Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

DOI Kapitel:
Nr. 181 - Nr. 190 (7. August - 18. August)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48727#0437
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bezugspreis einschlteßl-TrSaerloh«
vom IS.-81. Aug. Mk. 4S0VV0. An-
ieigentarife: Die cinspalt.PcMzeil»
vd.dcrenRaum (88inm br.) Mk. MO,
Nir Auswärtige Ml. 4OWV. Reklame-
an zeige» (74mm breit) Mk. tzv»M, für
Au swäriige Mk.lvoovO. Bet Wieder-
holungen Nschlatz nach Tarif.


szeiiung

«efchSftrstunden 8—4 Uhr. Sprech»
pundeirdcr Redaktion: 11—18 Uhr.
Postschi<IkontoKarI»ruhoNr.W77.
Tel.-Adr.: VolkszettungHeidelbcrg.
Druck u. Verlag der Unterbadislhe»
Werlagranltalt W. m.b.H., Heidel-
berg. EeschäslsstellcrSchrüderstr.Zg.
Tel.: Lrpcdition MS ». RedaUSkS.

!«ges-3ermg für dle rveMStlgeLevöHerMg der Amisdezltte Skidelberg. Wlerloch. KMew. Epvwgea. Nerva-, MosdM. Dusen. AdeUew, Vorbera. lanberbiMMim a. WeMelw

5. Jahrgang

Heidelberg, Freitag, den 17. August 1923

Nr. 189

und zugleich zu zeigen, das; die neue

Rcgierungskoalition die Durchführung dieses
sozialdemokrattschen Programmpunktes alS erste
Aufgabe betrachtet. Das ist gelungen. In den
Verhandlungen des Reichstags vom Mittwoch ge-
langte folgender Antrag zur Annahme:
.Die Reichsregierung wird ersucht, alsbald
Gesetzentwürfe vorzulegen, welche durch Bela-
stung der Vermögenswerte der Wirt-
schaft und durch den Uebergang zu einer wert-
beMndlgen Wiihrung ebne Sanierung der Reichs-
finanzen und eine Stärkung d«S ReichskredilS in
die Wege leiten."
Dieser Antrag fand die Zustimmung des
gesamten Hauses mit Ausnahme der Deutsch-
nationalen. Auch die Kommunisten stimmten
ibm ohne Debatte zu. Helfs er ich bekämpfte
diesen Antrag auf das heftigste. Die gewiß
nicht Mer jeden Zweifel hinaus deutliche Formulie-
rung des Antrages bezeichnete er als die größte Ge-
fahr; denn er sei der erste Schritt zur Verwirklichung
der sozialdemokratischen Forderung nach Erfassung
der Sachwerte. Infolge der politischen Veränderung,
die sich in den letzten Tagen vollzogen habe, seien
seine Freunde sehr bedenklich. Noch deutlicher hatte
sich Helfferich im Sieuerausschutz geäußert. Dort
erklärte er offen, daß seine Freunde und die hinter
ihnen stehenden BernfSkreise ihn beauftragt hätten,
im Reichstage Vorschläge über ihre freiwillige An-
teilnahme zur Sanierung der Währung zu machen.
Angesichts der Zusammensetzung der neuen Regie-
rung halte er sich nicht mehr für berechtigt, diese
Vorschläge zur Kenntnis zu bringen. Seine Partei
müsse sich Vorbehalten, zu prüfen, ob für sie eine
Grundlage zur Mitarbeit gegeben sei. Im Kabinett
Cuno bestimmte er den Kurs. Das Kabinett Strese-
mann bedeutet sein« politische Ausschaltung. Zu-
gleich aber widersprach Helfferich doch auch aus der
Erwägung heraus, daß mit der Annahme des An-
trages auf Vorlegung der Gesetzentwürfe zur Bela-
stung der Vermögenswerte der Wirtschaft der erste
Schritt zur Erfüllung der sozialdemokratischen For-
derung getan sei.
Auch wir möchten ausdrücklich betonen, daß die
Annahme des vorstehenden Antrages nur der
erste Schritt ist. Unter dem Einfluß der Em-
pörung des größten Teiles des Volkes über die Fi-
nanz Zerrüttung und den Währungszrrfall sind die
bürgerlichen Patteien zur Abkehr von ihrer bis-
herigen Haltung in dieser Frage gedrängt worden.
Ob das Mer den Augenblick hinausreicht und ob
die Zustimmung zur Erfassung der Sachwerte nicht
wieder rückgängig zu machen versucht wird, ist eine
Frage, die endgültig beantwortet wird von dem
dauernden Einfluß, den die Sozialdemokra-
tie und die besitzlosen Kreise des deutschen Volkes
au? die gegenwärtige Regierung ausüben. Ihn zu
stärken ist deshalb die dringendste Forderung und
die politische Aufgabe der Stunde.

