Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

DOI Kapitel:
Nr. 171 - Nr. 180 (26. Juli - 6. August)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48727#0371
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Tel.: Erpedition 3673 u. RedN.2673.

Heidelberg, Montag, den 3V. Juli 1923

Nr. 174

WMMrKSSS M «Ad WM U WM MW W MW M M WSSKWSdL«
I^ur A breit) M!iE, Ee/'Äd5:VoIk?,etw
t>».^"^rtige Mk.3öv0. Reklame- MM MW^ WM. MU WM MU Dn>a u. Verlag der Untcrbadijchev
An-^°N (7l mm breit) Mk.SOM, für W W^WM sWU Ws» WW»M^ MM» MWBMS «krlagsanitalt G. m.b.tz., Heidel.
K-bwart,ffc Ml. 86M Bet Wieder. V U WM WEM «WM WW W^W HSWSWSW ber,.lSes»aft,stellc:Echrö»crstr.S».
* »»lln,gen Nachlaß nach Tarif. U HM Tel.: Erpedilion 3673 u. Redak.2678.
^llges-Zettullg für -ke WerMgkBMkttung der AmMMe Skidelberr. Wiesloch. KMei«. WW«. KerSach. Mosbach. Ache«. Melshew, Dorberg. raMWMew v. WeMei»
Jahrgang

Um das Kabinett Cuno.

Ein Aufruf der Reichsregierung. — Die Maßnahmen gegen die
wirtschaftliche Notlage. — Die Parteien zur jetzigen Lage. —
Der kommunistische Hereinfall.

