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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 171 - Nr. 180 (26. Juli - 6. August)
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Holungen Nachlaß nach Tarif.

Heidelberg, Mittwoch, den 1. August 1923

Nr. 176

LS

«eschitstsktundenß—stthr. Sprech-
stunden der Redaktion: 1l—ILUHr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr.22v77.
Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Nnterbadische«
Werlaasanstalt T. nr. b. tz., Heidel-
berg. Geschäftsstelle: Echröderstr.M.
Tel.: Expedition S»7» u. Redak.SS7st

deren Raum <!i» breit, Mk.öNvo. MR NMW8» Wl WM ZW WM MU
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Zeigen (71mm breit)Mk.lLOM, für
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Holungen Nachlaß nach Tarif. Ä0 8 NA-
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8. Jahrgang

Wenn die Würfel fallen

Der SPD. schreibt: Die Regierung Cuno steht
heute schon auf der Totenliste Man wird ihr im
Lande nicht viel Tränen nachiveinen. Auch selbst
wird sie irohl den sehnlichsten Wunsch haben, sobald
wie möglich in der Versenkung zu verschwinden.
Dhne Energie, sich gegen die nationalistischen An-
.'"aßnngen durchzusetzen, ohne die Absicht, sich einer
Marschroute bestimmter Wirtschastsi ntere sse n tc n zu
Anziehen, sieht sie selbst ein, dass sie ihren Ausgaben
bicht gewachsen war. Wie ein Blinder hat sie das
Gebot der Stunde verkannt. Als die Martkatastrophe
kam, ging sie nm das Problem herum, immer halbe
Mittel anwendend, ganze Mistel peinlichst vermei-
dend, wie die Katze um den heißen Brei. Und so
wird sie verschwinden. Sanz- und klanglos werden
die Schollen fallen. Was schon lange geschehen wäre,
wenn nicht andere Rücksichten vorhanden gewesen
Wären. Tas Kabinett Cuno ist oben nicht durch
>etne von gewissen Kreisen vielgerübnsten Vorzüge,
die sich o-s böse Nachteile erwiesen haben, gehalten
Worden, sondern durch eine aus der ungestörten
Durchführung aus'.enpolittscher Aktionen zn crklären-
de Rücksichtnahme. Ein Umstand, an dem Cuno und
^w Seinen ziemlich unschuldig sind.

Der Sturz der Negierung Enno ist sicherlich der
wü sie lose sie TM des Vorhabens, dem Lande eine
Ueue Regierung zu geben. Viel schwere» ist es, diese
steue Regierung zu bilden. Man hat in dm Jahren
?rr Republik in Recbtskreisen, als unsere Genossen
M die Ministerien cinzogen', Viel über Futtergriphen
hevedet. Unsere Rcchtsmänner, deren Privileg es
dhst je war, ausschließlich 'n den Regierungssessel
W sitzen, müssen ja Erfahrung haben. Für die Re-
uubiit must aber sestgcst stst werden, das; es in
Hkntschland Viel iveistger Mänuner gibt, die Nei-
vung habin, einen Ministnposten zu übernehmen,
dls man gemeinhin denkt. W n.igstcus soweit Köpfe
'u Frage kommen. Das müssen sich unsere Genossen
^Wgt sei,, lassen, deren Wuistch begreiflich en^eint,
das Kabinett Cuno w bald wie niögiich ver-
. wivindet. Die neun Monate Cunoregrerunz waren
'i»e harte Lektion für viele Parteigenossen. Sie
'''wen gstchen, wie es gehen kau» und gehen mutz,
l°e»n die Sozialdemokratie nicht in der Regierung
st So viele, die gegen die Koalitionen wetterten,
abe» sich korrigieren müssen. Sie sind heute der
,-luffasslmg, daß die Sozialdemokratie in Zukunft
icht abseits stehen darf und kann. Fragt sich nur,
eine Beteiligung der Sozialdemokratie crmög-
Wf »verdeu kann, ohne das; man sich laug bei der
lauesten kommunistischen Parole der Arbeiter- und
^nernregiHWUg aufhält, gegen die wir uns nicht
senden weil der gewöhnliche Moskauer Befehl da
.'. '"er steckt, sondern weil wir uns von einer solchen
Legierung bet ganz ruhiger und kalter Ueberlcgnng
nichts, rein gar nichts versprechen können.

