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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 191 - Nr. 200 (19. August - 30. August)
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5. Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, den 28. August 1923

Nr. 198

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A Berlin, 27. Ausust.
Die Talsache, daß mit dem 20. August die schwe-
bende Schuld des Reiches auf 363Billionen
Mark gestiegen ist und daß die Markeniwertung
immer noch nicht zur! Ruhe kam, zwingt zu dringen-
den Finanzmaßnahmen. Reichsfinangminister Dr.
Hilfcrding Hai mit der Drviscnabgaü(Verord-
nung einen ersten Schritt gemacht. Weitere Maß-
nahmen auf finanzpolitischem Gebiet und speziell
auch auf wirtschaftspolitischem Gebiet — Reichs-
wirlschastSminster v. Raumer wird in den nach-
sttu Tagen vor dem Reichswirtschaftsrat sein Pro-
gramm darlegen —, woselbst die Wucherbekämpsung
an erster Stelle zu stehen hat, müssen folgen. Dann
aber muß, sobald der Ruhrkonflikt, und zwar schnell-
ste ns, velgelegl ist, das Problem der Mark
in Angriff genommen werden. Zur Sanierung der
Mark ist nun ein Schreiben von Prof. Dr, R. Cuc-
zinski und Prof. Dr. 8t. Goldsche > d an die
Reichsregierung gesandt worden, worin folgende
Vnrschläge gemacht werden:
Erste Maßnahme: die Reichsregierung ver-
pflichtet sich unverzüglich, alle Papi er mark zu
dem jetzigen Dollarkurs gegen Gold mark ein-
zulösen. Da der Gesamtwert der umlaufenden
Banknoten höchstens 100 Millionen Gold mark be-
nagt, würde es genügen, wenn die Reichsregierung
hierfür 100 Millionen Goldmark zur Verfügung
lält. Da jedoch die Ausgaben des Reiches einst-
weilen seine Einnahmen übersteigen, müßte es die
?ur Einlösung abgelieferten Noten wieder verwen-
de! oder neue Noten drucken lassen. Das Reich
l l nötigt daher weitere 100 bis 200 Millionen Gold-
mark, um in der U eb er gangs z e i t, d. h. bis
zur Balancierung «eines .yausuairs, dtc wieder
ansgegebenen bzw die neuen Noten gegen Gold-
mark einlösen zu können. Die insgesamt erfom
mrlichen 200 bis 300 Millionen Goldmark könnten
in wenigen Tagen von -er Reichsbank, erforder-
lichenfalls unter Heranziehung der Großindustrie,
g. füllt werden. Auf diese Weife wären einstweilen
elw Roten voll durch Gold gedeckt; ein weiteres
Sinken der Mack wäre unmöglich.
In der so gewonnenen kurzen Atempause müßte
rann mit der zur Sanierung der Reichssinanzen
nubedingt erforderlichen großen Vermögens-
abgabe begonnen werden. In erster Reibe würde
es sich dabei um eine Erfassung der Sach-
werte handeln. Di« Aktiengesellschaften hätten
Gratisaktien auszugeben und an das Reich
abzuliesnn. (Andere Großbetriebe sind in Aktien-
gesellschaften mit der gleichen Verpflichtung umzu-
v. andeln.) Das Grundvermögen (Landwirtschaft,
Forsten usw.) würde sein« Abgabe durch Eintragung
einer Grundschuld zugunsten des Reiches leisten. Ein
Teil -er Abgabe könnte dann an die Entente zwecks
Abgeltung ihrer Reparattonsansprüche übereignet
werden.
Nur durch ein derartiges System von rasch durch-
führbaren Maßnahmen kann das Aeutzerste verhütet
werden, können die deutsche Währung, die deutschen
Finanzen, die deutsche Wirtschaft wieder in Ord-
nung kommen. Es ist aber keine Zeit zu ver-
lieren. Die Entwicklung überstürzt sich. Was
sich noch 1922 in Monaten abspielte, vollzog sich
Water in Wochen, jetzt in Tagen. Bald geht es
Welt eicht um Stunden. Dann aber bricht das Ver-
k äugnis über uns zusammen. Aufgabe der Regie-
wmg ist es, jetzt zu handeln!"
In zwölfter Stunde.
Unter diesem Titel schreibt die „Franks Ztg.":
In der zweiten Augustdekade hat sich die schwe-
bende Schuld des Reiches verdreifacht. Die laufen-
den Einnahmen machten nur 0,7 Prozent
der Ausgaben aus. Das Auskommen aus
den G o l d a n l e ih ez e ich nungen in Höhe von
^ 57 Billionen Mark verschwindet in dem riesengro-
ßen Loch des Defizits. Rechnet man die Eingänge
«ns der Goldanleihe ein, so stellt sich das Verhält-
">s von Ausgaben zu Einnahmen wie 100:1.8. Das
'" ein ko katastrophaler Zustand, das; nur
°ei Anwendung radikalster Mittel sowohl
^'r Korrektur der Einnahmen, ebenso aber auch der
Ausgaben irgendwelche Hoffnung auf Rettung
^''Sgtich erscheint. Wenn wir nicht alle kleinlichen
"^denken zuriickstellcn. wenn nicht brutal in das
^daos der Reichsfinanzen cingegriffen wird, ist
ent; ohsggh verloren! Es ist kein Moment
>U'lr zu verlieren. Jede unnütze Ausgabe des
^^chs und seiner Kostgänger ist sofort zu beseitigen.
Rede des Nslchsfinanzmintsters hat gezeigt,
F « »le Schäden liegen. Möge die Tat rasch der
^wennlnis folgen.