Der Wortlaut des Aufrufs.
.Berlin, 28. Juli. Der Reichspräsident und
^>e Reichsregierung haben folgende Kundge-
' u n g erlassen:
Zu der schweren Bedrückung und Entrechtung,
^er die besetzten Gebiete am Rhein und an der Ruhr
Ausgesetzt sind, gesellt sich dort wie im nichtbesetzten
Deutschland eine steigende Wirtschaftsnot.
^is zum heutigen Tage verhindert Frankreich jede
Lösung Reparationsfrage, die Deutschland auch
Au das Leben läßt. Durch den Einbruch in das
^«hrgebiet hat es die Wirtschaft?- u. Finanzkraft
Deutschlands aufs schwerste erschüttert. So ist
T.cutschtand zu einer ungeheuerlichen Vermehrung
I^Ncr Zahlungsmittel gegen seinen Willen gezwun-
M worden. Eine unerhörte Entwertung des Gel-
ist die Wirkung. Dazu kommen eben jetzt, am
?-"de des Eriltcjahres, natürliche Schwierigkeiten
. Ernährungsversorgung, die in diesem Jahre, da
>e Ernte um mehrere Wochen verspätet ist, die Lage
"^schärfen. Me diese Nöte führen zu schweren kör-
eklicheu und schweren seelischen Leiden der Bevöl-
/rwig. Zwar kann auch nach dem Zeugnis unbe-
?^Sen ru teilender Politiker und Sachverstärrdtgev
Auslandes, auch in den Gläubigerstaaten,
^"tschland zu einer wirklichen Gesundung der Ver-
^tuisse nur durch eine vernünftige Regelung der
^parattonsfrage kommen. Bis dahin aber mutz
wird das deutsche Volk sich aus eigener Kraft
Mcch; erhalten. Die deutsche Regierung wird
."Nscwrm, alle irgendmöglichen Maßnahmen zu tref-
die dieses Ziel erreichen helfen. Zunächst gilt
/ die Finanzen des Reiches zu stärken, um der uir-
^"'uerltcheu Entwertung des Geldes Einhalt zu
Bei der Einkommensteuer ist bereits
s"Uh entsprechende Vorauszahlung dafür ge-
io>^' nicht nur von den Lohnstenerpflichttgen,
>,."dcrn auch von den übrigen Etnkommeusteuer-
d! ^.Eigrn schon ivährend des Veranlagungsjahres
Steuer entsprechend der Geldentwertung geleistet
v>kd. Nach einem den gesetzgebende» Körperschaften
, gehende» Gesetzentwurf sollen auch die Ver-
. °8enssteuer und die Erbschaftssteuer so ge-
^ Eet werden, daß sie der Geldentivertung folgen.
Börsenumsatzftcuer wurde vor kurzen! vcrdop-
, Bei den Verbrauchssteuern sollen zur Erzie-
ihres raschesten Einganges die erst jüngst vom
rj^Hstag verkürzten Fälligkeitsfristen aus das ge-
^.Mmögliche Maß gemindert iverden. Dem Reichs-
ist bereits ein GesetzeMwurf zugegangen, der als
h-vser für Rhein und Ruhr auf breitester
Endlage von allen Leistungsfähigkeiten au im
^besetzwn Deutschland durch eine Vervielfachung
ko» Breits der Geldentwertung angepaßten Ein-
uMensteuer-Vorauszahlungen große Leistungen
^wrdert. Diese Maßnahmen werden dem Reiche
sehr erhebliche Geldmengen zuführen. Die
schabe einer wertbeständigen Anleihe
den breitesten Volkskreisen die Möglichkeit bie-
hj' das Sparbedürfnis zu befriedigen, sich gegen
Entwertung zu sichern und so auch den uugesun-
ilea Ansturm auf die Warenvorräte und Devisen ent-
h^Nzuwi-rken. Die auf dem Gebiet des Devisen-
ihu. rs beschlossenen Maßnahmen iverden dahin
der x Devisen in stärkerem Umfange als bis-
st^ be>u Reiche zuflteßen und so für die unentbehv-
Üch ^^Nfuhr, insbesondere von Lebensmitteln, reich-
^im Verfügung gestellt werden können. Di«
Üch!>-br überflüsstger Luxuswwren wird nach Möa-
i>z^t gehemmt werden. Die Anpassung der
der , w und Gehälteran die Geldentivertung ist
sh^tts gesichert und wird festgehalten werden. Die
baut hat Maßnahmen beschlossen, die gründ«
b>i,. h'e Frage des Goldkredits der Lösung näher
nge».
hiermit kurz gekeunzeichneten M aß na h inen
schein ' ^iveit sie der Mitwirkung der gesetzgebM-
sieh^l^örperschastm bedürfen, von diesen voraus-
Laufe der nächsten zwei Wochen verab-
ch>L >. "ud sofort in Kraft gesetzt iverden. Wenn
sogl.^chi bet jeder dieser Maßnahmen die Wirkung
Seh„,ch deutlich fühlbar sein wird, als Gesamter-
hcgE ^,d)ird. soweit es an der deutschen Regierung
urch eine Entspannung der Wirtschaftslage
Hgh^Das deutsche Volk wird mit diesen Maß-
'^ech/n sich sewst in seinem Kampfe um Leben,
kchteh Freiheit Hakt und Stütze sieben und zu-
Uch Beweis erbringen, wie stark sein Wille ist,
^idseiit ^ller auf ihm lastenden schweren Not in
§ESei, ^""bfe entschlossen bohaupten. Angriffe
, sser»° f staatliche Ordnung können die Lage nicht
^cher»» "Hern "Ur den Weg zur Genesung er-
Tr»s deutsche Volk will von solchen Stö-
> « Wissen Es will leben, arbeiten und
, der >e Ordnung bewahren, die «S sich selbst
schwersten Unglücks aus eigenem Willen
^^Ndeir ' uwd schwere Pflichten obliegen allen
^r , Vordergründe sicht die Sicherung
k 'di> Für die Landwirtschaft und den
"> eine staatsbürgerliche Pflicht,
e möglich und in weitestem Umfange die

