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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 151 - Nr. 160 (3. Juli - 13. Juli)
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o. Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag, den 12. Juli 1923

Nr. 'l59


W MlMN VN WNs.
Berltn, 11. Juli.

Die Zuspitzung der Verhältnisse veranlaßt den
"Sozialdemokratischen Parlamentsdienst" zu folgen-
bemerkenswerten Kundgebung:
Frankreich wartet. „Die Zeit arbeitet für uns,
üeh: Deutschland nicht vor dem Zusammenbruch?"
^asch schreitet die Währungskatastropbe
wrt. Soziale Unruhen werden unaus-
bleiblich. Die Deutschvölktschen, seil der
^lusveitschung der nationalen Leidenschaften durch
Ruhraktton wieder reichlich mit Geldmitteln für
Geheimorganisationen versehen, rüsten zum
Aitrgerkrieg. Herr Radek bietet ihnen die
Kooperation mit seinen Mannen an. Die Erre-
gung jn den Volksmassen wächst. Unentschlossen,
Rudernd, fast hilflos sieht die deutsche Regie-
rung diesem Treiben zu. Die Besitzenden lassen sie
rm Stiche, die Devtsemmleihe ist gescheitert, gezen
Uüe energischen Eingriffe sträubt sich der zahlungs-
obige Patriotismus. So jubeln die französischen
Nationalisten: „Wir brauchen nichtmehr lange
Kartell, die letzte Viertelstunde naht, der Sieg ist
unser. Deutschland kapituliert, hinter der Kapitu-
lation steht der Zerfall."
Das sind die Hoffnungen der französischen Ne-
uerung, das sind die Besorgnisse der englischen Po-
l'tik. Was aber tut, so fragen wir nun, die deut-
' He Regierung, um die Hoffnungen der ftaw-
äösischen Machthaber zu enttäuschen, um ihrerseits
aktiv das deutsche Schicksal zu beeinflussen, um die
letzte Viertelstunde für Deutschland zu retten? Die
laeMerrrng Cuno-Rosenberg tut — fast
ltichts. Dieselbe Regierung, die allzulange in
Außenpolitischer Passivität kostbare Zeit ver-
Urcichen ließ, hat es ebensowenig verstanden, ihre
Hl nanz- und Wirtschaftspolitik der
lauge» Dauer der Ruhraktion anzupassen. Sie hat
Act' Helsserichs Vorbild im Krieg den passiven
Widerstand bis in die allerletzte Zeit fast ausschlietz-
uch die Notenp resse finanziert, sie aal
llchts getan, um dnrch neue Steuern der Billio-
U'nvermehrnng der schwebenden Schuld Einhalt zu
uu. ne hat erst viel zu spät und unzulänglich für
chleimigere Entziehung der Steuern, und ihre An-
Uassnng an die Geldentwertung gesorgt. Sie hat es
^uHt verstanden, rechtzeitig mit der nötigen Energie
bluzugreifen, als es sich darum handelte, durch oie
^llvassuag der Löhne an die Geldentwertung das
^Mehen sozialer Verzweiflungsausbrüche zu ver-
"ludern.
So kann es nichtweitergeben. Abgcord-
'ttter Slresemann spricht nrit Recht vom T a n z
" f dem Vulkan und er fordert mir Recht oie
^tive,chtgen Opfer von der Wirtschaft.
^°er nicht Versöhrrung der Gegensätze ist es, was
sondern rücksichtsloses Durchsetzen des iür
y ' Siaar und für die Allgemeinheit in dieser Krise
'Miwendigcu, im Gegensatz zu allen partikularitti-
"lkn Wirtschastsinteressen.
... Die Sozialdemokratie will nicht in sata-
lvscher Ergebenheit die „letzte Viertelstunde ' er-
^»rten. Niemand Muu sagen, wie der Ausgang
-ln ivird. Aber wir müssen von der Regierung
^deru, daß keiu Mittel versänmi wird, das
^lscn taun. Mit gutem Willen und schönen Wor-
lst es in der Politik nie getan und am 'venigstcu
Jetzt heißt es handeln, ehe es und end-
""'"g zu spät ist.

