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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 131 - Nr. 140 (9. Juni - 20. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48727#0163
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6' Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, den 12. Juni 1923

Nr. 133

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Polizettnspektor Dick von den Franzosen
und in das Gymnasium abtransportiert

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burg-APPenweier, Karlsruhe, Mannheim —
eingehend verbreitete und eine Reihe von Maßnav-
men verkehrspolitischer und wirtschaftlicher Art
empfahl, die Hm geeignet erscheinen, die Lage der
Bevölkerung der besetzten Gebiete zu erleichtern,
ohne dem Abwehrkamps Abbruch zu tun. In Os -
senburg handelt es sich Labei in erster Linie nm
Xie Wiederherstellung des durchgehenden Verkehrs,
dessen Unterbrechung die dortige Wirtschaft ganz er-
heblich schädigt, in Karlsruhe und Manu-
tz ei yr um die Beschaffung von Notstands-
arbeiten für die durch die Besetzung der Hafen-
anlagen direkt oder mittelbar der Erwerbsmöglich-
kcit beraubten Arbeiter und Angestellten. Die Re-
gie r u n g s v e r t r e r er sagten die Prüfung der
Anregungen zu, wiesen aber mit Nachdruck daraus
hin, daß er von der festen Haltung der Abwehrfront
an Rhein und Ruhr gerade in den nächsten Wochen
für den schließlichen Ausgang der nun hoffentlich
kommenden Verhandlungen mit der Entente außer-
ordentlich viel abhängen werde.

Münster, 12. Juni. (Letztes Telegr.) In R e ck-
liughausen ist in der Nach! zum 11. Juni zwi-
schen dem Bahichof und dem Bahnhofshotel ein
französischer Po st en erschossen worden.
Infolgedessen ist über die Stadt der Belage-
rungszustand mit Straßensperre von S Uhr
abends bis 5 Uhr früh ohne jede Einschränkung für
irgendwelchen Beruf verhängt worden. Aus Anlaß
des Attentats ist der Kriminalkommissar Tykwer
und der
verhaftet
worden.

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rung, daß letztere den passiven Widerstand
im Ruhrgebiet ein st ekle, beitrete. Im
zweiten Abschnitt erklärt der französische Minister-
präsident, daß, wenn Deutschland in dieser Hinsicht
den Verbündeten Genugtuung gegeben hat, die fran-
zösische Regierung bereit ist, im Einverständnis
mit den Alliierten die Lösung der Reparations-
frage in Erwägung zu ziehen, vorausgesetzt, daß sie
von dem französischen Memorandum vom 2. Jan.
ausgehe. Unter diesen Bedingungen willigt die
französische Regierung ein, daß an Deutschland eine
gemeinsame Antwort erlassen wird, in der
das Reich lediglich zur Einstellung des passiven W-.-
ocrstandes aufgefordcrt Wird.

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fers deutschvölkischer Hetze wußten sie zu verhindern.
Nach Schlageter Straßen benennen und ihm Denk-
mäler errichten, heißt dem Nationalismus Denksteine
bauen.
Die Delbrückschächte Deutschland
zugesprochen.
Breslau, 10. Jun«. (Eig. Drahibericht.) Die
oberschleflsche Grenzkommisston hat am Freitag trotz
aller polnischen Bemühungen auf Grund eines neu-
tralen Sachverständigengutachtens beschlossen, die
Delbrückschächte endgültig Deutschland zuzusprechen.
Damit hat eine Frage ihre Regelung gefunden, die
in letzter Zeit zu einer unerquicklichen Agitation aus
deutscher, Wie auf polnischer Seite Anlaß gegeben
hat. Außer dem Kommissar Deutschlands stimmte
der italienische und englische Vertreter für den Ver-
bleib bet Deutschland.
Die Wahlen in Oldenburg.
Oldenburg, 11. Juni. (Eig. Drahtbericht.)
Die am gestrigen Sonntag in Oldenburg abgehalte-
nen Landtagswahlen brachten der Deutschen Volks-
partei nicht den Erfolg, den sie sich nach ihren Aeutze-
rungen erhofft hatte. Die Wahl verlief vollkommen
ruhig. Die Wahlbeteiligung war viel stärker, als
bei -en letzten Wahlen. Gewonnen haben in der
Hauptsache die extremen Parteien rechts und links,
also diejenigen Parteien, die sich im heutigen Staat
jedes Maß von Verantwortungslosigkeit erlauben
dürfen. Der Gewinn der KPD. erfolgte auf Kosten
der früheren USPD., so daß die Vereinigte Sozial-
demottatische Partei jetzt zwei Sitze weniger haben
wird.
Nach dem vorläufigen amtlichen Wahlergebnis
erhielt die. Vereinigte Sozialdemokratische Partei