Die Lage im Reich,
w' Kampf nm die Bekenntnisschule
in Bayern.
«^""chen, 27. Ang. Der Münchener Erz-
Faulhaber, hat auf der Ta-
> -" wa-houn-yen Lehrervereins in -vayern
fallen und dabei den schärfsten
i für die Bekenntnisschule ange-

Das Urteil im Mordprozeß Baur.
München, 27. Auig. Die Milde, die Mr Mün-
chener Urteile auszeich-net, wenn es sich um Bekämp-
fung von Nechtsstreitigkeiten und Verbrechen von
rechts handelt (bei Gesetzesverletzungen von links
kann man die gegenteilige Beobachtung machen),
zeigte sich auch im Mordprozeß Baur. Das Urteil
des Volksgerichts im Prozeß wegen« des ; Pli-
tischen Mordes an den Studenten Baur lautet
1. Der Hochfchulftudieren.de August Zwen -
gauer aus München wird wegen Vergehens des
Mordes zum Tode und zu dauernder Aberkennung
der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.
2. Der Kaufmann Johann Berger wird
wegen Vergehens der Begünstigung zusechs Mo-
naten Gefängnis unter« Abrechitung von zwei
Monaten Untersuchungshaft verurteilt.
3. Der Hilfsarbeiter Ernst Berger sowie der
Schriftsteller und Privatgelehrte Dr. Arnold Rüge
wird von der Anklage der- B e g ünstigu n g fr ei-
gi e s p r o ch e n.
4. Dr. Rnge wird wegen Vergehens der Auf-
forderung zum Morde zu einer Gefängnis-
strafe von einem Jahre unter Anrechnung
von zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilt.
5. Evnst Berger wird auf freien Fuß
gestellt.
München, 27. Aug. Die Urteilsbe-
gründung im Mordprozetz Baur stellt fest, daß
Zwengauer, der durch das ungehörige Verhal-
ten des Baur in seinem persönlichen wie vaterlän-
dischen Empfinden schwer gereizt war, den Baur
mit Ueberlegung getötet Hal. Darauf
weifen alle Umstände hin. Die beiden Berger mutz-
ten wegen Mangels an Beweisen von der Anklage
des Mordes freigesprochen werden. Johann Ber-
ger war wegen Begünstigung zu verurteilen, da er
die Handtasche des ermordeten Baur beseitigt habe.
Scthr scharf spricht sich die Urteilsbegründung
iibcr den Angeklagten Dr. Rüge aus, der mit sei-
nen Hetzreden ans junge unreife Leute den ver-
derblichsten Einfluß geübt halbe. Das fei strafer-
schwerend, da junge Leute wie Zwengauer die Hem-
mungen verlören, die aus der natürlichen und an-
crzogenen Scheu vor Eingriffen in fremdes Men-
schenleben entsprängen. Eine Haftentlassung Ruges
wurde abgelebnt. Der Angeklagte Singe schrie den
Richtern bei Verlassen des Saales zu: „Em Schur-
kcnurteil! Gemeinheit!" Auch der Angeklagte
Zwengauer rief bei seiner Abführung: „Ein Schand-
urteil, wie es noch nie gefällt worden ist!"
Ludendorff klagt.
München, 27. Ang. Die „Münchener Post"
bat vor einiger Zeit von Ludcndorsf als dem
groben Krtegsverlängerer gesprochen, wes-
halb „der Mann mit -er blauen Brille" gegen unser
Parteiblatt nunmehr gerichtliche Klage wegen
Verleumderischer Nachrede angestrengt hat Dem
Prozeß, der für Ende September angssetzt ist dürfte
große politische Beideutung zusammen, da die be-
klagte Partei Männer wie den Prinzen Max von
Baden, den General Hofsma n n, den österrei-
chischen Generalseldmarschall Hötzendorf u. a.
als Zeugen und Sachverständige laden hassen wird.
Der verbotene Parteitag.
Stuttgart, 27. Aug. Aus dem Inhalt der
beschlagnahmten Nummer der „Roten Fahne" ist
hcrvorzuheven, -aß der von der württembergtschen
Regierung verbotene kommunistische Bezirks-
parteitag unter starkem Schutz von proletari-
schen Hundertschaften in der Gegend von Gmünd
in einem entlegenen Waldesgrunde am Fuße des
Hohenstaufen tagte. Nach Beendigung der Tagung
zogen die Teilnehmer unter Vorantragrmg von
roten Fahnen in geschlossenem Zuge nach Göppin-
gen und Veranstalteten eine Demonstration durch
die Stadt.

