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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
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Heidelberg, Mittwoch, den 18. J«N 1S2S

Re. 1«4

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Jahrgang

einige Aenderungrn erfahr«» werde. ES sei
daher unwahrscheinlich, daß die Antwort
mit der Manttlnott vor Ende der Woche in den
Händen der anderen Eierten Regierung«» sein
werde. Der „Daily Telegraph" hält S dagegen
für möglich, das; die Absendung an die Alliierten
am Donnerstag erfolge.
London, 17. Juli. Ueber den gestrigen Be-
such des französischen Botschafters bet Lord Curzon
ineldet der „Daily Telegraph" halbamtlich: Die
englische Regierung hat die Gelegenheit dieses Be-
suches wahrgenommen, um ihre Ueberrafchung
Über die Rede des französischen Ministerpräsidenten
in

Vom besetzten Gebiet.
Schupo und Sabotageakte.
Aus Elberfeld wird uns geschrieben:
Am 12 Juli abends entdeckten Zivilisten in der
Nähe Elberfelds in einer TannenseyvnuM versteckt
«ine Maschincngewcvrpistolc und acht
Gewehre. Die Besitzer waren Stahlhelm-
leute aus dm Wuppertal. Sie wollten der sraln-
;öfischen Wache, die an der Grense Elberfelds liegt
und häufig in einem Gasthaus im unbesetzten Ge-
biet verkehrt, eine „Lektion" erteilen. Di« Zivilisten,
die tu der Nähe des Wtrtsuauses wohnten und die
Waffen entdeckten, bemühten sich das Undeirnehmen
;u verhindern, dessen Verwirkltckung natürlich
harte Repressalien nach sich gezogen hätte
Deshalb 'benachrichtigten, sie die Etbersc'Wer Schupo
Als Mse nicht erschien» brachten sie selbst die
Waffen in einem Haus unter. Einer der Zivi-
Uten, der sich spater persönlich nach ELberMd be-
gab, um erneut die Schupo zu benachrichtig«»,
wurde unterwegs auhg.-griffen und ernstlich am
Kopfe verletzt. Erst nach wiederholter Mahnung
griff das Ueberfalltommando der Schupo wider-
willig ein und beschlagnahmte die Massen, he-
ran Fabrikationsstempel aus das Jahr 1920 kautet::
Interessant wäre, ,u erfahren, wo h cr die Waf-
fen stammen? Das Verhakte» der Elberfelder
Schupo ans Anlaß des Zwischenfalls erweckt den
Eindruck, als ob sie nähere Auskunft über die Her-
kunft der Waffen Hätte gebe.» können.
Die Ursache der Sperreverlängerung
Dortmund, 17. Juli. (Eig. Bericht.) Nach
einer Mitteilung des kommandierenden Generals
der dritten Liniendivtston 'n Dortmund, General
Douchy, an den Polizeipräsidenten tn Dortmund er-
folgte die zehn tätige Verlängerung der
Verkehrssperrc wMM der angeblichen Miß-
Handlung der am 11. Juli bei Rausdorf inhaftierten
und später von der Barmer Schupo ins besetzte Ge-
biet ab geschobenen fünf franzi-sischen Soldaten und
zwei Zollbeamten.
Die französische Geiselpotttik.
Dortmund, 17 Juli. Für die tu Duisburg
seinerzeit von den Etnbruchstruppen inhaftierten 26
Geiseln anläßlich des ExplosionsunglückS auf der
Moinbrücke sind in den letzten Tagen 6 Herren in
höherem Lebensalter gegen 6 jüngere Duisburger
Bürger o-usA-tauscht worden, die sich freiwillig ge-
stellt Hütten. Insgesamt hatten sich 80 Duisburger
Bürger als Austauschgeis.-ln gemeldet. Der Aus-
tausch der restlichen 20 Geiseln 'wurde von den Ein-
bruchstruppen abg.-lebnt.
Vor neuen Sabotageakten?
Paris, 17. Juli. Nach einer Meldung aus
Vervters, die das „Journal" wiedergibt, soll in
der Nacht zum 16. d. M. auf der Eisenbahnlinie
Aachen Rheinischer Bahnhof—Aaachen West -One
belgische Schtldwache eine Person entdeckt haben,
die den Versuch machte, auf dem Bahnkörper ein
Loch zu graben, um dort einen Explosiv kör-
per einzufetzen. Neben dieser einen Person habe
man drei weitere Personen entdeckt, die die
Umgegend überwacht hatten. Als ein belgischer
Soldat sich genähert habe, hätten diese drei Per-
sonen geschossen. Ein anderer Mann der Wach«
aber habe den Deutschen, per auf den Schienen be-