Monatlich «inschlietzl.
UMrloh»Mk.S7VV-. Anzeigen-
irr/« einspalt. PetitzeUe oder
«ren Raum (zg mm breit) Mk. 1«,
«„.Auswärtige Mk. KOS. Rcklame-
un?eige„ (74 mm breit) Mk. NX», für
«uswartige Mk. »övv. Bet Wieder-
uolungcn Nachlaß nach Tarif.

Neue Ausweisungen.
Offenburg, 11. Juni. Folgende Eisenbahn-
beamte wurden von den Franzosen aus dem besetz-
ten Gebiet ausgewiesen: Eisenbahnobertnspektor
Klaiber, Vorstand des Stationsamts Offenburg
(Rangierbahnhof), Eisenbahnoberingenieur Haas,
Vorstand der Bahnmeisterei I Offenburg, Eisen-
bahninspektor Göhringer, Eisenbahnobersekre-
tär Buß, Stellwerksmeistex Schwex, Lokomotiv-
heizer Geiger.

Eine Aussprache.
Aus Berlin wird uns geschrieben:
In der Reichskanzlei fand eine von etwa
Reichstagsabgeordneten aus den be-
setzten Gebieten besuchte vertraulich« Besprechung
mit dem Reichskanzler und dem ReichSwirr-
schaftsminister Dr. B eck er über die Lage anRuhr
und Rhein unter spezieller Berücksichtigung der
Chancen des passiven Abwehrkampfes statt. MS
Vertreter Badens nahm daran Retchststagsabg.
Geck- Mannheim teil, der sich über die Situation in
den drei Einbruchsgebieten des Landes," Offen-

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<Sesch<iftrftu>tden8—zUH», Sprech«
stunden der Redaktion: 11—13 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr.2W77.
Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadische»
Berlagsanstalt E. m. b. H., Heidel-
berg. Heschastsstelle: Schrbderslr.bg.
Tel.: Expedition 2S7L u. Redak.SSN.

Volkszeitung
liskr-zeltm M die mMWe «Mterm der «rdeMe Melden. MM-, öMew, UMn, KerM. MsrdM. Iu-m, Adel,del«, rudere. rmllerMMew a. Wendel»

Reichstag.
Berlin, 11. Juni. Der bisherige Direktor
des Deutschen Retchstagsbuccans, Geheimrat
Jung he im, ist nach mehr als ivjährigem Dienst
im Reichstag aus seinen Wun.-ch in den Ruhe-
stand versetzt worden. Sein Nachfolger ist Ober-
regierungsrat Galle, der schon während der letzten
Monate den erkrankten Geheimrat Jungbeim ver-
treten bat.
Bet der Zweiten Lesung des K n a p p s ch a f rs -
gesetzes betonte Abg. Jan sch eck (Soz.) die
Notwendigkeit, das Gesetz schnell zu verabschieden.
Mg. Imbusch (Zentr.) bedauert, daß das Gesetz
den Stempel der Zeit trage und nicht alle Wünsche
erfülle; aber grundsätzlich lei cs doch ein gewaltiger
Fortschritt.
Abg. Mansche! (Soz.) weist auf die in dem
Gesetz liegenden Fortschritte hin, nwnmilich daraus,
daß nach 25jähriger Tätigkeit im Bergbau der Pen-
sionsanspruch bedingungslos erworben ist. Die
Einschränkung, daß dazu auch das 50. Lebensjahr
zurückgelegt sein muß, ist gegen den Willen der
Sozialdemokraten ausgenommen worden. Das
nächste zu erstrebende Ziel sei die Vereinheitlichung
der Berggesetze zu einem Retchsb ergges etz.
Nachdem noch Abg. Winisrld (D. VP-) in län.
geren Ausführungen dem Gesetzentwurf zugestimmt
hatte, ebenso die Abg. Ziegler (Dem.), der vor allem
die Einführung der Selbstverwaltung als einen we-
sentlichen Fortschritt begrüßt, und Schwarzer (Bahr.
VP.) wurde die Fortsetzung der Beratung ans mor-
gen vertagt.