NkW WM Mk M U . ..
l, München, 12. Juli. Kardinal Faul-
er hat in einer großen Versammlung in Mün-
„V seine Amerikareise berichtet. Der
itz'^risehe Courier", das führende Organ der
Au, VolkSpartet, bringt einen ausführlichen
aus der Rede des Münchener Erzbischofs,
i^ loir d-ie folgenden Stellen entnehmen, weil sie
^er m Hochburg des schärfsten Nationalismus, in
Heu, blMsstätte deutschen Faszismus aus sol-
schem^uude von größter Polittscher Bedeutung
ieii^n. Nachdem der Münchener Erzbischof die
Rue sEindselige, teils indifferente Stimmung der
^schu^schen Bevölkerung Deutschland gegenüber
"dert, fährt er fori:
ttz wird eine große Aufgabe unseres Volkes
' wieder Beziehungen seelischen Aus-
wtru zu anderen Völkern zu finden. Dazu
sei^o es notwendig sein, sein Vaterland zu lieben,
dx" H^mawolk zu lieben, gerade in der Stunde
tzchß Aber diese Liebe zum eigenen Volk
V? Nicht als Kern den Haß und die
tzölk? einerungs sucht gegenüber mrderen
werd- haben. Namentlich werden wir uns klar
urüssen: Wenn wir aller Welt gegenüber-
°k>v»wit dem Bewußtsein des aus-
kaitu " hlten Volkes, das keine Fehler machen
Ze 'w werden wir uns niemals die Her-
Vou,^" schließen und nie die Wege der
wbe,r rsöhnung finden. Es gilt auch im Völker-
wer sagt, er sei ohne Sünde, der ist ein
wir Wir werden lernen müssen, daß auch
>Naw Fehler gemacht haben und Fehler
u können."

Es sind fast die Töne des viel verlästerten Pro-
fessors Friedrich Förster, die uns aus dieser
Rede (die ineisten Münchener Zeitungen unterstri-
chen diese Stelle) Faulhabers entgegentönen. Da
bekanntlich Kardinal Faulhaber vor seiner Ame-
rikaretse den nationalistischen Strömungen nicht
allzu schroff gegenüberstand, so scheint er durch seine
Amerikareise mancherlei gelernt ru haben.
Ein nachahmenswertes Beispiel!

Internationale Lage.
England bleibt an Frankreichs Seite
London, 11. Juli. Die bisher übertrei-
benden Kommentare der englische« Presse
M d-er bevorstehenden Erklärung der Regierung sind
heute, offensichtlich auf offiziellen Wunsch, wesent-
lich eingeschränkt, sofern jetzt wahrheitsgemäß
versichert wird, daß die Londoner Regierung keines-
wegs auf eitle« Bruch mit Frankreich abziele oder
wgondwerlche scm.sarionelle Form für ihre nmmreh-
vigie Politik wählen werde; Reuter erklärt, daß au-
torative Stellen alles Gerede vom Abbruch usw.
entschieden verurteilten. Tatsächlich
bleibt die Situation so, wie wir sie immer geschil-
dert haben: daß die englische Regierung zwar s e ltz-
ständig und öffentlich die Führung der europäi-
schen Politik zu übernehmen versuchst, zugleich aber
alles tut, um den "Alliierten das Ei «schwenken
in die neue Richtung zu erleichtern.
Vor der englischen Regierungs-
erklärung.
Loudon, 11. Juli. Am Donnerstag wird
Baldwin seine hochbedeutsamen außenpolitischen
Erklä rungen ab geben. Das englische Kabinett hat
in seiner heutigen. Sitzung dem endgültigen
Text der Regierungserklärung festgesetzt, in der
nach »dein grundsätzlich«« Betauntgebe« des engli-
schen Programms Frankreich nochmals aufge-
fordert wird, sich der englischen Politik amguschtie-
ßem und Deutschland der Rat erteilt wird,
durch Abbau des passiven Widerstandes zukünftige
VerhaxiMiligeu zu erleichtern.
Die Stellung Italiens.
Rom, 11. Juli. In einem Kommunique der
Regierung tvird erklärt: Italien beharre auf den
von Mussolini wiederholt angeführten Grundsätzen,
fei aber jederzeit bereit, jeden neuen Vorschlag von
alliierter Seite zu Prüfen, der scher die gefährliche
augenblickliche Situation hinwegznführen geeignet
erscheinen köulnte.
Das Brüsseler Attentat.
Paris, 11. Juli. Havas berichtet ans Brüs-
sel: Rach der „Dernier R-mre" ist die Persönlichkeit
der beiden Angreifer des deutschen Geschäftsträgers
Dr. Rüdiger nunmehr festgestellt. ES handelt
sich um den Belgier Mctdenant und eine»
Amerikaner namens John Perron. Der Mini-
ster des Aeußern Jaspar habe dem deutschen
Geschäftsträger erklärt, daß die Urheber des An-
griffs verfolgt und nach dem Gesetze verurteilt wür-
den und habe ihm das Bedauern der belgischen Re-
gierung zum Ausdruck gebracht. Polizeiliche
Verstärkung sei zum Schutze des Gesandtschafts-
gebäudes und der Privatwohmmg aufgeboren wor-
den.
Berlin, 11. Juli. Nach einer Mitteilung, die
im Berliner Auswärtige:! Amt eingegangeu. ist.
Wurde denr deutschen Geschäftsträger gestern abend
Sine Note des Ministers Jaspar Mergr-
ben, worin erneut das Bedauern der belgischen
Regierung über den Vorfall ausgedrückt wird und
wettere Schutzmaßregeln sowie die Auf-
nahme des Strafverfahrens «ntgekündigl
werden.