Sozial-Attaches.
Genosse Johann Sassenbach,
Sekretär des Jnternattonatzen Gewertz-
schaftsbundeS, schreibt:
Unter vorstehenden Titel habe ich im Januar
^-1 im ersten. Hefte der vom JGB. horausgegebeneu
Eilschrift „Die Internationa Gewerkschwftsbcwe-
b"ug" eine» kurze» Artikel veröffentlicht, der sich
wft einom Beschlüsse des Internationalen Gewerk-
chassllongresses voni Jahr: 1919 beschäftigte. Durch
"neu von Slppleton-England, Jouyaux-Frankreich
md Sassenbach-Deutschland gestellten Antrag, der
Otstimmig Annahme fand, wurden die Regternn-
Mn aufgefordert, ihre» Vertretungen in den
tzRwtskchlich in Betracht kommenden Ländern aus
Arbeiterbewegung hervorgegangene Sozial-
^'iachss beizugeben, dis von den Gewerkschaften
.AzUschlag.«n sind. In demsölben Artikel habe ich
Ausgaben der Sozial-Attaches und die Eigen-
ichafien geschildert, di« eine solche Persönlichkeit ha-
"i muß. Ich konnte dabei darauf Hinweisen, daß
deutsche, schwedische und norwegische Regierung
"ieits den Anfang mit einer solchen Vertretung
Mnwchl hatten.
Es dürste jetzt an der Zeit fein, auf dies« "luge-
ftteicheft znrüÜzu kommen, da die Gefahr be-
/vi, daß dieser Beschluß eines internationalen
'Rkgreffts in Vergessenheit gerät. Die norwegische
Mernng hat bereits ihren Berliner Sozistl-Alta
zurllckberufcn, in Schweden bestand einjunl
les«we Absicht, und die Stelle, die ich selbst als
Origer deutscher Sozial-Attachs bei der Botschaft
Ku,. einnahm, ist noch nicht wieder besetzt. Von
«ttereit Ernennungen von Dözias-Attachös ist mir
bekannt.
Meine Tätigkeit in Rom hat mich in der Ruf-
: iw»g bestärkt, daß die Arveiterschnft darauf beste
" Muß, hei der Vertretung ihrer Länder in frem-
lai^en beteiligt zu sein. Die Vertretung im Aus-
sowohl in leitenden wie in nachgeortdncten
sel,"b" bisher, von wen-gen Ausnahmen abge-
Privilegium einer besonderen
die E. gewesen, auch in solchen Ländern, in denen
'i^bEerfchast einen groften Etnftutz ans die in-
, .^Avalltung hat. Dieses ist teilweise darauf
U^^Mhren, daß in vielen Staaten durch die
auw x ^ne Anzahl Personen, die früher im
Sew Dienst tätig waren, noch nicht unter-
inh«» * werden konnten. Die Arbeiterschaft kann
ivvr,^ ihren berechtigten Ansprüchen nicht
I >en, bis der letzte Legiarionsrm oder Attacke wie-
einen Wirkungskreis.gefunden hat.
alle Htnzuftisung von Sozial-Attaches zu
ledg^ 'Auslandsvertretungen braucht nicht einmal
dort werden, es genügt als Anfang, wen» sie
^'"»gegliedert werden, wo besondere Umsiänd
i>>ir» wünschenswert machen. Für England
1?., dieses tn erster Linie bei den Vereinig-
te, .waten von Nordamerika und be'
D x „, " enen Kolonien der Fall sein; für
ttzn.ichland bet den angrenzenden Ländern
dtx Tschechoslowakei und Rußland;
l>e» fetter schäft d.-r Nachfolgestaaten der ehemali-
kalls " i "°>chrsch-unP,rischen Monarchie hat eben
lle» a," großes Interesse darum, bei der gegen seit!
"»d ^"vstung beteilig« zu fein. Italien, Polen
^rg,,^ Wechoslowe.'° i senden viele Arbeiter nach
^ich, Mer deren Behandlung öfter geklagt
Listen ^W'ial-Attachös könnsn dort gute Dienste
der,,.,' Sovaid eine größere tiibersee'.sche Auswan-
kchüft . ^Wder inögltch wird, dünste die Arbeiter-
ivch ^.wwohl der AuswanderungS- wie der Ein-
tzr,, "^""wsländer daran intevsssiert feint bei
ih ! ^"slandsvcrtretungen einen Vertrauens mann
b8ii»,."^- Eine Vertretung bet den großen euro-
ih -m'! Stellen ist wünschenswert, kommt Wer erst
' E« Linie.
^'r «x sich empf-hten, daß die Gewerk,chaston
"U; """Der diese Angelegmhcit von neuem
*W>ge„ .'en und mit Anträgen an ihre Regte-
!ft,, h" "erantretcn; es dürste sich aber amh cmpfeh-
^tsmbw'ts jetzt gewisse Vorbereitungen zu lnsfen
,> Etgonfchaften ein Sozial-Attachö haben
in dem zu Anfang erwähnten Artikel
werden, nur eine Eigenschaft set hier
r a ek hervorgevob-u: Kenntnis der
^-grhö. des Landes, in dem der Sozial-
>- Tätigkeit austtbt
,w Aoril^ "icht die Gewerkschaften, die unbedingt
s rh wsiagsrccht verlangen müssen, bereits jetzt
^si'e» "ach geeigneten Personen aus ihren
§/üdf„ wlteu und sie veranlassen, sich mst dem
kn 'tu bestimmten Sprache zu beschäftigen?
d?w"en "uch später nicht zu etner Ernennung
et/W dz» "so wäre lein Unglück angerichtet,
S?'"' ^bnntnis einer fremden Sprach« wird
^werxs wnsthe» immer dienlich sein. Wen« die
»lm " imstande sind, jederzeit geeignete
b'wrlie^ "vrzt,schlagen, w-nden ihre berechtigten
K-Wämt i,, Wter durckzuschen sein, als wenn sie
"eich^i Ästchen müssen, daß sie keinen Anwär«
^^wiinen.
^^ternationale Lage.
tßö^°"do brache Antwortnote.
dgf"' Juli. Reuter erfährt, es sei
' Entwurf der britischen Antwort
'we Note gm Mittwoch im Kabinett noch

