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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
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6- Jahrgang

Heidelberg, Montag, de« 23. Juli 1923

Nr. 168

Al^rr»«»»: Monatlich einschlirtzl.
Ml. 1SVV0.—. Anzeig.n«
einspalt. Petitzeile oder
k'"« Raum <3« mm breit) Mk. t^°r.
Auswärtige Mk. LI". Reklame-
LNjeigen (7i mm breit) Mk. für
auswärtige Ml.küM. Bei Wieder-
«vlungen Nachlaß :Tarif.

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Eine unvollkommene
Denkschrift.
Von PH. Scheideina n u
Die Reichszeiuralc für Hennrtvieust, der wir
"Eben manchen Wcrstüssigen Publikationen auch
"Nige wertvolle Schriften verdanken, hat soeben
""e Denkschrift vcrösfentlicht, die i,n ZcntMlvcrla«
-»i.b.H. zu Berlin crschicmn ist unter dem Titel:
"Die Entwicklung der Reparalionssrage." Der
Erste Satz der Schrift, die eine Fülle wertvoller und
,!'r den politisch Interessierten geradezu unembehr-
Uchez Material enthält, lautet wie folgt: „Aus den
^lgeuden Blättern wird wolll in kalcndcrmäßvg.'r
^lrfzeiwniung der Gang der Pöltschen und wirt-
^chastlichen Ereignisse seit dem militärischen Znsam.
'N-Ubruch Deutschlands dargesttllt. Eine sachliche
^llviivanderreihuug von geschichtlichen Tatsachen,
^hne ein Wort der Erläuterung und des Kommen^
'^s." Mil einer solchen sachlich-kalendermäßigen
^fzeichnuug könnte man sich freudig einverstan--
Eh erklären, denn die Saucen, in denen uns osfi-
^ll und offiziös zusammengestellte Tatsachen ost
werrcicht werden, sind den meisten Politikern ohne-
zuwider.
Leider sind die zusammcngestellten Tatsachen, ge-
een die im übrigen nicht dcr geringste Einwand er-
«ben werden soll, nicht vollständig. Statt aller
-tteren Betrachtungen mögen zwei fehlende ge-
^Htige Tatsachen vier angeführt werden. In der
^ENkschrjst heiszt es:
. 27. 9. 18: Rede Wilsons in Rewhork . . . Alle
'üteruaiionalen Abmachungen und Verträge mich
vollinhaltlich der übrig« n Welt mitgetcilt
Deutsche Note an Wilson- An-
Punkte; Bitte um Frtcdensver-
zwischen dcm 27. 9. und dem st.
i
23 ic