Ernteerträge dem Verbrauch zukommen zu lassen.
Die Lohn- und Gchwltsbemessuug von Arbeitern u.
Angestellten »ruß die Ernährung und Erhaltung der
Familie ermöglichen. Auf allen Männern und
Framen des ganzen Volkes liegt die Pflicht, in
klarer Bestimmung die tägliche Arbeit sortzustihren
und in allen Sorgen und Kümmernissen der Gegen-
wart die Ruhe und Ordnung des Staates als
Grundlage des künftigen Aufstiegs unlseres Volkes
zu bewahren. Allen endlich, die im politischen Leben
der Pareien in der Presse oder sonst im öffentlichen
Leben tätig sind, obliegt es, das ihre zu tun, um
unser Voll stark zu achen in der Erkenntnis der
Ursachen und der Notwendigkeiten unserer Lage
tote in dem Entschlüsse des Ausharrens. Der Dienst
am Vaterland ist die beste Gewähr für das Wohl
des einzelnen. Für Deutschland haben unsere
Volksgenossen am Rhein und an der Ruhr Unge-
heures ans sich genommen. Sie mögen uns ein Vor-
bild sein. Wir würden sie verrate»!, wenn wir vorn
geraden Wege der Pflicht abließen. Wie sie »Nüssen
Wir ihn gehen für Leben, Frieden und Wohlfahrt
unseres Volkes und für die Freiheit Deutschlands.
Der Reichspräsident (gez.) Ebert. Der Reichs-
kanzler (gez.) Euno. Die Reichsminister: v. Ro-
senberg. Oes er, Hermes, Becker, Brauns. Heinze,
Geßler, Stingl, Groener, Luther, Ulbert.
Opposition oder verantwortliche
Politik.
Ein Gradmesser der Erregung
Berlin, 28. Juli. In einer Funktionärver-
sammlung der Sozialdemokratischen Partei sprach
Gen. Reichswirtschaflsmiuister a. D. Robert
S ch >n i d t in deutlichster Form über die innerpoli-
tische Spannung. Das Referat Robert Schmidts
gipfelte in der Forderung, daß außerhalb der So-
zialdemokratischen Partei eine geschlossene einheit-
liche Auffassung zustande komme. Wenn verlangt
werde, das; das Kabinett Cuno beseitigt werde, so
müsse festgehalten iverden, daß die Sozialdemokratie
nicht an das Kabinett Cuno gebunden sei:
Bemerkenswerter als das Referat war die Dis-
kussion, in der überwiegend opponierende Stimmen
laut wurden. Sehr scharf gegen die Regierung
Cuno sprach als Diskussionsredner auch der Abg.
Dr. Brcitschctd, der das Kabinett Cuno be-
schuldigte, daß es durch seine innere Politik den Ab-
sichten der Franzosen die beste Unterstützung habe
zuteil werden lasse»!. Die Massen sehen die Sozial-
demokratie als ein fünftes Rad am Wagen der Re-
gierung Cuno an. Das gehe nicht mehr so weiter.
Man müsse sofort die schroffste Opposition
gegen die Regierung annehmen und ohne Rücksicht
auf die bürgerlichen Parteien die sozialdemokrati-
schen Forderungen erheben.
Der Bezirksvorstand hatte der Versammlung eine
Resolution vorgelegt, die nach einem starken
Protest gegen die Begünstigung der organisierten
deutschvölkischen Banden aussprach, daß die Sozial-
demokratische Partei nickt darauf verzichten könne,
die Maßnahmen zu ergreifen, die zum Schutze der
Republik für notwendig halte, zumal da sie zur
Reichsregierung nach den letzten Vorgängen kein
rechtes Vertrauen mehr habe. Eine gemeinsame
Aktion mit de»r Kommunisten lehnt die Partei ab.
Die Resulution zählt dann eine Reihe von Forde-
rungen sinanz- und wirtschaftspolitischer Art aus,
»nit denen der gegenwärtigen Notlage begegnet wer-
den soll, und erklärt dann, die Partei habe nicht di«
Aufgabe, das Kabinett Cuno zu unterstützen. Sie
stehe vielmehr „in besonders scharfer Opposition zu
der Politik des Kabinetts, die die gegenwärtige
wucherische Preistreiberei verschuldet und durch die'
freie Wirtschaft die geregelte Versorgung mit Le-
bensmitteln unterbunden hat". Um diesem Zustand
ein End; zu bereiten, soll die sozialdemokratische
Rcichstagssraktton ihren ganzen parlamentarischen
Einfluß eiUsetzen.
Die Funktionärversammlung ging über diesen
Nesolutionsvorfchlag des Bezirksvorstandes mit
einem von einer starken Mehrheit angenommenen
Zusatzantrag hinaus, in dem die Reichstags-
fraktion aufgefordert wurde, „unverzüglich alle par-
lamentarischen Mittel zu ergreifen, um den soforti-
gen Siurz des Kabtne 1 ts Cuno herbeizufüh-
rcn„.
Genosse Hermann Müller zur Lage.
Berlin, 28. Juli. Gen. Hermann Müll r
wenldet sich im „Vorwärts" im Namen des Partei-
vorstandes an die Parteigenossen und an die an-
deren Parteien, nm sich mit ihnen Wer dm Ernst
der Lage anseinanderzusetzen und vor Illusionen zu
wavrten Gon. Müller geht davon aus, daß die
sozMdenwkrattsche Fraktion es bischer in allen in-
ternen Debatten ab gelehnt hat, eine Politik zu
befürworten, die znin Sturze des Kabinetts
Cuno führt und zwar vor allem deshalb, weil
keinerlei Gewißhcii darüber bestaitd, daß irgendeine
bessere Regierung an ibre Stelle treten werd«. Wenn