Amerika passiv.
London, 16. Aug. Einer Aussprache des
ne uen amerikanischen Präsidenten Cooltdge an
englische Journalisten zufolge wird Amerika sich noch
mehr als bisher passiv Verhalten. Den Ausführun-
gen Cooltdges zufolge lehnt es Amerika ab, in
europäischen Fragen als Schiedsrichter auszu-
treten oder auf der Seite Englands gegen Frankreich
Partei zu nehmen. Ebenso will Amerika sich nicht
an irgend einer Konferenz zur Lösung der Re-
parationsfrage beteiligen, wenn die Einladung dazu
nicht von allen beteiligten europäischen Völkern
ergeht. Außerdem ist Amerika nicht bereit, Frank-
reich oder Italien irgend einen Teil ihrer amerika-
nischen Schulden zu erlassen, sondern erwartet
vielmehr in allernächster Zett einen Beginn der
Rückzahlung.
Die Völkerbundrtagrrng.
Parts, 16. Aug. Nach einer Habas-Meldung
tritt der Völkeibundstag am 30. August in Genf zu-
sammen. Die Völkerbundstagung beginnt am 3.
September.
Interparlamentarische Konferenz.
Kopenhagen, 16. Aug. Heute vormittag
wurde in Gegenwart von etwa 800 Delegierten» Mit-

Internationale Lage.
Vorbehalt gegenüber der
Goldanleihe.
Paris, 16. Aug. Di« Neparationskonrmission
beschloß mit Stimmenmehrheit, der Krisgs'lasten-
kommission einen Vorbehalt gegenüber der
deutschen Goldanlethe abzugeben. Es wird erklärt:
Die Tatsache, daß die deutsche Regierung es nicht
für angebracht gehalten hat, um eine Ausnahme
von den Bestimmungen dieses Artikels nachzusuchen»
macht es für die Reparationskommission notwendig,
einen ausdrücklichen Vorbehalt zu formulieren so-
wohl gegen den Anl e i h e z e tchner als auch ge-
genüber den sonstigen Beteiligten unter Beto-
nung ihrer Prioritätsrechte auf dte Siche r-
heiten, die von der deutschen Regierung für den
Zinsen- und Rückzahlungsdienst bezeichnet werden
und besonders auch unter Hinweis auf die Frage,
ob diese außerordentliche Aufnahme nicht für die
Reparations-Annuitäten zu verwenden
ist-

