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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 131 - Nr. 140 (9. Juni - 20. Juni)
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6. Jahrgang

Heidelberg, Mittwoch, den 2V. Juni 1923

Nr. 140

Bolksreiiuna
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Mosaikbilder.

* Heidelberg, 20. Juni.
Es gibt grobe Schnelldampfer, die in fünf Ta-
ben den Ozean von England bis Amerika durch-
bUsren; es gibt Flugzeuge, die über Nacht und Tag
eine Reise von Deutschland bis tn das Innere Ruß-
lands machen; es gibt Schnellzüge und Kraftwagen,
die jede Entfernung überwinden, und es gibt Kabel
Und Funkentelegramme, die in einer Stunde die
Dtenschheit auf dem ganzen Erdball von irgend et-
Uern großen Ereignis unterrichten. So ist diese
Menschheit verkehrstechntsch zu einer großen Familie
beworben und könnte, wenn sie nicht in dieser „gott-
bewollten" Gesellschaftsordnung des Kapitalismus
lebte, in Wahrheit Freud und Leid miteinander tei-
len.
Eine kleine Notiz aus Amerika, von der kapita-
listischen Presse irgendwo versteckt unter „Vermisch-
tes" eingeordnet, damit der brave Leser nicht mit
Denken beschwert werde, zeigt der Welt eine so un-
erhörte Rohheit, daß man sich erschüttert an den Kop
breift und fragt, ob man in einer Gesellschaft von
vernunftbegabten Wesen oder unter Wahnsinnigen
lebt. Während nämlich tn Rußland derHunger-
t o d furchtbare Ernte hält und in Deutschland ein
Etttckchen Fletsch zu einem unerschwinglichen Lecker-
bissen wird, sodaß in den Zeitungen wieder regel-
mäßig Hunde- und Katzensletsch angeboren wird,
währenddem bricht in Amerika die Getreide- und
Viehwirtschaft unter der Last ihrer ungeheuren
Vorräte zusammen. In einem Brief aus Rue-
stos Aires berichtet Leonhard Matters, daß die ar-
gentinischen Viehherden, die durch treffliche Zucht
r>ur noch aus Musterexemplaren bestehen, sich ,o ver-
mehrt haben, daß niemand mehr etwas zahlen will.
Eine Kuh kostet, soweit sie überhaupt noch verkäuf-
lich ist, 6 Schilling und bet ösfentltchen Versteige-
rungen mußten die Tiere herdenweise losgeschlagen
Meiden, wobei für eine ganze Herde nicht einmal
2 Pfund Sterling, das sind weniger als 40 deutsche
Friedensmark, geboten wurde. Wegen des Man-
gels an Slbsatz vermehren sich die Viehbestände tn
katastrophaler Weise und es müssen regelrechte Metze-
leien unter den Herden veranstaltet werden. Auf
einer großen Farm reitet der Verwalter jeden Mor-
gen hinaus und erschießt die Kälber, die in der Nacht
geboren wurden.

Deutschland seufzt unter der Wucht der Repa-
lattoncn, der Dollar steigt tn schwindelnde Höhe
»nd wenn sich die Preise dem Stand von weit über
100 000-angepatzt haben, dann wird für Millionen
Volksgenossen kaum noch das trockene Brot er-
schwinglich sein. Im Netchstagsansschutz handelt
u>ld feilscht man um dte erbärmlich kleinen Renten
der Kriegsbeschädigten, und ein Teil jener bedau-
ernswerten Opfer, denen man während des Krieges
den „Dank des Vaterlandes" versprach, soll auf Be-
lrciben der bürgerlichen Parteien mit einer lächerlich
geringen Summe abgesund:u werden. In diesem
Staat, der also nicht mehr für dte Aermsten der
Annen eine Rente aufzubringen vermag, lebt eine
Schicht von Menschen, die einen Luxus entfalten,
Wie er selbst vor dem Kriege nicht dagewesen ist.
Aach den amtlichen Ziffern ist im ersten Vierteljahr
°es Jahres 1S23 die Einsuhr von Alkohol
dreimal so groß gewesen, als in dem gleichen
Zeitraum 1913. Wenn man Erdenkt, daß in den
Unteren Schichten des Volkes der Konsum von Al-
whol infolge der stark gesunkenen Löhne und Ge-
hälter außerordentlich beschränkt wurde, wenn man
^'Nen Blick in die Bars und Dielen hineinwirft, in
die Schlemmerlokale und SchtebersalonS,
dann weiß man, wer an dieser dreifach vermehrten
Einfuhr den größten Anteil hat.