man sage, daß die bürgerlichen Parteien eine andere
Regierung zu bilden hätten, iv müsse man fragen,
warum eine Besserung der gegenwärtigen Zustände
zu erzielen sein sollte, wenn an Stelle des Herrn
Becker Herr Scholz oder an Stelle des Herrn Her-
mes Herr Herold träte.
Gen. Müller hebt dann den entscheiden-
d e n Punkt hervor, »ml dm es bei allen Reden um
die Möglichkeit oder Notwendigkeit eines Ka-
binettswechselS gehen muß.
„Vor allem mutz aber Wer eins Klarheit fein.
Wenn es zu dem von vielen gewünschten Sturz der
Regierung Cuno kommen sollte, so müsse die neue
Regierung eigentlich sofort parad stehen.
Der Markverfall hat seine Ursache in der Ueber-
schwenmtimg Deutschlands mit Banknoten und in
der Erschütterung des Vertrauens zu Deutschlands
Gesundung. Wenn das so ist, w muß alles vermie-
den werden, was im Auslande den Eindruck erwecken
könnte, als in Deutschland das Gefüge des Staates
am Zusammenbrechen sei . . . Es geht um das
Rheinland, es geht uni die Not der deutschen Re-
publik. Wir Haven die Pflicht gegen u-nsar Volk
und damit gegen die Arbeiterklasse, alles zu tun, was
geeignet ist, das C h aos zu verhinder n. Wird
der Ernst der Stunde den Parteien der bürgerlichen
Mitte endlich begreiflich machen, daß sie alle Ur-
sache haben, uns in unserer Politik zu unterstützen?
Mn der fortschreitenden VerzwcislnngsstiukinunA an
der wilden Radikalisierung der Massen hat niemand
ein Interesse, der es gut mit dem heutigen Staate,
d. h. der Republik meint. Wenn dem so ist, so
müssen alle Kräfte Zusammenarbeiten, mn zu retten,
was zn retten ist. Auch die Sozialdemokratische
Partei wird sich der positiven Mitarbeit in der Re-
gierung nicht entziehen können, wenn ohne sie eine
Regierung nicht zu bilden ist. Das mögen sich die-
jenigen geiagt sein lassen, die in» gegenwärtigen
Zeitpunkt den Sturz der Negierung Enno für oppor-
tun halten"
Die Demokraten zur Lage.
Berlin, 28. Juli. Der Hanptvorstwnd der
deursckdeurokra ti srlien Partei, der heute in Anbe-
tracht des Emsts der Lage zusammeutrat und iu Ge-
genwart der Parteiangehörtgen Reichs- nud Staats-
miuifhr tagte, nahm nack Referaten der Partetvor-
sitzeuden Dr. Petersen, Er Helenz und Dr.
Fischer nach eingeh.'uder Aussprache folgende
Entschließung einstimmig an:
1. Die Wirtschaft des Reichs, der Länder, der
Gemeinden sowie des Einzelhandels ist auf einer
rechtmäßigen Festmark anfzubanen. Die Festnmrk-
rechimug ist Mr Steuern, Löhne, Gehälter und in
der kaufmännischen Btlchführnny im Groß- und
Einzelhandel einzuführen. Mit dieser Umgstaltung
der Finanz- und Währungspolitik ist ohne Verzug
zu begiunen, »in» die schleunige Erhebung der sofort
wirksamen direkten Steuern, insbesondere der Son-
derbefitzsteuer für den Ruhrabwehrkampf zu ermög-
lichen und uin die Wirtschaftsführung jedes einzel-
nen eine festere Grundlage zu schassen. Sofort sind
zur Eindämmung der Inflation wertbeständige,
allen Volkskreisen zugängliche Anleihen anfzulegen.
2. Die Erfüllung dieser Forderung wird den
Deutschen am Rhein nnd Ruhr den unbeugsamen
Wille»! des ganzen Volkes zeigen, mit ihnen im
Kampf für die Einheit und Freiheit unseres -Vol-
kes auszuharrcn.
Zusammentritt der Reichstags-
fraktion.
Berlin, 3g Juli Die Reichstagsfraktion un-
serer Partei und der Parteivorstaud Wörden heute
Montag im Reichstag zusamMentreten, um über die
Lage zu beraten.
Der kommunistische
Antifascistentag.
Schwache Beteiligung. — Ruhiger
Verlauf im ganzen Reich.
Mannheim, 30 Juli. Der gestrige SonnWg
ist hier ruhig veerlaufen. An dein Demonstra-
tionszuz der Kommunisten nahmen etwa 2000 Per-
sonen test, darunter mehrere hundert Auswärtige.
Am Samstag kam es am späten Nachmittag zu
einem Krawall am Schuhhaus Fritz am Markt.
Die Ursache war eine Differenz, die ein Käufer in
dein genannte Geschäft hatte; diese reizte eine
vorübergehende Gruppe auf, die in den Lade»» ein-
orang. Rasch berveieilende Polizeibeamte trieben
die Eindringlinge wieder aus den» Laden und nah-
men den Anstifter des Auftrittes vorläufig fest.
Karlsruhe, 2kl Juli. Die heutige antifas-
zistische Kundgebung der KonMMNistischm Partei ist
hier ruhig verlaufen Obgleich die Mitglieder
der Partei aus den Mchstgelegeuen Orten unter
Androhung disziplinarischer Maßregelung besohle»
Worden waren, sanden sich nur annähernd 2000 Per-
sonen ein. Es sprachen Hsil-mann aus Mannheim
und ein Mitglied der kommunistischen Jugend.
Stuttgart, 29. Juli. Ruhiger Ver-
laus bei sehr schwacher Beteiligung der kommu-
nistischen Kundgebung.
Frankfurt, 29 Juli. D-ir Sonntag »st in
Frankfurt ruhig verlaufen. Im Straßenleben war
kaum eine Aenderung zn bemerken. Vormittag