Alenn man die bürgerliche Presse liest, hat man
iwfün Eindruck, datz man die Sozialdemokratie
'ie Negierung hineindringcn will. Es ist nicht
allein Hellmuth v. Verlach, der in der „Welt
'' Montag" hysterisch nach der grasten Koalition
'it. Die Sozialdemokratie hat das Recht und alle
„ 'l'lnlassnna, gegenüber solchen Sirenentvnen ans
^'deren Lagern kühl bis ans Her, zu bleiben. Das
^Wicksal des Kabinetts Wirth, die unerhörte Hetze
das Kabinett, das das Londoner Ultimatum
'm: mutzte, die Hetze, die vor Mord und Tot-
-ag nicht zurückschreckte, hat die Sozialdemokratie
^witzig, gemacht. Nicht datz unsere Leute um ihr
'm " iürchteten. Aber wir sehen es nichr ein, datz
f gerade die dreimal vermaledeite Sozialdemo-
Kei Pudel sein so«, der die Prügel avbekommt.
, . W Meirich kann der Sozialdemokratie nachsagen,
tt, k e nicht den Mut für eine verantwortliche Poli-
' vabe. Diesen Mut beweist die deutsche Republik,
da-dwscn Mut wäre die Republik nicht Mehr und
«lle! ^"os wäre in Deutschland Tatsache. Das nicht
P w- Wir waren auch im Interesse des deutschen
d^wwriats, der deutschen Republik und besonders
H .deutschen Einheit auch die getreuen Eckarts der
Pk.^rung Cuno gegenüber. Wir Haven unsere
>Nd», restlos getan. Indem wir guten Rat gaben,
vyvn ,wtr drückten, indem wir warnten, indem wir
e„s körten. Man hat uns nicht gehört. Man ging
fti>>^ Weg, der unfehlbar in die heutigen Zustände
w» mutzte.
klaffe d wtzi ruft man wieder nach der Sozialdemo-
Hoiks> den Demokraten, bei der Deutschen
der «r- riet, bei dem Zentrum. In weiten Kreisen
sekhst Ärgerlichen, die an und für sich indifferent sind,
Sem. '"Wichen Kreisen, die aus dem finanziellen
Albeie wn des Kabinetts Cuno Vorteile zogen, in
der »^rkreisen, die sich hartnäckig den Argumenten
ldcmokratie, dte für eine Koalitkonspolitik
die Svr' ^schlossen, hört man den Ruf, datz es ohne
»NZ ^.-'oldemokratic einfach nicht gehe. Wir werden
wjs^, Eücht dein Ruf nicht entziehen können. Wir
An<h 'I, ä die Partei damit ein Opfer bringen wird.
H"fgab» wmmende Regierung wird ihre brennendste
Vieg ihre Zeit überlebt haben und den
wenn ' d"' wde Regierung einmal gehen mutz,
hat, was von ihr gefordert wurde.
^wses ""hi in per Politik. Wir werden aber
Ws Opf„ »'i !'"r bringen, wenn wir wissen, datz dte-
, w Gewibip'?" "'"sonst gebracht wird. Wir wollen
^ckartZ swu de»' das; wir nicht nur die getreuen
Dkften sitz-,»' " """ einmal wieder tn den Kabi-
n »nd dorr Warnend ihre Stimmen er-

heben- Wir wollet; nicht vorgeblich warnen. Wir
Wollen wissen, datz auf der anderen Seite ebenso wie
bei uns der feste Wille vorhanden ist, zu tun, zu
retten, zu löschen; soweit es noch möglich ist. Wenn
die Sozialdemokratie mit ganz bestimmten wirt-
schaftspolitischen und besonders finanz- und wäh-
rungstechnischen Plänen auf den Kampfplatz tritt,