Ein halbes Jahr Besetzung.
Essen, 11. Juli. Heute währt die Besetzung
ein halbes Jahr. Eine grauenvolle Statistik legt
davon Zeugnis ab. Durch den Terror der Be-
satzungstruppen büßten bis Anfang Juli 92 Per-
sonen das Leven ein. Die Besatzmrgsbeyör-
den vertrieben in derselben Zeit 75 714 Per-
sonen von Haus und Hof, davon wunden 71145
ausgewtefen.
Duisburg, 11. Juli. Ans DuWvnrg sind
gestern wettere 172 Et senbahnerfam tlien
mit insgesamt 800 Köpfen ausgstviesen worden. In
Dortmund wurde die Ausweisung von wetteren
140 Eisenbahnern verfügt. Das Erscheinen der'
„Essener Arbeiterzeitung" ist von der!

Besatzuiigsbehürde abermals verboten worden. In
Oberdausen hat gestern in der Nähe der „Gute-
hoffnungshütte" ein französischer Soldat einen an-
dere» Soldaten erschossen.

Die Lage im Reich.
Das Postdefizit.
Berlin, 11. Juli. Die immev mehr znnch-
mende Markentwertung erhöht das Defizit der Post
immer /mehr. Trotz aller Erhöhungen bleib) für
1923 immer noch ein ungedecktes Defizit von 5!4
Billionen. Eine weitere Erhöhung des PosttarisS
auf 1. August wurde daher vom Reichspostministcr
Stinglals unumgänglich bezeichnet. Der Reichs-
tagsausschuß für Post- und Telegiaphenwesen hat
den Erhöhungen heute zugestimmt.
Was geht in Württemberg vor?
Stuttgart, 11. Juli. Die „Franks. Zig." ver-
össonMcht folgende beachtenswerte Zuschrift über
das Treiben der Nationalsozialisten in
Württemb erg:
„Staatspräsident Dr. Hieb er sollte sich —
nicht durch die berufsmäßig damit befaßten Beam-
ten, sondern von zuverlässigen u. urteilsfähigen
PersöEchSeiten seiner Partei — einmal Einblick
verschaffen und Schilderungen geben lassen von
militärischen Nachtübungen, wie ich
sie vom letzten Samstag auf Sonntag auf de:
Solitude bei Stuttgart sekbst beobachtet habe. Er
würde dann finden, daß diese in Bayern auch
nicht schlimmer und frecher fein kön-
nen. Eine offenere Verhöhnung der
Gesetze und Verordnungen des Staates, als sie
<da getriebem wurde, ist kau»« mehr inöglich. Nicht
nur die Formationen, die Bewegungen, die
ltc-bunge« hatten einen ausgesprochen militäri-
schen Charakter, die Teilnehmer waren auch mit
Feuerwaffen usw ausgerüstet und sie hat-
ten ausgebildete militärische Führung
und Instrukteure.
Daß die Leute nicht daran deute»., sich für die
Erhaltung der Deutschen Republik
und des Volksstaates Württemberg einzusetzen,
ist so offenkundig, daß sicher auch der Herr
Staatspräsident es weiß. Auf ihn allein
steht >nw.n darum Mch in zuvMässtg republtta-nt-
schsn Kreisen. Minister des Innern Volz, der
diese Dinge zweifellos kennt, genießt nicht das
Vertrauen, daß er rücksichtslos naen dies«
Feinde der Republik Vorgehen werde. Unter ihm
sind die Dinge schlimmer gelvorden als unter
Münster Gras. Staatspräsident Dr. Hieber aber
stützt vor der Entscheidung, ob er ruhig zusehen
will, wie nuter seiner Rsgierungszeii, unterstützt
von Beamtau aller Art, geduldet, ja begönnert
von der Polizei, der iVolksstaat Württemberg in
einen naliviMsozialistisch.konAlSlNistischen Zer-
setz« n gs p ro z e ß hinetnMrieben wird, der
nur neue revolnitonitre Wirren zur
Folge haben kann . . . ."
Das Reich hat alle Ursache, diesen Dinge« größte
Aufmerksamkeit zu schenke::, da hierdurch der
Reichszerskll immer drohender wird.
Lebensmittekurrruhen in Nowarver.
I« Nowtawes bei Potsdam kam es am Montag
nachmittag zu -einige« durch die ungeheure sprung-
hafte Teuerung veranlaßten Plünderungen von Lc-
bvusmittÄgefchüften, die von dar bürgerlichen Presse
sofort über Gebühr Misgebauscht worden sind. Tat-
sächlich würde innerhalb kurzer Zeit die Ruhe wic-
derhergsstelkt, die Menge, die sich vor dem Rathaus
anWsarmnelt hatte, zerstreute sich, ohne daß die Po-
lizei gezwungen war, ei-ngugreiseu. Die Gewerk-
schaftsführer nahmen sich sofort der Angelegenheit
an und berief«!: für «Hemds eine öffentliche Ver-
siammlmug em. Die Schutzpolizei, die von Anfttng
M in gemügender Stärke vorhanden war, üble Zu-
rückhaltung. Verhaftungen sind nicht erfolgt, ledig-
lich et« paar Schreier wurden sestgcnonuneu, aber
bald wieder entlassen.