Senlts zum Ausdruck bringen zu lassen.
Warnung vor Optimismus.
London, 17. Juli. (Privattelegr. der Frkft.
Zeitg.) Aus Deutschland vorliegende Stimmen be-
weisen, daß die Aussichten der englischen Aktion
weit überschätzt werden. Obgleich der eng-
lische Weg für eine spätere Lösung der Gesamtfragen
vermutlich förderlich ist, bietet er keinerlei Ge-
währ für eine baldige Beilegung des Ruhrkamp-
ses.
Die Reise von Benesch.
Paris, 17. Juli. Der tschechische Mittlsterprä-
sidcnt Benesch, der einige Tage in London verbrächt
hat, wo er Gelegenheit hatte, sich mit Baldwin und
Lord Curzon zu unterhalten, ist in Parts eingetrof-
fcn. Er wurde, wie eca aus Paris meldet, von Mil-
serand empfangen, der ihm das französische Groß-
kreuz überreichte und sich lange mit ihm unterhielt.
Aus politischen Kreisen wird bekannt, daß Benesch
im Laufe dieser Unterredung Millerand über seine
Eindrücke in London in Kenntnis gesetzt und über
seine Besprechungen mit der englischen Regierung
unterrichtet hat.

schäftigt gewesen sei, durch einen Gewehrschuß
getötet Es handele sich um einen deutschen
Eisenbahner, der zum Etsenbahndepot in
Aachen gehör« habe.