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Vom besetzten Gebiet.
Frankfurt, 11. Juni, lieber die Gemeinden
Griesheim und Nied wurde am Samstag der ver-
schärfte Belagerungszustand verhängt. Bis ans
weiteres ist der Straßenverkehr von 9 Uhr abends
bis 5 Uhr morgens gesperrt.
Vergeltungsmatzregeln.
Dortnlund, 11. Juni. Als Vergeltungsmaß-
regel für die zwei erschossenen Unteroffiziere wurde
von den Franzosen in der Nacht vom Samstag auf
Montag etwa 6 Verhaftungen vorgcnommen.
Die Franzosen haben Verstärkungen in Dort-
mund zusammengezogen und das Polizeipräsidium
sowie das Rathaus besetzt.
Paris, 11. Juni. Ueber die Stadt Dort-
mund und die eingemeindeten Ortschaften Dorst-
feld und Körne ist von den Franzosen derBelage -
rungszustand verhängt worden. Poincare hat
gestern nachmittag Marschall Foch empfangen.
Dortmund, 11. Juni.' Au der Mordtat an
den zwei französischen Offizieren wird von der zu-
ständigen Stelle mitgcteilt: Dir Tat ist nicht von
Deutschen verübt, die Schüsse, mit denen die Offi-
ziere gelötet wurden, entstammen Gewehren oder
Knrawneru.
Dort m und, 11. Juni. Als Geißeln wur-
den bisher der Vertreter des bereits ausgewiesenen
Oberbürgermeisters Dr. Richhoff, Bürgermeister
Dr. Fischer, Stadtschulrat Dr. Blum und Re-
gieungsassessor Mart intus, der Vertreter des
Polizeipräsidenten verhaftet. Die Franzosen
haben mittlerweile weitere Vergelt» ngs-
m atzna h m e n getrosten, nämlich bet der Reichs-
bank eine Summe beschlagnahmt, deren Höhe
nicht bekannt ist, das Gebäude besetzt und aus dem
Stadthaus 70 Millionen herausgeholt.
Ein blutiger Abend.
Dortmund, 11. Juni. Infolge des verschärf-
ten Beiagcrunss-a-ia:o-s kam es gestern abend zu
Zwischen fäll» n. D'e Räumung der Straßen
um 9 Uhr wurde teils unter Mißhandlungen der
noch auf den Straßen Befindlichen durchgeführt, wo-
bei die Franzosen 39 Ohrfeigen und Fußtritte aus-
teilten. Sechs Dortmunder tm Alter von 20
bis 28 Jahren wurden von den Patrouillen er-
schossen. Die Soldaten schleppten die Leichen,
die furchtbare Kopfverletzungen haben, nach der
Stelle, wo die Heiden Offtzierstellvertreter ermor-
det worden sind, und schichteten sie dort auf einen
Haufe».

