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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 191 - Nr. 200 (19. August - 30. August)
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»uswärtigeMk.M«». BeiWieder-
holungen Nachlaß nach Taris.



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«eschäft«stunden s—s Uhr. Sprech-
stunden der Redaktion: II—IS Uhr.
PostscheckkontoKarl»ruheNr.L2S77.
Tet.>Adr.: VolkszeitungHeidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadische»
Berlaasanstalt G. m.b.H., Heidel-
berg. Geschäftsstelle: Schröderstr.SS.
Telü Erpedition S87S u.Redak.SS7S.

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5. Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag, den 23. August 1923

Nr. 194

DM W Mk Ml!
Von Artur Cri spien.

„In den bürgerlichen Revolutionen war Blut-
dekgieneN'. Terror, politischer Mord die unentbehr-
liche Waffe in der Hand der anfsteigeNden Klasse.
Die proletarische Revolution bedars sür ihre Ziele
keines Terrors; sie habt und verabscheut den Men-
schenmord. Sic bedarf dieser Kampfmittel nicht,
weil sie nicht Individuen, sondern Institutionen
bekämpft, iveil sie nicht mit naiven Illusionen in die
Arena tritt, deren Enttäuschung sie blutig zu rächen
hätte. Sie ist kein verzweifelter Versuch einer Min-
derheit, die Welt mit Gewalt nach ihrem Ideal zu
Modeln, sondern die Aktion der großen Millionen-
masse des Volkes, die berufen ist, die geschichtliche
Mission zu erfüllen und die geschichtliche Notwendig-
keit in Wirklichkeit umzusetzen."
Diese Sätze sind dem Programm des Sparta-
kusbundes entnommen, dem geistigen Produkt vor
^llem Rosa Luxemburgs. Jeder Sozialdemo-
krat unterschreibt diese Worte.
Der Spartakusbund hat auf Befehl von Moskau
lein Programm verbrannt, den Namen Spartakus-
bund ausgelö'scht. Den«, so diktierte Moskau, die
Aamcn aller sozialistischen Parteien seien zu ver-
tilgen, weil alle diese Parteien Verrat geübt hätten.
In der gangen Welt dürfe es nur eine kommunisti-
sche Partei geben. Damit war der Spartakusbund
"ledig.
Die bolschewistischen Kommunisten bekennen sich
letzt zum Moskauer Evangelium; ihre Führer ver-
fangen die Anwendung a l l e r Mittel gegen andere,
äon der Lüge, der List und Schlauheit, bis zur
when Gewalt und zum blutigsten Terror.
Der letzte Generalstreik, den die bolschewistischen
sichrer sür Deutschland befohlen hatten, sollte einer
'vmmunistischeu Minderheit alle Macht in die Hände
loteten. Sogar di« Bauern sollten mit Gewalt nach
.m bolschewistischen Ideal gemodelt und in die
ßegicrung geprügelt werden. Nur zuvtele sind dieser
oaivcn Illusion zum Opfer gefallen. Jetzt, nach
d.m> unvermeidlichen Fehlschlag, werden die ent-
hm schien kommunistische!» Arbeiter von ihren bol-
m rwistischen Führern zur Rache an den eigenen
't laffen genossen aufgepeitscht.
So erklärte sich der kommunistische Reichstags-
llögeordncte Rem Mele in -er von Bolschewisten
u v Faschisten gemeinsam abgehaltenen Verfamm-
hmg tu Stuttgart zu gleicher Zeit bereit, mit den
- fördern von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
'. 'mmmcnzagehen und Sozialdemokraten am Galgen
schszuhängen. Der kommunistische Redakteur Th al-
fies me r treibt in der „Roten Fahne" eine dau-
nde niederträchtige Hetz» gegen die Sozialdemo-
ratie.

