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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
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Heidelberg, Dienstag, de« 17. Juli 1S2S

Nr. 1V3

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Jahrgang

AkWlkM»« W NM!

Txr „Sozialdemokratisch«
Parlamentsdienst" nist auS
Anratz der Flucht Ehrhardts die Repu-
blikaner aller Richtungen vor die Front,
indem er gleichzeitig aus die Gleichgül-
tigkeit der republikanischen Parteien
gegenüber -er erstarkten Reaktion hin-
weist. Der „S.P.D." hat leider nur
zu rech«. Notwendig wäre es jedoch,
böi dieser Gelegenheit auch darauf hin-
, zuweisen, datz diese Gleichgültigkeit vor
allem der Tatsache entsprang, datz rnan
Verteidiger der Republik wegen Lappa-
lien ins Gefängnis steckte und di«
Feinde der Republik aus Formalgrün-
den immer wieder zu Helden werden
lieb. Ob es jetzt Wohl Vesser wird???
. Erst wenn es zu spät ist, wenn wir die Republik
«Nstürzt sehen, erst dann wird man in Deutschland
e, en, was versäumt wurde, und datz die re-
publikanischen Parteien mit einer kaum glaublichen
pMistlschen Gleichgültigkeit selbst zur Wiedererhe-
bltg der Monarchie und der Herrschaft jener Kreise
eigetragen haben, die sich nur im Verbrecherleben
^bs fühle».
Blicken wir zurück auf die ersten Monate des
Pp'tes 1919, als die deutsche Reaktion nicht wagte,
Pb auch nur ein schiefes Wort über die heutige
laaisform zu erlauben, und betrachten wir dann
, Verlauf der folgenden Jahre mit ihren Morden
der andauernden Aufdeckung geheimer Wassen-
H?ots, dann mützte eigentlich jedem denkenden
'^chi'n nur werde», wo wir hinsegeln, linier
P'U Vorwand der nationalen Verteidigung rüstet
hp Reaktion mit Erfolg zum Sturze der Repn-
f»! ungehinderte Flucht Ehrhardts, die
wj Paradox erscheinen könnte, beweist, wie nahe
H p dem Bürgerkrieg sind und wie grob d'c
"tke der rechtsradikalen Geheimorgamsationeu Ist.
Der .stampf zur Sicherung deS Staates von heute
-v aber auch ein Kamps im außenpolitischen
aul^"ss- Deutschlands. Schon kommt
(2 Paris chgz Echo über die Flucht Ehrhardts.
l>^ ^'l>d allgemeine Genugtuung über den Ans-
. .^«Pfunden, iveil inan ihn als Beweis da-
p, .b^raghnn, daß die Reaktion in Deutschland
> i ichjert, uirgeächtet dessen, datz von Paris ans an
de» - Marsche im wesentlichen beigetraaen wor-
ist.
»,..Vber außer all diesen Tatsachen soll man eines
