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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 151 - Nr. 160 (3. Juli - 13. Juli)
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Volkszeitung

«,schiifi»stui,deng—SUH«, «sprech
stunden der Redaktion: ll-ILUbt.
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Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Nnterbadische»
Werlagsanstalt T. m.b. H„ Heidel»
birg. Weschastrstelle: Schröderstr.W.
Tel.: Mrpedttion S«7S ». Redat.RN».

r«8ks-Zettmg sör tzie weMiNigkZevStterum der Amisvezirle Melbers. Wierloch. öwbew. kWinges. Lbervach. MosbaS. Suche». MüsSelw. Vorbers. rasSerbWvMela o. Menhelm

8. Jahrgang

Heidelberg, Samstag, den 7. Juli 1923

Nr. 165

MDkWWWnilM l'M«.
--- Heidelberg, 7. Juli.
Ja rasmdent Tempo, rasewder als die österret-
Hische Krone gestürzt ist, stürzt die Mark. Bis-
her har die volksparteiliche Regierung C^no
Noch nichts Durchgreifendes getan, um den Sturz
Ui hemmen. Die Minister der Schwerindustrie «be-
raten wohl, aber sie tun nichts. UM wenn sie
etwas tun wollen, so würden sie nichts tu» dürfen.
Stützung der Mark durch H ergäbe von Sach besitz
- die Industriellen und Agrarier würden ihre Mi-
nister nicht eine Stund: liinger aus den Stühlen
lassen, wenn sic so verwegene Plane auvacken
wollten.
Die LebenSmtttelpreise steigen vo»
^ag zu Tag, von Stunde zu Stunde; die
Kiiuserpantk Herrscht. Die Löhne kommen der ent»
wtzlich^n Geldentwertung, die die Warenpreise vor!
Tag zum andern um Ist, uni 20 Prozent em-
dvrtreibt, nicht nach- bei so schneller Geldentwer-
sinrg schafft selbst der Index nicht alles und die
Zutschen Arbeiter Haden noch nicht einmal den In-
dex!
Hunger- und Bestzwietflung bringen
die Massen t« furchtbare Erregung. Die MH-
^»igSkrise wird zur sozialen Krise. Die Folgen
m»d unabsehbar. Die Kommunisten auf der
kiuein, die Hakenkreuzler aus der anderen
Seite lauern auf die Gelegenheit, einen Ausbruch
der Verzweiflung der Massen zu einem Putsch aus-
Unnützen. Und am Rhein und an der Ruhr
'«uert die französische Armee auf den
Augenblick, M dem Deutschlands Selbstzerfleischung
'6r erlaubt, das Reich zu zerschlagLN Die Ge--
mdren, die Deutschland droben, werden ganz
E»ropa zur Gefahr. Vor allem erschtiüttert der
E^iurz der Mark den Weltmarkt abermals, die tn-
7üstrtelte Weltkrise wird abermals ver-
Mrft. Arbeitslosigkeit und Lohn-
in ganz Europa verstärkt. Führt die Krise,
we das ganze Gefüge der deutschen Volkswirt-
w'aft so entsetzlich erschüttert, etwa politische Er-
'^ülterunge!! in Deutschland herbei, dann stiirzt
°§nz Mitteleuropa in eine schwere politische
^ise.