LklWiMS Wk»!
o Berlin, 12. Juni. (Letztes Telegr.)
Im Mittelpunkt der Erörterung zwischen Paris
Atd London steht immer noch die Frage des passiven
Widerstandes, auf den Deutschland verzichten soll,
"cvor die Reparalionsverhandlungen beginnen. Die
Mordtaten in Dortmund haben zweifellos
^ie französische Stellung gestärkt und die des englt-
^e» Kabinetts geschwächt. Aber es ist ein Trug-
schluß sondergleichen, wenn die französische Regie-
^ung jetzt versucht, mrter Hinweis auf die Verbrechen
Ae Notwendigkeit des Verzichtes auf den passiven
widerstand zu beweisen. Kein Mord, der nachweis-
bar von deutscher Seite im Ruhrgebiet erfolgt ist,
hat mit dem passiven Widerstand auch nur das min-
deste zu tun.
. Die Tat ist geschehen — die Täter sind zur Ver-
antwortung zu ziehen. Mit gegenseitigen Vorwür-
ken aber, wie sie die französische Presse jetzt wieder
beliebt, wird der Verständigung nicht gedient. Eben-
>a sind die ohne Vernunft erfolgenden Preftigehaud-
iunge» gegen die Dortmunder Bevölkerung, die Er-
mordung weiterer fünf deutscher Staatsbürger und
Me Inhaftierung maßgebender deutscher Persönlich-
sten, die den Attentaten sicherlich fernstehen, nicht
u angetan, den Geist der Rache zu töten.
Die deutsche Arbeiterschaft bemüht sich ehrlich,
Mnen Ausweg aus der kritischen außenpolitischen
Situation zu finden. Die Lage im Ruhrgebiet sollte
alle diejenigen, die ernsthaft zu ihrem Volke stehen,
einer Haltung ähnlich der der Arbeiterschaft an-
Msern. Kommen wir nicht bald zu einer Verständi-
gung, dann dürften wir in der Tat bald das erleben,
Mas sogenannte „nationale" Kreise vermeiden
wollen.
Nach der Auffassung der Deutschnationalrn ist die
Anbahnung einer Verständigung Landesverrat. Aber
betrachten wir die gegenseitigen Machtverhältnisse,
bie allgemeinen Zustände tm besetzten und unbesetz-
>c» Gebiet, dann mutz Klarheit darüber entstehen,
daß die Politik der Deutschnattonalen nicht» anderes
^strebt, als die Katastrophe. Wollen wir nicht die
"apltulatioiß dann mutz die ablehnende Haltung ge-
genüber der Forderung auf Verzicht aus passiven
, Widerstand aufgegeben werden. Die Reichsregie'
Mwg mutz sich deshalb zu gegebener Zett zu einer
Kompromißlösung bereiterklären. Wie diese
Kompromißlösung auszusehen hat. wurde vor elni-
yen Tagen ausetnandergesetzt. Dem Abbau auf der
M»en Sette müssen Zugeständnisse aus der anderen
^eite folgen.
Die freien Gewerkschaften werden sich in den
Ochsten Tagen mit der französischen Forderung auf
^erztcht aus den Passiven Widerstand beschäftigen,
^te maßgebenden Gewerkschaftstnstanzen sind über
, ie allgemeine Lage tm Ruhrgebiet unterrichtet. Es
üt deshalb zu erwarten, daß sie zu einer Entschet-
Mwg kommen, die den staatspolttischen Notwendig-
sten des Augenblicks entspricht.
Eine belgische Erklärung.
Brüssel, 11. Juni. DieAgence Belge
veröffentlicht folgende Mitteilung:
Wie bekannt, wurde am 25. Mat der belgische
.Botschafter in Paris beauftragt, der französi-
eren Regierung Vorlagen betreffend die Nepara-
''°Nen zu unterbreiten. Der belgische Botschafter in
London wurde gebeten, der englischen Regie-
, >Ng davon Kenntnis zu geben, um ein gemein-
'omes Studium durch die Alliierten vorzube-
eiten. Eine gleiche Mitteilung wird der italie-
nischen Negierung durch den belgischen Botschaf-
in Rom gemacht werden.
„ Nach Ansicht der belgischen Regierung sind dies«
Arbeiten dazu bestimmt, das Stadium des Problems
Reparationen zu erleichtern.
Damit jedoch, wie schon das Kommunique am
Schluß per jüngsten Brüsseler Zusammenkunft be-
hüte, dieses gemeinsame Studium würde aufge-
.oinmen werden können, muß vorher die deut-
le Regierung den passiven Wider-
o»d ausgeben, den sie im besetzten Gebiet
knistert hat.
Die Haltung Englands.
k London, 11. Juni. Die für heute vormittag
§ n>anetx Kabinettssttzung findet erst heute
statt, jedoch wird auch dann zunächst eine Er-
rung der englischen Regierung nicht erwartet.
Die englischen Pressemeldungen stnd
gMschland günstig. Keine englische Re-
ssp"u n g, sg schreiben die „Times", wird der Be-
hang des Rnhrgebietes mittelbar oder unmittel-
H Mstimmen. Wir hegen keine Zweifel, daß die
Atting diesen Standpunkt vertreten wird.
dj "" der Frage der interalliierten Schulden meint
i,^,",^^tminster Gazette": Englands Bedürfnis
uheundSicherheitsei größer als seine
loforderungen.
Eine Denkschrift Poineares.
«dis aris, ii. Juni. Die Morgenblätter teilen
Londn Voincarö gestern eine Denkschrift nach
test,. " obsandte, in der er seinen Standpunkt mit-
Am ersten Abschnitt dieser Denkschrift spricht
Wunsch aus, daß die englische Regie-
giern,, Pariser Kabinett und der belgischen Rc-
"g in der Forderung an die deutsche Regie-