, Die bolschewistische Gewalthetze findet ihres-
Ueichm UM noch im der faschistischen Mordhetze gegen
Sozialdemokraten. Den Kampf gegen die Sozial-
demokratie bezeichnete in der erwähnten S-uttgarter
-Versammlung der Faschistenführer Kalrenböck
ein gemeinsames Kampfziel der mit den
Kommunisten vereinigten Faschisten.
Wie die Deutschvölkischen bezeichnen auch die
Kommunisten den neuen Kanzler Stresemaun
vls Günstling Poincarös, als Kapttutationskanzler
mit genügend nationalem Empfinden, und als
^-chwächling, Weir er nicht bereit ist, eine außenpoli-
emhe Katastrophonpolitik bis zum Krieg gegen
Frankreich durchzuführen. Als gäbe es nicht schon
wergenug Mord und Brand und Vernichtung.
Selbst wo die Bolschewisten sich bereit erklärt
Mben, eine Arveiterregierung zu unterstützen, wie
u Sachse n, denken sie nicht daran, ihr Wort zu
allen. Jeder vernünftige Mensch wird Plünde-
,^ngen ablehnen, durch die sich bestenfalls einzeln«
y^iibevgehend bereichern können, durch die aber die
Allgemeinheit dauernd geschädigt wird. Weil nun
Leipziger Polizei gezwungen war, gegen Plün-
rungen auf dem Lande einzuschreiten, beschimpft
„Note Fahne" vom 19. August den Genossen
«leistner, der Polizeipräsident in Leipzig .st."
Und solche Verleumder wollen Führer und Vor-
der des Proletariats und Bundeszrnossen sein.
Ak,bat jede von Bolschewisten kommandierte
- ^"°lt mit einem Bruderkammv, von Arbei-
k gegen Arbeiter geendet. Noch hat jede dieser Ak-
onen dem Proletariat ein« schwere Niederlage ge-
mcht, die durch den Bruderkrieg obendrein außer-
ldcntlich verschärft wurde.
dgk Hlor haben wir eine der Hauptursachen dafür,
tari^s »och immer nicht gelungen ist, das Pro'le-
i« m um eine Fahne zu sammeln und geschlossen
d i siegreichen Kämpfe führen. Schaffen wir auch
bei» Ursache aus der Welt! Kein Sozial-
darf von irgendeinem Schreier oder
Nyss/lustlgen ms Mauseloch kriechen. Wenn die Ge-
über»« und in jedem Fall zusammenstehen,
dura, und helfen, dann fetzen sie sich auch
beit»!.' wir die gegen uns und andere Ar-
schrei Fäuste nieder. Setzen wir dem Ge-
fvziait.t im/ Erkenntnis und unsere geistige
den ÄL entgegen. Wenn wir
»'ässen Siege führen wollen, und das
^eauchen wit- um ^'wresse der Menschheit, dann
^oietarims «»nze geschlossene Macht des
tarimZEn? rue gefallenen Vorkämpfer des Prole-
)t umsonst gewirkt haben, dann müssen

wir auch beachten und befolgen, was sie uns
an geistigen Schätzen als Erbe hinterlassen haben.
Schätze, gewonnen int geistigen Ringen mit sich und
anderen und durch harte praktische Erfahrungen.
So soll denn Rosa Luxemburg das letzte
Wort in dieser Mahnung haben. In ihrer Schrift
über „Sozialreform oder Revolution" sagt sie über
die Eroberung der Macht:
„Die Ergreifung der Staatsgewalt durch das
Proletariat, das heißt durch eine große VolkAkkasse,
läßt sich vor allen, nicht künstlich herbeiführon.
Sie setzt von selbst, abgesehen von Fällen, wo, wie
in der Pariser Kommune, die Herrschaft dem Pro-
letariat nicht als Ergebnis seines zielbewussten

Kampfes, sondern ausnahmsweise als von allen
verlassenes herrenloses Gut in den Schoß fällt, «inen
bestimmtenReifegradderökonomisch-
poltttschen Verhältnisse voraus. . . Hier
liegt der Hauptunterschied zwischen blanquistifchen
Staatsstreichen einer „entschlossenen Minderheit",
die jederzeit wie aus der Pistole geschossen und eben
deshalb immer unzeitgemäß kommen, und der Er-
oberung der Staatsgewalt durch die große, und
zwar klafsenbewutzie Volksmasse, die selbst nur das
Produkt eines beginnenden Zusammenbruches der
bürgerlichen Gesellschaft sein kann, deshalb in sich
selbst die ökonomische Legitimation ihrer zeitgemäßen
Erscheinung trägt."

Mk skWWk Mk M W«.
Frankreich fordert Pfänder u. Wiederaufbau der zerstörten Gebiete