Was sich seit Wochen tn Deutschland ereignet,
w unmittelbare Wirkung des Krieges an der Ruhr,
7^>l der französische Imperialismus gegen die deut-
>ch: Volkswirtschaft unternourmlen hat. Hat Frank-
."«> auch keine Reparationon erzwingen könn«l
'v hat es doch' etwas anderes erreicht, was zwar
sücht de« Massen des französischen Volkes, aber
Herren des sranzöspchen Militaristnus wich-
"Ker ist -als alle Reparationen: die vollstän-
dige Zerrüttung des deutschen Geld-
lösens und damit die Erschütterung des ganzen
putschen WirtschastSkörpers, die die französischen
florale lals wMornmene Gelegenheit ersehnen,
Zerstttcklungs-, die Annextons-
a n e, die 1919 a»l Wilsons und Lloyd Georges
Widerstand gescheitert sind, nachträglich durchzu-
^"ren. Die Organisation des Abwehrkrinpfes an
E, Ruhr hat Deutschland tn den 6 Monaten der
,, 'Atzung weit mehr als eine Milliarde Goldmark,
.nuabe 20 Billionen Papiermark geko-
die Folge ist jene ungeheuerliche -Vermehrung
da ^^Notenumlaufs, die den Markkurs so furcht-
«gedrückt und daniit das Reich tn eine so ent-
^iche Krise gestürzt hat. Und darin liegt heute
schlimmste aller Gefahren.
y. Die deutsche Sozialdemokratie bat diese
hwhr kommen sehen. Das war einer der stärk.
, w Beweggründe unserer Erfüllungspoli-
Wir müssen, so sagten wir immer wieder,
^UtschlmiHZ Reparationsverpfkichtu-ngen so wett,
si? das nur irgend möglich ist, zu erfüllen bemüht
Wenn wir nicht dem französischen! Jmpertalis-
z, , den Vorivand liefern ivollen, deutsches Land
annektieren, deutsche Stämme vom
Sem- e los; »re ißen, «das Deutsche Reich zu
fm, öven. Aber gegen die Erfüllungspolittk haben
dä.bie Deutschnationalen, die Deutsch-
hy'lisch en, -die Deutsche Bolkspartet,
tik" sich die Kapitalisten »nd die Agra»
l»st»! ""t allen Mitteln gewehrt. Denn Erfüllung
bhG Geld, und Geld wollen sie nicht opfern,
wenn darum das Reich zugrunde geht und
swnen Deutsche unter Fremdherrschaft fallen.
bder Erfüllungspolittk willen sind die E r z-
kex und Rathenau ernwtzdet worden.
Stz! der Erfülluugsvolitik willen ist die Regierung
d gestiirzr worden. Die Gegner der Ersül-
di^ Politik haben die Regierung Cuno,
gterung der Schwerindustrie,
Se^whi, E Frankreich eflMt-a-l Widerstand zu zei-
i„ Trankreich bat das mit dem Einmarsch
^beu s Ruhrgebiet beantwortet. Sic
kejul> clt, als der Widerstand an der
dix r-i ^wsetzis. Das war doch etwas anderes als
w yKe Erfüllungspofltik Wirchs! Scher zahlen
die D Ue auch jetzt nichts. Nichts sür
ddz E ckung ver Kosten des Widerstandes —
ähle^kte das schmähliche Ergebnis der Gold-
ietk!' Nichts für die Ermöglichung einer recht-
seitzj ken Beeudtgnng des Konflikts — das
Herausfordernd erbärmliche Angebot
o « strie. So blieb als einzige Waffe des
" * elk» k Widerstandes — die Banknoten-
Wochen sithlt das Volt ihre Wir-

Die Gegner der Ersül.

Schwerindustrie,

Meiden die egoistischen Kapitalisten van Schlot
und Halm in der ausschließlichen Macht, dann
ist Deutschland verloren. Di« lassen lieber die
Einheit des Reiches in Trümmer gelten, sie helfen
lieber den französischen Imperialisten zur Zerschla-
gung des Reiches, als daß sie von ihriem immense»
Dachbesttz etwas vergeben. Gewiß wünscht Eng-

land nicht di« dauernde Festsetzung Frankreichs
am Rhein und -an der Ruhr; denn die Vereinigung
der Ruhrkohle mit dem lothringischen Erz in
einer Hand würde der englischen Schwerindu-
strie, deren erster V-ertrauensenann gerade jetzt
England regiert, einen gefährlichen Konkurrenten
erzeugen. Richt einmal Belgien wünscht,

Die neuen Steuern.
Eine sozialdemokratische Kritik. — Das Bürgertum
lehnt eine politische Aussprache ab.