Cuno hat lern Vertrauen mehr.
Die Gewerkschaften in Opposition.
Berlin, 31. Juli. (Priv.-Tel.) (Priv.-Tel.)
Ans der gestrigen Besprechung der Gewerkschafts-
tirtreter mit dem Reichskanzler, über die bereits
kurz bercchtet wurde, teilt der „Vorwärts" noch
einige Einzelheiten mit. Reichskanzler Dr. Cuno
gab darnach zu Beginn der Sitzung eine Erläuterung
seiner bisherigen Politik.
Er betonte, sein Bestreben sei gewesen, den
Widerstand an der Ruhr in feiner ur-
sprünglichen Passivität aufrecht zu erhal-
ten und es nicht zur Aktivität kommen zu lassen. Es
sti auch immer Versucht worden, die Teuerung
cinzudämmen, wir hätten aber keine Gewalt über
de«; Stand dm Mark und der Devisen an der Börse
erreicht. Jetzt solle den; Volke etn wertbestän-
diges Anlagemittel gegeben werden. Der
Anlsiheprc spickt werde noch im Laufe dieser Woche
herausgigeben werden.
In der Aussprache kam nach dem „Vorwärts"
sehr deutlich zum Ausdruck, datz dte Gewerk-
schaften das Vertrauen zua Regierung
verloren haben. Der erste ihrer Sprecher, der
Vorsitzende des Allgemeinen Gewerksrhastsbundes,
Leipart, gab seinem Gefühl offen Ausdruck.
Er sagte, es müsse daraus hingcwtescn werden,
datz dte Gewerkschaften iviedsiholt Vorschläge ge-
macht hätten, das; immer wieder gesagt worden sei,
diese Forderungen würden geprüft und berücksichtigt.
Zuletzt sei daun doch nichts geschehen. Besonders
charakteristisch kür di- Haltung der Regierung sei
beim Beginn der seinerzeitigen Stützungsak-
tion ihre positive Erklärung gewesen, datz es gelin-
gen werde, den Dollar aus 20 000 Mark zu halten.
In dieser Beziehung habe die Reickisregterung d i e
Aktion gegen dte Löhne mrtenwmmen.
Nichts sei geschehen gegen die Steueudefraudation,
und was geschehen 'et, sei danebcngekaueu Ein
weiteres Mitglied der Leitung des Allgemeinen
Deutschen Gewerkscbastsbundes, Knoll, entwickelte
dann im Einzelnen dte Vorschläge der Gewerkschaf-
ten, denen sich in allen wesentlichen Punkten auch die
Vertreter der christlichen Gewerkschaften durch ihren
Sprecher Baldrusch anschlosscn, obwohl sie schon
vorher etn eigenes Memorandum an die Reichsregie-
mng gesandt hatten. Die Forderungen hätten zum
grasten Teil mit dem gestern vom sozialistischen Par-
tei-Vorstand beschlossenen Programm übereinge-
stimmt.
Die Debatte ergab nach dem Bericht des „Vor-
wärts" trotz verschiedener Airfragen durch die Ver-
treter der Gewerkschaften wenig Aussichten
für künftig- rasche und umfassende Maßnahmen der
Reichsregtcrung, Auch dte eingehenden Erläuterun-
gen des Reichsbankpräfidente» über seine Wäh-
rungspolitik sollen nicht überzeugend dewiackt haben.
Zum Finanzprogramrn unserer
Partei.
Berlin, 3i. JE. (Priv.-Tel) Der „Vor-
wärts" versieht das vom sozialdemokratischen Par-
tei- und FrakitonSvorstand beschlossene Notsinanz-
programim mit einem längeren, wohl als Partei-
offiziell zu betrachtenden« Ko mim ent ar,
worin cs heißt:
Jetzt genügt es nicht Ftnanzmatznahme» vorzu-
schlagen. die innerhalb eines Jah.'es oder auch nur
innerhalb eines Vierteljahres Aussichten aus Bes-
serung Mwä-Hrnr. Jetzt veitzi es cinma-l in der
Tat: Alles ober nichts! Alles bedeutet aber
in unserer augeutblickltchcn Situation, datz Finanz-
mahnahmen angewandt werden, die es gestatten,
sofort der wetteren Inflation Enhalt zu tun, die
Vermehrung der schwebenden Schuld und damit die
wahnsinnig wachsende Arbeit der Notenprcsse zu
beheben Das erfordert allerdings die äust erste
Anstrengung und eine augenblicklich auster-
ordentlich stark.' Belastung der Wirtschaft. Bet einem
Anwachsen der schwebenden Schuld in der letzten
Tckad; um 11 Billionen genügt ein Finanzprogramm
nicht, das im Lause des nächstm Halbjahres etwa
15 Billion:n in die Reichskasse bringt. Dazu ist
vielmehr noiwcndbg, datz innerhalb des nächsten
Moats ciir annähernd so hoher Betrag aufgebracht
wird und wen die Höhe dieser Papiermarkztffer
mrückschreckt, der möge sich damit beruhigen, datz es
sich dabei nur etwa um Kll G o ld m t ll ion e n
bandeln kann. Das ist aber die Leistung, die unum-
gänglich ist, wenn wir vor dem Schlimmsten bewahrt
bleiben wollen, und deshalb wird, dte Sozialdemo-
kratie alles anwsnden, um sie in der bevovstetzenden
Tagung des Reichstages durchzusrtzen. Die So-
zialdemokratie «hat in jeder Phase unseres finan-
ziellen Leidensweges die Mittel gezeigt, die geeig-