Berlin, 27. Aug. Auf Anordnung des Po-
lizeipräsidiums in Berlin ist die Sonntag-
ausgabe der „R o t e n F a h n e" b e s ch lo gn ah m t
Worden. Der Beschlagnahme liegt ein Vergehen
gegen das Gesetz zum Schutz der Republik zugrunde.
In einem Sonderblatt teilen der Verlag und die
Redaktion der „Roten Fahne" ihrer Leserschaft das
Verbot mit und beschuldigen die „Regierung Stre-
scinann-Hilferding-Sollmann- Robert Schmidt" des
Verbots. In Wirklichkeit hat die Reichsregierung
mit der Beschlagnahme des kommunistischen Zen-
walorgans nicht das geringste zu tun.
Berlin, 23. Aug. Reichswirtschastsminister
von Raumer wird sein Wirtschaftsprogramm in
der am Freitag stattfindenden Sitzung des Reichs-
Wirtschaftsrates darlegen.

Vom besetzten Gebiet.
Offenburg, 27. Aug. In Appenweier ivur
den Eisenbrchniwspekto- Kinzig und Eisenbahnbe-
tri ebsassistent MG .«uSgew lesen. Währen-
der letztere seine --^el mitnehmen konnte, wurde?
dem erstgenm! , Mitnahme der Möbel ver-
weigert

Der erwerbslose Schaf von Legelshurst, der zur
Bahnbewachung bestimmt war, wurde vom Militär-
polizeigericht in Kehl zu vier Wochen Ge-
fängnis verurteilt, weil kürzlich ein Kraftwagen
der Badischen Kraftwagengesellschaft auf der Le-
gelshurster Landstraße bei geöffneter Schranke von
einem RegieMg angesahren und beschädigt wurde.
Wattenscheid, 27. Aug. Die Franzosen be-
setzten gestern die beiden Schächte der Zeche „Zen-
trum" und den Schacht „Fröhliche Morgensonne",
um die dort liegeitden Kohl-m- und Koks mengen
avzutransportteren.
München-Gladbach, 27. Aug. Gegen eine
Separatistenversammlung nahm eine
große Menschenmenge eins drohende Haltung ein.
Es kam zu Prügeleien. Zahlreiche Personen
erlitten leichtere Verletzungen. Der Polizei
gelang es, unterstützt von den belgischen Sol-
daten, um 5 Uhr nachmittags die Ruhe wiederher-
zustcllen. Die Versammlung konnte daun abgehal-
ten werden. Sie brachte die Erklärung, daß eins
Einigung der Sonderbündler zustande
gekommen ist.
Aplerbeck, 27. Aug. In Aplerbeck drangen
französische Soldaten in die Wohnung
einer 70jährigen Frau, mit Namen .Bürgermeister,
schleppten deren 26 Jahr« alte Tochter in einen
Keller und vergewaltigten sie.
Ein Reichsministerium für die besetzten Gebiete.
Berlin, 27. Aug. Mit Wirkung Vom 27.
August ist vorbehaltlich der Genehmigung durch den
Reichs haushalt splcm ein Retchsministerimn für die
besetzten Gebiete errichtet worden.
Eine Konferenz über die Ernährungslage.
Aus dem Ruh rgebi et, 27. Aug. Wie der
.Rheinisch-Westfälischen Zeitung" aus Koblenz ge-
meldet wird, hat die Rhein! andkommission
an die Regierungen der deutschen Länder, die durch
die Rheinlandbesetznng betroffen sind, das Ersuchen
gerichtet, nach Koblenz Vertreter zu einer Konferenz
der Rheinlandkommtfsion über die Ernäh-
rungslage im besetzten Gebiet zu ent-
senden. Die RheintanldronMttsstiM begründet diesen
Schritt damit, daß durch die jetzige schlechte Lebens-
mittellage Unruhen entstehen, und diese die Sicher-
beit der Rheinbmdsbesatzung gefährden könnten.
Dem Ersuchen wird Von der Reichsregierung statt-
gegeben.