Berlin, S. In«.
Der Reichstag nahm tu allen drei Lesungen den
Nachtrag für 1923 an. Die neue Bekanntmachung
über Maßnahmen gegen den Woh nungs man-
gel wird nach -längerer Debatte in zweiter und
dritter Lesung angeuommen, desgleichen di« Vor-
lage über die Anpassung der W oh nunysbauabgäbe
au die Geldentwertung und der Gesetzentwurf über
die Erweiterung der Urlisten für die Schöffengericht«.
Beratungen der Dteuergesetze.
Reichsfinammtwister Dr. Hermes bt/et um
baldige Verabschiedung der Vorlagen über Erhebung
und Vorausbezahlung der Einkommen« und Kör-
Perschaftssteuer, womit der fortschreitenden Geldent-
wertung Rechnung getragen werden soll. Die früher
festgesetzten Zahlungen stehen in keinem Verhältnis
mehr zur steuerlichen Leistungsfähigkeit. Bet dem
neuen Maßstab wurde von einem Index abgesehen.
Der Gesetzentwurf setzt vom 15. August d. I. an
einen Multiplikator an, der dem Durchschnitt der
zahlenmäßigen Einkonrmensvermehrmtg möglichst
Rechnung trägt. Für die Körperschaftssteuer ist das
35fache der Vorauszahlungen festgesetzt worden. Bei
der Lohnsteuer ist beabsichtigt, daß bei Lohnzahlun-
gen in der Zeit vom 1. bis 15. eines Monats die
Ablieferung bereits vis zum 25. desselben Monats
und sür die zweite Hälfte der Lohnzahlungen bis
zum 10. des folgenden Kalen-ennonats erfolgt. Bei
der Umsatzsteuer kann die monatliche Voraus-
zahlung irtcht allgemein eingeführt werden.
Einigkeit dürfte darüber herrschen, daß die Ent-
wertuugsfrage im Geldenlwertungsgesetz nicht im
vollen Umfange richtig gelöst ist. Die Vorschriften
des Eiukommeitfteuergesetzes werden späteren schär-
feren Vorschriften Platz machen müssen. Bei der
Vermögenssteuer kommt nicht die technische Gestal-
tung des Problems in Frage, sondern die Aufgabe,
die Erfassung der Veriuögenswerte durch eine mue
Veranlagung sicherzustellen. Es muß bei den voll-
kommen veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen
statt der dreijährigen Veranlagung so schnell Wie
möglich bi« zum 31. Dezember 1923 eine mue Ver-
anlagung stattfittden. Für diesen Stichtag werden
die Vermögen festzustellen sein, und zwar für alle
Steuerpflichtigen. Das wichtigste Problem aber ist
die Bewertung. Es ist kein Zweifel, daß wir
uns njcht dauernd durch die Hoffnung auf Bessermtg
der Verhältnisse verführen lassen. So bedauerlich es
ist: Wir müssen «ns
noch für länger« Zeit auf die Markentwertung
einstellen und danach die Wune, r e wir steuerlich
erfassen ivollen, entsprechend bem-sfln. Die Schwie-
rigkeiten hierbei sind allerdings groß, da sich die
Werte (Aktien, Kuxe und Wertpapiere) sehr schnell
ändern. Ich beabsichtige darüber eine Enquete zu
veranstalten. Bet bestimmten Vcrmögensteilen wird
allerdings nichts übrig bleiben, a.s einen Arte-
denswert als sicher« Grundlage anzunehmen,
besonders bei land- und forstwtrttchaftlichen Grund-
stücken. Wetter halte ich eine Erhöhung der Wechsel-
steuer und der Börsewumsatzsteuer für erträglich.
Schon jetzt kann angenommen werden, daß das Er-
gebnis der Zwangsanleihe um das sechsfache über-
holt werden wird. Die Vor agen verfolgen weiter
ein« Verminderung d«r V >. r w a l i un g S ko sten.
Die Anpassung an die Geld.ntwec'ung soll bet der
Zündwarew und Leuchtmitt, .st>netn durch ein«
Wertsteuev von 20 Prozent erreicht werden, bei den
übrigen Verbrauchssteuern rst es bei festen Steuer-
sätzen verblieben. Nach dem Abschluß dieser Maß-
nahmen dürften wir auf dem Gebiete der Zölle und
Verbrauchssteuern durchweg zu etrcr Anpassung an
die Schwankungen des Geldinarices gelangen.
Das Einkommen ist bei uns weit stärker belastet,
als in den übrigen Ländern. E'n Papiermarkein-
kommen von 1 Million Mark war bei uns mit 16
Prozent belastet, in Amerika, Eng and, Frankreich
und Italien zum Teil steuerfr:t, tetls Welt niedriger
belastet. Unsere Umsatzsteuer stellt eine allgemeine
Belastung dar, wie sie in «nd nen Ländern nicht be-
kannt ist.
Abg. Dr. Hertz (Soz.f:
Der Verfall unserer Finanzen ist nicht allein auf
den Friedensvertrag zurttckzuführ«n: es kotnnten
Unterlassungssünden hinzu, für die wir
selber die Verantwortung trag-n. Nur knapp 24
Prozent unserer Ausgaben sind durch ordentlich«
Einnahmen gedeckt. Dafür ist i>ie schwebend« Schuld
ins Ungeheuerliche gewachsim. Sie bcdkutet
jetzt eine Belastung von täglich 20 OVO Mk. auf den
Kopf der Bevölkerung. Nicht einmal der Ruhrkrieg