ES gibt Leute tn Deutschland, die vor wenigen
fuhren noch unter der Kapitaltstengruppe kaum Be-
deutung besaßen und dte heute über eine Macht ver-
"kgen, die an das Wort Rathenaus erinnert, daß es
rkeihundert Männer in Europa seien, die souverän
u Europa herrschen. Nur mit dem Unterschied, daß
s nicht mehr 300, sondern vielleicht noch 30 sind.
E'ner davon ist StinneS, der trotz seines schwür-
en Bartes ganz und gar ntcht jüdischer H e r-
. n n f t ist. Krieg, Revolution und Reparation sind
ihn Zeiten der Hochkonjunktur gewesen, so daß
? heute an folgenden Werken beteiligt ist: 290 Fa-
b"ken, 230 Kohlengruben, 65 Erzgruben, 190 Trans-
^dktunternehmungen, 285 Werke zur elektrisch:»
ironlerzeugung, 60 Banken und Handelsgesellschaf-
tz " und 70 Zeitungen. So sieh- das sichtbare Opfer
, dsBesitzes aus, das auf dem Altar des Vater-
MdeZ ntedergelegt werden soll. Vielleicht fühlt der
Zergehende Mittelstand, der in bedauernswerter
h brblendung immer noch die Republik für sein Elend
r- Antwortlich wachen möchte, jetzt etwas von der
H "enhaften Gewalt des Kapitalismus, der ganze
se- "Schichten enteignet und maßlose Reichtümer In
uen Händen ansammelt.

dem Münchener Hochverratsprozeß ist der
»er,» Monarchismus auf das schwerste kompromi-
wil Garden. Nach dem kläglichen Abzug der Hohen-
r war die Hosfnnng aller Teutonen auf den
RupprechtvonBayern gesetzt.
l-r Rupprecht von Bayern ist es gewesen, der

nach den Aussagen des Fuchs den französischen
Oberst Richert im Dezember 1921 zu einer Bespre-
chung nach München kommen ließ. Mtllionengelder
sind durch die Hände dieses französischen Agenten
in die Kassen der vaterländischen Verbände geflossen.
Es bezeichnet die ganze Gesinnungslosigkeit dieser
Patrioten, daß sie erklären, sie hätten das Geld wohl
genomemn, aber nur für nationale Zwecke ver-
wendet. Gelder des Erbfeindes also für nationale
Bestrebungen deutscher Monarchisten — ein sch mu-
tz i g e r e s Bild läßt sich kaum denken.
*
Eine erschütternde Tatsache: in Deutschland wird
ein Ästann im Zuchthaus sestgehalten, von dessen
Unschuld neun Zehntel unseres Bottes überzeugt
sind. Minister und Abgeordnete, Historiker und
Strafrechtslehrer von Weltruf, jetzt wieder der Mün-
chener Rechtslehrer Prof. Kitzinger, stoßen den Ruf
aus: Gebt FechenSach frei! Es ist nachgewicsen,
daß dieses Urteil von 10 Jahren Zuchthaus nicht
nur Politisch, sondern auch juristisch unhalt-
bar ist. Der Reichstag wird sich auf Grund einer
sozialdemokratischen Interpellation damit beschäf-
tigen, die bayerische Justiz aber denkt nicht
daran, den unschuldig Verurteilten aus ihren Fän-
gen sretzugeben. Wo bleibt dte Reichsregierung?
Bayern aber ist nach wie vor für die denkfaule Bour-
geoisie die Ordnungs zelle, von der aus die
Erneuerung des Deutschen Reiches kommen soll.