auf dem sich die Nachfolge des Kabinetts Cuno voll-
zieht, daun wollen wir wissen, datz unsere Kontra-
henten, sic mögen geartet sein wie sie wollen, bereit
und besten Willens sind, diesen Plan zu verwirk-
lichen. Das sogenannte Finanzprogramm der So-
zialdemokratie Wird entscheiden, wie in den nächsten
Tagen die Würfel fallen werden.

»et sind, dcn Volksmassen den ungeheuren Druck
und die schwere Not zu erleichtern. Es ist Wohl das
letzte Mal, dah ein Rettnngsvcriuch noch offen ist.
Lehnen dte besitzenden Klassen dte Pflichterfüllung
ab, weichen die bürgerlichen Partrien vor den kurz-
sichtigen Jnteress.'nveriretern wiederum zurück, dann
tragen sie und sie allein dte Verantwortung
Für und gegen den Eintritt.
In einer Versammlung der Parteifunktionäre
von Mannheim sprach Gen. Reichstagsabgeordneter
Riedmüller-Köln über „Dte politische Lage"
und führte zur Frage: „Was hat die Partei in der
jetzigen Situation zn tun?" folgendes aus: Er sei
mit Breit schcid enrverstanden, datz das Kabi-
nett Cuno abtreten solle; aber man müsse wissen,
was dann nachkomme. Eine reine Urbeiterregierung
sei nicht möglich; eine solche hänge in der Lust. Er,
dcr Redner, sei für den Eintritt tn die grobe Koal-i--
ston. Durch den Eintritt könne noch Schlimmeres
verhütet werden. Was in Preußen und anderen
Ländern möglich sei, müsse auch im Reiche möglich
sein. Allerdings müsse dcr Eintritt vor dcr Durch-
führung eines Mtndestprogramms abhängig gemacht
werden. Auf wirtsclmfilichem Gebiete müsse die
Zwangswirtschaft unbedingt gefordert werden. Die
Sochwerrerfassung müsse einen Teil der Reparatio-
nen bilden.
Auf d'e Frage eingehend, ob wir den passiven
Widerstand anfgeben sollten, kommt der Redner zu
dem Schluß, datz die Arbeiterschaft unter französischen
Bajonetten nicht arbeiten wird. Es müsse eine Ver-
ständigung gesucht werden. Die Hoffnung sei die
Haltung der Arbeiterschaft in England. Deutschland
müsse in den Völkerbund ausgenommen werden. Ge-
fahren im Innern bestehen; aber die Gefahr eines
RechtSputsches ist größer als die Gefahr von links.
Der Faizismus erhebe kühn sein Haupt und die ver-
antwortungsvollen Stellen tun nichts zu dessen Be-
kämpfung.
In der Aussprache ergriff Gen. Harpuder
das Won, der sich gegen den Eintritt in die große
Koalition wandte, indem er ausführte:
Die Frage: Ob ..große" oder „kleine" Koalition,