44 000, während die SPD. bei der letzten Wahl
31730 und die USPD. 20 692 Wähler hatten. Die
Kommunisten eroberten ungefähr 8000 neue Wähler.
Sie erhielten 26 730 Stimmen. Nach dem bis jetzt
vorliegenden Ergebnis erhielten die Demokraten in-
folge der verhältnismäßig stärkeren Wahlbeteiligung
rund 33 000 Stimmen gegen 27 160 bei der letzten
Wahl. Das Zentrum verlor rund 6000 Stimmen.
Es erhielt statt bisher 44 000 nur rund 38 000 Stim-
men, während die Deutsche Volkspartei nur die Zu-
nahme um 1 Sitz erreichte. Sie ergatterte trotz der
skrupellosen und demagogischen, mit ungeheuren
Geldmittel inszenierten Wahlmache nur 4000 Stim-
men mehr, als bei den letzten Wahlen, also 44 000.
Günstig schnitten die Deutschnationalcn ab. Sie stie-
gen infolge der Agitation ihrer zahllosen Außenseiter
von 2773 auf 13 000 Stimmen, wobei zu berücksichti-
gen ist, daß sie dabei einen Teil der Stimmen des
Landbundes ausnahmen, der bet dieser Wahl nutzt
wieder aufgetreten ist.
Jedenfalls aber haben die Rechtsparteien den so
heiß ersehnten Erfolg, die alte Koalitton zu
zerstören, nicht erreicht. Auch jetzt noch haben
VSPD., Demokraten und Zentrum dieselbe
Stärke, wie bisher und bleiben allein re-
gierungsfähig. Es ist daher zu erwarten,
daß die alte kleine Koalition das Beamtenministe-
rium ablösen wird ohne die Deutsche Volkspartei,
die glaubte, bei dieser Wahl das große Geschäft zu
machen.
Wilhelmshaven, 11. Juni. (Eig Draht-
bericht.) In Wtlhelmshaven-Rüstringen erhielten
bei der Landtagswahl am gestrigen Sonntag Stim-
men: Bereinigte Sozialdemokratische Partei 10980,
KPD. 2494, USPD. 417, Demokraten 2148, Zentruns
669, Volkspartci 1507, Deutschnationale Volkspartei
903. Unsere Partei besitzt nach diesem Wahlergebnis
also in Wilmstzaven Rüstrtngen die absolute Mehr-
heit.
Der Münchener Hochverratsprozetz.
München, 10. Juni.
Die Erklärungen des Minister Schweher zu
der Nlchtverhastung des Richert im Landtag bedür-
fen aus prozessualem vor allem aber aus politischen
Gründen, einer Stellungnahme. Der Minister stellt«
fest: 1. Es ist unwahr, daß die Verhaftung des Ri-
chert aus innerpoltt'scheu Gründen nicht durchgeftthrt
ist. 2. Die tatsächlichen Unterlagen waren am 20.
Februar noch mangelhaft. 3. Das ganze Belastungs-
material war noch in den Händen eines Dritten.
4. Der Aufenthalt des Richert stand keineswegs fest.
Der ersten Behauptung Schwehers steht die eid-
liche Aussage des Zeugen Major Mayr gegenüber,
wonach Kautter als Teilnehmer der Besprechung bet
Schwcyer dem Zeugen Mahr erklärt hat, Schweher
habe tatsächlich ange^r-tet, daß aus inncrpoltttscheu
Gründen die Verhaftung des Richert zunächst nicht
stattftnden solle. (Die Vernehmung des Zeugen
Kautter soll diese Woche erfolgen.)
Zu Punkt 2 ist sestzustellen, daß nach dem bis-
herigen Ergebnis des ProzesscssS die Unterlagen am
20. Februar in keiner Weise mangelhaft waren, son-
dern daß im Gegenteil aus weiteren beeideten Zeu-
genaussagen hervorgeht, daß das Material, wie eS