Internationale Lage.
Die interalliierten Besprechungen.
Paris, 19. Juni. Die englische Regie-
rung hat, wie verlautet, in Brüste! und Paris
zu verstehen gegeben, daß cs ihr angenehm wäre,
vor dem für Mittwoch einbrrusenen Kabtmttsrat
In den Besitz der Antwort auf ihren Fragebogen zu
gelangen. Es verlautet Weiler, daß Frankreich und
Belgien beschlossen hätten, den englischen Fra-
gebogen einstweilen mündlich in London
beantworten zu lassen, da eine gemeinsame schrift-
liche Antwort erst nach Lösung der belgischen Mi-
nisterkrise möglich sei.
Parts, 19. Juni» Die M< ldungen aus Brüssel
lasten erkennen, daß ungefähr noch etne Woche bis
zum Ausgang der belgischen Ministerkrise verstrei-
chen wird. Nichtsdestoweniger wird Herr TheuniS
und Herr Jaspar die Besprechungen mit Paris und
London fortsetzen.
Ein bedeutungsvolles Gutachten.
Elb e rfeld , 20. Ium. (Letztes Telegr.) Augen-
blicklich beraten maßgebende Persönlichkeiten von

München, 18. Juni. Anläßlich einiger Vorhalte j
des Vorsitzenden gegenüber dem Angeklagten Fuchs'
machte dieser neue Mitteilungen über seine Bezieh-
ungen zuRathenau. Er sei während des Krie-
ges öfter in Berlin^ mit Rathenau zusammenge-
troffen, zuletzt im Jahre 1918 in der sogen. „Deut-
schen Gesellschaft". Damals habe er bemerkt, daß er
entgegengesetzter Anschauung wte Rathenau sei.
Dieser sei internationaler Kosnropoltt, und er
deutschvölktscher Förderalist. Im Juli 1922 habe
ihm Richert Mitteilung davon gemacht, daß
Rathenau kurz vor seiner Ermordung bei offiziösen
Persönlichkeiten tn Parts angefragt habe, wie man
sich in Paris dazu stellen würde, wenn er, Rathenau,
etne Diktatur in Deutschland aufrichtete. Der-
gleichen habe Rathenau auch in London getan, wte
Fuchs von dem ehemaligen deutschen Gesandten int
Haag, dem Grafen Leyden, erfahren Haven Will.
Diese beiden Informationen machten es dem Fuchs
zur Gewißheit, wie er sagt, daß im Jahre 1923 tn
Berlin eine Diktatur mtt bolschewistischem Ein-
schlag zum Durchbruch komme.
München, 19. Juni. In der heutigen Ver-
handlung erfolgte das Plaidoyer des Staatsanwalts
Kellerer. Einleitend betonte er, daß Fuchs,
Machhaus und Munk keinerlei Glaubwürdigkeit
verdienten. Die Beziehungen des Fuchs zum Kron-
prinzen Rupprecht seien sehr untergeordneter Natur.
Der ehemalige Kronprinz Rupprecht sei ein kern-
deutscher, antiseparatistischer und antifranzösischer
Mann. An der absoluten Glaubwürdigkeit der vier
Hauptzeugen sei trotz aller Künste der Verteidigung
keinerlei Makel hängen geblieben. Das Moment
des vollendeten Hochverrats sei gegeben. Die Be-
weggründe liegen im Ehrgeiz, in der Ruhmsucht
und in der Gewinnung materieller Vorteile. Diese
Beweggründe wurden Sei Fuchs und Machhaus
durch den Franzosen Richert verstärkt, vor
allem mtt seinem Geld. Fuchs und MachhauS emp-
fingen im ganzen weit über 100 Millionen Mark,
von denen der größere Teil an dte Organisationen
verteilt wurde. Wie viel in die Tasche« der beiden
Hauptangeklagten geflossen ist, läßt sich nicht genau
feststellen; mit Sicherheit nachweisbar 9 Millionen
und ein Päckchen mit Tauserrdfranlnoten. Die An-
träge des Staatsanwalts -iautetnt;