Wensen"
»st. 10. 18.
llrvhMe der »4
Handlungen."
Hat sich denn zion-m» 2«. V. I«uo onn i».
ltm-^ Wirklich gar nichts ereignet, das unter allen
^ständen hätte verzeichnet werden müssen?
chW ez denn, das; am st. 10. Präsident Wilson von
d^lut aus um Frieden gebeten wurde?! Aerad«
ist auffälligerweise in der Denkschrift berget
?, worden. Deslialb soll es hier zu Nutz u. Front-
rn aller, sie historische Tatiachen von grösster Be-
sticht verwischen lassen wollen, nachgetragrn
^erdeis.
, g, zz Die Oberste Heeresleitung
;^^-!churg-LudN!dorsf) fordert vom Reichs-
'r r die sofortige Herausgabe eines Friedens«!»
wsts NN die Entente.
Hr 0. 18. Der Reichskanzler Prinz Mar von
Nm"' der mit der Bildung einer neuen, auf de-
iratischer Basis zu errichtenden Negierung be-
..^fstgt war, läßt den Vertreter der Neichsregie-
bei der Oberste« Heeresloitnng, Freiherr« v
x telegraphisch und telephonisch cinweisen,
öen^"durg und Ludendorff wegen des überraschen-
«chreies nach Frieden sofort zur Rede zu stellen.
te«p ^0 18. (vormittags) Freiherr von Lertzuer
r.^iaphjert den Reichskanzler aus dein Groszen
' "'»chguatier:
--General Ludendorff erklärte mir. das; unser
Angebot von Bern aus so forst nach Wailiing-
"i weitergehen müsse. 48 Stunden könne die
r»ree nicht ivaclcn. Er bäte Eure Exzellenz drin-
chRdst, ulls zu tim, damit das Angebot auf aller
wehste Weise durchläme.
j ^ch Wies deutlich darauf Hin, da st der Feind
aller Beschleunigung kaum vor Ablauf einer
d "He antworten werde. Der General betonte,
so", alles darauf ankäme, das; das Angebot bis
j Astens Mittlvoch nacht oder Donnerstag früh
den Händen der Entente seilt müsse und bittet
ken^ Ekselleuz. ulle Hebel dafür in Bewegung zu
lelle»' Slaube, das; zur Beschleunigung viel-
die Note von der schweizerischen Regierung
bMf ^.^unkspruch von Nauen an den Adressaten
, Schweizer Chiffre gegeben werden könne."
i IS. (mittags 1.20 Uhr) telegraz hielte Hin-
"WLudenüorfs an dun Vizekanzler v. Payer:
Zj"^onn bis heute ad end 7 bis 8 Uhr
tz-Aerheit vorhanden ist, daß Prinz Max von
^iik? die Regierung bildet, so bin ich mit dem
' > ch u h vis morgen einverstanden. Sollte
die Bildung der Regierung irgendwie
sre^chafl sein, so halte ich die Erklärung an die
st. Regierungen heute nacht für geboten "
^Eh telegraphiert Prinz Max, der inzwi-
"che ^stEf'Ell Reichskanzler geworden war und die
eitsthch ''""itg gebildet hatt, an die Oberste Heeres-
dexE""or ich mich über die Einleitung der von
gewlinischten Friedensaktion schlüsstg
lhlltz,' beehre ich mich Euere Exzellenz um Stel-
1 "Hille zu folgenden Fragen zu bitten:
ie<hs„ stLie lange kann die Armee den Feind noch
2, der deutschen Grenze halten?
"^llbrii K die O.H.2. einen militärischen Zwam-
Ester erwart.-n und bejah-ndensalls in wer-
"ivsech, "? Würde dcr Zusamnienbruch das Ende
3, lltililärischen Widerstandskraft bedeuten?
luilitärische Lage so kritisch, das; so-
Ltied/ „Akl'on mit dem Ziel Waffenstillstand und
4, - "»geleitet werden muß?
a ^i-e "'s,Fall, daß die Frage 3 bejaht wird,
ferste Heeresleitung sich bewusst, das; die
hUlst" Einer Fried,nAaktion unter dem Druck
""scheu Zwangslage zum Verlust deut-