KWM M WRltk M
NMWksM.
Der „Sozialdemokratische Parla-
inent »dienst" schreibt unS:
Die Forderungen, die die sozialdemokratische
Retchstagsfrattion Ende Juli zur Beseitigung der
Finanzzerrüttung und zur Hemmung des Wäh-
rungsverfalls vorschlug, unterschieden Notmatz-
«ahmen und Maßnahmen, die zur da uernd en
Gesundung der Reichssinanzen erforderlich sind.
Diese Unterscheidung war notwendig, weil zunächst
das dringende Bedürfnis des Reiches nach Erschlie-
ßung neuer Einnahmequellen zur Hemmung der
Rotenpresse gefüllt Werden mutzte. Erst wenn dieses
Biel durch Steuern und Anleihen erreicht war,
konnte die dauernde Sanierung der Reichsfinanzen
>n Angriff genommen werden.
Die steuerlichen Forderungen der So-
»iaidemokmtte sind durch den Reichstag in wenigen
Dagen erfüllt worden. Das Gesetz über die Geld-
anleihe ist ebenfalls unter Dach und Fach ge-
bracht und die Zeichnungen darauf haben begonnen.
Bet dem Druck, der durch diese Steuern und die
Anleihen ans den Geld- und Warenmarkt ausgeübt
wird, ist mit Sicherheit zu erwarten, daß ein Teil
ter bisher festgehallenen Devisen und Warenbe-
ltände zum Vorschein kommt. Die rückläufige
Bewegung des DollarkurseS in den letz-
ten Tagen zeigt, datz diese Wirkung bereits begonnen
bat. Es war ursprünglich beabsichtigt, sie von vorn-
berein durch Zwangsmaßnahmen zu ver-
schärfen. Wenn davon in letzter Stunde vorläufig
Abstand genommen wurde, so aus der wohlbegrün-
deten Erwägung, daß der freiwilligen Zeichnung
der Anleihe ein größerer moralischer Erfolg betzu-
wcssen ist als der zwangsweisen. Immerhin ist der
Zwang auf verwaltungsmäßigem und gesetzgebe-
^schem Wege damit nicht ausgeschlossen.
Am Gegentetll Es herrscht Ueberetnstimmung, datz
bon ihm Gebrauch geumcht werden mutz, falls nicht
ük kurzer Zett die erforderlichen Devisenbestände
freiwillig eingegangen sind.
Der wichtigste Punkt in den sozialdemokratischen
noiDerungen war vas alte Verlangen nach Er-
fassung der Sachwerte. Jahrelang hat die
"Sozialdemokratie damit allein auf iveiter Flur ge-
standen. Weder rechts von ihr, noch links von ihr,
bot den Kommunisten, wurde diese Forderung un-
ttrstützt Auf dem Jenaer Parteitag der Kommu-
nisten im August 1921 Wurde diese sozialdemokia-
s'fchr Forderung als Volksbetrug glossiert und
Einige Monate lang auf das allerheftigstc bekämpft.
Inzwischen hat man aus allen Seiten eingesehen»
oatz die sozialdemokratische Forderung nicht nur be-
rechtigt, sondern notwendig und außerordentlich
"utzltch ist. Außenpolitisch, indem sie das Vertraue»
,' dem guten Willen Deutschlands zur Erfüllung
'teigbarer Reparationslasten stärkt, innenpolitisch,
wdenr sie die großen unangetasteten Vermögens-
werte der Wirtschaft endlich entsprechend ihrer Lei-
* "ügssähigkeit zu den Lasten der Allgemeinheit hcr-
,.^wht, den Kredit des Reiches stärkt und die Mög-
y^stkeit zur Ordnung der Reichssinanzen sowie der
^«hrungsverhältnisse bietet.
Zu den Forderungen, von denen die Sozialdemo-
ratie ihre Beteiligung an der jetzigen Regierungs-
oalttion abhängig gemacht hat, gehörte deshalb tn
rster Ajnie die Forderung nach einer durch-
reisenden Finanzreform auf der Grund-
oge der Heranziehung der Wirtschaft mit garan-
erter Belastung ihrer Vermögenswerte. In den
erbaudlungen, die mit den Parteien der Arbetis-
weiuschaft über die sozialdemokratischen Forde-
ren geführt worden sind, wurde anerkannt, daß
mit der Belastung der Vermögenswerte der
ytttschaft nicht bis zur endgültigen Regelung der
' ^'arationslasten warten könnte, sie vielmehr in
fester Frist erfolgen müsse. Datz das jetzt bereits
saus "fch zum Ausdruck gebracht wird, wurde eben-
r von allen Seiten als notwendig anerkannt.
lch> a ? überhasteten Verhandlungen des Steueraus-
keit der letzten Woche Voten dazu keine Möglich-
H ' Auch die ersten Tage dieser Woche, die mit der
1^, Peruugsumbildung belastet war, waren dazu
tzvrk angetan. Die alten Minister konnten diese
stcr f ""ben nicht mehr vertreten, die neuen Mtni-
N f""nten die Vorarbeiten nicht, die innerhalb der
Wahrung zum Teil noch unvollendet vorhanden
Dazu kamen die in der Materie begründeten
lach- r^eüen. Wie groß sie find, zeigt die Tat-
daß die von der S.P.D. und der U.S.P.D.
^hte e?" A.D.G.B. im vergangenen Jahre einge-
kei„„ "Emission trotz monatelanger Beratungen
Ni,/^ Gesetzentwurf ausgearbeitet hatte, sondern
biston . EwiM' Der neuerdings von den Kommu-
a»H . E Form eines Gesetzes vorgelegte Antrag ist
Ainden '^"'bliziert und enthält so viele Lücken, daß
st»d. Woche» zu seiner Beratung erforderlich
Gefttzen^.^. dieser Schwierigkeiten empfahl es sich.
der Regierung zur Grundlage der
Nne der « machen. Nur mit ihrer Hilfe ist
tkms dieser Aufgabe entsprechende
'"ind.r K des Problems zu erzielen. Nicht
Ailfsassij»^ aber war, die Wandlung in den
s-stZulegeu ", d" büi'gerlichen Parteien öffentlich