Kurze Meldungen.
Don Sturzo, der Sekretär der italienischen Povo-
lari, Hai seinen Rücktritt erklärt. Es bedeutet dies
eitle Stärkung Mussolinis.
Der deutschnationale Dr. Traub wendet sich n
einem offenen Brief gegen eine Verhandlung les
KavftLnleutnants Ehrhardt, indem er meint,
taß viele wirkliche Verbrecher frei herumlaufen
Traub hat recht, er braucht nicht weit zu gehen, nm
solche zu finden.
- Der deutschvölltfche LebiuS wurde wegen A»f-
.forderung zum Mord zu 3 Millionen Mark Sttufe
verurteilt

Der Kapitänleutuant Tillesfen, der Bruder dcs
Erzbergermörders, wurde wegen versuchter Gefau-
genenbesretumg der ehemaligen Marineoffiziere
Boldt imd Dittmar zu einem Jahr Gefängnis ver-
urteilt.
Münchener Royaltstenjustiz. Der linksstehende
Journalist v. Put 1 kamer, der von München nach
Berlin verzogen war, ist gelegentlich eines vorüber-
gehenden Aufenthaltes in München von der Polizei
aufs neue verhaftet worden.

Republik Baden.
Die Aufgabe Badens.
Unsere nationalistischen Kreise haben viel Z:tt
und viel Geld übrig. Außerdem spielt es für
sie keine Nolle, wenn dem deutschen Volk Fenster-
scheiben etugeschlagen werden. Sie bringen sich, wie
l918 beweist, zu geeigneter Stunde immer wieder
in Sicherheit. So nimmt es denn gar nicht Wunder,
daß die Kreise um Ludeudorff in der heutigen
großen Not nichts Besseres wissen, als Geld für ein
Denkmal für Schlageter zu sannneln. Eilt
„vorläufiger Arbeitsausschuß", bestehend aus den
Herren Ludendorsf, v. Hutter, Ritter v
Kletnhenz, General v. Aulock - Freiburg i. B„
Haupttnaun Göring-München und Priemer>
„Vorortspräsident des Kartellverbandes der katbol.
deutschen Studentenberbinduugen, die Schlageter
zu den Ihrigen zählen", erläßt einen „Aufruf
für einSchlagete r-D enkmal in Bade n".
Das Denkmal soll errichtet werden „unter der
Schirmherrschaft des Generalfeldmarschalls v. H i n-
denburg, des Großadmirals v. Tirpitz und
des Generalobersten Gras v. Bothmer für den
Mait», der — wie es in dem Aufruf heißt, —, im
Dienst für das Vaterland, von Volksgenossen ver-
raten, von französischen Henkern am geknechteten
Rhein htngerichtet wurde."
Zunächst die Feststellung: Die „Volksgenossen",
dte Schlageter an die Franzosen ver,
raten haben, sind, wie bekannt, nicht etwa seine
politischen Gegner, etwa die Sozialisten, Kommu-
nisten oder sonstige Republikaner, wie es der Aufruf
des Denknutls-Ausschusses hinstellen zu wollen
scheint; es waren vielmehr echte und rechte Rotz«
bach-Leute, Berufs- und Gesinnungsgenossen
Schlageters, die diesen schmählichen Verrat ver-
übten, und es war der von den Rechtsern aller Rich-
tungen so gehässig angefeindete sozialdemokratische
preußische Innenminister Severing, der die