dem Minister Schweher am 20. Februar vorgclegt
wurde, schon damals genau so lückenlos war wie es
heute ist.
Zu Punkt 3: Das ganze Belastungsmaterial
befand sich in den Händen des Leutnants Fried-
mann, des Geschäftsführers des bayerischen Ord-
nuwgLblocks, dem ja Schwcyer sehr nah- stehi und
dessen Vorsitzender, Hoirat Pixis, bet der Bespre-
chung mit Schweher anwesend war. Warum wurde
Friedmann nicht iofor, zum Minister gerufen?
Sollte Schweher aber mit dem „Dritten" Major
Mayr gemeint Haven, so >st dieselbe Frage berechtigt.
Denn Mayr hat unter Eid bekundet, daß er nach der
Verschwörersttzung am 20. Februar die darauffol-
genden 36 Stunden ununterbrochen in seiner Woh-
nung zugebracht hat in der Erwartung, daß ihn di«
Polizei doch ganz bestimmt rufen werde.
Zu Punkt 4: Schweher und Polizeipräsident
Nortz waren davon unterrichtet, daß die Verschwö-
rcrsttzung abends 8 Uhr stattfinden werde. Es
wäre ein Leichtes gewesen, die Wohnung des Mach-
haus ausfindig zu machen, wo diese Sitzung tat-
Nchlich ahgehalten Wurde und wo auch, wie sich spä-
ter herausstellte, Richert sich bis gegen früh 5 Uhr
dcs kommenden Tages aufgehalten haü
Zur Aufklärung dieser ganzen Angelegenheit
ordnete das Gericht am Samstag, dem sechsten Ver-
yandlungstag des Machhaus-Prozesies, die noch-
malige Ladung des Zeugen Hofrat Pixis an, der
am 20. Februar zusammen mit Kautter beim Mun-
ster Schwcyer war. Unter Eid schilderte dieser den
Vorgang in folgender Weise:
„Am Vormittag des 20. Februar hielt Kautter
die Situation für so außerordentlich kritisch, daß
ihm eine sofortige Verständigung der Behörden not-
wendig erschien. Er bat mich, ihn zu Minister
Schweher zu begleiten. Wir gingen um 4 Uhr nach-
mittags zu Schweher, wo Kautter an Hand eines
schriftlich niedergelegten Protokolls dem Minister
den ganzen Sachverhalt ich« derte und dann anschlie-
ßend noch feine persönliche Auffassung auseinander-
setzte. Kautter gab dabei eine .olche Menge erdrük-
kender Einzelheiten wieder, daß Schweher jedenfalls
von dem Ernste der Sitvatton vollständig überzeugt
sein nuißte. Kautkr sagte zum Schluß, daß er selbst

Die Lage im Reich.
Schlageter Rummel.
Berlin, 11. Juni. Kaum ist die Leiche des
von den Franzosen erschossenen Schlageter seiner
heimischen Erde übergeben, da liegen auch schon die
ersten Anträge aus nationalistischen Kreisen vor,
Straßen nach dem Erschossenen zu benennen. Als
vor Jahresfrist ein deutscher Reichsminister, Walter
Rathenau, unter den noch feigeren Kugeln meuchel-
mörderischer Landsleute fiel, bejubelten diese Rechts-
radikalen in ihrem Innern die Tat und wollten von
einer Straßenbenennung nichts wissen. Sie setzten
alle Hebel in Bewegung, um solche Anträge zu Fall
zu bringen; selbst die Bennenn-una der Straße, in
Ein sranzöiisckier Poften erschossen. !.der die Mordtat geschah, nach dem Namen des Op-

2,4 mm
kszeitM.
25. 26. A
11.95 2.l)EgS
P.01 3.01
^4.54 4.569D
^3.55 3.5l!^
 
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