sei müßig. Er stehe nach wie vor auf dein Stand-
plMkte, datz es heute für unsere Partei unmöglich
sei, in eine Regierung etnzutrcte». Der Karren sei
so verfahren, datz auch wir denselben nicht aus dem
Sumpf bcrausbringeu w nd in. D>r Eintritt in die
Regierung sei eine Zweckmätztgkeitsfrage; sich zu
opfern ohne Erfolg sei nicht angängig. Die Vor-
gänge beim Sturge der Regierung Wirth, wo man
unseren Genossen Schmidt mit allen Mitteln besei-
tigte, gäbe zu denken. Nüchterne, praktische Politik,
keine JlluiionSpolittk, mutzten wir machen. Unsere
Partei könne auch ihren Einflutz gelten- machen,
wenn Ne außerhalb der Regierung stehe. Vorerst
'ehe er (Harpuder) keine Möglichkeit, eine Besserung
durch den Eintritt in eine Regierung zu schassen.
Eine Besserung kann nu« erfolgen, wenn wir unserer-
seits mit aller Macht für unsere Ziel« und Forde-
rungen eintretem
Das Kabinett Cuno wird tätig.
Gerade jetzt vor seinem mutmaßlichen Abtritt
will das Kabinett Cuno so etwas wie tätig worden.
Voraussichtlich am Dienstag werden die neuen
Steuervorlagen, dte das Retchssmanzmtmstcrtum
viel zu spät und erst nach langem Sträuben sertig-
gestellt hat von der Regierung verabschiedet wer-
den, um dann zrcr schleunigen Verabschiedung dem
Reichsrat zuzugehen. So bösst uum, diese gesetz-
geberischen Vorarbeiten noch rechtzeitig für den Zu-
sammentritt des Reichstages in der zweiten August-
woche zu erledigen.
Bei diesen Steuervorlagen ist zu unterscheiden,
zwischen neuen Steuern und der Neuregelung bis-
heriger Steuern.
Kampf der Regierung Cuno.
Der Bezirksvorstand des Bezirks Wost-Sachsen
der VSPD. Hai am Sonnabend in Zwickau getagt
und beschlossen, ein Schreiben an die Vorstände der
Partei und der Reichstagsfraktion zn senden, in dem
sofortige entscheidende Maßnahmen und der schärfste
Kampf gegen dte Regierung Cuno verlangt wird.
Es wird erklärt, daß der Zusammenbruch der Politik
Cuno ein vollkommener sei und die Arbeiterschaft im
di« äußerste Notlage gebracht habe, deshalb sei die
größte parlamentarische Aktivität der Partei nötig,
nm das Ruhradenteuer zu beenden, die Sachwerte
zu erfassen und der Arbeiterschaft eine automatische
Angliederung der« Löhne am die unerhörte Stei-
gerung der Lebenskosten sicherzustellen. Der Bezirks-
vorstand sei der Ansicht, daß eine noch weitere Fort-
setzung d:r bisherigen Politik der Duldung gegen-