Arbeitnehmer- und Arbeilgcberseite ans dem Ruhr-
bezirk über ein Gutachten, das der Reichsregierung
tn der Frage des passiven Widerstandes überreicht
werden soll. Dieses Gutachten umfaßt: 1. Aufgabe
der Regie, 2. Rückkehr der Ausgewiesenen, 3. Ent-
lassung der Eingekerkerten, 4. Verzicht auf alle
Zwangsmaßnahmen, S. Beseitigung der Absper-
rungs- und Kontrollmatznahmcn, 6. Wiederherstel-
lung des Telephon- und Telegraphenverkehrs, 7. Ent-
schädtgung für Verletzungen und Tötungen durch
das französische Militär, 8. Entschädigung für weg-
genommene Privatproduktwnen.
Das Gutachten soll am Mittwoch der Reichsre-
gierung übermittelt werden.

Vom besetzten Gebiet.
Aushungerung und Sprengungen.
Elberfeld, 19. Juni. (Eig. Bericht.) Es zeigt
sich so immer mehr, daß die neueste französische Ak-
tion nichts anderes bedeutet, als etne bewußte
Aushungerung der Ruhrbevölkerung mit dem
Endziel, dte endgültige Katastrophe herbetzufübren.
Schon jetzt ist genügend Stoff zur Explosion inner-
halb der Bevölkerung vorhanden. Es ist zu be-
fürchten, daß bereits in den allernächsten Tagen
Plünderungen oor sich gehen, dte das Maß
der letzten Anstürme aus die Lebensmittelgelchäf e
tm Ruhrgebiet wesentlich übersteigen. Die am Mon-
tag eingctretene Katastrophenyausse trägt hierzu ihr
gut Teil bei.
Die systematischen Sprengungen nehmen
trotz der allgemeinen Verbitterung der Bevölkerung
gegen dte Dhnamitattentäter ihren Fortgang.
Es handelt sich in der Hauptsache um Brücken- und
Schienensprengungen. Wie erst jetzt bekannt wird,
ist schon vor einigen Tagen der wichtige Eifel-
tunnel auf der Strecke Euskirchen-Trier gesprengt
worden, sodaß für viele Wochen jeder Verkehr auf
dieser Linie unmöglich ist.
Verordnungen.
Mannheim, 19. Juni. Nach einer Verord-
nung des französischen Bezirksdelegterten in Lud-
wigshafen wird der Verkehr auf der Brücke
Mannheim-Ludwigshafen für die Straßenbahn und
Kraftfahrzeuge verboten und für Fußgänger, Rad-
fahrer und Fuhrwerke auf die Zeit von 5—9 Uhr
beschränkt.
MannheiM, 19. Juni. Die Franzosen haben
sechs mit Heu beladene Wagen der städtischen Fuhr-
und Gutsverwaltung samt sechs Pferden beschlag-