gliedern der Regierung, des diplomatischen Korps
ufw. die 21. interparlamentarische Kon-
ferenz eröffnet.

Die Lage im Reich,
Dar Zentralproblem der Gegenwart
Unter diesem Titel schreibt Genosse Harpuder
tn der Mannheimer „Volksstimme":
Der Kernpunkt unserer gesamten Lage ist —
nicht oft genug kann dies festgostellt werden —, die
Tatsache, daß Deutschlands Wirtschaft tn ihrem heu-
tigen kritischen und durch die Ruhrsperre noch be-
sonders eingeengten Anstand nicht fähig ist und
durch kein« innenpolitische Maßnahme fähig ge-
macht werden kann, einen so wesentlichen Bestand-
teil des deutschen Volkes, wie er durch den Ruhr-
einfall, sei es zur ganzen, sei eS zur teilweisen Un-
tätigkeit verurteilt ist, aus den Produktions-
ergebnissen des übrigen, noch schaffenden
Vokkstetls auch nur Halbwegs zu ernähren und zu
kleiden. Es gibt keines» große, überhaupt noch als
Zahlungsmittel tn Frage kommende Papiergeld-
masse, die uns nach der Auspowerung eines schon
bald dretvterteljährigen Kampfes dessen Fortfüh-
rung auf weitere längere Fristen gestatten kann. Es
gibt auch keine Erfassung der Sachwerte, des Real-
vermögens und Realeinkammens des deutschen Vol-
kes, die es für lange ertrüge, für einen so unpro-
duktiven Zweck aufgeovferl zu werden,
ohne daß nachher nach Preisgabe der letzten Reser-
ven, die wir noch dringend benötigen werden, ein
um so schwererer, hemmungsloserer und zerstöreri-
scher Rückschlag zu erwarten stünde.
Darum bleibt das Zentralproblem nach wie vor:
die Beilegung des Ruhrkriegs unter mög-
lichst günstigen Bedingungen, aber auch zu einem
möglichst nahen Zeitpunkt.
Der neue Postminister.
Berlin,16. Aug. Mr den Posten des Reichs-
postministers ist nach der „Germania" der Zen-
trumsavgeordnete Dr. Höfle in Aussicht genom-
men.
Dr. Höfle, der aus der Pfalz stammt, hat nach dsr
Revolution in der Beamtenbewegung eine Rolle
gespielt und ist seit einigen Jahren der Leiter Les
zum Deutschen Gewerkschaftsbunde gehörigen Ge-
samtvervandes Deutscher Beamten- und Staals-
angestelltengewerkschaften.
Berlin, 16. Aug. Der ALg. Frhr. von Rhein-
baben, LegattonSrat, ist anstelle des Ministers
Hamm zum Staatssekretär der Reichskanzlei
ernannt worden. Der Leiter der Presseabteilung
der Reichsregterung, Ministerialdirektor He thron,
ist zurückgetreten und tn die Kultusabteilung zurück-
gegangen. Dirigent der Presseabteilung wird ver-
tretungsweise Legationsrat von Stohrer.
Berlin, 16. Aug. Der Reichskanzler
empfing tn Gegenwart des Reichsministers für Er-
nährung und Landwirtschaft und des Reichsmini-
sters des Innern das Präsidium des Retchs-
landbundes.
Der naLionalaktive Sumpf.
Drastischer als irgend ein anderer Vorgang hat
der Münchener Hochverratsprozetz den
Sumpf der Nationalaktiven ausgewirbelt. Verriet
doch der Prozeß sehr deutlich die engen Beziehun-
gen zwischen den Hütern der nationalen Altäre und
den Franzosen. Wertvolles Material liefert in vie-
rer Hinsicht die im Verlag von G. Birk u. Co.
m. b. H. in München, Altheimcreck 19, erschienen«
Broschüre „Bayerisch-Deutsch oder Bay-
erisch-Französisch". Die Broschüre enthält
den nahezu stenographischen Bericht über
den 12 Tage dauernden Hochverratsprozetz gegen
Fuchs und Genossen vor dem Münchener Volks-
gericht -sowie das am 9. und 10. Juli verkündete
Urteil. Di« Broschüre zeigt, in wie geradezu frivo-
ler Weise von sogen, vaterländischen Kreisen gegen
die deutsche Republik und die Geschlossenheit des
deutschen Volkes in der Zeit der größten Not ge-
arbeitet wurde, und wie in Bayern der fran-
zösische Franken rollte. Alle politisch interes-
sierten Kreise müssen das in der Broschüre enthal-
tene Material haben.