-de, besessen! Seit über sechs Monaten stebt die
i»e..^^^ Arbeiterschaft an der Ruhr
leu i^r Linie im Abweyrkampf, weil sie der Ueber-
sx^, ,u»g ist, stak eine Niederlage im Kanrpse mit dem
bubu,cheu Militarismus den Untergang der Re-
be. p' bedeutet und mit iüm alle Errungenschaften
b«t R^bolution hinfällig werden. Mit viel Geduld
E Verlause der Llbwehrzeit die endlosen
»„"'Übungen und Erniedrigungen der Republik
Ruti Kreisen, die angeblich die Abwehr an der
di«, Bärten wollen, über sich ergeheir lasten. Ein-
bleu «nutz diese Geduld ein Ende ueü-
bEnuial nmtz der Staat und müffelt die republi-
kdit,p' Parteien — und zwar bevor es zu
>c„ ! — dem iimerpolftischen Druck von den, Leu-
sttz'im Weste» Deutschlands alles, was sie be-
p gerne opfern, nehmen.
* ich ' ? kann das geschehen? Di« Kraft der staat -
" Instanzen allein ist zu gering und
!d^,° öu stark von anderen Notwendigkeiten in An-
tz«„ b genomlnen, so daß sie allein einen Erfolg ge-
° Reaktion nicht verspricht. Unter diesen Um-
s «h ? bleibt es Pflicht derrepublikani-
ichx,,P arteten aus innen- und autzenpoltti-
Vkkg^^rüudeu, den Kampf des Staates gegen die
W ^pocher anr Wohl des Volkes ,»it aller Energie
lltilstl, rstützeu und endlich die fatalistische Gleich-
bq, ^ett. die zur Stärkung der Reaktion beigetragcn
Vest»? den Nagel zu hänge«. Mit Energie und
Ekji^"^r>nut mutz jetzt der Staat verteidigt werden,
blkhx bug zur Verteidigung der Republik tut jetzt
ltz benn je not. Die Möglichkeit hierzu sehen wir
^stei Arbeitsgemeinschaft aller republikanischen
^brsag ' sich ausschließlich die Verteidigung der
W w-!,'zur Aufgabe macht. — vorbauen, ehe eS
-^^st! Wir sind bereit!
trostlose Aussichten.
i, Ützie, ^Berlin, 16. Juli.
i dr> wostlos die Aussichten sind, zeigt ein Artikel
er gw er ks z ettun g" über die „kom-
^Vretsentwicklung", in dem es beitzt:
K'sm Preisentwicklung ist sehr pessimi-
beurteilen. Das gilt besonders für die
^«e« ? Zukunft. Im allgemeinen läßt sich
küh fp batz die Preise für die Einfuhrwaren
ßep trotzen und gailzen den Devisenkursen an -
Kir ^kt habe«; dagegen sind ihnen die Preise
dalh,^s"ndsrohstoffe und JnlandS-
wlgr E« b rikate lange nicht in dem Matz« ge>
,drend die Preise für die Fertiger-
sich den Devisenkursen nur zu
'^r B ruchteil genähert haben. Aus die-
p'dex ?de beträgt der Kleinhandels-
, E«tgx', i dem die Preisgestaltung der deutschen
"avp eusintsse zum Ausdruck kommt, nur
°'e Hälfte des Grotzüandels-

