
Ft, Frankreich erkennt der „Temps" dm höf-
lichen Ton der Kanzlervede an und fragt, ob der
deutschen Regierung etwa die von England empsoh-
lene Kontrolle üb erdteRetchsfinanzcn
Angenehmer sei, als die von Frankreich geforderte
borübergehende Ausbeutung lokaler Pfänder. Im
"Petit Part st en" schreibt Millet, daß die Me-
lodie zwar eine andere geworden sei, das Lied aber
dasselbe. Nichts kündige das Ende des passiven
Widerstandes an. Man sei immer noch weil vom
Abschluß.
Das Ende des Ruhrkonflikts ist also immer noch
nicht abzusehen und das deutsche Volk treibt immer
Mehr einer furchtbaren Katastrophe von
ungeheurem Ausmaße entgegen.

liarden Entschädigung auferlegt. Das
war für die damalige Zeit eine enorme Summe.
Wir haben diese Summe bezahlt. Haben wir, um
diesen Wiederaufbau vorzubereiten Wunder
vollbringen müssen? Nein, wir hatten nichts zu
versuchen, was unsere Kräfte überstiegen hätte. Wir
haben gearbeitet, wir haben einen Beweis
von gutem Willen gegeben und wir sind in der
Achtung der Welt gestiegen. Wenn unsere Feinde
sich nicht dazu entschließen, uns nachzuahmen, dann
werden sie uns zwingen, ihnen gegenüber die Droh-
ungen zur Ausführung zu bringen, die sie damals
an uns gerichtet haben: „Bezahlt uns, oder
wir bleiben!"
Englische Forderung auf
Finanzkontrolle.
London, 25. Ang. Sir Philipp Greame,
dcr Präsident der Londoner Handelskammer, hat
gestern in Aberdeen eine wichtige Rede über die
englische ReParationspolMk gehalten. Sir Greame
erklärte: Unser Ziel besteht darin, von Deutschland
;o viel Reparationen als möglich auf
die schnellste und praktischste Weise zu erhalten. Unser
zweites Ziel ist eine dauernde und fest begründete
Situation in Europa herzustellen, die gestattet, zu
arbeiten und Handel zu betreiben. Die britisch«
Regierung sei bereit, ein großzügiges Abkommen
über die interalliierten Schulden zu treffen. Was
die Reparationen anvelangt, so müsse man sie Mit
Hilfe wirkungsvoller Garantien verlan-
gen. Die wichtigste sei ohne Zweifel eine tatsächliche
Kontrolle der deutschen Finanzen.

Ohne diese Kontrolle sei es unmöglich, dem deutschen
Wechselkurs zu befestigen und angemessene Steuern
rinzuziehen, zumal Ne Industrie zur Abgabe von
Steuern zu bewegen.
Eine Arbeiterstimme.
London, 25. Aug. Der englische Arbeiterab-
geordnete Thomas «erklärte nach seiner Rückkehr
aus Deutschland, wenn nicht soort entschlossene
Maßnahmen ergriffen Würden, sei die Kata-
strophe nahe. „Ich bin überzeugt, daß die ge«
genwärttge deutsche Regierung Ne letzte Koali-
tionsregierung ist und Deutschland entweder
eine Diktatur der Milttärpartei oder,
was ihr gleichkommt, diejenige der l ink-radi-
kalen Parteien erleiden werde. Die eine so-
wohl wie die andere wären ein Unglück für
Europa. Ich erblicke Mr die gegenwärtige Situa-
tion nur eine Abhilfe darin, daß der Premiermini-
ster die Ernennung einer unabhängigen
Kommission durchsetzt, die sich mit der Fort-
setzung der deutschen Zahlungsfähigkeit zu befassen
hat.
Die belgische Antwort in Paris
eingetroffen.
Paris, 25. Aug. Die belgische Antwort traf
gestern hier ein. Neven Unterstreichung dcr belgi-
schen Ansprüche wird zu der Gesetzmäßigkeit des
Ruhrunternehmens Stellung genommen und aus-
geführt, daß Belgien sich den diesbezüglichen
Standpunkt Poincarös zu eigen mache.