lurttoiralifttschen Verräter, die sich mit der
Gruppe um Schlageter überworfen hatten, nach-
weisbar in französischem Sold« standen und neben-
bei von den ihrigen auch den „ehrenvollen" Auf-
trag erhalten hatten, den Minister Severin« „nm
die Ecke zu bringen", verhaften ließ. Inden»
der Schlagetev-Denkmalö-Ausschuß das Verräter-
Kapitel anschnttt, hat er mithin seiner eigenen
Richtung ei'» Denkmal der Schande gefetzt; dem»
die Schneider und Götz von der Roßbach-
Gruppe, die Schlageter an den „Erbfeind" mn
700 000 Papiermärkchen verkauften, sind als alte
Baltikum er und oberschlesische Selbstschutz-
Laudsknechte Blut und Geist vom Blut rmd Geist
der Ludendorfs-Verbärwe und Hitler-Gardisten,
Dann die Frage: warum soll Schlageier ei»
Denkmal bekommen? Seine „Heldentat" be-
startd darin, ein Eisenbahngleis zu sprengen, auf
dem dadurch ganze drei Stunde» lang der
Verkehr der frarrzöstscheu Regiezüge unterbrochen
ward. Unendlich viel schwerer als der „Erb-
feind" litt unter dieser Tat die deutsche BeVol-
ke r u n g in den besetzten Gebieten, über die der ge-
reizte französische Militarismus begreiflicherweise
die härtesten Vergeltungs-Maß »ah-
men verhängte, die er in der Folge wegen der
zahlreichen Nachahmungen, die das ilble Beispiel
Schlageters sand, mit zunebmender Schärfe fort-
setzte, bis wir zu dem Zustand der v ö ll t gen Ab-
schnürung des besetzten vom unbesetzten Deutsch-
land kamen, von dem Verkehr, Wirtschaft, gesell-
schaftliches und Familienleben in den: beteiligten
Bezirken heute geradezu.») e r n ich tend getroffen
sind. Dte Tat Schlageters mag, rein persönlich be-
trachtet, eine mutige gewesen sein; politisch angese-
hen, war sie ein Verbreche n, unter deren Folgen
Deutschland aufs schwerste zu leiden
hatte, heute noch leidet und vermutlich leider noch
schwer zu leiden haben wird.
Vor allem hat jedoch Baden, das mit am
schwersten unter den Folgen der Sabotageakte leidet,
ganz und gar keine Ursache, der völkischen Schäd-
lingspolitik ei» Denkmal zu fetzen. Im Gegenteil:
Die badische Regierung hat unter offizieller
Ablehnung all solcher Pinne dte Pflicht, der
Reichsregierung zu erklären, daß sie als
das am meisten bedrohte Land Deutschlands nicht
gewillt ist, sich weiterhin als Prellbock für dte Wahn-
sinnigen Bockstteiche oer völkischen Monarchisten be-
nutzen zu lassen. Dies die Auffassung des badische»
Volkes gegenüber den Machinationen Ludendorffs
und seiner Klique.
Di« badisch« Regierung hht beim Landtag d n
Antrag auf Genehmigung eines Darlehens Von
8 Millionen Mark an die Deuttcu: Eisenbahngescll-
sckmft zum Umbau der Balm Orschweier-Vppcuheim
gestellt.
 
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