Frankfurt, 17. Juli. Im Taunus nördlich
Von Eltville wurde ein Geldtransport in Höhe
von 27 Milliarden von den Franzosen beschlag-
nahmt.
Essen, 17. Juli. Die Stadt Reckling-
hausen wurde aus noch nicht bekannten Grün-
den mit einer Geldbuße von 700 Millionen
Mark belegt.

Die Lage im Reich.
Zur Flucht Ehrhardts.
Leipzig, 17. Juli. Ein Teil des Gefängnis-
personals des Leipziger Uiitcrsuchungsgefängnissss
in der Beethovenstraßs ist in Haft gmomnren wor-
den.
Dresden, 17. Juli. Wie die „Dresdener
Volkszeitung" erfahren haben will, besteht gegen
den Leipziger Gefängnisgeistlichen Ver-
dacht, an der Flucht Ehrhardts mitgewirkt zu haben.
Deutschvölkische Frechheit.
Berlin, 17. Juli. Der deutschvölkische Ab-
geordnete Wullehat an Reichskanzler Dr. C u n o
ein Schreiben gerichtet, worin er sich auf eine Mit-
teilung des „Deutschen Tageblattes" über einen
Aufmarfchplan der proletarischen Hun-
dertschaften und einen Plan der Verseuchung
der Reichswehr beruft und anfragt, was er zu tun
gedenke, um den bevorstehenden Bürgerkrieg
zu verhindern.
Wir hoffen, daß Herr Cuno dem deutschvölkischen
Führer, der wohlweißlich von den National-
sozialist i s chen Verschwörungspläuen
schwieg, die gebührende Antwort geben wird.
Ein deutschvölkischer Fiasko.
Aus München wird uns geschrieben:
Hitlers Versuch, das Turnfest für seine
Zwecke zu erobern, ist kläglich »riß glückt.
Die für Montag airgesagte Versammlung wurde
verboten. Ein starkes Schutzmannsaufgevot hütete
die Zugänge zum Zirkus Krone. Der „Völkische
Beobachter" ist ans 8 Tage verboten, seine beiden
letzten Nummern beschlagnahmt. Belustigend wirkt
die bewegliche Klage tn der Samstagnummer die-
ses Blattes, daß die Festleitung des Turnfestes den
Schützer der deutschen Heimat, Ludendorsf,
erst am 14. Juli sozusagen als letzten Gast einge-
laden habe, während krauslockige Liganoindianer
verhätschelt wurden. Der Einfluß der Hakenkreuz-
lcr auf das Turnfest beschränkte sich im übrigen nach
dem kläglichen Fiasko am Samstag auf dte nächt-
liche Eroberung einer schwarz-rot-goldenen Fabne
auf einem Mast des Hauptbahnhofs.
Ein Münchener Polizeiskandnl.
München, 17. Juli. (Eig. Bericht ) Das
Vorgehen der Polizei gegen die Hitlergarde und ge-
gen die von ihr mißbrauchten Turner hat die naiio-
nalsozialtsttsche Parteileitung und
die mit ihr sympathisierenden Kreise Münchens tn
große Entrüstung versetzt. Hitler selbst
hat noch am Samstagabend ein Extrablatt seines
„Völkischen Beobachter" herausgegeben, in dem er
in einem Offenen Brief an die Bayerisch« Re-
gierung den allerschärfsten Einspruch erhebt und
die Erklärung abgibt, daß er und seine Partti es
nun ab lehnen, der Regierung ferner-
hin al» Notpolizei zur Verfügung zu
stehen. Verhält es sich in der Tat so, daß die
h akenkreuzlerischen Sturmtrupps von
der bayerischen Regierung und, was wohl wahr-
schcinlich ist, von der Poltzetdirektion München als
Notpolizet verpflichtet worden sind, dann mutz
man dies als einen unerhörten Skandal
bezeichnen, der politisch nicht ohne Folgen bleiben
dürft»
Der bayerische Landtag will keine
Klarheit.
München, 17. Juli. Die sozialdemokratische
Interpellation über den Hochverratsprozetz Fuchs
kam heute im Landtag zur Behandlung.
Abg. Saenger (Soz.) wies tn seiner Begrün-
dung darauf hin, daß nach den Ergebnissen des
Prozesses Frankreich feine Zertrümme-
rungspläne gegen Deutschland nicht aufgegeben
habe. Frankreichs Pläne würden in der deutschen
Sozialdemokratie immer den unerbittlichsten Feind
haben. Was die innerpolttische Seite des Prozesses
anlange, so set zweifellos, daß Fuchs eine grotze
Zahl von Hintermännern gehabt habe.
Hätte man den jetzigen Regierungspräsidenten v.
Kahr, Herrn Pöhner, Rupprecht von Mt-
ttlsbach, Freiherrn v. Cramer-Klett als Zeu-
gen vernommen, so wäre die Frage der Hinter-
männer geklärt worden. Frhr. v. Cramer-Klett hätte