index. Diese Spanne bedeutet ein sehr betrüb-
liches Prognosttkum (Vorzeichen) für di« Zukunft.
Denn sie sagt, datz selbst be i stabilenGrotz-
Handelspreisen erst eine erfahrungsgemäß
recht schnell sich vollziehende Annäherung der
Klein- an die Großhandelspreise erfolgen wird,
bevor der Kleinhandel daran denken kann, ein«,
— noch in weiter Ferne befindliche,» — Preis-
abbau des Großhandels mitzumachen. Auf wet-
tere Zukunft gesehen ist zu sagen, datz d-t« deut-
schen Warenpreise dteunaufhaltsameTen-
denz zeigen, sich nicht nur den Weltmarkt-
preisen anzupassen, sondern auch noch wegen
der auf uns ruhenden Lasten über siehinaus-
z u g e h e n, ein Vorgang, wie er im letzten Halb-
jahr in Oesterreich zu beobachten war, das
jetzt d as teuerste L a nd d e r W elt ist. Da

die für den Konsum hauptsächlich in Betracht kom-
menden KltinhanixISpreise noch weit unter den
Großhandelspreisen liegen und da mich di«
Grotzhandelspreise selbst bet stabilen De-
Visenkursen aller Voraussicht nach ihr Höchstmaß
noch nicht erreicht haben, ist leider damil zu rech-
nen, daß wir den H ö he Pu n kt.der „Teuerung"
noch nicht erreicht haben.
Diese Beurteilung des Warenmarktes deck, sich
durchaus mit der unsrigen. Der Preiswirr-
warr ist so groß, di« Lage deS Devisastinarktes so
ungeklärt, datz allein von dieser Seite erhebliche
Teuerungswellen zu erwarten sind, gLnz ungeachtet
besten, daß die Kleirchandelspreise hcnte schneller als
je sich dem Dollarkursniveau anzupassen suchen, di«
Großhandelspreise aber bei dem anhaftenden Mark-
sturz immer noch einen Vorsprung vor den schwerer