Internationale Lage.
Zur Situation.
* Heidelberg, 28. August.
„Operation gut verkaufen; Patient verstorben":
An diese alte Aerzteironisterung mutz man denken,
wenn man das Echo der Rede Strefemanus in der
bürgerlichen Presse verfolgt. Allerorts klingts
dem Leser da entgegen: Günstige Aufnahme! Aus-
gezeichnete Würdigung!, woran sich dann diese gün-
stigen Kommentare Lügen strafend die Rede Poin-
carös cmschvietzt, die zeigt, daß die Kanzlerrede bei
den autorasiven Stellen der Entente ohne jede
Wirkung blieb.
Nüchternen Sinnes betrachtend finden wir so
entgegen der Schönfärberei der nationalistischen
Presse nirgends eine Entspannung der außenpoM-
schcn Lage. Alles deutet darauf hin, daß auch Herr
Sneseman-n bis heute noch keinen Ausweg gefunden
hat, weil er sich nicht entschließen kann, durch klar
formulierte Vorschläge, die Aussicht aus An-
nahme haben, die Atmosphäre zu entladen.
Der folgenden Meldung des Sozialdemokratischen
Pmiamentsdienstes nach scheint man in den aller-
letzten Tagen doch eiugeseven zu haben, daß die
jetzige Politik des Zögerns und Zurückhaltens uns
nicht weiter bringt. Wenn jedoch der in nachstehen-
der Meldung angedeutete Schritt der Reichsregie-
rung einen Sinn haben soll, dann mutz er in einer
ganzen Tat bestehen. Mit halben Vorschlägen
ist, wie wir genugsam erfahren haben, nichts getan.
Die Situation verlangt, wie wir täglich immer wie-
der aufs neue betonen, sofortige Entspannung
der außenpolitischen Lage, da sonst alle Wirtschafts-
und finanzpolitischen Maßnahmen zum Scheitern
verurteilt sind Möge daher die Regierung rasch
die entsprechenden Konsequenzen ziehen.
Vor einem außerpolitischen Schritt?
Berlin, A. Aug In Verbindung mit der
Notverordnung über die Ablieferung ausländischer
Vermögensstände bringt der „Sozialdem. Par-
ament sd i en st" folgende bedeutsame Ver-
öffentlichung: Es ist ganz selbstverständlich, daß
sie neue Verordn u n g nur eine Teilmaßnahme
der einzulettenden Schritte zur Besserung unserer
wirtschaftlichen Verhältnisse ist. Der Reichsfinanz-
. Minister ist sich darüber durchaus im Klaren und
isaWMM Mon in aller. Kürze wettere. Matz-