sprach im Bürgersaal in Bornheim der Kommunist
HSlletn.
München, 29. Juli. Der Tag ist in ganz Bähen»
ruh»g verlausen.
Berlin, 29. Juli Nach den bei den hiesigen
amtlichen Stellen bis heute abend vorliegende»
Meldungen aus dem Reiche Haben die von den
Kommunisten für den heutigen Sonntag anberaum-
ten Kundgebungen gegen den Faszismus auch
außerhalb Berftns nirgends zu wesentlichen
Störungen der öffentlichen Ordnung
geführt.
Berlin, 29. Juli. Die hier von den Kommu-
nisten veranstattetln 17 Versammlungen find ruhig
verlausen. Die Beteiligung war ungefähr 150 000
Personen Die Polizei, die in erhöhter Alarmbereit-
schaft stand, mußte nur bei kleinen Zusammenstößen
etnschrcitm.
Jena, 29 Juli. Die Kundgebung der Kom-
munistischen Partei gegen den Faszismus verlief
ohne jede Störung der öffentlichen Ordnung. Aus
den Srädisn Weimar nnd Apolda wie aus etwa 3V
andern Jndustrieorten trafen die Teilnehmer im
Laufe des Vormittags hier ein, um sich gegen Mit-
tag aus dein Marktplatz zu sammeln. Ein Umzug
durch die Stadt beschloß die Kundgebung. Die Zahl
der Teilnehmer war weit geringer als vet früheren
ähnlichen Veranstaltungen.
H a in b u r g, 29. Juli. Der Sonntag ist in Ham-
burg vollkommen ruhig verlaufen. Die
Polizeibehörde hat sich indes veranlaßt gesehen,
alle Versammlungen unter freiem Himmel sowie
all« Umzüge nichr nur für heute, sondern überhaupt
bis auf weiteres zu verbieten
Breme n, 29. Juli. Bet Beteiligung von un-
gefähr 3000 Personen ruhiger Verlauf der Kund-
gebung.
Leipzig, 29. Juli. Die kommunistische Anli-
saszisteudemonstration in Leipzig ist ruhig und
ohu; irgendwelche Zwischenfälle verlaufen. Nur
gegen Lösen eines Ausweises war der Zutritt zu
der Kundgebung gestattet. An dieser nahmen etwa
7000 bis 8000 Personen teil.