beweglichen Kleinhandelspreisen behalten. Natür-
lich sind wir in der Beurteilung der Ursachen
der Teuerung mit der „Bergwerkszeitung" nicht
einig. Dies« glaubt die Teuerung noch immer zu
einem wesentlichen Teil auf das „Steigen der
Löhne" zurückführen zu können. Sie ^glaubt es,
obwohl das absurd ist. Denn es ist doch erwiesen,
datz die Löhn« den Warenpreisen erst in weitem
Abstand folgen. Wie die späteren Lohn-
erhöhungen schon längst, «he sie notwendig sind,
die Preis« in di« Höhe treiben, bleibt ein Geheim-
nis, das zu lösen wir dem Uifternehmerblaft über-
lassen müssen.
Die weiter drohende Teuerung ist ein Bewrl»
für die Notwendigkeit wertbeständiger
Löhne, aus deren Erreichung die Arbeiterschaft
ihr Hauptaugenmerk richten mutz.

Zum Tode Strobels.

Heidelberg, 17. Juli 192S.
In den zahlreichen Nachrufen der Presse
kommt die große Bedeutung und allseitige Wert-
schätzung unseres verstorbenen Vorkämpfers Strobel
zum Ausdruck. Allerorts wird sein warmes Her;
und seine hervorragende Führerqualität gerühmt.
Vor allem wendet sich der Blick aber auch der Fa-
milie Strobels zu, die aus seiner Frau und vier
unversorgten, in der Schule oder Berufsausbildung
befindlichen Kindern besteht. In den Landtag wird
für den Genossen Strobel der Genosse Arnold-
Mannheim eintreten, der bereits von 1919—1921
dem Landtag angebörte.
Der Wille der Parteigenossen an der Bahre
Strobels kommt am besten im Nachruf des Vorstan-
des Sozialdemokratischen Vereins für den 6. bad.
Landtagswahlkreis zum Ausdruck, der schreibt:
Wir alle aber, die wir ihn kannten, ihn in seiner
Arbeit sahen, und mit ihm an dem Ausbau des So-
zialismus mithelfen durften, sind über den erlittenen
Verlust untröstlich. Nur das Gelöbnis, inseinem
Sinne weiter zu kämpfen und weiter zu
arbeite», bis das von ihm erstrebte Ziel erreicht ist,
vermag uns Tröster in diesen schweren Stunden zu
sein. Die Fahne des Sozialismus, die
ibm entsunken, wollen wir aufgreifen und weiter
vorwärts tragen bis zumSiege. Das fei unser
Gelöbnis an seinem Sarge, so wollen wir unse-
ren Georg Strobel ehren und ihn in dauerndem Ge-
denken behalten.
Mannheim, 16. Juli. Die „Bol Is-
st i m m e" betont in ihrer eingehenden Würdigung:
Für die Teilnehmer badischer Parteitage war es im-
mer eine Freude, Strobel präsidieren zu sehen. Mit
einer fabelhaften Virtuosität meisterte er die Ver-
handlungen. Der ihm angeborene Mutterwitz un-
fein gesunder Humor war oftmals der Balsam, der
Wunden nie schmerzen ließ und der Gegensätze in
leichtem Spiel zu beseitigen oder zu überbrücken
vermochte. Sei» enger Konnex mit dem pulsierenden
Leben der breiten Schichten und sein feines,
psychologisches Empfinden ließ ihn sehr bald
die leisesten Regungen der sozialen Bswe-
guugsgefetze erkennen und im sozialistischen Siime
ausiverten. Bei aller Popularität, der sich Strobel
im ganzen Lande erfreuen durfte, war »»kein de-
magogischer Schmeichler übler Instinkte.
Ganz im Gegenteil! Strobel konnte manchmal sehr
„grantig" werden und den Mut zur Unpopltlarität
haben; dies zeigte sich besonders in den Jahre» der
unseligen Partetspattung. Daß dieser Mut zum in-
neren Bekennen erst den Führer «lacht, hat sich an
Strobel richtig gezeigt. Seine Qualität zum
Führer wurde ihm nach der Wiedervereinigung
durch das Hm bet wiederholten Anlässen bewiesene
Vertrauen bestätigt. Was kann es für einen politi-
schen Führer Höheres geben als Vertrauen?
Dieses besaß Strobel beinahe grenzenlos. Mit
seiner Familie, der er ein vorbildlicher Vater war
und die er so früh nun verlassen mutzte, trauert das
ganze badische sozialistisch gesinnte Proletariat um
dcn derben Verlust, den Partei und Land erlitten
hat.
Karlsruhe, 16. Juli. Der „Volks-
fr eund"-Karlsruhe hebt hervor: Die badische
Sozialdemokratie verliert in Georg Strobel un-
geheuer viel. Sie verliert in ihm den ausge-
zeichncten Organisator, dm unermüdlichen
und wirksamen Agitator, sie verliert in ihm aber
auch einen Mann, der die selbstloseste Treue mit sehr
scharfem politischem Verstände paarte, und der ktng
und entschlossen stets des Wegs einhergcschritten ist,
der der Sozialdemokratie bei ihrer großen geschicht-
lichen Mission vorgeschrieben ist. Eine prächtige Do-
sts g e s u n d en H u mo r s, ehrlich« und unerschüt-
terliche Kameradschaft waren Strobel eigen; sie
wirkten stets versöhnend und ausglei-
chend, wenn einmal im Streite der Geisterund
Meinungen die Gemüter heftig aufeinanderstießen.
So war Strobel geradezu der geborenr Leiter
von Versammlungen und Konferen-
zen, wobei cs ihm auf di« Anwendung diktatori-
scher Maßregeln gar nicht aukmn, di« aber Dank fei-
ner Persönlichkeit stets gern getragen worden sind.
Strobel bar es aber nicht nur verstanden, bei seinm
eigene« Parteigenossen sich größte Achtung zu erwer-
ben, sondern auch bei allen Gegnern, die auch
einem politisch Andersdenkenden gerecht zu werden