* Heidelberg, 23 August.
Nunmehr liegt der Wortlaut der französischen
Note an England, die gestern nur an Hand von
Meldungen des „Temps" bekannt war, offiziell vor.
Die Note verrät all di« Geschicklichkeit -es geschickten
Advokaten Poincare, der das Instrument der Di-
plomatie wie ein routinierter Klavierspieler zu hand-
haben Weitz. Es wäre daher veklockeM, Vergleich«
zwischen der Theorie des sich in dieser Note sehr un-
schuldig gebärdenden Herrn Poincars und dessen
Praxis anzustellen. Die nationalistische bürgerliche
Presse wird sicherlich diesen Lockungen Moen und
ihr bekanntes Zetermordio anstimmen. Wir unter-
lassen dies, so Wenig auch die französische Note nach
unserem Geschmack ist. Denn heute kommt es nicht
darauf an, akademische Reden vom Stapel zu lassen,
sondern zu handeln. Nachdem wir durch die
dcutschnationale Sttmmungshetze und die indu-
strielle Stsuersabotage in den Ruhrkrieg binetnge-
schlittert sind und ihn durch die Schuld der Regie-
rung Cuno verloren habens bleibt uns nichts
anderes übrig, als die Konsequenzen auS der Si-
tuation zu ziehen. Aufgabe der Reichsregierung
mutz es daher sein, schleunigst mit Vorschlägen her-
auszurücken, wie sie sich die Beilegung des Ruhr-
konfliktes mW die Verständigung mit Frankreich
denkt. Herr Stresemann mutz versuchen, soviel
als möglich von Deutschlands Wünschen durchzu-
setzen — zu langen Rede« zum Fenster hinaus Haden
Wir jedoch keine Zeit. Die Frist für Deutschland ist
sehr bemessen.
Der Wortlaut der Note.
PariF, 22. August.
Die französischeNoteanEngland liegt
nunmehr im Wortlaut vor. Sie beginnt mit fol-
gender chronologischen Darstellung: Mn 11. Januar
1923 haben wir das Ruhrgebiet besetzt. Wir habe«
das getan, weil Deutschland in 3 Jahren keine
seiner Verpflichtungen erfüllt hat. Es
ist klar, daß wir, wenn wir wie man uns bisweilen
unterschoben hat, politische oder militäri-
sche Absichten gehabt hätten, nicht das Ruhrge-
biet besetzt hätten. Wir hätten es in diesem Fall«
vorgezogenz in das Maintal etnzurücken, weil
dieses Tal, das Bayern von Preußen trennt,
Deutschland entzwei schneidet. Das haben wir nicht
getan, weil wir em Gebiet ohnsjedenHinter-
ge danken besetzen wollten, und weil wir keine
andere Absichten hatten, als Pfänder zu ergreifen und
einen Druck auf Deutschland
auszuübeu. Es war eine freundschaftliche Abma-
chung, eine friedliche Zusammenarbeit, die wir mit
unserem Einmarsch in das Ruhrgebiet in voller
Aufrichtigkeit Deutschland angevoten Haven. Die
deutsche Regierung hat sich aber im Gegensatz zum
8 18 des Anhanges 2 so gestellt, als ob sie die Be-
setzung des Ruhrgebiets als einen
feindseligen Akt
betrachte. Sie hat sich dieses Vorwandes der eige-
nen Unterminierung des Friedensvertrags bemäch-
tigt, um sich ihren Verpflichtungen zu ent-
ziehen, die am einwandfreiesten feststehen. Sie
hat die Kohlen?- und Kokslieserungen eingestellt
und begonnen, die Franzosen und Belgier als rich -
tige Feinde zu behandeln. Sie hat uns einen
Widerstan - entgegengesetzt, den sie als passiv
bezeichnet, der aber ak 1 iv und bewiesen war. Die-
ser Widerstand ist nicht von der Ruhrbevöl -
kernng ausgegangen, noch weniger ist er von der
rheinischen Bevölkerung ausgegangenz ev rührt
von gewissen Industriellen und von Berlin
her. Aus die ausdrückliche Anweisung von Berlin
hin ist jede Zusammenarbeit mit den Bel-
giern, mit den Franzosen und mit den Italienern
abgelehnt worden. Die deutsche Regierung hat
sich nicht darauf beschränkt, den Widerstand vorzu-
bereiten» sie ist noch weiter gegangen. Sie hat
schwere Strafen gegen alle diejenigen ihrer Un-
tertanen verkündet, die uns gegenüber guten Willens
oder nur einfach Indifferent sich zeigen würden. Die-