wurde finanziert. Wir müssen jedoch die Kostin die-
ses Krieg;- zahlen. Das neu« Gesetz «nt.'vrtcht
schwerlich der Erkenntnis der wahren Lage, sondern
ist nur eine Konzession an di: Stimmung der dem
Lohnabzug unterliegenden Klassen Wir- brauchen
eine Besteuerung der Sachwerte ans der Grundlage
des Goldinder.
Di« steuerliche Belastung de» UrbritSeinlvmmeuv
ist tn Deutschland zweifellos erh«o'ich größer als m
jedem anderen Lande der Welt. Der Reallohn der
großen Masten des deutschen Bockes macht dabei nur
ein Zehntel bis ein Fünftel des Reallohnes in der
übrigen Welt ans. Dazu kommt noch die Vorbe-
lastung durch die Kohlensteuer und die Umsatzsteuer.
Trotz alledem würden die Sozialdemokraten im
Falle der Markstavilisterung und bei entsprechender
Besttzbelastung sich auch Verbrauchssteuern gegen-
über nicht gmndsätzlich ablehnend verhalten. Aber
die Zustimmung zu den hier vorgesehenen Ver-
brauchssteuern würde nur bednuen. das Sreuerun-
rccht zu vergrößern, ohne daß danirt ein steuerwtrt
schaftlichrr oder außenpolitischer Erfolg verbunden
sei. Wir haben gegen die Minerarwastersteuer und
gegen die Zuckeritcuer eine Rrih? Bedenken. Aus
wirtschastlicheu und gesundh.'ttltcheu Gr-ündeu leh-
nen wir die Zuckersteuer ab. Wir brauchen cine
grundsätzliche Reform unseres Sicnersystems. Mit
einem Zuschuß des Reichsverbandes der Juvnsirie
könnte für den Etat die Wage gehalten werden. Für
das weitere Defizit wäre ciue wertbeständige Volks-
anleihe am Platze. Die Lage ist ernst. Wir- ver
langen deshalb grundlegende Maßnahmen. (Beifall
bei den Sozialdernokraten.)
Abg. Höner (Ztr.) wendet sich gegen die von
der Sozialdeurokratie gewünschte weitere Erhöhung
der Einkommen- und Körprrlchaf-Lfteuer.
Abg. Dr. Scholz (D.VP.) erklärt: Die Belastung
des Besitzes darf nicht soweit g:m n, daß die Sub-
stanz gefährdet wird.
Abg. Helff er ich (D.N.) ich'.-ln die Schuld an
der Finanzkataftraph« auf PoinearL
Abg. Keinath (Dem.) erklärt, daß die ganze
Steuergesetzgebung auf die Grundlage einer Fest-
ma-rk gestellt werden muß.
Abg. Frölich (Komm.) tritt für Erfassung der
Sachwerte ein.
In der Einzetberatuug wendet sich Abg. Sotl -
mann (Soz.) unter Brandmarkung der verheeren-
den Wirkungen des Alkohols gegen die geplante Er-
höhung der Miuerattvassersteuer. Bei der folgenden
'Abstimmung wird dann das Miueralwassersteuer-
gesetz cchgelchut. Abg. Lange-Hegermann
(Ztr.) bringt einen uochmaligen Antrag für das
Mineralwasscrsteuergesetz ein. Er wird jedoch mit
175 gegen 115 Stimmen abgeleünt. — In nament-
licher Abstimmung wird der Antrag auf Erhöhung
der Biersteuer über die Regierungsvorlage hinaus
mit 156 gegen 143 Stimmen avgelehnt.
Eine bedeutungsvolle Geschäftsführungsdebatte.
Abg. Müller-Franken (Soz.): Wir beantra-
gen für morgen eine Aussprache über die politische
Lage. Dies ist sowohl aus außen- wie innenpoliti-
schen Gründen notwendig. Schon allein die ver-
brecherischen Sabotageakte zwingen dazu. (Unruhe
rechts.) Es handelt sich hier um Banden, die aus
Dhnantttverbrechen nicht nur einen Sport, sondern
ein Geschäft »rächen. (Beifall links, Mrmischer Tu-
mult rechts.) Ernste Sorge um das Schicksal des
Rheinlandes zwingt uns zu unserer Forderung.
(Lebh. Beifall links.)
Abg. Stresemann erklärt, die Bürgerliche
Arbeitsgemeinschaft und die Bawflche Volkspartei
lehnen eine solche Debatte ab.
Abg. Hergt (D.N.) wendet sich ebenfalls gegen
eine Debatte.
Abg. Müller-Franken weist auf die Schuld
der deutschnattonaseu Preßorgane für die Sabotage-
akte hin.
Abg. Dittmann (Soz.) bringt einen Antrag
ein, daß die bayerische Regierung bis zur Aushe-
bung der bayerischen Verordnung alles unterläßt,
was die Einheitsfront schädigt.
AbgchH ergt (D.N.) beanrrägt sür die preutzttche
Regierung Unterlassung alles dessen, was die Ge-
schlossenheit hindert.
Der sozialdemokratische Antrag, am Samstag eine
Volttisch« Debatte stattsinde» zu lasten, wird von de»
bürgerliche« Parteien gegen Vie Stimmen der So-
zialdemokraten mW Kommnniften avgelehnt.
Nächste Sitzung: Samstag. Kleine Vorlage».