vermög««. Und ungefähr um dieselbe Stunde, in
der Strobel die Augen zum ewigen Schlafe schloß,
vernahmen wir aus dem Munde des Führers
des badischen Zentrums Worte hoher An-
erkennung für unseren verstorbenen Freund. Im
Stadtcat zu Mannheini, dem Strobel angehörte,
wie im badischen Landtag, dessen Mitglied er war,
genoß Strobel ganz allgemein größte Achtung.
Freiburg, 16. Juli. Die „Bolkswacht"
in Freiburg erklärt: Was die unvergeßlichen ver-
storbenen Genossen Frank und Kolb für die geistige
Führung der Partei waren, das war Genosse Stro-
bel für das organisatorische Leben der-
selben in erster Linie. Wer als Mensch ihn kennen
zu lernen Gelegenheit hatte, der empfand hohe Ach-
tung vor der Seelenkultur und feinfüh-
ligen Herzensbildung wie vor den präch-
tigen allgemeinen Charaktereigenschaften dieses ech-
ten Proletariers. Als vortrefflicher Mensch
und als bedächtiger sachlicher Politiker
stand er auch bei den Gegnern in hoher Achtung.
Eine Frau und fünf Kinder trauern um ihren Er-
nährer und treubesorgteu Vater. Mit dem Genossen
Strobel sinkt ein Sohn des Volk«? im besten
Sinn« des Wortes ins Grab.
Singen, 16. Juli. Der „Volkswille" in
Singen äußert; Unter der scheinbar nüchternen
Außenseite glühte ein warmes Empfinden für alles,
was Genosse Strobel als groß und schön erkannt
batte. Die Partei, der er mit allen Fasern seines
Herzens diente, rechnet ihm ebenso wie die Gewerk-
schaftsorganisation, der er vorher seine Kraft wid-
mete, für alle Zeiten den Einsatz seiner ganzen P r-
sönlichkeit, seiner ganzen Arbeitskraft hoch an und
wird Georg Strobel nie vergessen.
Pforzhctm, 16. Juli. Die „Frete Pres s e"
in Pforzheim schreibt; Wohin man den Genossen
Strobel stellte, überall arbeitete er sich infolge seines
klaren Verstandes und sicheren Blickes rasch ein und
sein unermüdlicher Tatendrang, sein geschicktes Han-
deln und kameradschaftliches Wesen sicherte ihn» die
Sympathien der Genossen in Mannheim, wie der
des ganzen badiscben Landes.
Karlsruhe, 16. Juli. Zur Tätigkeit des
Genossen Strobel im Badischen Landtag schreibt
Genosse Weißmann u. a.: Innerhalb der so-
zialdemokratischen Fraktion galt sein
Wort viel; er War seit Beginn des letzten Landtags,
seit Oktober 1921, dritter Vorsitzender und im übri-
gen gleichsam das Verbindungsglied zwi-
schen dem Bezirksvorstand der sozialdemokratischen
Partei Badens und der Laudtagsfraktiou. Er
brachte die Wünsche der letzteren in der Fraktion
rückhaltlos zum Ausdruck und unterrichtete Ander-
seits wieder den Bezirksvorstand, dessen Vorsitzender
er bekanntlich war, über die geschäftliche und politi-
sche Tätigkeit der Fraktion. Dies« Personal-
union hat sich glänzend bewährt, und auch des-
balb hat die sozialdemokratische LandtagssraMon
an Strobel viel verloren. Sie trauert an seiner
Bahre, um den sympathischen Menschen, um den
steißigen und kenntnisreichen Mitarbeiter, der ganze
Landtag trauert um den tüchtigen Kollegen und be-
klagt seinen frühen Tod. Seine Landtagstätigkeit
bestand in Arbeit, Anregung und Förderung der
sozialistischen Ideen. Das wird ihm unvergessen
bleiben.
Karlsruhe, 16. Juli. Im „Badischen
S taat S an z e i g e r", der sich beim Ableben des
Genossen Strobel ebensowenig wie seinerzeit beim
tragischen Tode des Genossen Ludwig Frank zu
einem eigenen Nachruf aufschwiugen konnte, schreibt
ein Politiker u. a.: Der verstorbene Landtags-
abgeordnete Strobel gehörte zu jenen im Dienste der
politischen Ereignisse stehenden Männern, von denen
die Außenwelt nicht spricht, die sie ost auch nicht
näher kennt, deren Wirken aber für den Staat von
großer Bedeutung ist. Für ihn war die tägliche
Sorge: Wie kommen wir über die gegenwärtige
drängende und gärend« Zeit hinweg, ohne daß Reich
und Land größeren politischen Schaden erleiden?!
Er hat nicht nur seiner Partei, sondern auch dem
Lande Baden durch sein« öffentliche und organisa-
torische Tätigkeit vorzüglich« Dienste geleistet. Das
Fehlen solcher Männer ist gerade in den gegenwär-
tigen Zetten als großer Verlust für das allgemeine
Wohl zu buKen.