ser Widerstand, so fährt die Note fort, stehe nicht nur
im Widerspruch zum Friedensvertrag, son-
dern auch im Widerspruch zu den offensichtlichen
Interessen Deutschlands, das es
teurer zu stehen komme,
als wenn es sich freiwillig zur Ausführung
seiner Verpflichtungen entschließen würde. Gegen-
wärtig haben, alles in allem genommen, nur die
Konkurrenten der Industriellen des Ruhrge-
biets, die Kohlen oder metallurgische Erzeugnisse
verkaufen, Nutzen. Die französische Regie-
rungwünscht daher, daß der
passive Widerstand ein Ende
nehme. Es würde aber, wie das die französische
Regierung der englischen Regierung in ihrer Mit-
teilung vom 10. und 12. Juli angezeigt hat, die
Ruhrbesetzung, sobald einmal der passive
Widerstand aufgehört Haven würde, eine Ab-
änderung erfahren. Sie Würde bei fort-
schreitender Räumung nach Maßgabe der
Zahlungen unter Bedingungen andaurrn, die
von den jetzigen ganz verschieden sind. Wir würden
die Zusammenarbeit mit den deutschen Or-
ganismen wieder aufnehmen, und es würde eine
beträchtliche Erleichterung in den Lasten der
Bevölkerung die Folge davon sein.
Die Note verweist auf das letzte Gelvbuch und
erklärt, daß es alsdann nicht mehr nötig ist, die
Eisenbahnlinien und Kanüle zu schützen. Wir wie-
derholen noch einmal, daß wir durchaus nicht den
Wunsch haben; länger im Ruhrgebiet zu bleiben, als
das notwendig sein werde, und daß wir weder po-
litische noch annexionistische Ziele haben. W'r wissen
genau, daß Deutschland das, was es uns schuldig ist,
ziemlich schnell wird zahlen
können und daß infolgedessen Deutschland Herr dar-
über fein wird, die schrittweise Räumung zu er-
reiche». Der Zeitpunkt, für den die Zahlungen er-
folgen Werden, hängt vom Willen Deutschlands
ab. Es genügt, die Schnelligkeit zu sehen, mit der
Oesterreich,
als es die notwendige Anstrengung Hai mache«
wollen, trotz der Fehler seiner geographischen
und wirtschaftliche« Zusammensetzung seine Produk-
tionsfähigkeit und seinen Kredit wiedergefunden hat,
Mk sich darüber Rechenschaft zu geben, was ein mit
so mächtiger Ausrüstung versehenes Land in die
Wirklichkeit wird umsetzen können, an dem
Tage, wo es sich dazu entschlossen haben wird.
In diesem Punkte wird Frankreich seine Haltung
unter gar keinen Umständen ändern. Es
Ist nicht wahr, daß die französischen An-
sprüche derart sind, daß sie Deutschland vernichten
und -aß sie für lange Zeit die Zahlungsfähigkeit
Deutschlands übersteigen. Frankreich hat von seinen
Alliierten verlangt, daß sie, wenn sie jede Priori-
tät für die Reparationen ablehntcm, ihm doch we-
nigstens die
26 Milliarden Goldmark
von den Obligationen F. und 8 weiter beließen, die
aus dem in Spa beschloßenen Grundsatz herrühren,
und Frankreich von den Obligationen L diejenigen
Summen vorbehielten, die von ihm als inter-
alliiert« Schulden verlangt würden. Frank-
reich hat ungeheure Summen für Rechnung Deutsch-
lands vorgeschossen. Es kann weder seine Repa-
rationsarbetten unterbrechen noch sie auf unbe-
stimmte Zeit auf eigene Kosten weiterführen. An-
omens hat Frankreich niemals die Tchuroen
verleugnet, die es während des Krieges, sei es
bei Amerika, sei es bei England, im Inter-
esse des gemeinsamen Sieges kontrahiert hat. Sollen
die Freunde schärfer behandelt werden als die
Feinde von gestern? DKs erachten Wir nicht für
möglich. Wir erkennen u n s e r e S ch u l d a n.
Wir denken nicht daran, sie unbezahlt zu lassen, aber
wir müssen erklären, daß wir sie erst bezahlen kön-
nen, nachdem wir erhalten haben, was uns Deutsch-
land schuldet. Von Deutschland werden wir unsere
über unsere 26 Milliarden in Obligationen ä und 8
hinaus das verlangen, was von uns selbst gefordert
wird. Dieses Programm, das
Variationen erträgt
bietet den Vorteil, daß es keinerlei Revision des
Friedsnsvertrags nach sich zieht. Die englischen