nahmen durchzuführen. Wm allem wird zunächst
eine Aenderung in der Beamtenbesol-
dungs Politik eintreten, der weitere wäh-
rungs- und finanzpolitische Maßnahmen folgen sol-
len. Die Vorarbeiten sind bereits im Gange und
dürften bald soweit abgeschlossen sein, daß sie den
gesetzgebenden Körperschaften zur Beratung vorge-
legt werden können. Außerdem aber ist das Reichs-
kabinett davon überzeugt, daß auf die Dauer alle
Notverordnungen in währungs- und finanzpoliti-
scher Hinsicht aussichtslos sind, wenn Deutsch-
land nicht tn autz « npo l tt isch er B e z ieh u ng
eine Erleichterung erführt.. Die Regierung
wird deshalb mit Entschiedenheit Ihre Politik
der Verständigung fortfetzen und danach
trachten, daß der Ruhrkonflikt bgld im Wege der
Vorhandlugnen eine Lösung findet. Entsprechende
Schritte sind bereits eingeleitet. Es ist zu erwar-
ten, daß sich ihre Auswirkung bald Zeigt und
die Zeit nicht mehr allzu fern ist, wo das neue
Reichskabtuett nach einem überstandenen Ruhrkon-
flikt festen Gru-mv unter Len Füßen gewinnt, um
Hann zu endgültigen Rearganisationsmaßnahnten
zu schreiten, die tatkräftig durchgeführt, eine allge-
meine wirtschaftliche Erleichterung insbesondere
aber auch für die Arbeiterschaft erwarten lassen.
Die belgische Antwort an England
London, 27. Ang. Die belgische Antwort-
note ist heute vormittag dem englischem Botschafter
in Brüssel überreicht worden und befind,', sich aus
dein Weg: nach London. Ihr Text wird morgen
bereits in Brüssel veröffentlicht werden.
Dr. Wirth über feinen Moskauer
Aufenth-/
Moskau. 27. Aug. Dem Moskauer Vertreter
der Delegraphen-Unwn gegenüber äußert« Dr. Wirth
über seinen gegenwärtigen Aufenthalt und seine
Eindrücke in Moskau: Eine besonders herzliche Auf-
nahme wurde mir durch Tschitscherin zuteil.
Ich bin often gestanden erstaunt, daß die dcutsche
Industrie und Bankwel« bisher nur sehr
zögernd die praktischen Konsequenzen aas dein
Vertrag von Rapallo gezogen hat. Eng-
lische Finanzkreise sind hinsichtlich der Anknüpfung
wirtschaftlicher und finanzieller Beziehungen weit
unternehmungslustiger. Von der Stadt
Moskau habe ich im groben und ganzen einen gu-
ten Eindruck gewonnen, desgleichen von seiner
Bevölkerung.

Die Lage im Ausland.
London, 27. Aug. Reuter meldet aus Simla
in> Indien: Gelegentlich der Feier des Muvmar-
festes Huben ernste Unruhe n tn Balrampur u.
Goude stattgiefundeu. Es hat zahlreiche Tote und
Verwundete gegeben. Auch ist sehr schwerer Sach-
schaden angerichtet worden. Die Polizei war ge-
nötigt, zu feuern, um die Ordnung wicderherzn-
stcllou.
Wien, 27. Aug. Das Exekutivkomitee der
Tschechischen Sozialdem. Partei tn
Oesterreich hat beschlossen, bei den bevorstehenden
Nattonalratswahlen und den Wahlen tn
den Wiener Genreindemt die Stimmen für die s o -
ztaldemnkrattscheu Kandidatenliste abzu-
geben.

Republik Baden.
Was find das für Freirviüige?
Im Villinger Zentrumsblatt vom 23. August
finden wir unter den Lokalnotizen versteckt folgende
Meldung über die Villinger Reichswehr:
VIllingen, 23. Aug. Gestern haben die
Gefechtsübungen -er im Sommerhalbjahr hier
ausgebildeten Freiwilligen, verbunden mit
größeren Märschen in feldmäßiger Ausrüstung
und voller Belastung ihren Abschluß gefunden.
Die Truppe rückt nächste Woche auf den Truppen-
übungsplatz Münsingen, wo die größeren Hebun-
gen in Regimentsverbänden und natürlich auch
Divistonsverbänden und gefechtsmäßiges Schießen
stattfinden. Der Platz wird von Ebingen aus in
3 Uebungsmarschtagen erreicht und am 30. des
Mts. das Lager Feldstetten bezogen.
Fußend auf obigem Bericht des Villinger Blattes
ersucht unser Singener Parteiblatt den badischen
Staatspräsidenten, beim Rcichswehrminister Geßler
in dringendster Form anzusragen, woherdie Frei-
willigen stammen, die im Sommerhalbjahr in
Villingen ausgebildet wurden. Wir schließen aus
dcr Notiz ferner, daß der Freiwilligenschwindel tu
Villingen immer nochweiterbetrteben wird
und daß Reichswehrminsster Geßler immer noch sei-
nen Freiwilltgenunfug treibt. Bei Gott! Wenn
diese Reichswehrsauerei in Villingen nun nicht end-
gültig abgestellt wird, dann werden wir ein Mittel
anwcnden, die die Sauerei endgüttig zum Ver-
schwinden bringt. Unsere Geduld ist jetzt zu Ende.
 
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