daß Frankreich am Rhein und -an der Ruhr bleibe:
denn dann wäre ja zur ganzen Süd- auch die ganze
Ostgrenze Belgiens in Frankreichs Besitz, wär»
Belgien von Frankreich geradezu umzingelt. Und
tn Frankretch fürchten die paar Berirünfltgen, Be-
sonnenen, mit England und Belgien tn ernste»
Konflikt zu geraten, Frankreich vollständig zu iso-
lieren.
Aber diese außenpolitischen Hoffnungen lönne»
nur verwirklicht werden, wenn tn Deutschland selbst
völlig gebrochen wird m tt der kapitali-
stischen Politik, die -das Reich tn diese ent-
setzliche Krise gestürzt hat. Und dieser Bruch kann
nur unter der Führung der organisierten Arbeiter-
klasse vollzogen tverden. Nur wenn es der Arbei-
terklasse «elingt, vor allem die Anpassung -de»
Löhne au die Geldentwertung durchzusetzen, eh«
noch die Mastenverzweifluug Deutschland t» schwer-
ste Erschütterungen stürzt; nur wen es der Arbeiter-
klasse gelingt, den besitzenden Klassen Deutschland»
die Ovser a u f z n z w i n g e n, ohne die weder
der Geldentwertung Einhalt geboten werden kann,
noch die friedliche Beilegung des Streites um die
Reparationen möglich ist, nur dann ist Deutsch-
lMd noch zu retten Di« Politik des deutschen Ka-
pitals hat das deutsche Volk tn die -furchtbarste Ge.
fahr gestürzt; nur die Kraft der deutschen
Arbeiterklasse kann noch das deutsche Volk,
die deutsche Republik, die Einheit des Reiches ret«
ten.