Internationale Lage.
Schwierigkeiten Baldwins.
London, 16. Juli. Bei seinen Bemühungen
um eine Intervention stößt Zawwin ans Schwierig-
keiten, deren Stärke noch nicht zu übersehen ist Es
machen sich nämlich Stimmen bemerkbar, die be-
haupten, daß die Politik der englischen Intervention
grundfalsch sei, weil sie Deutschland offensichtlich den
Rücken stärke. Es sei richtiger, Deutschland aus sei-
ner passiven Haftung heranszubringen und anzu-
erkennen, daß Frankreich in der Ruhrfrage der Stär-
kere sei.
Vor der Ueberreichung der
englischen Note.
London, 16. Juli. Die Ausarbeitung der eng-
lischen Note durch Lord Curzon ist abgeschlossen.
Sie wird vermutlich am Donnerstag übergebe»
werden.

Vom besetzten Gebiet.
Eine Völkische Verleumdung.
Elberfeld, 16. Juli. Ein üblor Ableger der
berüchtigten „Bergisch-Märkischen Zeitung" in El-
berfeld, die „Westfälisch« Landeszeitung" in Münster
veröffentlichte am Samstag eine Meldung über die
AuslieferungdeutscherSchupobeamt«
an die Belgier, um sie vor dem belgischen Kriegs-
gericht in Aachen avmteile» zu lassen. Es soll sich
um drei Beamte handeln, die in der bereits mehrer«
Monate zurückliegenden Hamborner Affäre verwik-
kelt sind, bei der der belgische Oberleutnant
Graff, der zunächst einen deutschen Schupomann
niederschoß, seinen Tod fand. Nach der „Westfäli-
schen Landeszeitung" sollen die „ansgelieferten"
Schupobeamte die Mörder des belgischen Oberleut-
nants sein. Wie wir von zuständiger Stelle erfah-
ren, trifft die Auslassung des rechtsnationalistisch«»
Blattes in Münster, die natürlich in der deu.sche»
Rechtspresse mit Behagen übernommen wird, nicht
zu. Di« drei »ach Aachen entsandten nicht ausge-
lieferten Dcbupobeamten sollen vor dem belgische»
Gericht lediglich als Zeugen veriwnwten werden.
Sanktionen.
Essen, 16. Juli. In Weitmar bei Bochum er-
eignete sich gestern abend in einem französischen Au-
lomobilpark eine Explosion. Die Franzosen habe»
daraufhin über den Bereich der in Bochum liegenden
Division, also über Bochum und Weitmar, den ver-
schärften Belagerungszustand verhängt.
Paris, 16. Juli. Nach einer HavaSmelduug
aus Düsseldorf sind die Thyssenwerke in Hamborn
gestern besetzt worden, mit der Begründung, daß sie
die Bezahlung der Kohlensteuer abgelehnt hätten
Es seien große Kohlen- und Koksvorräte beschlag-
nahmt worden.
Mainz, 16. Juli. Vor dem Kriegsgericht hatte
sich der Eisenvahn-Obersekretär Schäfer aus Oggers-
heim in der Pfalz zu verantworten, weil er Perso-
nen, die mit Regierügen fuhren, notiert hatte. Da»
Urteil lautete auf 12 I a h r e Ge f ä n g n i s.
Gegen die Sabotageakte.
Mainz, 16. Juli. Der Kommissar für die be.
setzten hessischen GMele hat einen Aufruf an die
Bevölkerung erlassen, worin di« Sabotage-
Akte gegen die Eisenbahnen entschieden ver-
urteilt werden.

Die Lage im Reich.
Zur Flucht Ehrhardts.
Aus Dresden wird uns geschrieben: Einen we-
sentlichen Teil der Schuld an der ungehinderten
Flucht Ehrhardts trisft zweifellos den Verantwort-
lichen Gefängnisletter, der seine vorgesetzte
Instanz am Freitag von dem Vorkommnis über-
haupt nicht unterrichtete, sich also insofern schon
gen seine Dienstpflicht verging. Zum mindesten ist
bei ihm der Verdacht der Begünstigung der
Flucht berechtigt. Wir glauben, daß es mit der
Verfügung des sächsischen Justizministers, daß der
Gefängnisdirektor vorläufig seines Amtes enthöbe»
ist, «ich, sein Bewenden haben darf, sondern de»
inzwischen aus dem Dienst Entlassene auch straf«
 
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