scher Kolonien und deutschen Gebietes, namentlich
Elsast-Ltohringens und rein polnischer Kreise
der östlichen Provinzen führen kann-
st. Ist die Oberste Heeresleitung mit Absendung
des anliegenden Not-mmtwurses etnverstanden?"-
3. 10. 18 (am sslhen Tage) telegraphteven Hin-
denburg-Ludendorff an den Reichskanzler Prinzen
Max znrjtck:
„Die Oberste Heeresleitung bleibt auf ihrer am
Sonntag, den 28. Sevt'mber >d. I. gestellten For-
derung der sofortigen Herausgabe des Friedens-
angebots an unsere Feinde bestehen.
Infolge des Zusaimnenbruchs der makedoni-
schen Front, der dadurch notwendig gewordenen
Schwächung unserer Westreserven und infolge der
Unmöglichkeit, die in den Schlachter» der letzten
Tage einM cetenen sehr crhebl. Verluste zu er-
gänzen, besteht nach menschlichen Ermessen keine
Aussicht mehr, dem Feinde den Trioden aufzu-
zwingen.
Der Gegner seinerseits führt ständig neu?, fri-
sche Reserven in die Schlacht.
Noch steht das deutsche Heer festgefügt und
wehrt siegreich alle Angriffe ab. Die Lage ver-
schärft sich aber täglich und kann die Oberste Hee-
resleitung zu schwerwiegenden Entschlüssen zwin-
gen.
Unter diesen Umständen ist es geboten, den
Kämpf äbzubrechen, um dem wutschen Volke und
seinen Verbündeten nutzlose Opfer zu ersparen
Jeder versäumte Tag kostet Tausenden von Sol.
baten das Leben"
Dieser fürchterlichen Angst- und Notschreie we-
gen, die die Generale Hindenburg und Lndendorff
Lag für Tag ausstieszen, musste Prinz Max am 5
z0. die Note au Wiksou richtln. Warum aber wird
in der „kalendermässig- zusanmüengcstellten Denk-
schrift alles unterdrückt, was sich zwischen dem 29-
9. und dem 5. 10. abgespielt hat? Wir wissen es
nicht. Aber das wissen wir genau, daß mit dem
Abdruck der von uns oben angeführten Totlachen
die heimtückische Verleumdung von dem Dolchston
glänzend ad absurdum geführt wordcn wäre
Was führen die Generale Hindenburg und Lu-
iMdorfs Ende September i nd Anfang Oktober 1918
als Gründe für den bevorst.hendcn Zusammenbruch
an? Man lese das obige Telegramm genau nach:
Zusammenbruch der mazedonischen Fron», die Ver-
luste des eigenen Heeres und die wachsende Über-
macht der Feinde!!-, Die „Revolution.", die Folge
des Zusammenbruchs, sand erst am 9. November,
also 6 Wochen nach den Hilf-schreien der Generale
statt. Sie wird heute als die UrsachMdeI Zusam-
menbruchs hingestellt.
In der Denkschrift fehlt noch ein sehr wichtiges
Datum; es wird nämlich der Tag schämig übergan-

gen, an dem auf die Frage ErwergerS, ob er die
furchtbaren Wassenststlstradsbedingnngon tatsächlich
unterzeichnen solle, General Hindenburg telegra-
phisch geantwortet hat;
„1V. 11. 18. Großes Hauptguarttcr. In den
Waffenstillstandsbedingung n muh versucht Wer-
chkin, Erleichterungen in folgenden Punkten zu er-
bringen: 1. Verlängerung der Räumungsfrist auf
zwei Monate, wobei die Hauptzrit auf die Räu-
mung der Rheinprovtn;, der Pfalz und Hessens
fällt. Sonst Zusammenbruch des Heeres, Wei'
techn. AuSMrunig absolut unmöglich. 2. Durch-
inarsch des rechte« HeeresslügclS durch Maßricht-
zipfel. 3. Wcgsall neutraler Zone aus Ordnungs-
gründen, zum mindesten Verminderung auf iv
Kilometer. 1 Ehrenvolle Kapitulation Oslafri-
kaS. 5. Erhebliche Verringerung des abzug-eben-
den Eisenbahnmalerials, sonst schwerste Gefähr-
dung der Wirtschaft. Belassung Personals gemäß
F 7 nur in kleinen» Umfang möglich, nähere Ab-
machungen hierüber nötig. 6. Lastkraswagen im
Heer nur 19 000, davon stO Pro;, vciriebssertig,
vorhanden. Abgabe in der geforderten Höhe
würde völligen Zusammenbruch der Heeresver-
sorgung bedeuten. 7. Jagd- und Bombensmg-
zonge nur 1700 vorhanden. Bei einseitiger Kriegs-
-gefangenenabgabe »Nüssen wenigstens Vereinba-
nungen über Kriegsgefangenenbehandlung beste-
hen bleiben. 9. Blockade für Lbeusmitü'l öffnen-
Mr Regelung der Verpflegunzsfrage sind Kom-
missare unterwegs
Gelingt Durchführung dieser Punkte Nicht, so
Wäre trotzdem ab;nschlies;en.
Gegen Ablehnung Punkte 1, 4, st, 6, 8, 9 Wäre
flammender Protest unter Berufung auf Wilson
zu erheben. Bitte Entschluß Regierung ,n die-
sem Sinne schleunigst herveiznsühren.
Hindenburg."
Es ergibt sich also aus den in der Denkschrift
nicht verzeichneten Daten also: *1. Daß die Heer-
führung schon im September 1918 sofortigen Frie-
den und Waffenstillstand verlangte, weil sie sonst,
obwohl das angeblich von hinten erdolchte „deutsche
Heer noch festgefügt" stehe, „zu schwetwiegeildcn
Entschlüssen" gezwungcn werden könnte. (Kapitu-
lation!) 2. Daß infolge dieser nervösen Hilsrufc
das festgefügte Heer tatsächlich kampfunfähig ge-
macht wurde. 3. Daß die Wasfenstillstandsbedin
gnngen (Herausgabe und Zerstörung der Waffen
usw.) auf Befehl Hindenburgs unterzeichnet wor-
den ist!
Von alledem oll dem deutschen Volk offenbar
»rvglichst wenig bekannt werden, weil sonst der der
Republik gemeingefährliche Spuk der „aktiven"
Phantasten, die jetzt wieder heldenhaft mit den
Zungen rasseln, im Handumdrehm erledigt wäre.