nettsrat mit' der Angelegenheit. Die Re-
gierung ist einmütig der Auffassung, daß Herr
Havenstein verschwinden muß. Da Eile not
tut, wird voraussichtlich sofort nach Rückkehr des
Reichskanzlers der Reichstag einbernsen, um den
Mann, der sich jetzt förmlich als Kleber gebärdet, Mit
Schimpf und Schande durch die Aenderung des
Autonomiegesetzes davonzujagen!
Havenstein verteidigt sich.
— Berlin, 25. Aug. Vor dem Zentralausschuß
der Reichsbank, der ihm wiederum das Vertrauen
aussprach, hat Reichsbankpräsident .Havenstein eine
Rede gehalten, in der er die -Haltung der Reichs-
bank verteidigt und sich rechtfertigt.
Die Haltung des Kabinetts gegenüber Haven-
stein sicht jedoch so fest, daß es sich auch mit diesem
Mittel nicht mehr halten wird.
We Lage im Reich.
Bekannte Redensarten.
München, 26. Aug. Zum Besuch Strese«
manns in München wird amtlich gemeldet:
Der Reichskanzler hüt anläßlich eines persönlichen
Besuches beim bayrischen Ministerpräsi-
denten Gelegenheit genommen, die wichtigsten
Fragen der äußeren und inneren Politik, insbeson-
deve auch hinsichtlich der Verhältnisse zwischen Reich
und Ländern eingehend zu besprechen. Dabei wurde
in grundsätzlicher Uebereinsttmmung die Voraus-
setzung für ein gedeihliches Zusammen-
arbeiten zwischen Reich und Bayern erneut
festgelegt.
Ergänzungen zur Kanzler*edk.
Berlin, 25. Aug. Nachträglich teilt das WTB.
einige Ergänzungen zur Rede Stresemanns mit, di«
allerdings au der Gesamtstellung nichts ändern. Da-
nach rechtfertigte der Kanzler zunächst die Not-
wendigkeit der Notverordnungen. Es
handelt sich darum, daß jedermann seine Pflicht tun
mutz, um den Staat als solchen zu retten. Wir wür-
din nur erfolgreich sein, wenn wir Praktische
Arbeit leiste». Der Staat müsse bestehen
bleiben. Daß die einzelne Wirtschaft 'M ihrer Ge-
samtsubstanz bestehen bleibt, mutz dem-
gegenüber in solchen Zeiten zurücktreten. Die Not-
verordnung über den Devisenfonds sei nicht
das einzige Mittel der Regierung. Sie würde außer-
dem wertbeständige Go ld Zahlungs-
mittel schaffen usw. Die Notwendigkeit einer ak-
tiven Handelsbilanz bedinge außerdem in dir näch-
ste n Zett eine Beschränkung der Importe.
Dazu nrüsse eine Förderung der Ausfuhr
treten. Auf der anderen Seite müssen w>r wert-
beständige Löhne und Gehälter ciufüh-
ren. Wir müssen aber vor allem zu einer Produk-
tionssteigerung komnren. Wir müssen auch in dieser
Beziehung alle Partelmeinmrgen und Dogmen itber
Bord werfen. Wenn die jetzigen Versuche, die Ver-
hältnisse zu konsolidieren, greifbare Erfolge haben
sollen, müssen sie aufgebaut sein aus einem Zustande,
der die Anerkennung der Souveränität des Reiches
in sich birgt. Dieser Zustand sei heute letdrr nicht
gegeben. Die Besetzung des Ruhrgwi.>!>-;, der
Schlagader unserer deutschen Wirtschaft, bringe
schwere Erschütterungen. Man könne sogar die
Frage austverfen, ob der Begriff des Staates über-
haupt noch auf das Deutsche Reich zulrcsfe. Wo
seien die früheren Grenzen des heutigen
Deutschland? Unsere Souveränität lei weit
über das Maß der Dinge eingeschränkt Einen
Schutz über deutsche Behörden können wir in weiten
Bezirken nicht ausüben.
EinelommunistischeNeuinszenierung
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Man sollte annehmen, daß der klägliche Zu-
s a mm enb ru ch des letzten von den Kommunisten
inszenierten „Generalstreiks" sie etwas klüger
und bescheidener gemacht hätte. AVer allem Anschein
nach scheinen sie sich auch nach dieser jüngsten
Schlappe nicht auf sich selbst und ihre eigene Stärke,
oder besser Schwäche, besinnen zu wollen. Zum
mindesten trifft das für Ne kommunistische
Jugend nicht zu. Sie rüstet für den 2. Sep-
tember zu einem „Internationalen
Kampfjugendtag". Diesmal will man nicht
nur, wie am 29. Juli, die Faszisten bekämpfen, Mit
denen Man sich gleichzeitig zu verbrüdern sucht, son-
dern die kommunistische Jugend will den Sedans-
tag der deutfchnationalen Jünglinge benutzen, nm
dem Kabinett Stresemann den Garaus zu machen.
Ein Aufruf im „Jungproleten" verkündet: „Falls
Stresemann am 2. September noch amtieren sollte,
— nm, dann werden unsere aufmarschierenden Ju-
gendbataillone ihm schon begreiflich machen, was
wir wollen und Was wir sind! . . . Dieser elenden,
verfaultem verfallenen, kapitalistischen' Gesellschaft
Werden wir am 2. September einen so mächtigen
Stoß versetzen müsiertz datz sie noch schneller ihrem
Ende entgegenrollt.'
Etwas mehr Bescheidenheit würde dieser
komtnunistischen Jugend wirklich anstehen. Wer den
Gegner, zumal den Kapitalismus, so gering ein-
schSHt, wird niemals über ihn triumphieren. Mauk-
Heldentum hat noch nie Siege erfochten/