Die Unruhervelle.
Arbeitsaufnahme in Hamburg.
Hamburg, 16. Ang. Die in den freigewerk-
schwftltchen Verbänden organisierten Werftarbeiter,
die sich heute früh noch einmal von den radikalen
Elementen von der Arbeit hatten abhalten lassen,
haben nunmehr in einer neuen Versammlung be-
schlossen den Streik unter der Bedingung zu
beendigen, daß die Verhandlungen Wer die
künftige Lohnhöhe und die Art der Lohnzahlung
fortgesetzt werden. Die Arbeit wird morgen früh
wieder ausgenommen.
Köln» 15. Mg. Im MgötNeineu ist die Ar-
beit überall wieder ausgenommen wor-
den» so bet van der Zhpen, bet Humboldt tn Köln-
Kalk und in der Motorensabrtk Deutz. Im Linke-
Hoftnannwerk in Köln-EHrenfeld dagegen wurden
die Arbeitswilligen durch Streikende aus den Be-
trichen hxrausgehvtt. Aus den Güterbahnböfen

Kalk-Nord und Mülheim macht sich unter de»
Eisenbahnern eine Bewegung bemerkbar.
In «tner Reihe von Ehren selber Betrieben
wurden die Streikenden ausgesperri, so
in den Ltnke-Hosfmannwerken. Die Bruhne- und
DelfossSwerke beabsichtigen eine vollständige Schlie-
ßung. Auch bei den Humboldtwerken tn Kalk sind
: größer« Unternehmungen geplant. Ms Antwort
auf dte Aussperrung in Leverkusen soll die Durch-
führung des Generalstreiks im ganzen unteren
Kreise Solingen geplant seiir. In Troisdorf wird
bet der ZelluloidMbrik lvegen Entlassung eines
komumnistischen Führers gestreift.
Berlin» 16. Aug. In Groß-Berlin ist am
Mittwoch dte Arbeit säst allgemein wieder
ausgenommen ivordeir. Nur vereinzelt kam eS„
noch zu Zwischenfällen; insbesondere in den Be-
trieben, wo Entlassungen der Streikenden vorge-
nammen worden sind. Soweit tn den st Sd t. Be-
trieben BerltnS infolge des wilden General-
streiks der Kommunisten Entlassungen stattgefuirden
haben» soll -eine Kommission aus zwei Vertretern
des Magistrats, zwei Vertretern der Gewerkschaften
und einem Unparteiischen eine Nachprüfung der Be-
rechtigung der Entlassungen vorgenommen werden.
Es ist zu hoffen^ daß auch dte Privatindu«
strte sich dieses Vorgehen der städtischen Verwal-
tung» datz aus eine Bitte -der Kommunisten selbst zu-
rückgeht, zu eigen macht, um di« Beunruhigung im
Wirtschaftsleben nicht weiter zu schüren.
Neue Herde.
Stuttgart, 16. Aug. Eine vom konrmuntstt-
schenfchon Betrtebsrätoausschutz einberufene Be-
triebsräteversanmilung wurde verboten. Da sich
trotzdem eine große Anzahl von Betriebsratsmtt-
gltedern etnfanden und den -Verkehr hemmten, wur-
den dte Straßen von blauer und grüner Po-
lizei geräumt und das Gewerkschaftshaus mit
spanischen Reitern abgesperrt.
Außerhalb des Sperrgebiets sammelte sich eine
große Menschenmenge an. Nach Eintreffen einer