über der Regierung der arbeitenden Bevölkerung
und der Partei selbst den denkbar größten Schaden
zufttgen Muß und den völligen Ruin bedeutet. Die
Partei habe die Pflicht, die Führung der Massen
zum Karnvf gegen die Wirtschaftskrise, die Sabotage
durch den Kapitalismus und die Machenschaften -es
Nechtsputschismus aufzunchmen. Dieser Kampf,
der auf der ganzen Linie, im Parlament, 'n der
Presse und im Volk« selbst durchzufechten ist, wird
das Vertrauen der Arbeiterschaft in di« Partei
stärken und ihr die Massen zuführen, die sie be-
fähigen, baldmöglichst sich wieder aktiv an der Ge-
staltung der deutschen Geschicke zu beteiligen.
Die Bayrische Volkspartei für Cuno
München, 31 Juli Die „Bayrische Volks-
partei-KorrisPondenz" wende! sich heute tn scharfer
Weise gegen die Treibereien, die auf de» Sturz
des Kabinetts Cuno gertchict siM. Sie
schreibt u. a.: „'Wenn in der sozialistischen und in
der Zentrumspresse von der Erichiitt.rung des Ver-
trauens zur Reichsregtcrung gesprochen wird, jo
will das besagen, daß die Sosialdemokrlalische Par-
tei und etn Teil der Zcntrumsoartei kein Vertrauen
»nm Kanzler und seinen Hauotmitarbeitern mehr
besitzen. Diese parlamentarischen Kreise, dir jetzt
offenkundig den Stur; Cunos betreiben, haben aber
dieses Vertrauen niemals besessen. Das gilt
vor allenl von jenen Persönlichkeiten der Zcmiruims-
i artet, die den Stur; Dr Wirths nicht verwinden
konnten und niemals verwinden werden, solange die
parlamentarische und die verfönliche Lage nicht nach
ihrem Wunsche rekonstruiert ist."
Die Landwirte bei Cuno.
Berlin, 3: Juli (Vorwärts.) Heute vor«
nvtttag fand in dcr Reichskanzlei eine Besprechung
des Reichskanzlers mic den Vertretern der Land-
Wirtschaft statt, dte eine Erleichterung der Lebens-
mittelnot herbeifübren soll. Die Besprechungen sind
zur Stunde noch nicht abgeschlossen.
Das Ausland und die deutsche
Regierungsfrage.
Die Stimmung in England.
London, 31. Juti. Sämtliche Londoner Blät-
ter bringen Meldungen ihrer Berliner Bericht-
erstatter und de» gestrigen Reuterbcricht über den
bevorstehenden Kabinetts wechsel mrd tiber
die Umb'ldrurg des Kabinetts durch die große
Koalition S t r c s e m anu-L ö b e. Man er-
wartet von einem solchen Kabinett eine zielbewusste
feste innere Politik, dte den Nationalt-
st e n mir Erfolg cntgegentrcten wird und die in der
Arbeiterschaft und bei den A rb c i t g eVerN
über genügendes Ansehen verfügt, d. h. um
die nötigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Wirt-
lchaftlichen Chaos durchzusühren.
Die Stimmung in Frankreich.
Paris, 31. Juli. Die Berliner Korresponden-
ten der Pariser Presse beschäftigen sich eingehend
Mit der inneren Lage Deutschlands und sagen alle
eine Krise des Kabinetts Cuno voraus.
Der Korrespondent des „Echo de Paris" meint,
Deutschland befinde sich augenblicklich in einer jerrek
tragische» Situationen, in denen die Charakterstärke
eines Volkes sich erweist. Es sei die Stunde, wo,
nm die Lage zu retten, energische Männer
plötzlich auftreten und mit fester Hand das Steuer
des Schisses ««greifen, das dem Abgrund zufiihrt.
Für Deutschland seien Männer von Wert notwen-
dig, aber dieses Land von 60 Millionen Einwoh-
nern, schreibt der Korrespondent, gibt der Welt das
Schauspiel politischer Ohnmacht und Mit-
telmäßigkeit Kein Genie erscheint am Horizont, um
die Lage zu retten. Die Deutschen haben sich als
Grossindustrielle, als Erfinder und Gelehrte erwie-
sen, aber der politische Sim« fehlt ihnen vollkommen.
Sie haben noch nicht das Joch abgeschüttelt, unter
das die Herrschaft des Kaisertums sie gezwungen
hatte.
Der Einzige, heisst es in der Meldung, del viel-
leicht alle» ändern könnte, scheint Dr. Srre se-
in anu zu kein.
Die Tagesori n mg der Reichstaass
sitzung.
Ein Opfer für Rhein und Ruhr. — Entwurf eines
DteucrzinSgesetzeS.
Berlin, 31. Juli. Die Tagesordnung für dis
Sitzung des Reichstages am 8. August, nach-
mittags 5 Uhir lautet:
1. Erste Beratung eines Gesetzentwurfes über di«
Erhebung eines Opfers fitr Rhein und!
Ruhr.
2. Erste Beratung des Entwurfes eines
Steuerztnsgeietzes.
Weitere Gegenstände auf die Tagesordnung zu
setzen, behält sich Reichstagsprästdent LSbe vor.
Berlins Notlage.
Berlin, 31. Jult. (Prw.-Tek.) Gestern» nach-
mittag bcgaben sich Oberbürgermeister Böß Zusam-
men mit BüMermeister Ritter und einen Reihe voU
Staidträten zu Reichskanzler Cuno zu eine«
UN'tereduiig über dte N o t l a g e d e r S t a dt B e r-
lin. Oberbürgermeister Böß setzte noch einmal
ausführlich die augenbtickliche Notka-ze in Berlick
auseinander, die besonders durch den M angel an

M MMW her W.
 
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