Nie Wiese« Ser MW.

Reichssinianzminister Genosse Dr. Htlferding
macht mit seinen angekündigten Maßnahmen schnell
ernst. Soeben wird die Notverordnung über die
Ablieferung ausländischer Devisen veröffentlicht, die
ein bedeutungsvolles Mittel gegenüber der Auswan-
derung des deutschen Geldes darstellt. Würde Herr
Stresemann auf außenpolitischem Gebiet mit dersel-
ben Energie vorgehen wie Dr. Hilferdtng auf dem
Gebiete des Finanzwesens, so würden wir rasch
einen Schritt wette« kommen. So aber wird durch
unsere außenpolitische Lethargie der Erßolg der Maß-
nahmen HilferdiNgs beeinträchtigt, so wertvoll sie
mich um unsere Konsolidierung sind.

Berlin, 26. Aug. In der soeben von der
Reichsregierung veröffentlichten Notverord-
nung über die Ablieferung ausländischer Devtstn
heißt es:
Für je 10 006 Mark, Ne gemäß 8 5 des Gesetze?
zur Sicherung der Brotversorgung tm Wirt-
schaftsjahr 1923—1924 vom 23. Juli 192S als erste
Tcilabsalbe zu entrichten sind, haben Erwerbsgesell-
schaften den Gsgenwart von zwei Mark Gold, alle
übrigen natürlichen und juristischen Personen, Per-
sonenvereinigungon und Vermögensmassen den Ge-
genwert von eine« Mark Gold in ausländischen Zah-
lungsmitteln, anderen ausländischen Werten oder
diesen gleichgestellten Werten (Z 4) abzuliefern, so-
weit ihnen in der Zeit vom 10. bis 20. August 1923
ausländische Vermögens gegenstände
oder diesen gleichgestellte Vermögensgegenstände tm
Sinn« des 8 3 gehört haben. Die Ablieferung hat
bis zum 15. September 1923 zu erfolgen.
Eine Ablieferungspflicht besteht nicht, sofern dn
abzuliefernde Bewag zehn Mark Gold nicht über-
steigt.
Ausländische Vermögensgegeustände tm Sinne
dieser Verordnung sind: 1. Geldsorten, Papiergeld,
Banknoten u. dgl.; Auszahlungen, Anweisungen,
Schecks, Wechsel und Forderungen in ausländischer
Währung: 2. Nach näherer Bestimmung der Reichs-
regierung a) Anteile an ausländischen Erwerbsge-
sellschasten sowie GeschästWeteiligungen jeder Ar»
im Auslande; b) an inländischen oder ausländischen
Börsen gehandelte Wertpapiere.
Bei verspäteter Ablieferung er h öh 1 sich
die Ablieferungspflicht um Ans vom Hundert deS
rückständigen Betrages für jeden airgefangenen Mo-
nat der Säumnis.
Der Ablieferungspflichtige erhält für
die von HM abgolieferten Werte Stückederwert-
beständigen Anleihe des Deutschen Reiches
(Goldanleihe) zu einem Kurse, der fünf Prozent
unter dem Zeichnungskurse liegt, der am Tage der
Ablieferung gilt. Der Ablieferungspflichttge kann
anstatt dessen die Entrichtung des Gegenwertes wäh-
len in: a) Reichsmark zum Dollarkursc des der
Slbtieferuug vorangehe nden Berliner Börsennhtiz-