Me Me WsW« zu «leis

oBerlin, 23. Juli. (Eig. Bericht.)
Das englische N e P a r atio n sdo k u ment,
das HM! Samstag mittag in Paris eingetrofsen ist
und über das man au amtlicher Stelle pein-
lichste Zurückhaltung übt, wird zunächst
Gögenstanv der Erörterung zwischen der belgi-
schen und französischen Regierung sein. Zn diesem
Zwecke werden sich die Herren Dlttnnis und Jaspar
von Brüssel nach Paris begeben. Eine schnelle
Entscheidung ist also in Paris und Brüssel
nicht zu e iw arten und man verlegt die Antwort an
England gegen Ende der Woche. Jur allgemeinen
herrscht die Ansicht vor, daß Herr'P o i n ca r 6
keilt Inier esse an einer Beschleunigung des
Meinungsänsiäusches zwischen den einzelnen Re-
gierungen habe. Er spekuliert daraus, daß der
dcutsche Widerstand, während sich die Verhandlun-
geu im Schncckengangi sortvewegew eingestellt wird.
In Paris wird man über die Lage im Ruhrgebiet
so weit informiert sei», um zu wissen, Daß diese
Meinung des Herrn PoincarL ein Wechsel ist, von
dein n»an absolut nichts Weitz, ob er eingelöst wird.
Der passive Widerstand im Ruhrgebiet
hängt von Veit psychologischen Momenten
ab, -dis bei zunehmendem Druck durch die Be-
satznngstruppen im Ruhrgebiet nur wirksamer wer-
den können, wenn auch Tausende die sranzöstschen
Regiezüge benützen und hier und da, wo der Koh-
lenmangel brennend geworden ist, die Kohlensteuer
und Aus- und Einfuhrzoll an die Franzosen ge-
zahlt wird. Das werden die Franzosen nach der
monatelangen Erl'ährnng im Ruhrgebiet selbst wis-
sen. Vielleicht reicht diese aus, daß sie sich der
Vernunft nicht verschließen und zu der Ueverzeu-
gung kommen, das; der magere Vergleich in diesem
Fälle besser ist als der fette Prozeß, der die bei-
den Kontrahenten nur ruinieren kann.
Der deutschen Regierung und dem Kabinett
Cuno ist durch die kurz skizzierte Situation ohne
weiteres eine Chance geboten, ans ihrer Passi-
vität herauszutreten, zu der sie im allgemeinen die
französtsch-euglische Zwischenrunde verurteilt.
Es wäre nur zu begrüßen, wenn di* deutsch«
Regierung diesen Mitt fände, denn die svanrv-sMli-
schen AuseinälMerisetzunMU höhen M Lasten der
deutschen Wirtschaft und zwar in einem Matze, daS
nicht nur für Deutschland, sondern Mr ganz Europa
und die ganze Welt katastrophal zu werden ve-
ginnt, Deutschland kann infolge seiner wirtschaft-
lichen UW politischen Lage nicht die Politik tzeß