Die Lage im Reich.
Ehrhardt nach Südslarvien
geflüchtet?
Belgrad, 29. Juli. („Frkft. Ztg.") „PkV-
porod" zufolge soll Sl, rhardt in der Nähe von
Subolica aus südslawisches Gebiet geflitch«
t?t sein. Die Bestätigung der Nachtricht steht -noch
aus.
Verhaftung von Rechtsputschiften.
Köln, 28. Juli. Wie die „Rheinische Zeitung"
mitteilt, haben in Köln Massenverüaftungen rechts-
radikaler Putschisten stattgefundenn. Bis beute nlit-
>ag sind Uber 20 Verhaftungen vorgenommen wor-
den. Weitere umfangreiche Verhaftungen stehen
noch bevor. Zahlreiche Haussuchungen, die bet de»
Verhaftrten vorgenommen wurden, die sämtlich
rechtsradikalen verbotenen Organisationen angehö-
ren und zum Teil Studierende der Kölner Univer-
sität sind, förderten große M e n g e n D Y nwm t t
zu Tage, io daß davon bis jetzt 5 Zentner beschlag-
nahmt werden konnten.
Teuerungskrawav in Neu-Ruppin.
Zwei PMsonen getötet.
Berlin, 29. Juli. Am Samstag ist es in dein
märkischen Städtchen Neu-Ruppin zu scküveren Kra-
wallen gekommen. Schon am Freitag hatten sich
auf dem Marktplatz Demonstrationen gegen die ho-
hen Preise ereignet. Daun zog die Menge durch
die Hauptgeschäftsstraße und schlug in Lebensmit-
telgeschäften die Schaufenster ein, um zu plündern.
Am Samstag wiederholten sich die Vorfälle und die
Polizei mutzte in Potsdam Verstärkung erbitten. Als
die Menge versuchte, ei»! Hotel zu stürmen und
schließlich den Geschäftsführer einer Kasfeenieder-
lage und seine Fran auf die Straßen zerrten und
sie mißhandelten, griff die Poilzei ein; es kam zu
einem Handgemenge und die Beamten mutzten von
ihrer Schußwaffe Gebrauch machen; 2 Personen
wurden getötet und 8 mußten schwer verletzt in?
Krankenhaus gebracht iverden. Heute ist die Stadt
ruhig; doch bl-wen die Polizeiverstärkungen wviter
dort, nm eine Wiederholung der Vorgänge zu ver-
hüten.
Auch ein nationaler Held.
Aus Köln wird »ms geschrieben:
Seit dem Herbst 1920 zählt die Kölner Universt-
:ät Herrn Martin Spahn, den Sohn des alten
Zentrnmsparlamentariers, zu ihren Hochschulleh-
rern. Sie erlebt jedoch wenig Freude an dem ein-
stigen Protege Wilhelms, der im November 1918,
in den Tagen des Zusammenbruchs, die Stätte sei-
ner früheren Wirksamkeit, Straßburg, flucht-
artig verließ und schnell Anschluß an die Deutsch-
nationalen fand. Im Herbst 22 ließ er aus ein-
mal seinen Kölner Posten im Stich, um »nit seiner
ganzen Familie nach Berlin zn Wcrstedeln und die
Leitung der dcutschnatlonalen „Hochschule für natio-
nale Politik" zir übernehmen. Um sein Kölner Ge-
halt nickt zu verlieren, wollte er seinen Lehrvev-
pflicktungc» an zwei Tagen in der Woche genügen.
Dagegen crüoh das Kuratorium der Kölner Naiver-
 
Annotationen