Steuerkonto; c) Gutschrift aus ein wertbestän-
diges Konto nach nähere« Bestinrmung der Reichs-
regierung.
Wer weniger als zwei oder eine Mark Gold
für je 10 000 Mark des ersten Teilbetrages der Brot-
vcrsorgungsabgabe abliefert, ohne von der Abliefe-
rungspflicht befreit zu sein, hat bis zum 15. Sep-
tember 1923 ein« Erklärung darüber abzugeben,
welche ausländischen Vermögensgegenständc sich in
der Zeit vom 10. bis 20. August 1923 in seinem Ver-
mögen befunden haben, sowie darüber, was er an
ausländischen Venuögensgegenstände« nach dem
31. Juli 1923 veräußert hat.
Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklä-
rung, ihrer Ergänzung und der Auskunft ist an
EideSstatt zu versichern.
Mit Gefängnis nicht unter sechs Mo-
naten und mit Geldstrafe wird bestraft, wer vor-
sätzlich 1. die vorgeschriebene Erklärung verweigert
oder nicht in der gesetzten Frist abgibt; 2. auf wieder-
holte Vorladung nicht erscheint; 3. eine von ihm ver-
langte Auskunft verweigert; 4. die Pvüfun g vo n
Büchern oder Betrieben nicht gestattet oder
behindert; 5. den Vorschriften zuwiderhandelt. In
besonders schweren Fällen ist Ne Strafe
Zuchthaus bis zu fünf Jahren
und das Höchstmaß der Geldstrafen unbeschränkt.
Wer in den vorgefchriebenen Erklärungen oder
Auskünften
wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben
macht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn
Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefäng-
nis nicht unter einem Fahr bestraft.
In besonderen Fällen kann neben der Strafe auf
Entziehung der verschwiegenen Vermögens-
gegenstände
erkannt werden. Soweit diese nicht Mehr vorhan-
den oder nicht mehr zu ermitteln sind, tritt ihr Er -
lösoderihrWertan ihre Stelle.
Zur Sicherung der Geldstrafe und der Einziehung
kann das Vermögen des Angeschuldigten ganz oder
teilweise beschlagnahmt werden.
Havenstein will nicht gehen.
Berlin, 25. Aug. Der Reichsbankpräsident
Havenstei n, der sich zeitweise bereit zeigte, unter
dem Druck der öffentlichen Meinung auf die Leitung
der ReichSbauk freiwillig zu verzichten, sobald ein
Nachfolger gefunden war, ist inzwischen wieder an-
derer Meinung geworden. Amsgshetzt durch Herrn
Helsferich, der inzwischen von seinem Sommer-
aufenkhalt aus dem teuersten Kurort der
Schweiz znrttSgekehrt ist, will er dm Reichstag
zur Aenderung des AutonomiegesetzeS zwingen.
Auch der Versuch der Neichsregierung, Havenstein
zum Rücktritt zu bewegen, war vergeblich. In-
folgedessen .beschäftigte sich ein engerer Kavi-
 
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