Mannes machen, der warten kann. Angesichts
dessen aber, was wir Wer das englische Repara-
tionAdokument erfahren, ist Deutschland wieder mal
zum Warten verdammt.
Das Spiel wird weiter gehen und der Ball wird
noch oft zwischen London und Paris bin- und hcr-
sliegen. Diplomatisch sagt 'man, daß man den Ein-
druck hat, die beiden Regierungen seien bestrebt, die
Verstandlun'gstür offen zu halten. Fragt sich,
wann sich die Herren PoincarSe und Baldwin ernst-
lich an den Verhandlungstisch setzen wollen und
können.
Das; das einmal», komm en muß, ist gewiß.
Europa kann nur den Wog der Abwägung der ein-
zelnen Interessen der Nationalen, den Weg der Ver-
ständigung gehen. Wovon aber Deutschland,
während sich die französisch-englische Zwischenrunde
abwickelt, nichts hat.
Der englische Antwortentrrmrf.
Parts, 21. Juli. Der Antwortentwurf und der
Begleitbrief wurden gestern spät abends den Ver-
bündeten Botschaftern in London Wergeben. Das
belgische Exemplar ist dem „Journal" zufolge noch
am selben Abend »rach Brüssel abgegangen. Dem
Quai d'Orsay werde»»! vermutlich im Laufe des heu-
tigen Tages die beiden Schriftstücke zugestellt.
Streng geheim.
Paris, 22. Juli. Am Quai d'O rsay ver-
weigert man nach wie vor nicht nur jede Auskunft
Wer den Inhalt der englischen Doknmeitte, sondern
auch die leiseste Andeutung über den Eindruck, den
sie bet den zuständigen Stellen hinterlassen haben.
Es besteht absolute Geheimhaliu n g.
Vom Inhalt des Antwortentwurfs.
London, 21. Juli. Der diplomatische Bericht-
erstatter des „Daily Telegraph" behauptet Wer den
Entwurf der Antwort an Deutschland und die Man-
telnote folgende Angaben inachen zu können:
De« Antwortentwurf enthalte eine grundsätzliche
Zustimmung zur Forderung der deutschen Regierung
betreffs Feststellung der deutschen Zahlungsfähigkeit
durch einen internationalen SahverftSndigmaus
schuß, vermeide es aber sorgfältig, bezüglich der
sHlietzssKeir Zusammensetzung dieser Körperschaft

sich sestzulegen. Er schlage vor, die drei Arten der
von Deutschland angebotenen Garantien in Er-
wägung zu ziehen, ohne sich jedoch über die Frage
ihrer Vollständigkeit oder Unzulänglichkeit auszu-
sprechen. Hinsichtlich der dritten Forderung Deutsch-
lands, mit deit Alliierten auf einer Konferenz zu
mündlichen Verhandlungen auf der
Grundlage der Gleichberechtigung zusammenzutref-
fen, sei der Entwurf vielleicht etwas weniger präzis,
jedoch nicht ungünstig. Die Not« enthalte kein«
VerurietlnngdeSpassivenWiderstan»
des. Außerdem soll in dem Entwurf ein britischer
Vorschlag Wer die Miitztgungdes französi-
schen Drucks im Ruhrgebiet enthalten sein.
Die Mantelnote wende sich an das moraltsch«
Gewissen der Welt. Der praktische Angel-
punkt der britischen, These sei der Vorschlag betreffs
der E r n e n n u n g e i n e r S a ch v e r st ä n d i gen-
ko m rn i f s i o n, die in dem vom Versailler Vertrag
gegebenen Rahmen arbeiten könne. Einzelheiten,
wie die Frage der interalliierten Schul-
d e n, würden in der Mantelnote nichterwähnt.
Dieser Punkt sei ein Gegenstand zur Behandlung
durch die wirtschaftliche Vellkonferenz. Zum Schluß
hebe die Mantelnole hervor, daß der Entwurf der
Antwort an Deutschland keinen endgültigen Text
darstelle und daß der Inhalt auf Grund von Be-
sprechungen unter den Alliierten geändert wer-
den könne.