Gegen Professor Georg Fuchs lebenslängliches
Zuchthaus, 10 Millionen Mark Geldstrafe, Aberken-
nung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit
und Einziehung der bei Machhaus beschlagnahmten
Devisen; gegen Johann Munk 5 Jahre Zuchthaus
unter Anrechnung von 6 Wochen Untersuchungshaft,
50 Millionen Mark Geldstrafe, 10 Jahre Ehrverlust,
Stellung unter Polizeiaufsicht, Ausweisung aus dem
Gebiet des Deutschen Reiches, vorläufige Beschlag-
nahme der geleisteten Sicherheit von 60 Millionen
Mark und sofortige Wiederverhaftung wegen Flucht-
verdacht; für Johann Berger 2 Jahre Festung
unter Anrechnung von 6 Wochen Untersuchungshaft
und 300 000 Mark Geldstrafe; gegen Rudolf Gu-
ter mann 1 Jahr 5 Monat Festung unter Anrech-
nung von 6 Wochen Untersuchungshaft und 1 Mill.
Mark Geldstrafe. Die Geldstrafen sind evtl, in Ge-
fängnisstrafen umzuwandeln. Für den Angeklagten
Richard Guterman n beantragt der Staatsanwalt
Freisprechung.
In der Nachmittagssitzung erfolgt das Plaidoyer
des Verteidigers des Fuchs, Grasen Pestalozza.
Zunächst zählt er eine Reihe von Tatsachen aus
der preußisch-brandenburgischen Ge-
schichte auf, in denen er die Zusammenarbeit mit
Frankreich gegen deutsche Interessen beleuchten
wollte. Weiler sprach er von dem Unheil, das Bay-
ern durch die
preußischen Emigranten
nationalistischer Richtung getroffen habe und sagte
wörtlich: „Der preußische Adler Hai sich das Fell
des bayerischen Löwen umgehängt und hackt nun
auf sein eigenes Nest los, weil darin der sozialistische
Kuckuck sitzt." Die vier Hauptzengcn und die anderen
hochgestellten Persönlichretten, wie General Möhl
und Präsident Poehner hätten an Fuchs einen
menschlichen Hochverrat begangen, weil sie ihm und
seinen Genossen bewußt ein falsches Spiel zu ihrer
Unterstützung vorgespielt hätten. Er plaidiere nicht
auf Freisprechung, aber di? Ehrlosigkeit seines Man-
danten stelle er entschieden in Abrede.
Fortsetzung der Plaidoyers am Mittwoch.
Das Urteil ist nicht vor Ende des Monats
zu erwarten.