wissen müssen und habe es sicherlich gewußt, daß
Richert dir Seele der Bedrückung der Deutschen
im Saargebtel set. All« diese Leute hätten den
„dolus eventnaliS" gehabt, Bayern vom Reich
zu trennen. Entscheidend sei, daß Rupprecht
bereit gewesen set, den französischen Oberst Richert
zu empfangen. Warum sei Pöhner nicht eidlich
vernommen worden, warum nicht General Möhl?
Dte eidliche Aussage des Oberamtmannes Frick
sei ein Skandal. Sei gegen Frick ein Disziplinar-
verfahren eingeleitet worden? Was Fuchs „en mi-
niatnre" getan habe, das Hütten andere in viel grö-
ßerem Maße getan. Dieser ganze Misckmasch von
Lügnern und Ehrgeizigen, von Halb- und Ganz-
verrückten, sei bei der bayerischen Staats-
regierung und den ihr unterstellten Organen
ein und ausgegangen. (Der Präsident verwahrt dte
bayerische Regierung gegen, diesen Vorwurf. Star-
ker Lärm bei der Sozialdemokratie.) Der Redner
bleibt bei seiner Behandlung, da er nur objektiv Er-
gebnisse des Prozesses feststelle. Das weitere Er-
gebnis des Prozesses sei, daß Fahnenweihen
der Vaterländischen Verbände mit französische!»
JudaSgeld bezahlt worden seien.
Minister des Innern S chweyer bezeichnete es
als Verdienst der Vaterländischen Verbände,
daß ihre Angehörigen den Hochverrat aufgedecki
hätten, behauptete, daß nach dem ErgebnW des Pro-
zesses für den Separatismus in Bayern kein Platz
sei und brandmarkte das Spiel mit dem Diktatur^
gedanken. Als ein Mann, der auch heute noch d e nk
H a u s e W i tte l s b a ch D a n k u nd E h r f u rch«
zolle, stelle er als Ergebnis des Prozesses mit
Nachdruck und Befriedigung fest, daß alle Versuche,
den Prinzen Rupprecht in dte Angelegenheit
hereinzuziehen, kläglich gescheitert seien. Richert sei
es durch Empfehlungen einwandfreier Per^
s ö n li ch k e t t e n gelungen, AusenthaltsertanbniA
in Bayern zu bekommen.
Dse Besprechung der Interpellation wurde hier-
auf abgelehnt. (Beifall bei der Bayerische«!
Volksparttt; lebhafte Unruhe und Entrüstungsrnfe
links.)
Der deutsche Dreyfutz-Skandal.
Mit nchen, 16. Juli. (Eig. Bericht.) Ein an-
gesehenes Provtnzorgau der Bayerischen Volks-
Partti, die „Donan-Zeitung" in Passau, in der —
solange er noch aktiver Politiker war — der Dom-
pfarrer Pichler die bekannte weiß-blaue Zentrums-
politik machte, beschäftigt sich in seiner letzten Soun-
tagKausgabe mit dem Falle Fechenbachtn
etner Politisch auherordentlich bemerkenswerten
Weise. Entgegen der bisher streng ablehnenden
Haltung der Bayerischen Volksparttt gegen dte Po-