Parts, 22. Juli. Bei einer Deukmalsenthül»
lung in Villers-Cotterets hielt Poincare die übliche
Sonntagshetzrede gegen Deutschland.
Paris, 22. Juli. Der Pariser Presse zufolge
ist es Frankreich in erster Linie darum zu tun, int
Ruhrgebiet freie Hand zu behalten, in -er Hoff-
nung, die Aussprache mit London lange genug
hinauszieheit zu können, vis Deutscbtand zusam-
mengebrochen sein werde.
Paris, 21. Juli. Wie das „Petit Journal"
mitteilt, hat sich Herr von Hoesch, der dortige deut-
sche Gesandte, gestern nach dem Quai d'Orsay be-
geben, wo er sich eingehend mit Peretti della Rocca
besprach.

Vom besetzten Gebiet.
Eine skandalöse Verordnung.
Berlin, 21. Juli. Eine neu erlassene Verord-
nung 192 der interalliierten Rheinlandkommission
bestimmt, daß jeder mit Geldstrafen und Gefängnis
bestraft wird, 1. wer i «Abrede st eilt, daß die
nach dein Ruhreinbruch erlassenen Verordnungen der
Rhoinlandkorninisswn und der Militärbehörden
rechtsverbindlich seien. Die Bestrafung tritt
nicht nur ein, wenn die bett. Aeußerung in der, Oef-
fcntlichkeit oder Presse gemacht ist, sonder»! auch jede
mündliche oder schriftliche Aeußerung wird bestraft,
die dazu bestimmt ist, der Bevölkerung übermittelt
zu werden; 2. wer bet der Verteilung von
Geldmitteln oder Naturalien mitwirkt,
die dazu bestimmt sind, den Passive»» Widerstand
selbst gegen die Verordnungen der Rheinlandkom-
mission aufrechtzuerhalten.
Münster, 21. Juli. Am 18. Juli, 10 Uür
abends wird in' Datteln ein französischer Soldat
angeschossen und schwer verwundet, so daß er auf dein
Transport nach dem Kränkenhause starb.
Eine Erleichterung.
Elberfeld, 21. Juli. (Eig. Ber.) Die Fran-
zosen haben endlich ihre langgehegte Absicht, ihre
Truppen mehr in dem Gebiet nördlich der Ruhr zu
konzentrieren, durchgestthrt und den Südrand des
besetzten Gebietes bis zum linken Ruhrufer ge-
räumt. Dadurch sind die Orte, die am linken
Nuh.rufer liegen, u. a. die Stadt Hattingen, die
durch die ganze BesetzungSzeit einer der wichtigsten
StUtzungspunkte der Franzosen war, wieder un-
besetztes Gebiet geworden.
Protest und Mahnung.
Berlin, 21. Juli. Die am 17. und 18. Juli
1923 in Berlin tagende Reichskonferenz des Verban-
des der Bergarbeiter Deutschland erhebt Einspruch
gegen die unerhörte Mißhandlung der wehrlosen Be-
völkerung des besetzten Gebiets durch die französisch-
belgischen Einbruchsmächte. Ihre offenkundige Ab-
sicht, durch Gewaltanwendung den Abwehrwi'llen
des schaffenden Volkes zu brechen, wird scheitern.
Fronarbeit unter fremden Waffen schändet! Bereit,
sich für eine verständige Regelung dcr Reparationen
einzusetzen, werden die rheinisch-westfälischen Berg-
arbeiter die unblutige Waffe passiven Widerstandes
nicht eher niederlegen, bis anstelle fremdet
Willkür die Anerkennung der Lebensrechte auch eine?
besiegten Volkes getreten ist. Der Kampf an Ruhr
und Rhein erfordert aber auch ohne starkeOpfer-
ch i l l i g k e i t des übrigen Deutschlands. Nicht
Mit Svenden allein und durch Benutzung dek
allzu willfährigen Notenpresse dürfen die gewaltigen!
Mittel hierzu bereiigestettt werden. Die Qualen de«
 
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