nahmt. Die Wagen hatten auf den städtischen
Wiesen auf der Friesenheimer Insel Heu für die
städtischen Milchkühe geholt. Neuerlich soll nun eine
Verordnung erschienen «ein, wonach es verboten ist,
ohne Bescheinigung der französischen Behörde mit
Fahrzeugen sich im besetzten Gebiet zu bewegen. Da
die Fahrzeuge eine solche Bescheinigung nicht hatten,
ist die Beschlagnahme erfolgt.
Mainz, 19. Juni. Wie jetzt bekannt wird,
befand sich in dem neulich verunglückten Zuge Ge-
neral Petain, der auf einer Inspektionsreise
durch das Ruhrgebiet und Rheinland war. Durch
die Explosion wurden die ersten drei oder vier Wagen
des D-Zuges stark beschädigt. General Petain wurde
leichtverletzt. Zwei seiner Begleitoffiztere sind
tot. Die Parade, die Petain am nächsten Tage in
Mainz abhalten wollte, unterblieb.
Trier, 19. Juni. Im Städtchen Gerolstein
wurden sämtliche dortigen 180 Eisenbahner unter
starkem Aufgebot farbiger Truppen aus den Woh-
nungen Vertrieben und mtt französischen Zügen ab-
transportiert. In Gerolstein, der Hochburg deS
Sonderbündlertums, ist jetzt kein Eisenbahner mehr.
Paris, 19. Juni. „Petit Paristen" glaubt zu
wissen, daß dte alliierten Behörden zwei neue Maß-
nahmen getroffen haben, nm den Druck im Ruhr-
gebiet zu verstärken: 1. hätten sie beschlossen, künftig
den Transport von Koks im Innern des
Ruhrgebiets zu untersagen, 2. hat ein Erlaß
Degouttes vom 15. Juni alle Eisenbahn-
linien im Innern des Ruhrgebietes unter di-
rekteKontrolleder alliierten Behörden gestellt.
Besetzung von Zuckerfabriken.
Ludwigshafen, 19. Juni. Die Zuckers«-
briken in Frankental und Friedcnsau sind gestern
vormittag durch französische Truppenabteilungen be-
setzt worden. Die Vorräte wurden beschlagnahmt
und eine Wache zurllckgelassen, um de» Abtransport
der Vorräte zu verhindern.
Die Lage in Offenburg.
Offenburg, 19. Juni. Der von den Fran-
zosen verhaftete Bürgermeister von Wind-
schläg wird vor ein Kriegsgericht gestellt.
Er wird von den Franzosen beschuldigt, er sei Schuld
daran, daß die Gemeinde die Bahn nicht überwacht.
Die Gemeinde Ebersweier hat dte ihr auf-
erlegte Geldbuße von 5 Millionen bezahlt, worauf
ihr Bürgermeister auf freien Fuß gesetzt wurde.
Warnung.
O ffenb urg, 19. Juni. Dte anläßlich der Schie-
nensprengung bei Windschläg verhafteten elf Per-
sonen befinden sich in Untersuchungshaft.
Dte Voruntersuchung gegen sie ist eingeleitet. Sie
erfolgt zunächst auf Grund des Sprengstoffgesetzes.
Dte badische Regierung, welche bekannt-
lich mehrfach vor Sabotageakten gewarnt hat,
vertritt, wie gemeldet wird, nach wie vor nachdrück-
lichst den Standpunkt, daß cs eine Pflicht gegen
die Bevölkerung des besetzen Gebietes ist, jede Art
von Sabotage zu u n t er l a r s e n. Der passive AL-
wehrkampf wird durch Sabotageakte nicht gestützt,
sondern gelähmt. Von der badischen Regierung
sind erneut umfassende Maßnahmen getroffen
worden, um Anschläge der Art, wte sie bei Wind-
schläg vorgekommen sind, zu verhindern.
Revisionsverhandlung Görges.
Ludwigshafen,19. Juni. Am Donnerstag
findet tn Düsseldorf die Revisionsverhandlung gegen
den vom Mainzer Kriegsgericht wegen des Sabo-
tageversuchs auf die militarisierte Eisenbahnstrecke
zwischen Ludwigshafen und Speyer zum Tode ver-
urteilten Landwtrtschaftslehrcrs Görges statt. Nach
französischem Recht kann bei der Revisionsverhand-
lung nur über Formfehler der ersten Instanz ver-
handelt werden, nicht über die den ersten Verhand-
lungen zugrunde liegende Anklage selbst. Görges
selbst wird bei den NevisionSverhandlungen nicht
awvesend sein.
Die Nationalisten unter sich.
Vom Ruhrgebiet wird uns geschrieben:
Die deutschnatioirale Hetze gegen den Preußische«!
Innenminister nimmt ungetrübt ihren Fortgang,
insbesondere die Verhaftung und die Erschießung
Schlageters benutzen die Erbpächter des Na-
tionalgcsühls dazu, um verdienstvolle Männer lnrab-
zuwürdigen. In a»betracht dessen erscheint es jetzt
dringend notwendig, -en Sachverhalt über das
Treiben der nationalistischen Verbände, denen
Schlageter angehörte, klarzustellen: Der frühere
Leutnant H e i n z - H a u e nst e i n hatte Mitte Fe-
bruar zur Unterstützung des passiven Widerstandes
durch Sprengungen und Sabotageakte unter leipLN
ehemaligen Bekannten Leute zu einer „Organisation
Heinz" geworben, zu der u. a. auch Schlageter,
der frühere Leutnant Schneider und der frühere
Unteroffizier Götze gehörten. Dieser Trupp hatte
die Aufgabe, tm besetzten Gebiet Sprengungen
vorzunehmen und außerdem Spitzel zu beseitigen.
In der Nähe von K a is e rSw erth hat er am 15
März Sprengungen ausgeführt, die bekanntlich zü
Repressalien gegen die Stadt und zur Verhaftung
einer Reihe von Bürgern als Geiseln führten.
Am 15. April hatte dann der Bürgermeister von
Kaiserswerth, wie vorher und nachher auch
andere Stadtverwaltungen, auf verschiedene Vor-

Skl MWmr WMMM.
Die Tausendfrankennoten. — Die Anträge des Staatsanwalts.
 
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