Verstärkung konnte di« Ansammlung zerstreut
werden.
Darmstadt, 16. Aug. In Rüsselsheim
wurde der Aktionsausschuß der Erwerbslosen we-
gen Aufreizung verhaftet. Daraufhin wurden die
Erwerbslosen der benachbarten Industrie-
orte alarmiert, die heute früh in einer nach Tau-
senden zählenden Menge dte Freigabe der
Verhafteten verlangte».
Die Polizei zog sich nach Abgabe von Schreck-
schüssen zurück. Die Erwerbslosen zogen durch den
Ort, plünderte» und mißhandelten und nahmen 12
angesehene Bürger als Geiseln fest, darunter
den Fabrikanten Daut, den Assessor Machenhetmer
(Prokurist bei Opel), den Landwirt Gütlich, drei
Brüder Sittmann sowie die Kaufleute Gottschalk
und Wolf. Die Erwerbslosen und die Komnmnt«
sten wollten die Geiseln nur gegen Freigabe des
verhafteten Aktionsausschusses auslösen.
Esse», 16. Aug. Im Innern der Stadt kam
es heute vormittag zu Lebensmittelun-
ruhen. Die Plündererer drangen in die Lebens-
mittelgeschäft« ein und verkaufte» die Waren weit
unter Tagespreis. So wurde Margarine mit
45 000 Mk. pro Pfund verkauft. In einem Lebens-
mittelgeschäft, das schon seit längerer Zett woge»
Warenmangels geschlossen war, fanden die Plün-
derer 10 Speckseiten, die in rationierten Mengen ver-
teilt wurden. Der Ladeninhaber wurde dann aus
seiner Wohnung herausgeholt und verprügelt.

Vom besetzten Gebiet.
Grenzsperre bis 31. August.
Köln» 16. Aug. Dte Pariser Meldung, wonach
die Grenzsperre zwischen besetztet» und unbe-
setztem Gebiet über den 17. August hinaus verlän-
gert werde, wird an amtlicher Stelle be-
stätigt. Als vorläufiges Ende der verlängerten
Sperre wird der 31. August genannt. Die Köl-
ner englischen Behörden sind jedoch über das Datum
noch nicht unterrichtet.
Ein Großindustrieller wegen Feind-
begünstigung verhaftet.
Elberfeld, 16. Ang. Nach einer Besprechung
mit dem Regierungspräsidenten Dr. Grützner in
Barmen ist der Düsseldorfer Großindustrielle, Kom-
merzienrat Max Falk, Letter des Rheinland-
konzerns, wegen des' dringenden Verdachtes der
Begünstigung der Besetzung verhaftet und ins Un-
tersuchungsgefängnis in Elberfeld gebracht worden.
Der Verhaftung liegt folgender Tatbestand zu-
grunde:
Seit längerer Zeit sind durch den Serben La-
powitsch won den Franzosen beschlagnahmte Wa-
ren in Mengen aufgekauft u. wetterbefördert wor-
den. Falk ist dringend verdächtig, diese Weiter-
beförderung der Waren begünstigt zu haben.
Der Haftbefehl gegen Falk wogen Hehlerei konnte
nicht arffrecht erhalten bleiben, weil es nicht möglich
war, in der gesetzlich-vorgeschriebenen Zeit von 24
Stunden Belastungszeugen aus dem besetzte« Ge-
biet verheiz »cholew
 
Annotationen