Vorschläge würden dies jedoch verlangen. Der Lon-
doner Zahlungsplan hat die deutsche Dchurv bereits
beträchtlich verringert. Der Friedensvgrtrag Hat der
Reparationskommifflon bereits sämtliche Vollmach-
ten erteilt, die der geforderten internationalen Sach-
verständigenkommission verliehen werden soll. Die
deutsche Schuld kann nur mit einmütiger Ermächti-
gung der Alliierten herabgesetzt werden Dagegen
mutz die
deutsche Zahlungsfähigkeit
von Zeit zu Zeit abgeschätzt werden. Frankreich Will
Deutschland nicht zugrunde richten, es hat vielmehr
ein Interesse daran, daß sein Schuldner wieder in
bessere Verhältnisse kommt. Aber die Erholung
Deutschlands darf nicht auf Kosten der Reparationen
erfolgen. Die Reparattonskommisston hat alle Ver-
fehlungen Deutschlands mit einer Mehrheit von drei
Stimmen festgestellt, wobei der italienische Delegierte
mitstimmte. Uebrtgens haben Frankreich und Bel-
gien allein 60 Prozent des Anspruchs der Alliierten
an Deutschland.
Die Schlußfolgerungen.
Zum Schluß der Note wünscht Frankreich größere
Diskretion bei den Besprechungen «nd verlangt, daß
Deutschland währenddes für die Wiederherstellung
seiner Finanzen erforderliche« Zeitraums diejenigen
Reparationen in natura und Kapital leistet, die die
Kommission als möglich erachtet, wobei die Alliier-
te« -le
Pfänder behalten,
die sie im gemeinsamen Jnteresso im Besitz haben.
Wir wollen unsere Schulden an Amerika und Eng-
land bezahlen. Wir sind durchaus berr-r, bei der
Generalregelung der Reparationen und der
interalliierte« Schulde« der gegenwärtigen Lag-
Deutschlands Rechnung zu trag*« Es wäre
leicht, sich über die möglichst rasche Bezahlung -er-
jenigen Schulden zu verständigen, di« dem
Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete
dienen und den zweiten Teil der Schuld später durch
die Reparationskommifsion prüfe« zu lassen, wobei
die Bezahlung der Kriegsschulden im gegenseitigen
Einvernehmen im gleichen Zeitpunkt zu prüfen wäre.
Wir nehmen nicht an, daß England die interalliier-
ten Schulden verlangt, bevor die Reparationen ge-
zahlt sind. Man wird es sicher in England zu uller-
erst begreifen, daß Frankreich, wen« es zahlen soll,
zuerst seine Steuerkraft wiedererlamgt, seine Zerstö-
rungen repariert und sich in den Stand gesetzt haben
mutz, mit gleichem Waffen gegen die dmtschc Kon-
kurrenz zu kämpfen. Das Interesse Englands geht
zweifellos dahin, datz Deutschland sich wieder erholt.
Es geht aber sicher nicht dahin, datz Frankreich ge-
schmälert wird.

Die Lage im Reich.
Die Arbeit des Reichskabinetts.
Berlin, 22. AUS. Reichskanzler Dr. Strese»
mann empfing heute vormittag Vertreter der füh-
renden Wirtschaftsverbände zu einer Aus-
sprache Mer die in Aussicht stehenden wirtschaftliche«
Verordnungen der Reichsregierung besonders
über die Schaffung eines Devisenfonds.
Morgen vormittag 10 Uhr wird der Reichskanzler
im Hauptausschuß des Reichstags eine Rede Mer
die Pläne des Kabinetts halten und nach-
mittags 3 Uhr die vereinigten Ausschüsse des
Reichsrates informieren.
Wir hoffen, datz nunmehv Herr Stresemann
rasch mit p o s i t i v e n P l ä n e n hervovtrilt. Denn
zum Abwarten haben wir keine Zeit mehr.
Berlin, 22. Aug. Reichsbankpräsident Ha«
venstein wird heute nachmittag vom Reichspräsiden-
ten und vom Reichskanzler Dr. Stresemann emp-
fangen werde«. — Ob Herr Havenstein endlich seinen
Abschied nimmt?
Berlin, 22. Aug. Der Reichsarbeitsminister
Dr. Brauns hat aus Gesnndhettsrücksichten zum
Gebrauch einer Kur einen kurzen Urlaub ««getreten.
Die jetzigen Absichten.
Berlin, 22. Aug. (Eig Meldg.) Die Reichs-
regnrung Plant außer einer Notver-
ordnung zur Beschaffung eines Devisenfonds
weitere Notverordnungen zur Sicherung der Ver-
>orgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln.
Die erste Verordnung sieht einen direkten Eingriff
tu den Besitz noch nicht vor Sie verpflichtet die
besitzenden Schichten zur Z eichn un g L er Go ld-
an leihe unter ganz bestimmt sestgelegteu Bedin-
gungen. Auch die übrigen in Aussicht genomme-
nen Verordnungen dürsten nicht ohne Zwangspam-
graphen sein. Wie uns versichert wird, sind die
technischen Vorbereitungen der in Aussicht genom-
menen Maßnahmen so weit fortgeschritten, daß spä-
testens am Donnerstag die Veröffentlichung
der Verordnung erfolgen kann.
 
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