litik an dem Fechenbachurteil wird hier tn einem
längeren Artikel von einem bayerischen Juristen
dessen Name aber nickt genannt ist, rundweg er-
klärt, daß das Urteil gegen den „Landesverräter'
Fechsnbach zweifellos falsch war. Und dank»
heißt eS wörtlich:
„Das ist jedoch erst klar geworden, als del
Kammergerichtsrat Freymuth t«
einer im Mai ds. Js. erschienenen Broschüre zum
ersten Mate den Wortlaut des Ritter-Telegram-
mes veröffentlichte. Wegen des Rttier-Tele
gramms ist Fechenbach zum Zuchthaus geschickt
worden. Man mag über dte Schuld Fechenbachs
heute noch streiten. Der zwingende Punkt liegt
anderswo: Dte Veröffentlichung des Ritter-
Telegramms durch Fechenbach erfolgte in«
Jahre 1919, das Verfahre» vor dem Volks-
gericht aber erst 1922, ohne daß die Verjäh-
rungsfrist unterbrochen war. Feckenbach sitz«
also wegen eines verjährten Presse-
deliktes im Zuchthaus. Auch der Reichs«
justizminister Hai sich jetzt zu dieser Ansicht be-
kannt. Aber um des lieben Friedens willen,
oder sagen wir es ruhig, aus innerPolitischeN
Gründen, sieht dte Reichsregierung in dem Vor-
schlag. den der bayerische Gesandte im Reichs-
tage machte, Begnadigungsgesuch FeckenbackS
und Nachprüfung des Urteils durch das bayerisch«
Oberlandesgericht den besten Weg aus dem ju-
ristischen Irrgarten. Es ist der einzig mögliche
Weg. Die Aufklärung durch das Oberlandes-
gericht wird also heute öffentlich diejenigen beru-
higen, die in dem Fechenbach-Nrteil mit wachsen-
der Entrüstung einen deutschen Dreifutz-
Skandal, eine Verletzung des allgemeinen
Rochtswillens und eine Gefährdung des Vertrau-
ens zur deutschen Justiz sehen wollen . . ."
Mau darf gespannt sein, wie die offizielle Politik
der Bayerischen Volkspartei zu dem Passauer Be-
kenntnis sich stellen wird.
Detmold, 17. Juli. Die Oberste Landes-
behörde ist an die preußische Regierung mit bestimm-
ten Vorschlägen herangetrelön, um Wer die Bedin-
gungen des Anschlusses von Lippe-Det-
mold an Preußen zu beraten. Preußen ver-
langt in dieser Frage einen Volksentscheid in Lippe-
Detmold.
Berlin, 17. Juli. Der Journalist Walter
Oehme, gegen den bekanntlich ein ähnliches Law«
desverratsverfahren wie gegen Fechenbach schwebt,
hat deshalb dem Präsidenten des Reichsgerichts
mitgeteilt, daß er entschlossen sei, das Hauptver-
fahren durch Anwendung aller Mittel, gegebenen-
falls auch durch Eintritt tn den H u n g e r st ret k,
noch ft» Mona« Juli herbeizuführen,
 
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