KI» llMMklMkl MW
ZMWMr WMMMkr
* Heidelberg, 6. Zult.
Die Not des Volkes schreit zum Himmel. Immer
unerträglicher wird die Lage. Wenu auch angesichts
des Btllionendruckes der Cuno scheit Papiermark-
Wirt-schaft und der Rubrbesetznng eiue radikale Besse-
rung vorerst unmöglich, so müssen doch unbedingt,
so rasch als nur möglich, Ventile geöffnet
werden. Dies hat »ur
die üzialdrmokratifche ReichstagSf,aktiv«
dura, Einbringung folgenden Gesetzentwurfes getan:
Entwurf eines Strafgesetzes zum Schutze
der Währung.
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen»
das mit Zustimmmrg des Reichsrats hiermit ver»
kmwet wird:
A 1. Wer fremde Zahlungsmittel oder iver Edel-
metalle ohne berechtigten wirtschaftlichen Bedarf
gegen deutsche Zahlungsmittel lauft oder lo'chc
gegen Edelmetalle oder fremde Zahlungsmittel ver-
kauft, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren
bestraft.
Ebenso wird bestraft, wer mit Bezug auf Edel-
metall oder deutsche oder fremde Zahlungsmittel
andere Rechtsgeschäfte eingeht, von denen er ersinnen
muß, daß sie in ihrer Art geeignet sind, die de «t -
sche Währung zu schädigen. Wurde dir
Handlung in der Ab sich, begangen, die deutsche Wäh-
rung zu schädigen, so tritt Znchtbaussnafe brs zu
fünf Jahren ein.
8 2. Neben der Freiheitsstrafe ist auf
Geldstrafe zu erkenne». Die Höbe der Geld-
strafe ist unbegrenzt.
Die Edelmetalle oder ausländischen Zahlungs-
mittel, durch welche die Straftaten begangen wur-
de» oder werden sollten, oder welche durch die Straf-
tat gewonnen wurden, sind ohne Rücksicht auf die
Rechte Dritter einznziehen. Sind sie nicht er-
reichbar, so ist ihr Wert einzuziehen.
Außerdem wurde folgender Antrag eingebracht:
Der Reichstag wolle beschl'-ßcn, die Regierung
zu ersuchen, sofort auf Grund des Ermächtigungs-
gesetzes vom 24. Februar d. I. cine Verordnung zur
Erhaltung der Wcrtbestnndigkett sür die Gehalts-
und Lohnbezüge aller Arbeiter, Angestellten und Be-
amten in Reich, Länder und G:meinden zn erlassen.
Es ist zu bestimmen, daß die icweils vereinbarte
Entlohnung in ein bestimmtes Verhältnis zur amt-
lich festgestellten Kaufkraft dcr deutschen Reichs-
mark (Löhmueßziffer) gebracht wird. Zu dem je-
weils vereinbarten Grundlobu tritt ein Zu-
schlag nach dem Verhältnis der durch den Lohn-
index wöchentlich ermittelten M-ud-rung der Kauf-
kraft der Mark. Der Lohnindex setzt sich zusammen
aus dem amtlichen LebenSlialtuugsindex und ciuem
mit den zuständigen Organisatioa-n zu vereinbaren-
den Meßsaktor, durch welchen die in der Lohnzah-
lnngswoche zu erwartende weitere Preisiinderung
Berücksichtigung findet;
für die Beamten und die auf Privat-
die ust vertrag tätigen Angestellten sind diese
Grundsätze sinngemäß anzuwcnden;
nach dem gleichen Index sind die Sozial-
renten und U n 1 e rst tt tz un g c n wertbeständig
zn gestatten;
die zuständigen Stellen anzuweisen, Tarif-
verträge. die Klauseln zur Sicherung de«
Wertbeständtgkeit des Arbeitseinkommens enthal-
ten, für rechtsverbindlich zu erklären;
für die Angestellten in privaten Unter-
nehmungen die mindestens 14tägige Ge-
haltszahlung auzuordnen:
Aufträge des Reichs nur an solche Fir-
men zu vergeben, die für ihre Arbeitnebmer die
 
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